24 November 2016

Perfekter Bikameralismus: Das italienische Verfassungsreferendum und die EU

Matteo Renzi könnte über das Referendum am 4. Dezember stürzen. Aber seine Verfassungsreform ist für die EU auch noch aus anderen Gründen interessant.
Am 4. Dezember wird die italienische Bevölkerung per Referendum über eine große Verfassungsreform abstimmen, und der Rest von Europa macht sich schon einmal auf das Schlimmste gefasst. Denn die Umfragen schwanken derzeit zwischen einem knappen und einem deutlichen Nein, und der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi (PD/SPE) hat mehrfach angekündigt, dass er bei einer Niederlage vom Amt zurücktreten wird. In diesem Fall aber drohen Neuwahlen, bei denen das populistische Movimento Cinque Stelle (M5S/–) im italienischen Abgeordnetenhaus (Camera dei Deputati) die absolute Mehrheit gewinnen könnte.

In der zweiten Parlamentskammer, dem Senat (Senato della Repubblica), käme es hingegen wahrscheinlich zu einem Patt zwischen Renzis PD, dem M5S und einem Rechtsbündnis aus Lega Nord (LN/BENF) und Forza Italia (FI/EVP). Alle drei Lager sind sich in herzlicher Abneigung verbunden. Und da der italienische Regierungschef für seine Wahl das Vertrauen von beiden Kammern benötigt, wäre mit einer tiefgreifenden Blockade zu rechnen, für die derzeit keine Lösung in Sicht ist: Sollte es im Abgeordnetenhaus eine absolute Mehrheit gewinnen, würde am M5S zwar kein Weg vorbeiführen. Doch da es bis jetzt jegliche Zusammenarbeit mit anderen Parteien auf nationaler Ebene stets abgelehnt hat, ist auch nicht absehbar, wie es im Senat die nötigen Stimmen für eine Amtseinführung seines Spitzenkandidaten erreichen könnte.

Zwei-Kammer-Systeme

Die Ironie der Geschichte ist, dass die Verfassungsänderung (die unter anderem vom M5S, FI, LN und einer Minderheit im PD abgelehnt wird) eigentlich gerade solche Blockaden zwischen den beiden Parlamentskammern verhindern soll – indem der Senat nämlich künftig sein Mitspracherecht bei der Ernennung der Regierung verlieren würde. Auch sonst soll die Reform das Machtgleichgewicht im Zwei-Kammern-System zugunsten des Abgeordnetenhauses verschieben. Damit würde ein Sonderweg beendet, durch den sich Italien derzeit von allen anderen EU-Mitgliedstaaten unterscheidet.

Zwei-Kammer-Systeme (blau) gibt es nicht nur in Europa, sondern weltweit. Aber meistens sind sie asymmetrisch.
Tatsächlich haben die meisten europäischen Länder heute ein Parlament mit zwei Kammern. Die erste von ihnen ist in der Regel direkt von der Bevölkerung gewählt, ernennt die Regierung und hat oft auch bei der Gesetzgebung das entscheidende Wort. Die zweite Kammer hingegen repräsentiert meist die Regionen oder Kommunen: Die Mitglieder des französischen Senats zum Beispiel werden indirekt durch Gemeindevertreter gewählt, die des österreichischen Bundesrats durch die Regionalparlamente ernannt, die des deutschen Bundesrats durch die Regionalregierungen entsendet.

Gleichzeitig hat die zweite Kammer in der Regel weitaus weniger zu sagen: Sie ist nicht an der Regierungswahl beteiligt und kann oft (etwa in Frankreich oder Spanien) auch in der Gesetzgebung von der ersten Kammer überstimmt werden. Ihre Hauptaufgabe ist es, strittige Gesetzesvorhaben zu bremsen, um dadurch eine breitere öffentliche Debatte anzuregen – nicht aber, sie zu blockieren oder die Regierung handlungsunfähig zu machen. Echte Mitspracherechte haben die zweiten Kammern hingegen meist nur in bestimmten, klar umgrenzten Fragen, etwa wenn es um regionale Belange geht.

Die Schwächen des „perfekten Bikameralismus“

In Italien hingegen herrscht bislang der sogenannte bicameralismo perfetto – ein „perfektes Zwei-Kammern-System“, in dem das Abgeordnetenhaus und der Senat exakt dieselben Kompetenzen besitzen. Sowohl bei der Ernennung der Regierung als auch bei der Gesetzgebung müssen deshalb beide Kammern immer erst auf eine Linie kommen; und sobald eine der beiden Kammern der Regierung das Misstrauen ausspricht, muss diese zurücktreten. Der einzige wichtige Unterschied besteht im jeweiligen Wahlsystem: Während im Abgeordnetenhaus ein Mehrheitsbonus für die landesweit stärkste Partei vorgesehen ist, wird der Senat auf regionaler Ebene gewählt und hat deshalb meist weniger klare parteipolitische Mehrheiten.

Doch so schön dieser „perfekte Bikameralismus“ dem Namen nach klingt, so problematisch erwies er sich in der Praxis. Denn das ständige Hin und Her zwischen den Kammern macht nicht nur das italienische Gesetzgebungsverfahren ausgesprochen schwerfällig. Es erzwingt auch bei der Regierungsbildung oft große Viel-Parteien-Koalitionen, da nur diese in der Lage sind, die notwendigen Mehrheiten in beiden Kammern zu sichern. Zusammen mit einem Wahlrecht, das lange Zeit die Bildung von Klein- und Kleinstparteien förderte, führte dies jahrzehntelang zu äußerst instabilen Regierungen. Einen Extremfall bildete 2006-08 die Regierung unter Romano Prodi (parteilos), die sich auf mehr als ein Dutzend verschiedener Parteien stützte und schließlich fiel, weil eine einzige von ihnen aus der Koalition ausscherte. Aber auch sonst beträgt die durchschnittliche Amtszeit italienischer Regierungschefs seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs weniger als zwei Jahre.

Die Personalisierung könnte Renzis größter Fehler sein

Schon in den 1980er und 90er Jahren gab es deshalb verschiedene Reformversuche, um den Einfluss des Senats auf die Wahl der Regierung und die Gesetzgebung zu reduzieren. Italien ist damit Teil eines europaweiten Trends zur Schwächung der zweiten Kammern, in den sich zum Beispiel auch die deutsche Föderalismusreform von 2006 einfügt. Allerdings war noch keiner der bisherigen italienischen Ansätze zur Überwindung des perfekten Bikameralismus so weit gekommen wie der aktuelle Versuch der Regierung Renzi.

Dass Renzi den Erfolg des Referendums so stark mit seiner eigenen politischen Zukunft verbunden hat, könnte nun allerdings nicht nur für ihn, sondern auch für die Reform selbst zum Verhängnis werden. Denn je stärker die Reform mit Renzis Person verknüpft wurde, desto vehementer wurde der Widerstand der Opposition und seiner parteiinternen Gegner. Und auch in der Bevölkerung genießen die Reforminhalte größeren Rückhalt als Renzi selbst. Im Augenblick scheint deshalb ein Scheitern des Referendums wahrscheinlicher als ein Erfolg – was nicht nur für das politische System Italiens ein Rückschlag wäre, sondern auch für die EU, die sich auf einen neuen Krisenherd im Süden des Kontinents einstellen müsste.

Auch die EU hat einen fast „perfekten“ Bikameralismus

Die italienische Verfassungsdebatte ist für die EU allerdings auch noch aus einem anderen Grund von Interesse. Denn tatsächlich ist Italien nicht der einzige Fall von „perfektem Bikameralismus“ in Europa. Auch das politische System der EU selbst besteht aus zwei Kammern (dem Europäischen Parlament und dem Rat), die wenigstens im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren nahezu identische Mitspracherechte haben. Und auch im politischen System der EU kann die „Regierung“ (die Europäische Kommission) ihr Amt nur antreten, wenn sie sowohl vom Rat als auch vom Europäischen Parlament gewählt worden ist.

Sicher, das Verhältnis zwischen Europäischem Parlament und Rat ist nicht ganz so exakt symmetrisch wie das zwischen den beiden italienischen Kammern. So gibt es bis heute einige Politikbereiche wie die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, in denen der Rat alleine die Richtung vorgibt. Und auch im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren gibt es kleine Asymmetrien: Beispielsweise muss der Rat Änderungsvorschläge des Parlaments explizit billigen; Änderungen des Rates können hingegen auch dann in Kraft treten, wenn das Parlament sich dazu nur nicht äußert. Trotzdem: Insgesamt hat die EU in Sachen Bikameralismus einige Ähnlichkeiten mit Italien – sodass sich aus dem Vergleich der beiden Systeme einige Lektionen ziehen lassen.

Schwerfälligkeit der Gesetzgebung

Was etwa die Schwerfälligkeit der Gesetzgebung betrifft, leiden beide Systeme an ähnlichen Problemen. Sowohl in Italien als auch auf europäischer Ebene dauern Gesetzgebungsverfahren oft recht lange und können von einem großen Teil der Bevölkerung nicht oder nur mit großer Mühe nachvollzogen werden.

Ein gewisser Unterschied besteht dabei allerdings in der politischen Kultur: Während in Italien der Umgang der Parteien miteinander eher konfrontativ ist, dominiert auf EU-Ebene meist das Ziel des Kompromisses. In Italien nutzen die politischen Akteure deshalb immer wieder Verfahrensfallstricke zur Obstruktion von Gesetzgebungsvorhaben. In der EU hingegen wird das komplexe Ping-Pong-Verfahren zwischen den beiden Kammern meistens durch informelle Methoden abgekürzt – was die Gesetzgebung beschleunigt, aber auch weniger transparent macht.

Die Stabilität der EU-Kommission

Ein auffälliger Unterschied zwischen Italien und der EU zeigt sich darüber hinaus bei der Stabilität der Regierungen. In beiden Systemen braucht der Regierungschef (bzw. Kommissionspräsident) die Zustimmung beider Kammern, um sein Amt antreten zu können – ein Modell, das es so kaum irgendwo sonst gibt. Doch während dies in Italien traditionell zu instabilen und kurzlebigen Regierungen geführt hat, sitzt die Europäische Kommission in der Regel sehr fest im Sattel.

Der Grund dafür ist, dass die Kommission, sobald sie erst einmal gewählt ist, bis zum Ablauf ihrer fünfjährigen Amtsperiode kaum abgesetzt werden kann. Während in Italien das Misstrauen einer einfachen Mehrheit in einer der beiden Kammern genügt, um die Regierung zu stürzen, kann die Kommission nur nach Art. 234 AEUV durch eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Europäischen Parlament zum Rücktritt gezwungen werden. Die Kommission könnte also sogar dann im Amt bleiben, wenn sie eine absolute Mehrheit in Parlament und Rat gegen sich hätte.

Stabilität um den Preis demokratischer Legitimität

Hinzu kommt, dass das italienische Parlament recht leicht durch den Staatspräsidenten aufgelöst werden kann. Die Wahlperiode des Europäischen Parlaments hingegen beträgt unabänderlich fünf Jahre. Während in der italienischen Politik deshalb zur Überwindung verfahrener Situationen häufig vorgezogene Neuwahlen angesetzt werden, ist die EU gezwungen, politische Krisen innerhalb der Institutionen zu lösen. Auch dies fördert letztlich eine höhere Stabilität.

Doch diese höhere Stabilität der EU-Institutionen ist – gerade im Fall der Kommission – um den Preis einer niedrigeren demokratischen Legitimität erkauft. Dass sich die Kommission, einmal im Amt, bis zum Ende der Wahlperiode kaum zur Verantwortung ziehen lässt, bedeutet eben auch, dass sie sich bei der Umsetzung ihrer Agenda nur schwer auf ein politisches Mandat durch die Wahlbürger berufen kann. Letztlich ist die Europäische Kommission deshalb als Institution nicht weniger schwach als die italienische Regierung. Sie ist es nur auf eine andere Weise.

Die Alternative der USA

Gäbe es Alternativen? Ein interessantes Modell für einen weitgehend symmetrischen (wenn auch nicht „perfekten“) Bikameralismus bieten die USA. Auch hier müssen Gesetze immer durch beide Kammern verabschiedet werden, was vor allem in jüngerer Zeit oft zu parteipolitischen Blockaden geführt hat. Doch ähnlich wie die EU ist das US-System recht stabil, da die Regierung kaum vom Parlament abhängig ist: Der Präsident hat zahlreiche eigene Befugnisse, die er auch ohne Zustimmung des Parlaments ausüben kann, und für seine Amtsenthebung gibt es hohe Hürden, unter anderem eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat.

Auch der US-Präsident kann also gegen parlamentarische Mehrheiten regieren – so wie es derzeit Barack Obama tut, dessen Demokratische Partei weder im Abgeordnetenhaus noch im Senat eine Mehrheit hat. Trotzdem leidet der US-Präsident nicht an demselben Legitimitätsdefizit wie die Europäische Kommission: Er wird direkt gewählt und kann sich deshalb unabhängig von den Parlamentsmehrheiten auf ein eigenes demokratisches Mandat berufen.

Eine Direktwahl des Kommissionschefs hätte wenig Sinn

Tatsächlich wurde die Einführung eines Präsidentialsystems mit einem direkt gewählten Regierungschef nach US-Vorbild auch in Italien in der Vergangenheit immer wieder diskutiert. Unter anderem strebte Silvio Berlusconi (FI/EVP) während seiner Amtszeit als Ministerpräsident ein derartiges Modell an. Und auch in der EU wurde verschiedentlich vorgeschlagen, den Kommissionschef künftig direkt von der Bevölkerung wählen zu lassen; insbesondere Wolfgang Schäuble (CDU/EVP) machte sich immer wieder für diesen Vorschlag stark.

Warum das in meinen Augen keine gute Idee wäre, habe ich auf diesem Blog bereits vor einigen Jahren dargelegt. Der Kommissionschef hat bis heute viel weniger Kompetenzen als etwa der US-Präsident. Ihn mit der Legitimität einer Direktwahl auszustatten, ist nur dann sinnvoll, wenn man auch den Rest des politischen Systems der EU auf eine starke, hierarchische Exekutive hin umkrempelt – was viele der existierenden Ansätze zu einer parlamentarischen Demokratie, die sich vor allem auf die europäischen Parteien stützt, wieder zerstören würde.

Den „perfekten Bikameralismus“ überwinden

Die beste Lösung ist deshalb wohl für die EU wie für Italien, den „perfekten Bikameralismus“ zu überwinden. Dafür müsste die zweite Kammer – der italienische Senat bzw. der Rat der EU – ihre Blockademacht bei der Gesetzgebung verlieren und die Regierung bzw. die Kommission künftig nur noch der direkt gewählten ersten Kammer – dem italienischen Abgeordnetenhaus bzw. dem Europäischen Parlament – gegenüber verantwortlich sein.

Dieses Ziel bleibt die Mühe wert. Selbst wenn das Referendum am 4. Dezember scheitert und wir dann, in Italien wie in der EU, erst einmal ganz andere Sorgen haben werden.

Bilder: European Council [CC BY-NC-ND 2.0], via Flickr. Unibicameral_Map.png: Aris Katsaris, BlankMap-World6.svg: Canuckguy/SkyBon, derivative work: Cerveaugenie [GFDL or CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons.

16 November 2016

Wenn am nächsten Sonntag Europawahl wäre (November 2016): EVP legt zu, Rechte gebremst

Stand: 14.11.2016.
Das Aufregerthema der vergangenen Woche war natürlich die Wahl von Donald Trump ins Weiße Haus. Während die Nachricht von den meisten Menschen in Europa mit einigem Entsetzen aufgenommen wurde, sahen sich die Rechtspopulisten in ihrer Agenda bestätigt. Von Marine Le Pen (FN/BENF) über Nigel Farage (UKIP/ADDE) bis zu Viktor Orbán (Fidesz/EVP) begrüßten das amerikanische Wahlergebnis und beschrieben es teils explizit als Vorbote für das, was die Zukunft auch für Europa bereithalte. Nach dem Brexit-Referendum im vergangenen Juni, so Farage, erlebe die Welt nun schon die zweite „große politische Revolution“ in diesem Jahr.

Richtet man sich nach den Wahlumfragen, hatten die europäischen Rechtspopulisten zuletzt allerdings weniger zu jubeln. Nachdem die Umfragewerte rechter und nationalistischer Parteien zuvor seit der Europawahl 2014 nahezu kontinuierlich gestiegen waren, hatten sie ausgerechnet nach dem Brexit-Referendum im Sommer einen ersten Dämpfer erfahren. In der aktuellen Projektion für das Europäische Parlament kämen die drei Rechtsfraktionen EKR, EFDD und ENF zusammen noch auf 173 Sitze: deutlich mehr als bei der letzten Europawahl – aber ihr schlechtester Wert im ganzen Jahr 2016.

Die meisten der Umfragen, auf denen diese Projektion basiert, wurden allerdings noch vor der US-Wahl durchgeführt. Es ist also keineswegs ausgeschlossen, dass die europäischen Rechtsparteien zuletzt doch von Donald Trumps Sieg profitieren. Jedenfalls aber ist ihr Aufstieg erst einmal ins Stocken geraten. Wichtigster Gewinner gegenüber der letzten Projektion von vergangenem September war hingegen die christdemokratische Europäische Volkspartei.

EVP deutlich, S&D leicht besser

Im Einzelnen kommt die EVP jetzt auf 194 Sitze (+5), ihr bester Wert seit vergangenem Februar. Dabei muss sie zwar in einigen Mitgliedstaaten wie Rumänien und Italien auch Rückschläge einstecken. In zahlreichen Ländern stehen die Christdemokraten jetzt jedoch etwas besser da als Ende des Sommers – etwa in Deutschland, Tschechien, Ungarn oder Kroatien, besonders aber in Spanien, wo Ministerpräsident Mariano Rajoy (PP/EVP) im Oktober nach einer zehnmonatigen Hängepartie im Amt bestätigt wurde und daraufhin prompt auch in den Umfragen zulegte.

Dass Rajoy im Amt bleibt, verdankt er vor allem der sozialistischen Oppositionspartei PSOE, die sich nach schweren internen Konflikten in der entscheidenden Abstimmung enthielt, um eine Auflösung des Parlaments und vorgezogene Neuwahlen zu verhindern und dadurch die politische Stabilität im Land wiederherzustellen. Die Wähler dankten ihnen das allerdings nicht: In spanischen Umfragen verloren die Sozialisten nach Rajoys Wiederwahl deutlich und fielen auf nationaler Ebene auf den dritten Platz zurück. Der PSOE ist damit nach der griechischen PASOK die sozialdemokratische Partei in Europa, die seit der Eurokrise am meisten gelitten hat.

In anderen Ländern konnten Sozialdemokraten hingegen auch Erfolge verbuchen. In Rumänien zum Beispiel legten sie in den Umfragen zuletzt deutlich zu und sind wenige Wochen vor der Wahl am 11. Dezember klarer Favorit. Auch in den skandinavischen Ländern stehen die Sozialdemokraten nun etwas besser da als vor acht Wochen. Insgesamt kann sich die sozialdemokratische Fraktion S&D deshalb leicht verbessern (182 Sitze/+1).

GUE/NGL: Gewinne in Spanien, Verluste in Griechenland

Zu den Gewinnern der Entwicklungen in Spanien gehörte neben der Volkspartei auch das linke Bündnis Unidos Podemos. Angesichts der sozialistischen Enthaltung bei der Wiederwahl Rajoys konnte UP sich als die einzige „echte“ Oppositionspartei profilieren und damit in der Wählergunst weiter zulegen. Vorläufig liegt UP in Umfragen jedenfalls deutlich vor dem PSOE und scheint seinem Ziel, sich auch als Regierungsalternative zu etablieren, einen Schritt näher.

In Griechenland hingegen hat die linke Syriza die sozialistische PASOK bereits vor einigen Jahren überholt. Seit Anfang 2015 befindet sie sich in Regierungsverantwortung, was damals auch mit einem gesamteuropäischen Höhenflug der Europäischen Linken verbunden war. Seit einigen Monaten leidet die Syriza jedoch unter Verschleißerscheinungen: Wenn jetzt Europawahl wäre, käme sie nur noch auf fünf Sitze, einer weniger als bei der Europawahl 2014. Insgesamt würde die Linksfraktion GUE/NGL jetzt 48 Sitze erreichen (+1).

Stagnation bei Grünen und Liberalen

Wenig Veränderungen gibt es im Rest des linksliberalen Spektrums. Die liberale ALDE – deren Parteivorsitzender Hans Van Baalen jüngst als langfristiges Ziel ausgab, EVP und S&D zu überholen und stärkste europäische Kraft zu werden – kann ihren Aufstieg wenigstens fürs Erste nicht fortsetzen. Zugewinnen in Polen und den Niederlanden stehen Verluste in Litauen und Rumänien gegenüber, wodurch die Fraktion insgesamt weiterhin auf 91 Sitze käme (±0).

Die Grünen wiederum suchen weiterhin nach einem Weg aus ihrem bereits seit zwei Jahren anhaltenden Umfragetief. In der aktuellen Projektion käme die Grüne/EFA-Fraktion wie zuvor auf 38 Sitze (±0). Sieht man genauer hin, verschlechtert sich die Position der europäischen Grünen allerdings: Bei der litauischen Parlamentswahl im Oktober wurden sie jüngst zwar etwas überraschend stärkste Partei. Doch in Schweden, Ungarn und der Wallonie würden sie nach den letzten Umfragen nicht mehr ins Europäische Parlament einziehen.

Zugewinne gibt es hingegen bei den schottischen und walisischen Regionalisten (SNP und PC), die der Europäischen Freien Allianz angehören und mit den Grünen eine Fraktionsgemeinschaft bilden. Angesichts des geplanten britischen EU-Austritts ist allerdings fraglich, wie lange das noch so bleibt. Jedenfalls scheint die Idee, dass Schottland notfalls auch unabhängig vom Vereinigten Königreich in der EU verbleiben könnte, bei den europäischen Grünen derzeit einige Sympathien zu genießen.

Rechtskonservative verlieren in Skandinavien

Unter den Rechtsfraktionen schließlich kann nur die EKR zulegen (65 Sitze/+3). Sie profitiert vor allem von guten Umfragewerten der britischen Tories, die seit dem Brexit-Referendum und dem Amtsantritt von Theresa May viele Wähler der nationalpopulistischen UKIP zurückgewinnen konnten.

In anderen Ländern verliert die EKR allerdings auch. Vor allem in Skandinavien scheinen sich die Wähler in großer Zahl von rechtskonservativen Parteien abzuwenden: Nachdem die finnischen PS bereits Ende 2015 in den Umfragen abgestürzt waren, verlor zuletzt auch die dänische DF deutlich an Zustimmung (wie übrigens auch die FrP in Norwegen, das allerdings kein EU-Mitglied ist). Davon profitieren konnten in all diesen Ländern vor allem die sozialdemokratischen Parteien. Ob das ein Trend ist, der über Skandinavien hinaus an Bedeutung gewinnt, wird sich aber erst noch zeigen müssen.

EFDD wird es nach 2019 wohl nicht mehr geben

Die nationalpopulistische EFDD-Fraktion wiederum verliert deutlich (47 Sitze/–6), was vor allem am schon erwähnten Absturz der britischen UKIP liegt. Diese hat nach dem Brexit-Referendum offenbar ihr Ziel verloren und ergeht sich nun in einem chaotischen und zuweilen handgreiflichen Führungsstreit. Aber auch die litauische EFDD-Mitgliedspartei, Tvarka ir Teisingumas, schnitt bei der nationalen Parlamentswahl im Oktober so schlecht ab, dass sie mit diesem Ergebnis nicht mehr im Europäischen Parlament vertreten wäre.

Damit wird es immer wahrscheinlicher, dass die EFDD-Fraktion nach der nächsten Europawahl 2019 nicht mehr in dieser Form weiterexistieren wird. Sollte Großbritannien aus der EU austreten und damit die UKIP die Fraktion verlassen, so bestünde die EFDD nur noch aus dem italienischen M5S und den schwedischen SD – weit entfernt von der Vorgabe der Geschäftsordnung des Parlaments, nach der eine Fraktion Mitglieder aus mindestens sieben verschiedenen Ländern haben muss.

ENF geht die Luft aus

Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang auch der Weg der kleinen tschechischen Partei Svoboda a Přímá Demokracie (SPD, deutsch: „Freiheit und Direkte Demokratie“). Als diese 2015 gegründet wurde, wählte sie ihren Namen explizit in Anlehnung an die EFDD-Fraktion. Im Sommer 2016 trat sie dann jedoch stattdessen der Bewegung für ein Europa der Nationen und der Freiheiten (BENF) bei. Wenn sie bei der nächsten Europawahl einen Sitz gewinnt – was nach den letzten Umfragen erstmals möglich erscheint – würde die SPD deshalb wohl kein Mitglied in der EFDD, sondern der Rechtsaußen-Fraktion ENF.

Doch abgesehen von diesem Neumitglied aus Tschechien scheint auch der ENF derzeit etwas die Luft auszugehen. Ihre Mitgliedsparteien in Deutschland, den Niederlanden und Belgien, die alle in den letzten anderthalb Jahren deutlich dazugewinnen konnten, erlitten zuletzt Einbußen. In Österreich und Italien halten sich die ENF-Mitgliedsparteien allerdings auf dem bisherigen Niveau. Insgesamt käme die Fraktion damit nun auf 61 Sitze (–2).

Fraktionslose und sonstige Parteien

Und auch außerhalb der existierenden Fraktionen erleiden rechte Parteien Verluste: Die rechtsextreme ĽSNS aus der Slowakei, die selbst der ENF zu radikal für eine Zusammenarbeit ist, würde gegenüber der letzten Projektion einen Sitz verlieren – ebenso wie die polnische Ruch Kukiza, die derzeit nicht im Europäischen Parlament vertreten ist und keiner Fraktion klar zugeordnet werden kann. Insgesamt erreichen die fraktionslosen Parteien damit noch 13 Sitze (–1), die sonstigen Parteien 12 (–1).

Im Ganzen zeigt die aktuelle Projektion also eine deutliche Bremse im Aufstieg der europäischen Rechtspopulisten. Wirklich aufatmen aber können die Parteien der Mitte nicht: Denn zum einen sind die drei Rechtsfraktionen zusammen eben doch immer noch so stark wie Ende 2015. Und zum anderen stehen in den kommenden zwei Jahren in nicht weniger als sechs EU-Mitgliedstaaten nationale Wahlen an, bei denen rechte Parteien die Chance auf eine Regierungsbeteiligung haben – angefangen mit der österreichischen Bundespräsidentenwahl am kommenden 4. Dezember, bei der erstmals der Vertreter einer ENF-Partei zum Staatschef gewählt werden könnte.

Die Übersicht

Die folgende Tabelle schlüsselt die Projektion für die Sitzverteilung zwischen den Fraktionen im nächsten Europäischen Parlament nach nationalen Einzelparteien auf. Da es keine gesamteuropäischen Wahlumfragen gibt, basiert sie auf aggregierten nationalen Umfragen und Wahlergebnissen aus allen Mitgliedstaaten. Wie die Datengrundlage für die Länder im Einzelnen aussieht und nach welchen Kriterien die nationalen Parteien den europäischen Fraktionen zugeordnet wurden, ist im Kleingedruckten unter der Tabelle erläutert. Mehr Informationen zu den europäischen Parteien und Fraktionen im Europäischen Parlament gibt es hier.


GUE/
NGL
G/EFA S&D ALDE EVP EKR EFDD ENF fʼlos Weitere
EP heute 52 50 189 69 216 74 45 39 17
Sept. 16 47* 38* 181* 91* 189* 62* 53 63* 14 13
Nov. 16 48* 38* 182* 91* 194* 65* 47 61* 13 12
DE 9 Linke
1 Tier
11 Grüne
1 Piraten
1 ödp
21 SPD 6 FDP
1 FW
31 Union 1 Familie
11 AfD 1 Partei
1 NPD
FR
2 EELV 18 PS 7 MD-UDI 23 LR

24 FN

GB 1 SF 3 Greens
4 SNP
1 PC
17 Lab 1 LibDem
25 Cons
1 UUP
19 UKIP
1 DUP
IT

28 PD
9 FI
1 SVP

24 M5S 11 LN

ES 11 UP 1 ERC
1 Comp
1 ICV
11 PSOE 7 Cʼs
1 PDECAT
21 PP




PL


13 .N 11 PO 22 PiS


5 Kʼ15
RO

16 PSD 2 ALDE 11 PNL
1 UDMR




2 USR
NL 3 SP 2 GL 2 PvdA 6 VVD
3 D66
1 50plus
3 CDA 1 CU
5 PVV
EL 5 Syriza
2 Pasok 1 EK 8 ND 1 ANEL

2 XA
2 KKE

BE 2 PTB 1 Groen 2 sp.a
3 PS
2 OpenVLD
2 MR
2 CD&V
1 cdH
1 CSP
4 N-VA
1 VB

PT 1 CDU
2 BE

9 PS
9 PSD-CDS




CZ 3 KSČM
4 ČSSD 8 ANO 2 TOP09
1 KDU-ČSL
2 ODS
1 SPD

HU

3 MSZP
1 DK

12 Fidesz


5 Jobbik
SE 2 V
6 S 2 C
1 L
5 M
4 SD


AT
2 Grüne 5 SPÖ 1 Neos 4 ÖVP

6 FPÖ

BG

5 BSP 3 DPS 7 GERB
1 RB




1 PF
DK 1 FmEU 1 Å 5 S 3 V
1 LA

2 DF



FI 1 Vas 2 Vihr 3 SDP 3 Kesk 3 Kok 1 PS



SK

4 SMER
1 KDH
1 M-H
1 OĽ-NOVA
2 SaS

2 SNS 1 ĽSNS 1 SR
IE 3 SF

5 FF 3 FG




HR

4 SDP
6 HDZ



1 Most
LT
3 LVŽS 2 LSDP 1 LRLS 3 TS-LKD 1 LLRA


1 LCP-LPP
LV

3 SDPS 3 ZZS 1 V 1 NA



SI 1 ZL
2 SD 2 SMC 2 SDS
1 NSi-SLS





EE

1 SDE 2 KE
2 RE





1 EVA
CY 2 AKEL
1 DIKO
3 DISY




LU
1 Gréng 1 LSAP 1 DP 3 CSV




MT

3 PL
3 PN





Verlauf


GUE/
NGL
G/EFA S&D ALDE EVP EKR EFDD ENF fʼlos Weitere
14.11.20164838182911946547611312
13.09.20164738181911896253631413
26.07.20164839185901925954611310
25.05.20165540174851876351701412
05.04.20165237179851927250531516
07.02.20165134183821967051551217
14.12.20155233185871926852531217
17.10.20155133193752046651541212
21.08.20155635190742047047491115
30.06.201561341887320569 43471120
03.05.201560321938020562 4451159
10.03.201560311967721660 4349127
12.01.201565401907021259 4743178
18.11.201460421956921259 4743168
23.09.20145339196672236147401510
28.07.2014564719175215664440134
EP 01.07.14525019167221704837
15

Die Zeile „EP 01.07.14“ kennzeichnet die Sitzverteilung zum 1. Juli 2014, dem Zeitpunkt der Konstituierung des Europäischen Parlaments nach der Europawahl im Mai 2014. Die Spalte für die ENF-Fraktion gibt bis Mai 2015 die Werte der Europäischen Allianz für Freiheit (EAF) bzw. der Bewegung für ein Europa der Nationen und Freiheiten (BENF) und ihr nahestehender Parteien an, die bis zur Fraktionsgründung im Juni 2015 fraktionslos waren.

Die vollen Namen der Fraktionen und der nationalen Einzelparteien erscheinen als Mouseover-Text, wenn der Mauszeiger eine kurze Zeit regungslos auf der Bezeichnung in der Tabelle gehalten wird. Bei den „weiteren“ Parteien ist zudem die ungefähre politische Ausrichtung angegeben, um ihre Bündnismöglichkeiten auf europäischer Ebene anzudeuten. Da die betreffenden Parteien allerdings oft erst vor kurzer Zeit gegründet wurden, befindet sich ihre Programmatik zum Teil noch im Fluss, sodass die Angabe lediglich zur groben Orientierung dienen kann.

Fraktionszuordnung

Für die Projektion werden Parteien, die bereits im Europäischen Parlament vertreten sind, jeweils ihrer derzeitigen Fraktion zugerechnet, es sei denn, sie haben ausdrücklich ihren Entschluss zu einem Fraktionswechsel nach der nächsten Wahl erklärt oder ein Fraktionswechsel erscheint aus anderen Gründen sehr wahrscheinlich. Nationale Parteien, die derzeit nicht im Europäischen Parlament vertreten sind, aber einer europäischen Partei angehören oder ihr in der politischen Ausrichtung sehr nahe stehen, werden der Fraktion der entsprechenden europäischen Partei zugeordnet. In Fällen, bei denen sich die Mitglieder einer nationalen Liste nach der Wahl voraussichtlich auf mehrere Fraktionen aufteilen werden, wird jeweils die am plausibelsten scheinende Verteilung zugrundegelegt. Parteien, die nicht im Parlament vertreten sind und bei denen die Zuordnung zu einer bestimmten Fraktion unklar ist, werden als „Weitere Parteien“ eingeordnet. Diese Zuordnungen folgen zum Teil natürlich auch einer subjektiven Einschätzung der politischen Ausrichtung der Parteien. Jeder Leserin und jedem Leser sei es deshalb selbst überlassen, sie nach eigenen Kriterien zu korrigieren.

Für die Bildung einer eigenständigen Fraktion sind nach der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments mindestens 25 Abgeordnete aus mindestens sieben Mitgliedstaaten erforderlich. Mit einem Asterisk (*) gekennzeichnete Gruppierungen würden nach der Projektion diese Bedingungen erfüllen. Andere Gruppierungen müssten gegebenenfalls nach der Europawahl zusätzliche Abgeordnete (z. B. aus der Spalte „Weitere“) für sich gewinnen, um sich als Fraktion konstituieren zu können.

Datengrundlage

Soweit verfügbar, wurde bei der Sitzberechnung für jedes Land jeweils die jüngste Umfrage zu den Wahlabsichten für das Europäische Parlament herangezogen. In Ländern, wo es keine spezifischen Europawahlumfragen gibt oder wo die letzte solche Umfrage mehr als ein Jahr zurückliegt, wurde stattdessen die jüngste verfügbare Umfrage für die Wahl zum nationalen Parlament verwendet. Wo mehr als eine Umfrage erschienen ist, wurde der Durchschnitt aller Umfragen aus den letzten zwei Wochen vor der jüngsten Umfrage berechnet. Für Mitgliedstaaten, für die sich überhaupt keine Umfragen finden lassen, wurde auf die Ergebnisse der letzten nationalen Parlaments- oder Europawahl zurückgegriffen.
In der Regel wurden die nationalen Umfragewerte der Parteien direkt auf die Gesamtzahl der Sitze des Landes umgerechnet. In Ländern, wo die Wahl in regionalen Wahlkreisen ohne Verhältnisausgleich erfolgt (Frankreich, Vereinigtes Königreich, Belgien, Irland), werden regionale Umfragedaten genutzt, soweit diese verfügbar sind. Wo dies nicht der Fall ist, wird die Sitzzahl für jeden Wahlkreis einzeln berechnet, dabei aber jeweils die nationalen Gesamt-Umfragewerte herangezogen. Nationale Sperrklauseln werden, soweit vorhanden, in der Projektion berücksichtigt.
In Belgien entsprechen die Wahlkreise bei der Europawahl den Sprachgemeinschaft, während Umfragen üblicherweise auf Ebene der Regionen durchgeführt werden. Für die Projektion wurden für die französischsprachige Gemeinschaft die Umfragedaten aus Wallonien, für die niederländischsprachige Gemeinschaft die Umfragedaten aus Flandern genutzt. Für die deutschsprachige Gemeinschaft wird das Ergebnis der letzten Europawahl herangezogen.
In Ländern, in denen es üblich ist, dass Parteien zu Wahlen in Listenverbindungen antreten, werden der Projektion jeweils die am plausibelsten erscheinenden Listenverbindungen zugrunde gelegt. Insbesondere werden für Spanien folgende Listenverbindungen angenommen: Unidos Podemos, Compromís und ICV (mit Compromís auf dem 3., ICV auf dem 6. Listenplatz); PDECAT und PNV (mit PNV auf dem 2. Listenplatz).
Da es in Deutschland bei der Europawahl keine Sperrklausel gibt, können Parteien bereits mit weniger als 1 Prozent der Stimmen einen Sitz im Europäischen Parlament gewinnen. Mangels zuverlässiger Umfragedaten wird für diese Kleinparteien in der Projektion jeweils das Ergebnis der letzten Europawahl herangezogen (je 1 Sitz für Tierschutzpartei, ödp, Piraten, FW, Familienpartei, PARTEI und NPD).
In Großbritannien haben wegen der Unterschiede im Wahlrecht einige Parteien nur bei Europawahlen echte Chancen, Mandate zu gewinnen. In Umfragen zu nationalen Wahlen schneiden diese Parteien deshalb strukturell deutlich schlechter ab als bei der Europawahl. Dies gilt vor allem für UKIP und Greens. Um dies zu kompensieren, wird in der Projektion für die Greens stets das Ergebnis der Europawahl herangezogen (3 Sitze). Für UKIP und LibDem werden die aktuellen Umfragewerte für nationale Wahlen verwendet, aber für die Projektion mit dem Faktor 3 (UKIP) bzw. 1,33 (LibDem) multipliziert.
In Italien können Minderheitenparteien durch eine Sonderregelung auch mit nur recht wenigen Stimmen ins Parlament einziehen. In der Projektion wird die Südtiroler Volkspartei deshalb jeweils mit dem Ergebnis der letzten Europawahl (1 Sitz) geführt.

Die folgende Übersicht führt die Datengrundlage für die Mitgliedstaaten im Einzelnen auf:
Deutschland: nationale Umfragen, 30.10.-12.11.2016, Quelle: Wikipedia.
Frankreich: nationale Regionalwahl-Umfragen, 23.11.-3.12.2015 (29.3.2015 für LR, MD-UDI), Quelle: Wikipedia.
Vereinigtes Königreich, England: nationale Umfragen, 24.10.-4.11.2016, Quelle: Wikipedia.
Vereinigtes Königreich, Wales: Umfragen für Regionalwahl, 21.9.2016, Quelle: Wikipedia.
Vereinigtes Königreich, Schottland: Umfragen für Regionalwahl, 4.10.2016, Quelle: Wikipedia.
Vereinigtes Königreich, Nordirland: Ergebnisse der Regionalwahl, 5.5.2016.
Italien: nationale Umfragen, 2.-10.11.2016, Quelle: Wikipedia.
Spanien: nationale Umfragen, 28.10.-11.11.2016, Quelle: Wikipedia.
Polen: nationale Umfragen, 13.-26.10.2016, Quelle: Wikipedia.
Rumänien: nationale Umfragen, 30.10.2015, Quelle: Wikipedia.
Niederlande: nationale Umfragen, 30.10.-11.11.2016, Quelle: Wikipedia.
Griechenland: nationale Umfragen, 27.10.-4.11.2016, Quelle: Wikipedia.
Belgien, niederländischsprachige Gemeinschaft: regionale Umfragen (Flandern) für die nationale Parlamentswahl, 25.9.-3.10.2016, Quelle: Wikipedia.
Belgien, französischsprachige Gemeinschaft: regionale Umfragen (Wallonien) für die nationale Parlamentswahl, 25.9.2016, Quelle: Wikipedia.
Belgien, deutschsprachige Gemeinschaft: Ergebnisse der Europawahl, 25.5.2014.
Portugal: nationale Umfragen, 1.-9.11.2016, Quelle: Wikipedia.
Tschechien: nationale Umfragen, 21.10.-2.11.2016, Quelle: Wikipedia.
Ungarn: nationale Umfragen, 13.-26.10.2016, Quelle: Wikipedia.
Schweden: nationale Umfragen, 18.10.-2.11.2016, Quelle: Wikipedia.
Österreich: nationale Umfragen, 23.10.-5.11.2016, Quelle: Wikipedia.
Bulgarien: nationale Umfragen, 31.5.2016, Quelle: Exacta.
Dänemark: nationale Umfragen, 30.10.-10.11.2016, Quelle: Wikipedia.
Finnland: nationale Umfragen, 1.11.2016, Quelle: Wikipedia.
Slowakei: nationale Umfragen, 7.11.2016, Quelle: Wikipedia.
Irland: nationale Umfragen, 11.11.2016, Quelle: Wikipedia.
Kroatien: nationale Umfragen, 18.10.2016, Quelle: Crobarometar.
Litauen: Ergebnisse der nationalen Wahl, 9.11.2016.
Lettland: nationale Umfragen, 21.9.2016, Quelle: Latvian Facts.
Slowenien: nationale Umfragen, Oktober 2016, Quelle: Ninamedia.
Estland: nationale Umfragen, Oktober 2016, Quelle: Wikipedia.
Zypern: Ergebnisse der nationalen Parlamentswahl, 22.5.2016.
Luxemburg: nationale Umfragen, Juni 2016, Quelle: Electograph.
Malta: nationale Umfragen, 13.11.2016, Quelle: Malta Today.

Bilder: Eigene Grafiken.