28 Juli 2016

Wenn am nächsten Sonntag Europawahl wäre (Juli 2016): Wer profitiert vom Brexit?

Stand: 26.7.2016.
Vor dem Brexit-Referendum am 23. Juni war eine der großen Sorgen der Proeuropäer, dass das britische Votum einen Domino-Effekt auslösen könnte. Beflügelt von der Aussicht, dass ein Verlassen der EU wirklich möglich ist, hätten Europaskeptiker auch in anderen Ländern Austrittsreferenden einfordern und damit – wenigstens kurzfristig – weiter an Schwung gewinnen können. Einen Monat später ist klar, dass das genaue Gegenteil eingetreten ist. Das unmittelbar nach der Volksabstimmung einsetzende politische Chaos, die wirtschaftliche Talfahrt sowie die (zahlenmäßig nicht allzu große, symbolisch aber umso auffälligere) Regrexit-Bewegung ließen die Zustimmung zur EU in den letzten Wochen in vielen Ländern nach oben schnellen und die Briten mit ihrem Votum eher als Außenseiter denn als Avantgarde erscheinen.

Und auch in den Wahlumfragen sackten die nationalistischen und rechten Parteien nach dem Brexit-Referendum ab. Gegenüber der letzten Projektion Ende Mai müssen sie deutliche Einbußen hinnehmen, während sich die großen Parteien aus der Mitte des politischen Spektrums wieder erholen.

EVP, S&D und ALDE gewinnen

Im Einzelnen erreicht die christdemokratische EVP nun 192 Sitze (+5), die sozialdemokratische S&D 185 (+11). In beiden Fällen verteilen sich diese Zugewinne auf eine recht große Anzahl von einzelnen Mitgliedstaaten; besonders deutlich sind sie jedoch in den größeren Ländern wie Deutschland, Italien und Spanien. Die Sozialdemokraten profitieren besonders davon, dass sie in Polen nun wieder die nationale Fünf-Prozent-Hürde überwinden würden. Gemeinsam hätten die beiden größten Fraktionen damit auch wieder eine knappe absolute Mehrheit im Europäischen Parlament.

Die liberale ALDE wiederum käme nun auf 90 Sitze (+5) und setzt damit ihren bereits seit Beginn der Wahlperiode anhaltenden Höhenflug fort. Auch hier verteilen sich die Gewinne auf mehrere Einzelstaaten, unter anderem Irland, Polen und die Niederlande. Dadurch kann die ALDE auch den Rückschlag in Spanien ausgleichen, wo ihre Mitgliedspartei Ciudadanos bei den nationalen Parlamentswahlen Ende Juni hinter den Erwartungen zurückblieb. Neu in der ALDE-Fraktion ist die zentristische Partei EK aus Griechenland. Diese erschien in der Projektion bislang unter den „weiteren“ Parteien ohne klare Zuordnung im Parlament. Inzwischen ist sie jedoch der Europäischen Demokratischen Partei (EDP) beigetreten, die mit der ALDE eine Fraktionsgemeinschaft bildet.

Verluste rechts außen

Im rechten Spektrum sind die Verluste bei der Rechtsaußen-Fraktion ENF am größten. Nachdem diese in der Mai-Projektion stark zugelegt und die EKR als viertgrößte Fraktion überholt hatte, erfährt sie nun deutliche Einbußen und würde noch 61 Sitze erreichen (–9). Die Ursache dafür ist allerdings nicht allein bei den Folgen des Brexit-Votums zu suchen: Bei der deutschen AfD, die besonders große Verluste erleidet, kommen noch interne Streitigkeiten hinzu. In Italien wiederum stürzt die ENF vor allem deshalb ab, weil ihre dortige Mitgliedspartei FdI knapp unter die nationale Vierprozenthürde gerutscht ist.

Ebenfalls schlechter als im Mai schneidet die rechtskonservative EKR-Fraktion ab (59 Sitze/–4). Hier erfährt vor allem die polnische Regierungspartei PiS deutliche Verluste; aber auch die griechische ANEL, die auf nationaler Ebene als Juniorpartner an einer Koalition mit der Linkspartei Syriza beteiligt ist, muss Einbußen hinnehmen und wäre nun überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten. Die britischen Conservatives hingegen, die ja die Hauptverantwortung für den Brexit-Taumel tragen, können nach dem Abgang von Premierminister David Cameron und dem Amtsantritt Theresa Mays sogar leicht zulegen.

In der nationalpopulistischen EFDD-Fraktion schließlich erfährt die britische UKIP leichte Verluste. Diese werden allerdings durch die gleichzeitigen Zugewinne des italienischen M5S übertroffen, sodass die EFDD – als einzige Gruppierung rechts der EVP – letztlich etwas stärker abschneidet als im Mai (54 Sitze/+3).

Die Linke schwächelt in Südeuropa

Aber nicht nur die Rechtsaußen-Parteien schneiden schwächer ab, auch bei der Linksfraktion GUE/NGL gibt es deutliche Verluste (48 Sitze/–7). Dabei schwächeln die Linken vor allem in ihren südeuropäischen Hochburgen: Während sie in Griechenland ihren schon seit einigen Monaten andauernden Sinkflug fortsetzen, blieben sie auch bei der spanischen Parlamentswahl im Juni hinter ihren Erwartungen zurück. Die italienische SI würde nun wieder an der nationalen Vierprozenthürde scheitern.

Und auch die grüne Fraktion G/EFA gibt wieder etwas nach (39 Sitze/–1). Während die Luxemburger Grünen leicht dazugewinnen und nun wieder mit einem Sitz im Parlament vertreten wären, schneiden die niederländischen Grünen etwas schwächer ab als im Mai. Und auch die walisische Mitgliedspartei Plaid Cymru erleidet Verluste und würde den Einzug ins Parlament verpassen.

Auch fraktionslose und weitere Parteien schwächer

Etwas schwächer als im Mai sind schließlich auch die fraktionslosen und weiteren Parteien. Die Fraktionslosen kommen nun auf 13 Sitze (–1); vor allem die ungarische Rechtsaußenpartei Jobbik schneidet hier schwächer ab als zuvor.

Bei den weiteren Parteien – die derzeit nicht im Parlament vertreten sind und keiner Fraktion klar zugeordnet werden können – fallen die populistischen Kleinparteien EE aus Griechenland und EVA aus Estland nun wieder unter die Schwelle, die in ihrem jeweiligen Herkunftsland für den Einzug ins Parlament erforderlich ist. Insgesamt kommen die Weiteren damit noch auf 10 Sitze (–2).

Wie sähe das Europäische Parlament nach dem Brexit aus?

Stand: 26.7.2016.
Nachdem rechtspopulistische und nationalistische Parteien in den letzten Jahren in den Umfragen fast stetig dazugewonnen haben, erfuhren sie in den Wochen seit dem Brexit-Referendum also einen merklichen Dämpfer. Noch deutlichere Auswirkungen hätte es allerdings, wenn der Austritt Großbritanniens in einigen Jahren, zum Beispiel kurz vor der Europawahl 2019, tatsächlich vollzogen wird. Denn dann würden auch die 73 britischen Abgeordneten aus dem Europäischen Parlament ausscheiden – immerhin fast jedes zehnte der insgesamt 751 Mitglieder des Parlaments.

Auch das Kräftegleichgewicht zwischen den Fraktionen würde sich dadurch verändern: Die Gruppierungen, die jetzt noch viele britische Mitglieder haben, würden darunter leiden, während diejenigen, die in Großbritannien schon heute nur schwach oder überhaupt nicht vertreten sind, durch den Brexit profitieren und an relativem Gewicht hinzugewinnen würden.

EKR und EFDD würden abstürzen

Die wichtigsten Leidtragenden wären dabei die beiden Rechtsfraktionen EKR und EFDD, die sich heute jeweils zu einem großen Teil aus Abgeordneten der Conservative Party bzw. der UKIP rekrutieren. Nach den Daten der aktuellen Projektion käme die EKR ohne ihre britischen Mitglieder nur noch auf 36 (statt 59) Sitze. Zugleich würde die Fraktion dadurch wohl noch weiter nach rechts rutschen: Ohne die Conservatives wäre die polnische PiS innerhalb der EKR mit Abstand die stärkste Kraft und würde künftig wohl weitgehend allein den Ton angeben.

Noch härter wäre der Brexit für die EFDD, die sich voraussichtlich auflösen müsste. Ohne die UKIP käme sie nur noch auf 30 (statt 54) Abgeordnete, die zudem nur aus drei verschiedenen Mitgliedstaaten stammen würden – weit entfernt von der Mindestschwelle von sieben Ländern, die nach der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments für die Bildung einer Fraktion nötig sind. Von den verbliebenen EFDD-Mitgliedern würden die schwedischen SD und die litauische TT wohl versuchen, sich der EKR anzuschließen. Die Zukunft des italienischen M5S, das derzeit neben der UKIP die meisten Abgeordneten der Fraktion stellt, wäre ungewiss.

EVP, ENF und ALDE würden vom Brexit profitieren

Die größten Profiteure des Brexit wären hingegen die christdemokratische EVP sowie die Rechtsaußen-Fraktion ENF. Beide sind derzeit in Großbritannien überhaupt nicht vertreten und würden deshalb durch den Austritt des Landes auch keine Mitglieder verlieren. Nach den Daten der Projektion kämen sie unverändert auf 192 bzw. 61 Sitze. Aber auch die ALDE könnte den Brexit recht gut verschmerzen: Ihre britische Mitgliedspartei LibDem erreicht derzeit ohnehin nur einen einzelnen Abgeordneten im Europäischen Parlament. Ohne ihn käme die ALDE immer noch auf 89 (statt 90) Sitze.

Im linken Spektrum schließlich würde der Brexit nur zu geringeren Verschiebungen führen. Die GUE/NGL wäre kaum betroffen (47 statt 48 Sitze). Für die G/EFA, die neben den englischen Grünen auch die regionalistischen Parteien SNP aus Schottland und PC aus Wales umfasst, wäre der Austritt Großbritanniens hingegen schmerzhafter (33 statt 39 Sitze). Allerdings wäre die PC nach den aktuellen Umfragen ohnehin nicht im Europäischen Parlament vertreten – und die SNP denkt schon heute offen über einen Fraktionsaustritt nach. Am Ende könnte die G/EFA viele ihrer britischen Mitglieder also selbst dann verlieren, wenn Großbritannien zuletzt doch in der EU bleiben sollte.

Die S&D fiele ohne Labour deutlich hinter die EVP zurück

Besonders bitter aber wäre der Brexit für die S&D-Fraktion, die ohne die Labour Party nur noch auf 168 (statt 185) Mitglieder käme. Der Sitzanteil der S&D im Parlament würde sich dadurch zwar kaum verändern; prozentual sind 168 von 678 Abgeordneten sogar geringfügig mehr als 185 von 751.

Viel wichtiger ist jedoch, dass sich durch den Brexit der Abstand der Sozialdemokraten zur christdemokratischen EVP deutlich vergrößern würde: Statt wie in der aktuellen Projektion um sieben Sitze lägen sie plötzlich wieder um vierundzwanzig Sitze zurück. Damit hätte die EVP deutlich bessere Aussichten, auch nach der Europawahl 2019 wieder die stärkste Fraktion zu stellen – und in der Folge gemäß den politischen Gepflogenheiten auch den nächsten Präsidenten der Europäischen Kommission.

Am Tag nach dem britischen Referendum im Juni mögen die Rechtspopulisten und Europaskeptiker in ganz Europa gejubelt haben. Am Ende aber könnte der Brexit mit der Europäischen Volkspartei ausgerechnet jener Fraktion am meisten nützen, die mehr als jede andere für den heutigen Status quo der EU steht.

Die Übersicht

Die folgende Tabelle schlüsselt die Projektion für die Sitzverteilung zwischen den Fraktionen im nächsten Europäischen Parlament nach nationalen Einzelparteien auf. Da es bis heute keine gesamteuropäischen Wahlumfragen gibt, basiert sie auf aggregierten nationalen Umfragen und Wahlergebnissen aus allen Mitgliedstaaten. Wie die Datengrundlage für die Länder im Einzelnen aussieht und nach welchen Kriterien die nationalen Parteien den europäischen Fraktionen zugeordnet wurden, ist im Kleingedruckten unter der Tabelle erläutert.


GUE/
NGL
G/EFA S&D ALDE EVP EKR EFDD ENF fʼlos Weitere
EP heute 52 50 189 70 215 74 46 39 16
Mai 16 55* 40* 174* 85* 187* 63* 51 70* 14 12
Juli 16 48* 39* 185* 90* 192* 59* 54 61* 13 10
DE 9 Linke
1 Tier
12 Grüne
1 Piraten
1 ödp
21 SPD 6 FDP
1 FW
32 Union 1 Familie
9 AfD 1 Partei
1 NPD
FR
2 EELV 18 PS 7 MD-UDI 23 LR

24 FN

GB 1 SF 3 Greens
3 SNP
17 Lab 1 LibDem
22 Cons
1 UUP
24 UKIP
1 DUP
IT

26 PD
10 FI
1 SVP

25 M5S 11 LN

ES 10 UP 1 ERC
1 Comp
1 ICV
13 PSOE 7 Cʼs
1 PDC
20 PP




PL

4 ZL 12 .N 10 PO 20 PiS


5 Kʼ15
RO

14 PSD 2 ALDE 14 PNL
1 MP
1 UDMR





NL 3 SP 2 GL 2 PvdA 5 VVD
3 D66
1 50plus
3 CDA 1 CU
6 PVV
EL 6 Syriza
2 Pasok 1 EK 8 ND


2 XA
2 KKE

BE 1 PTB 1 Groen
1 Ecolo
2 sp.a
3 PS
2 OpenVLD
2 MR
2 CD&V
1 cdH
1 CSP
3 N-VA
2 VB

PT 1 CDU
2 BE

9 PS
9 PSD-CDS




CZ 3 KSČM
5 ČSSD 7 ANO 2 TOP09
1 KDU-ČSL
3 ODS



HU
1 LMP 4 MSZP
1 DK

11 Fidesz


4 Jobbik
SE 2 V 1 MP 5 S 2 C
1 L
5 M
4 SD


AT
2 Grüne 5 SPÖ 1 Neos 3 ÖVP

7 FPÖ

BG

5 BSP 3 DPS 7 GERB
1 RB




1 PF
DK 1 FmEU 1 Å 4 S 3 V
1 LA

3 DF



FI 1 Vas 2 Vihr 3 SDP 3 Kesk 3 Kok 1 PS



SK

4 SMER
1 Most 1 OĽ-NOVA
2 SaS

2 SNS 2 ĽSNS 1 SR
IE 3 SF

5 FF 3 FG




HR 1 ŽZ
5 SDP
4 HDZ



1 Most
LT
2 LVŽS 3 LSDP 1 LRLS
2 DP
2 TS-LKD
1 TT


LV

2 SDPS 3 ZZS 1 V 1 NA


1 KPV
SI 1 ZL
2 SD 2 SMC 2 SDS
1 NSi-SLS





EE

1 SDE 2 KE
2 RE





1 EKRE
CY 2 AKEL
1 DIKO
3 DISY




LU
1 Gréng 1 LSAP 1 DP 3 CSV




MT

3 PL
3 PN





Verlauf


GUE/
NGL
G/EFA S&D ALDE EVP EKR EFDD ENF fʼlos Weitere
26.07.20164839185901925954611310
25.05.20165540174851876351701412
05.04.20165237179851927250531516
07.02.20165134183821967051551217
14.12.20155233185871926852531217
17.10.20155133193752046651541212
21.08.20155635190742047047491115
30.06.201561341887320569 43471120
03.05.201560321938020562 4451159
10.03.201560311967721660 4349127
12.01.201565401907021259 4743178
18.11.201460421956921259 4743168
23.09.20145339196672236147401510
28.07.2014564719175215664440134
EP 01.07.14525019167221704837
15
Die Zeile „EP 01.07.14“ kennzeichnet die Sitzverteilung zum 1. Juli 2014, dem Zeitpunkt der Konstituierung des Europäischen Parlaments nach der Europawahl im Mai 2014. Die Spalte für die ENF-Fraktion gibt bis Mai 2015 die Werte der Europäischen Allianz für Freiheit (EAF) bzw. der Bewegung für ein Europa der Nationen und Freiheiten (BENF) und ihr nahestehender Parteien an, die bis zur Fraktionsgründung im Juni 2015 fraktionslos waren.

Die vollen Namen der Fraktionen und der nationalen Einzelparteien erscheinen als Mouseover-Text, wenn der Mauszeiger eine kurze Zeit regungslos auf der Bezeichnung in der Tabelle gehalten wird. Bei den „weiteren“ Parteien ist zudem die ungefähre politische Ausrichtung angegeben, um ihre Bündnismöglichkeiten auf europäischer Ebene anzudeuten. Da die betreffenden Parteien allerdings oft erst vor kurzer Zeit gegründet wurden, befindet sich ihre Programmatik zum Teil noch im Fluss, sodass die Angabe lediglich zur groben Orientierung dienen kann.

Fraktionszuordnung

Für die Projektion werden Parteien, die bereits im Europäischen Parlament vertreten sind, jeweils ihrer derzeitigen Fraktion zugerechnet, es sei denn, sie haben ausdrücklich ihren Entschluss zu einem Fraktionswechsel nach der nächsten Wahl erklärt oder ein Fraktionswechsel erscheint aus anderen Gründen sehr wahrscheinlich. Nationale Parteien, die derzeit nicht im Europäischen Parlament vertreten sind, aber einer europäischen Partei angehören oder ihr in der politischen Ausrichtung sehr nahe stehen, werden der Fraktion der entsprechenden europäischen Partei zugeordnet. In Fällen, bei denen sich die Mitglieder einer nationalen Liste nach der Wahl voraussichtlich auf mehrere Fraktionen aufteilen werden, wird jeweils die am plausibelsten scheinende Verteilung zugrundegelegt. Parteien, die nicht im Parlament vertreten sind und bei denen die Zuordnung zu einer bestimmten Fraktion unklar ist, werden als „Weitere Parteien“ eingeordnet. Diese Zuordnungen folgen zum Teil natürlich auch einer subjektiven Einschätzung der politischen Ausrichtung der Parteien. Jeder Leserin und jedem Leser sei es deshalb selbst überlassen, sie nach eigenen Kriterien zu korrigieren.

Für die Bildung einer eigenständigen Fraktion sind nach der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments mindestens 25 Abgeordnete aus mindestens sieben Mitgliedstaaten erforderlich. Mit einem Asterisk (*) gekennzeichnete Gruppierungen würden nach der Projektion diese Bedingungen erfüllen. Andere Gruppierungen müssten gegebenenfalls nach der Europawahl zusätzliche Abgeordnete (z. B. aus der Spalte „Weitere“) für sich gewinnen, um sich als Fraktion konstituieren zu können.

Datengrundlage

Soweit verfügbar, wurde bei der Sitzberechnung für jedes Land jeweils die jüngste Umfrage zu den Wahlabsichten für das Europäische Parlament herangezogen. In Ländern, wo es keine spezifischen Europawahlumfragen gibt oder wo die letzte solche Umfrage mehr als ein Jahr zurückliegt, wurde stattdessen die jüngste verfügbare Umfrage für die Wahl zum nationalen Parlament verwendet. Wo mehr als eine Umfrage erschienen ist, wurde der Durchschnitt aller Umfragen aus den letzten zwei Wochen vor der jüngsten Umfrage berechnet. Für Mitgliedstaaten, für die sich überhaupt keine Umfragen finden lassen, wurde auf die Ergebnisse der letzten nationalen Parlaments- oder Europawahl zurückgegriffen.
In der Regel wurden die nationalen Umfragewerte der Parteien direkt auf die Gesamtzahl der Sitze des Landes umgerechnet. In Ländern, wo die Wahl in regionalen Wahlkreisen ohne Verhältnisausgleich erfolgt (Frankreich, Vereinigtes Königreich, Belgien, Irland), werden regionale Umfragedaten genutzt, soweit diese verfügbar sind. Wo dies nicht der Fall ist, wird die Sitzzahl für jeden Wahlkreis einzeln berechnet, dabei aber jeweils die nationalen Gesamt-Umfragewerte herangezogen. Nationale Sperrklauseln werden, soweit vorhanden, in der Projektion berücksichtigt.
In Belgien entsprechen die Wahlkreise bei der Europawahl den Sprachgemeinschaft, während Umfragen üblicherweise auf Ebene der Regionen durchgeführt werden. Für die Projektion wurden für die französischsprachige Gemeinschaft die Umfragedaten aus Wallonien, für die niederländischsprachige Gemeinschaft die Umfragedaten aus Flandern genutzt. Für die deutschsprachige Gemeinschaft wird das Ergebnis der letzten Europawahl herangezogen.
In Ländern, in denen es üblich ist, dass Parteien zu Wahlen in Listenverbindungen antreten, werden der Projektion jeweils die am plausibelsten erscheinenden Listenverbindungen zugrunde gelegt. Insbesondere werden für Spanien folgende Listenverbindungen angenommen: Podemos, Compromís und ICV (mit Compromís auf dem 3., ICV auf dem 6. Listenplatz); PDC und PNV (mit PNV auf dem 2. Listenplatz).
Da es in Deutschland bei der Europawahl keine Sperrklausel gibt, können Parteien bereits mit weniger als 1 Prozent der Stimmen einen Sitz im Europäischen Parlament gewinnen. Mangels zuverlässiger Umfragedaten wird für diese Kleinparteien in der Projektion jeweils das Ergebnis der letzten Europawahl herangezogen (je 1 Sitz für Tierschutzpartei, ödp, Piraten, FW, Familienpartei, PARTEI und NPD).
In Großbritannien haben wegen der Unterschiede im Wahlrecht einige Parteien nur bei Europawahlen echte Chancen, Mandate zu gewinnen. In Umfragen zu nationalen Wahlen schneiden diese Parteien deshalb strukturell deutlich schlechter ab als bei der Europawahl. Dies gilt vor allem für UKIP und Greens. Um dies zu kompensieren, wird in der Projektion für die Greens stets das Ergebnis der Europawahl herangezogen (3 Sitze). Für UKIP und LibDem werden die aktuellen Umfragewerte für nationale Wahlen verwendet, aber für die Projektion mit dem Faktor 3 (UKIP) bzw. 1,33 (LibDem) multipliziert.
In Italien können Minderheitenparteien durch eine Sonderregelung auch mit nur recht wenigen Stimmen ins Parlament einziehen. In der Projektion wird die Südtiroler Volkspartei deshalb jeweils mit dem Ergebnis der letzten Europawahl (1 Sitz) geführt.

Die folgende Übersicht führt die Datengrundlage für die Mitgliedstaaten im Einzelnen auf:
Deutschland: nationale Umfragen, 13.-26.7.2016, Quelle: Wikipedia.
Frankreich: nationale Regionalwahl-Umfragen, 23.11.-3.12.2015 (29.3.2015 für LR, MD-UDI), Quelle: Wikipedia.
Vereinigtes Königreich, England: nationale Umfragen, 15.-26.7.2016, Quelle: Wikipedia.
Vereinigtes Königreich, Wales: regionale Umfragen für nationale Wahl, 4.7.2016, Quelle: Wikipedia.
Vereinigtes Königreich, Schottland: Ergebnisse der Regionalwahl, 5.5.2016.
Vereinigtes Königreich, Nordirland: Ergebnisse der Regionalwahl, 5.5.2016.
Italien: nationale Umfragen, 8.-21.7.2016, Quelle: Wikipedia.
Spanien: nationale Umfragen, 25.7.2016, Quelle: Wikipedia.
Polen: nationale Umfragen, 18.-23.7.2016, Quelle: Wikipedia.
Rumänien: nationale Umfragen, 28.3.2015, Quelle: Wikipedia.
Niederlande: nationale Umfragen, 28.6.-10.7.2016, Quelle: Wikipedia.
Griechenland: nationale Umfragen, 24.6.-3.7.2016, Quelle: Wikipedia.
Belgien, niederländischsprachige Gemeinschaft: regionale Umfragen (Flandern) für die nationale Parlamentswahl, 12.5.2016, Quelle: Wikipedia.
Belgien, französischsprachige Gemeinschaft: regionale Umfragen (Wallonien) für die nationale Parlamentswahl, 12.5.2016, Quelle: Wikipedia.
Belgien, deutschsprachige Gemeinschaft: Ergebnisse der Europawahl, 25.5.2014.
Portugal: nationale Umfragen, 6.-17.7.2016, Quelle: Wikipedia.
Tschechien: nationale Umfragen, 1.-12.7..2016, Quelle: Wikipedia.
Ungarn: nationale Umfragen, 6.-17.7.2016, Quelle: Wikipedia.
Schweden: nationale Umfragen, 26.6.-5.7.2016, Quelle: Wikipedia.
Österreich: nationale Umfragen, 6.-16.7.2016, Quelle: Wikipedia.
Bulgarien: nationale Umfragen, 25.3.2016, Quelle: Exacta.
Dänemark: nationale Umfragen, 26.6.-7.7.2016, Quelle: Wikipedia.
Finnland: nationale Umfragen, 5.-15.7.2016, Quelle: Wikipedia.
Slowakei: nationale Umfragen, 20.6.-1.7.2016, Quelle: Wikipedia.
Irland: nationale Umfragen, 7.-13.7.2016, Quelle: Wikipedia.
Kroatien: nationale Umfragen, 25.7.2016, Quelle: Wikipedia.
Litauen: nationale Umfragen, 10.7.2016, Quelle: Vilmorus.
Lettland: nationale Umfragen, 20.5.2016, Quelle: Latvian Facts.
Slowenien: nationale Umfragen, Juli 2016, Quelle: Ninamedia.
Estland: nationale Umfragen, Juni 2016, Quelle: Wikipedia.
Zypern: Ergebnisse der nationalen Wahl, 22.5.2016.
Luxemburg: nationale Umfragen, Juni 2016, Quelle: Electograph.
Malta: nationale Umfragen, 29.5.2016, Quelle: Malta Today.

Bilder: Eigene Grafiken.

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