29 Juni 2020

Wenn am nächsten Sonntag Europawahl wäre (Juni 2020): Sozialdemokraten und Rechte verlieren – EVP auf Fünfjahreshoch

GUE/
NGL
Grüne/
EFA
S&D RE EVP EKR ID fʼlos Weitere
EP heute 39 68 146 98 187 62 76 29
April 20 47 53 151 88 202 66 66 19 13
Juni 20 48 55 143 91 203 64 63 20 18
dynamisch 49 57 144 93 203 69 63 27

Basis-Szenario,
Stand: 25.6.2020.


Dynamisches Szenario,
Stand: 25.6.2020.
Wie wird die „neue Normalität“ nach Corona aussehen? Wo wird es eine Rückkehr zum vorherigen Zustand geben, welche Veränderungen werden auf Dauer sein? Neben vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen stellt sich diese Frage auch für die europäischen Wahlumfragen. Diese wurden durch die Corona-Krise heftig durcheinandergewirbelt: Die letzte Sitzprojektion von Ende April zeigte in Folge der Pandemie einen deutlichen Rally-’round-the-flag-Effekt, bei dem in sehr vielen EU-Mitgliedstaaten die Partei des jeweiligen Regierungschefs stark dazugewann. In der Summe profitierten davon die beiden größten europäischen Fraktionen, nämlich die konservative EVP und die sozialdemokratische S&D, deren Umfragewerte auf dem Höhepunkt der Krise einen Sprung nach oben machten.

Inzwischen hat die Rally ʼround the flag jedoch ihr Ende erreicht: In den letzten acht Wochen gab es fast nirgendwo in der EU noch weitere Zugewinne der nationalen Regierungsparteien, in den meisten Fällen gingen ihre Werte wieder leicht zurück. (Lediglich die niederländische VVD, Mitglied der liberalen RE-Fraktion, die litauische LVŽS/G-EFA sowie die lettische JV/EVP konnten noch einmal etwas nachlegen.) Allerdings fielen auch nur wenige Regierungsparteien auf den Stand vor der Pandemie zurück; einige von ihnen – insbesondere die deutsche CDU/CSU (EVP) – konnten ihre starken Krisenzuwächse sogar vollständig erhalten. Deutliche Einbußen erfuhren lediglich die polnischen Rechtskonservativen (PiS/EKR), die zum Höhepunkt der Krise in Umfragen an der absoluten Mehrheit kratzten, im Zuge des nationalen Präsidentschaftswahlkampfs zuletzt jedoch an die oppositionelle PO (EVP) verloren.

EVP gewinnt, S&D verliert

Über die gesamte EU hinweg brachten die letzten Wochen der EVP damit noch einmal eine leichte Verbesserung in der Sitzprojektion. Außer in Polen legten oppositionelle EVP-Mitgliedsparteien auch in Belgien und Portugal zu und konnten damit die leichten Verluste der EVP-Regierungsparteien in Rumänien, Österreich und der Slowakei ausgleichen. Mit insgesamt 203 Sitzen (+1) erreicht die EVP in der Projektion ihren besten Wert seit Herbst 2015; ihr Sitzanteil wäre aufgrund der inzwischen durch den Brexit verringerten Gesamtsitzzahl sogar so hoch wie zuletzt im Herbst 2014.

Für die S&D-Fraktion waren die Umfragen der letzten zwei Monate hingegen von Rückschlägen geprägt. Zum einen gingen die Werte der sozialdemokratischen Regierungsparteien in Spanien, Dänemark und Deutschland zurück. Zum anderen konnten aber auch sozialdemokratische Oppositionsparteien kaum vom Abklingen der Corona-Krise profitieren und verloren in Polen, Belgien, Lettland, Griechenland und Zypern an Zustimmung. Einen leichten Aufschwung erfuhren lediglich die österreichische SPÖ und die rumänische PRO. In der Summe würde die S&D-Fraktion derzeit noch 143 Sitze erreichen (–8). Gegenüber der März-Projektion, die größtenteils auf Umfragen aus der Vor-Corona-Zeit basierte, liegt die S&D allerdings noch immer fünf Sitze im Plus.

Rekordvorsprung der EVP

Sitzvorsprung der EVP (Basis-Szenario).

Die sich öffnende Schere führt zu einem neuen Rekordvorsprung der EVP in der Sitzprojektion: Die Konservativen würden nun 60 Sitze mehr erreichen als die Sozialdemokraten. Das ist zwar ein niedrigerer Wert als beim Ergebnis der Europawahl 2009, als die EVP noch einen Vorsprung von 81 Sitzen erzielte. Im Zuge der Eurokrise hatte die EVP diesen Vorsprung jedoch weitgehend eingebüßt; in den seit 2014 regelmäßig berechneten Sitzprojektionen auf diesem Blog kam die S&D Mitte 2016 bis auf sieben Mandate heran.

Vor allem durch den Brexit und damit den Austritt der Labour Party vergrößerte sich der Abstand später wieder auf rund 40-50 Sitze; im aktuellen Parlament sind es 41. Die 60 Sitze in der Sitzprojektion wären demgegenüber noch einmal eine deutliche Verbesserung für die EVP. Sollte sich dieser Vorsprung stabilisieren, dürfte das auch Auswirkungen auf die Debatte über das Spitzenkandidaten-Verfahren und die umstrittene Frage haben, ob die stärkste Kraft im Europäischen Parlament auch einen automatischen Anspruch auf die Kommissionspräsidentschaft erheben kann.

Liberale, Grüne, Linke im Plus

Bei den übrigen Fraktionen im Europäischen Parlament gab es in den vergangenen acht Wochen nur kleinere Veränderungen. Die liberale RE-Fraktion konnte – zum ersten Mal seit der Europawahl im vergangenen Jahr – gegenüber der letzten Sitzprojektion zulegen. Dank etwas verbesserter Werte in den Niederlanden, Spanien und Ungarn käme sie nun auf 91 Sitze (+3).

Ebenfalls dazugewinnen kann die Fraktion der Grünen/EFA (55/+2). Hier sind es vor allem die auf nationaler Ebene relativ großen Mitgliedsparteien, denen es gelingt, sich im Nachklang der Corona-Pandemie bemerkbar zu machen: die deutschen Grünen – die in der April-Projektion deutlich verloren hatten, sich nun aber wieder stabilisiert haben –, die tschechischen Piráti sowie die litauische LVŽS. (Zudem konnte die französische EELV bei den gestrigen französischen Kommunalwahlen stark dazugewinnen. Allerdings schlägt sich das nicht in der Sitzprojektion nieder, da es in Frankreich keine aktuellen nationalen Umfragen gibt und sich aus dem Kommunalwahlergebnis aufgrund des völlig anderen Wahlsystems keine sinnvolle Projektion für die Europawahl berechnen lässt.)

Minimale Gewinne gab es schließlich auch bei der Linksfraktion GUE/NGL (48/+1). Hier war es die spanische Mitgliedspartei UP, die nach längerer Durststrecke in den Umfragen leicht hinzugewinnen konnte.

Erneut Verluste für Rechtsfraktionen

Während die Mitte-links-Fraktionen – abgesehen von der S&D – in den vergangenen Wochen leicht zulegen konnten, konnten die Parteien rechts der EVP wie schon im April nicht von der Corona-Krise profitieren. Die beiden Rechtsfraktionen EKR und ID müssen in den Umfragen erneute Verluste hinnehmen und erreichen gemeinsam ihren niedrigsten Wert seit zwei Jahren.

Bei der rechtskonservativen EKR-Fraktion konnte zwar die italienische Mitgliedspartei FdI erneut leicht dazugewinnen und damit ihren spektakulären Aufstieg fortsetzen: Noch im Herbst 2018 wäre sie an der nationalen Vierprozenthürde gescheitert und kam in der Europawahl-Sitzprojektion nicht vor; bei der Wahl 2019 erreichte sie fünf Sitze; aktuell wäre sie mit dreizehn Mandaten zweitstärkste Partei ihrer Fraktion. Stärker als die Gewinne der FdI schlugen zuletzt jedoch die Verluste der polnischen Mitgliedspartei PiS ins Gewicht, sodass die EKR insgesamt noch auf 64 Sitze käme (–2).

Das Spiegelbild zum Aufstieg der FdI bildet der Niedergang der anderen italienischen Rechtsaußenpartei Lega, die in der aktuellen Projektion zum wiederholten Mal Sitze verliert. Zwar ist die Lega in den Umfragen immer noch sowohl die stärkste Kraft in Italien als auch die stärkste rechtsextreme Einzelpartei in Europa. Doch die Verluste der Partei um Matteo Salvini ziehen die europäische Rechtsaußenfraktion ID insgesamt nach unten (63/–3). Erstmals seit Anfang 2018 ist die ID damit in der Sitzprojektion auch wieder schwächer als die EKR, wenn auch nur minimal.

Mehrere neue Kleinparteien

Wenig Veränderungen gibt es schließlich auch bei den fraktionslosen Parteien (20 Sitze/+1). Hier können die italienische Regierungspartei M5S sowie die rechtsextreme ĽSNS aus der Slowakei leicht dazugewinnen, während die ebenfalls rechte Jobbik aus Ungarn leicht verliert.

Deutlich zulegen können hingegen die „weiteren“ Parteien, die derzeit nicht im Parlament vertreten sind und auch keiner europäischen Partei angehören (18 Sitze/+5). Dies liegt zum einen an Zugewinnen der rechtspopulistischen Konfederacja aus Polen. Zum anderen erscheinen im Tableau mehrere Kleinparteien, die nun erstmals (oder erstmals wieder) einen Sitz im Parlament erringen würden:
  • MeRA25 wurde 2018 von dem früheren griechischen Finanzminister Janis Varoufakis gegründet und ist der griechische Ableger der links-proeuropäischen Bewegung DiEM25.
  • Die dänischen Nye Borgerlige spalteten sich 2015 von den Konservativen (EVP) ab und vertreten einen rechtsoffenen, wirtschaftsliberalen und europafeindlichen Nationalismus.
  • Eesti 200 ist eine 2018 gegründete klassisch liberale Partei, die vor der Europawahl 2019 bereits ihr Interesse an einem Beitritt zur RE-Fraktion bekundet hat. Sie wäre damit bereits die dritte Mitgliedspartei der europäischen Liberalen aus dem viertkleinsten EU-Mitgliedstaat.
  • Die zyprische DIPA spaltete sich 2018 von der sozialliberalen Partei DIKO ab und strebt eine Modernisierung der zyprischen Politik aus der politischen Mitte heraus an.

Die Übersicht

Die folgende Tabelle schlüsselt die Sitzverteilung zwischen den Fraktionen im nächsten Europäischen Parlament nach nationalen Einzelparteien auf. Die Tabelle folgt dabei dem Basisszenario, in dem nationale Parteien in der Regel jeweils ihrer aktuellen Fraktion (bzw. der Fraktion ihrer europäischen Dachpartei) zugeordnet und Parteien ohne klare Zuordnung als „weitere Parteien“ ausgewiesen werden. Demgegenüber geht das dynamische Szenario von stärkeren Annahmen aus und ordnet insbesondere die „weiteren Parteien“ der Fraktion zu, der diese plausiblerweise am nächsten stehen. Die Veränderungen im dynamischen Szenario sind in der Tabelle durch farbige Schrift und durch einen Hinweis im Mouseover-Text gekennzeichnet.

Da es keine gesamteuropäischen Wahlumfragen gibt, basiert die Projektion auf aggregierten nationalen Umfragen und Wahlergebnissen aus allen Mitgliedstaaten. Wie die Datengrundlage für die Länder im Einzelnen aussieht, ist im Kleingedruckten unter den Tabellen erläutert. Mehr Informationen zu den europäischen Parteien und zu den Fraktionen im Europäischen Parlament gibt es hier.


GUE/
NGL
Grüne/
EFA
S&D RE EVP EKR ID fʼlos Weitere
EP heute 39 68 146 98 187 62 76 29
April 20 47 53 151 88 202 66 66 19 13
Juni 20 48 55 143 91 203 64 63 20 18
dynamisch 49 57 144 93 203 69 63 27

GUE/
NGL
Grüne/
EFA
S&D RE EVP EKR ID fʼlos Weitere
DE 7 Linke 17 Grüne
1 Piraten
1 ÖDP
1 Volt
1 Partei
14 SPD 5 FDP
2 FW
35 Union 1 Familie 9 AfD 1 Partei 1 Tier
FR 7 FI 14 EELV 11 PS 19 LREM 14 LR
14 RN

IT

19 PD
6 FI
1 SVP
13 FdI 23 Lega 14 M5S
ES 8 UP
1 Bildu
1 ERC 17 PSOE 5 Cʼs
1 PNV
15 PP 9 Vox
1 JxC 1 MP
PL

5 Lewica
16 KO
4 KP
22 PiS

5 Konf
RO

10 PSD
3 PRO
7 USR-PLUS 13 PNL



NL 2 SP 3 GL 3 PvdA 9 VVD
2 D66
3 CDA
1 CU
2 FvD
1 SGP
3 PVV

EL 6 Syriza
1 KINAL
11 ND 1 EL
1 KKE 1 MeRA25
BE 3 PTB-PvdA 1 Groen
1 Ecolo
1 sp.a
2 PS
1 O-VLD
2 MR
1 CD&V
1 cdH
1 CSP
3 N-VA 4 VB

PT 2 BE

10 PS
7 PSD
1 CDS-PP



1 CH
CZ 1 KSČM 4 Piráti 1 ČSSD 8 ANO 2 TOP09
1 KDU-ČSL
3 ODS 1 SPD

HU

3 DK
1 MSZP
3 MM 13 Fidesz

1 Jobbik
SE 2 V
7 S 2 C 4 M
1 KD
5 SD


AT 3 Grüne 4 SPÖ 1 Neos 9 ÖVP
2 FPÖ

BG

6 BSP 2 DPS 6 GERB
1 DB



2 NTD
DK 1 Enhl. 1 SF 5 S 3 V
1 RV
1 K
1 DF
1 NB
FI 1 Vas 2 Vihreät 3 SDP 2 Kesk 3 Kok
3 PS

SK

3 SMER 1 PS 4 OĽANO 2 SaS 2 SR 2 ĽSNS
IE 4 SF

3 FF 6 FG



HR

5 SDP
5 HDZ


2 DPMŠ
LT
3 LVŽS 2 LSDP 1 LRLS
1 DP
3 TS-LKD


1 LT
LV

1 SDPS 1 AP!
1 ZZS
2 JV
1 JKP
1 NA

1 Prog
SI 1 Levica
1 SD 2 LMŠ 3 SDS-SLS
1 NSi




EE


3 RE
2 KE


1 EKRE
1 E200
CY 2 AKEL
1 EDEK
2 DISY


1 DIPA
LU
1 Gréng 1 LSAP 1 DP 2 CSV 1 ADR


MT

4 PL
2 PN




Verlauf (Basisszenario)


GUE/
NGL
G/EFA S&D RE EVP EKR ID fʼlos Weitere
25.06.2020 48 55 143 91 203 64 63 20 18
26.04.2020 47 53 151 88 202 66 66 19 13
10.03.2020 51 58 138 88 188 67 82 21 12
09.01.2020 49 58 135 93 186 65 82 24 13
23.11.2019 48 57 138 99 181 62 82 22 16
23.09.2019 49 61 139 108 175 56 82 24 11
30.07.2019 47 64 138 108 180 57 82 22 7
Wahl 2019 40 68 148 97 187 62 76 27

Die Zeile „Wahl 2019“ kennzeichnet die Sitzverteilung zum 2. Juli 2019, dem Zeitpunkt der Konstituierung des Europäischen Parlaments nach der Europawahl im Mai 2019.
Angegeben sind jeweils die Werte im Basisszenario ohne das Vereinigte Königreich. Eine Übersicht der Werte mit dem Vereinigten Königreich für die Zeit bis Januar 2020 ist hier zu finden.
Eine Übersicht älterer Projektionen aus der Wahlperiode 2014-2019 gibt es hier.

Die vollen Namen der Fraktionen und der nationalen Einzelparteien erscheinen als Mouseover-Text, wenn der Mauszeiger eine kurze Zeit regungslos auf der Bezeichnung in der Tabelle gehalten wird. Sofern eine Partei im dynamischen Szenario einer anderen Fraktion zugeordnet ist als im Basisszenario, ist dies ebenfalls im Mouseover-Text gekennzeichnet.

Fraktionszuordnung

Basisszenario: Für die Projektion werden Parteien, die bereits im Europäischen Parlament vertreten sind, jeweils ihrer derzeitigen Fraktion zugerechnet, es sei denn, sie haben ausdrücklich ihren Entschluss zu einem Fraktionswechsel nach der nächsten Europawahl erklärt. Nationale Parteien, die derzeit nicht im Europäischen Parlament vertreten sind, aber einer europäischen Partei angehören, werden der Fraktion der entsprechenden europäischen Partei zugeordnet. In Fällen, bei denen sich die Mitglieder einer nationalen Liste nach der Wahl voraussichtlich auf mehrere Fraktionen aufteilen werden, wird jeweils die am plausibelsten scheinende Verteilung zugrundegelegt. Parteien, bei denen die Zuordnung zu einer bestimmten Fraktion unklar ist, werden im Basisszenario als „Weitere Parteien“ eingeordnet.

Für die Bildung einer eigenständigen Fraktion sind nach der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments mindestens 25 Abgeordnete aus mindestens sieben Mitgliedstaaten erforderlich. Mit einem Asterisk (*) gekennzeichnete Gruppierungen würden diese Bedingungen nach der Projektion derzeit nicht erfüllen. Sie müssten deshalb gegebenenfalls nach der Europawahl zusätzliche Abgeordnete (z. B. aus der Spalte „Weitere“) für sich gewinnen, um sich als Fraktion konstituieren zu können.

Dynamisches Szenario: Im dynamischen Szenario werden alle „weiteren Parteien“ einer schon bestehenden Fraktion (oder der Gruppe der Fraktionslosen) zugeordnet. Außerdem werden gegebenenfalls Fraktionsübertritte von bereits im Parlament vertretenen Parteien berücksichtigt, die politisch plausibel erscheinen, auch wenn sie noch nicht öffentlich angekündigt wurden. Um diese Veränderungen gegenüber dem Basisszenario deutlich zu machen, sind Parteien, die im dynamischen Szenario einer anderen Fraktion zugeordnet werden, in der Tabelle mit der Farbe dieser Fraktion gekennzeichnet; zudem erscheint der Name der möglichen künftigen Fraktion im Mouseover-Text. Die Zuordnungen im dynamischen Szenario basieren auf einer subjektiven Einschätzung der politischen Ausrichtung und Strategie der Parteien und sind daher im Einzelnen oft recht unsicher; in der Gesamtschau kann das dynamische Szenario jedoch näher an der wirklichen Sitzverteilung nach der nächsten Europawahl liegen als das Basisszenario.

Datengrundlage

Soweit verfügbar, wird bei der Sitzberechnung für jedes Land jeweils die jüngste Umfrage zu den Wahlabsichten für das Europäische Parlament herangezogen. Wo mehr als eine Umfrage erschienen ist, wird der Durchschnitt aller Umfragen aus den letzten zwei Wochen vor der jüngsten Umfrage berechnet, wobei jedoch von jedem einzelnen Umfrageinstitut nur die jeweils letzte Umfrage berücksichtigt wird. Stichtag für die Berücksichtigung einer Umfrage ist, soweit bekannt, jeweils der letzte Tag der Feldforschung, andernfalls der Tag der Veröffentlichung.
Für Länder, in denen es keine spezifischen Europawahlumfragen gibt oder die letzte solche Umfrage mehr als zwei Wochen zurückliegt, wird stattdessen die jüngste verfügbare Umfrage für die Wahl zum nationalen Parlament bzw. der Durchschnitt aller Umfragen für das nationale oder das Europäische Parlament aus den letzten zwei Wochen vor der jüngsten verfügbaren Umfrage verwendet. Für Mitgliedstaaten, für die sich überhaupt keine Umfragen finden lassen, wird auf die Ergebnisse der letzten nationalen Parlaments- oder Europawahl zurückgegriffen.
In der Regel werden die nationalen Umfragewerte der Parteien direkt auf die Gesamtzahl der Sitze des Landes umgerechnet. Für Länder, in denen die Wahl in regionalen Wahlkreisen ohne Verhältnisausgleich erfolgt (aktuell Belgien und Irland), werden regionale Umfragedaten genutzt, soweit diese verfügbar sind. Wo dies nicht der Fall ist, wird die Sitzzahl für jeden Wahlkreis einzeln berechnet, dabei aber jeweils die nationalen Gesamt-Umfragewerte herangezogen. Nationale Sperrklauseln werden, soweit vorhanden, in der Projektion berücksichtigt.
In Belgien entsprechen die Wahlkreise bei der Europawahl den Sprachgemeinschaft, während Umfragen üblicherweise auf Ebene der Regionen durchgeführt werden. Für die Projektion werden für die französischsprachige Gemeinschaft die Umfragedaten aus Wallonien, für die niederländischsprachige Gemeinschaft die Umfragedaten aus Flandern genutzt. Für die deutschsprachige Gemeinschaft wird das Ergebnis der letzten Europawahl herangezogen.
In Ländern, in denen es üblich ist, dass mehrere Parteien als Wahlbündnis auf einer gemeinsamen Liste antreten, werden der Projektion plausibel erscheinende Listengemeinschaften zugrunde gelegt. Dies betrifft folgende Parteien: Spanien: Más País (1., 3. Listenplatz), Compromís (2.) und Equo (4.); ERC (1., 3.-4.), Bildu (2.) und BNG (5.); PNV (1.) und CC (2.); Niederlande: CU (1., 3.-4.) und SGP (2., 5.); Slowakei: PS (1.) und Spolu (2.).
Da es in Deutschland bei der Europawahl keine Sperrklausel gibt, können Parteien bereits mit weniger als 1 Prozent der Stimmen einen Sitz im Europäischen Parlament gewinnen. Mangels zuverlässiger Umfragedaten wird für diese Kleinparteien in der Projektion jeweils das Ergebnis der letzten Europawahl herangezogen (je 2 Sitze für PARTEI und FW, je 1 Sitz für Tierschutzpartei, ödp, Piraten, Volt und Familienpartei).
In Italien können Minderheitenparteien durch eine Sonderregelung auch mit nur recht wenigen Stimmen ins Parlament einziehen. In der Projektion wird die Südtiroler Volkspartei deshalb stets mit dem Ergebnis der letzten Europawahl (1 Sitz) geführt.

Die folgende Übersicht führt die Datengrundlage für die Mitgliedstaaten im Einzelnen auf. Die Daten beziehen sich auf den letzten Tag der Feldforschung; falls dieser nicht bekannt ist, auf den Tag der Veröffentlichung der Umfragen:
Deutschland: nationale Umfragen, 12.-22.6.2020, Quelle: Wikipedia.
Frankreich: nationale Kommunalwahl-Umfragen, 23.1.2020, Quelle: Wikipedia.
Italien: nationale Umfragen, 11.-23.6.2020, Quelle: Wikipedia.
Spanien: nationale Umfragen, 9.-19.6.2020, Quelle: Wikipedia.
Polen: nationale Umfragen, 10.-23.6.2020, Quelle: Wikipedia.
Rumänien: nationale Umfragen, Juni 2020 (PNL, PSD, USR-PLUS) 20.-27.5.2020 (kleinere Parteien), Quelle: Wikipedia.
Niederlande: nationale Umfragen, 9.-21.6.2020, Quelle: Wikipedia.
Griechenland: nationale Umfragen, 27.5.-9.6.2020, Quelle: Wikipedia.
Belgien, französischsprachige Gemeinschaft: regionale Umfragen (Wallonien) für die nationale Parlamentswahl, 15.6.2020, Quelle: Wikipedia.
Belgien, niederländischsprachige Gemeinschaft: regionale Umfragen (Flandern) für die nationale Parlamentswahl, 15.6.2020, Quelle: Wikipedia.
Belgien, deutschsprachige Gemeinschaft: Ergebnis der Europawahl, 26.5.2019.
Portugal: nationale Umfragen, 4.-13.6.2020, Quelle: Wikipedia.
Tschechien: nationale Umfragen, 1.-5.6.2020, Quelle: Wikipedia.
Ungarn: nationale Umfragen, 31.5.-5.6.2020, Quelle: Wikipedia.
Schweden: nationale Umfragen, 11.-21.6.2020, Quelle: Wikipedia.
Österreich: nationale Umfragen, 11.-13.6.2020, Quelle: Wikipedia.
Bulgarien: nationale Umfragen, 10.2.2020, Quelle: Europe Elects.
Dänemark: nationale Umfragen, 10.-21.6.2020, Quelle: Wikipedia.
Finnland: nationale Umfragen, 2.-14.6.2020, Quelle: Wikipedia.
Slowakei: nationale Umfragen, 10.6.2020, Quelle: Wikipedia.
Irland: nationale Umfragen, 14.-20.6.2020, Quelle: Wikipedia.
Kroatien: nationale Umfragen, 25.5.-7.6.2020, Quelle: Wikipedia.
Litauen: nationale Umfragen, 13.6.2020, Quelle: Vilmorus.
Lettland: nationale Umfragen, 31.5.2020, Quelle: Wikipedia.
Slowenien: nationale Umfragen, 4.-17.6.2020, Quelle: Wikipedia.
Estland: nationale Umfragen, 8.-15.6.2020, Quelle: Wikipedia.
Zypern: nationale Umfragen, 14.5.2020, Quelle: Europe Elects.
Luxemburg: nationale Umfragen, 23.11.2019, Quelle: Europe Elects.
Malta: nationale Umfragen, 9.4.2020, Quelle: Europe Elects.

Bilder: Eigene Grafiken.

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