28 Februar 2023

Die Rückkehr der Reformen: Warum die EU inmitten der Krisen wieder über ihre institutionelle Zukunft diskutiert

Von Manuel Müller
Europaflagge, gegen die Sonne fotografiert
„Derzeit finden viele parallele Debatten über die Zukunft des europäischen Regierens statt. Diese Diskussionsfäden zusammenzuführen wird eine zentrale Herausforderung der kommenden Jahre.“

Als der Vertrag von Lissabon am 1. Dezember 2009 in Kraft trat, endete für die Europäische Union eine Epoche der Reformen. Über zwei Jahrzehnte hinweg war das europäische Vertragswerk in mehreren Runden grundlegend überarbeitet worden. Einher ging diese Vertiefungsdynamik mit einer enormen Erweiterung der Union, die zwischen 1995 und 2007 von 12 auf 27 Mitgliedstaaten wuchs.

Ganz mühelos waren die Reformen allerdings nie, und mit der Zeit nahmen die Ermüdungserscheinungen zu. Zum Knackpunkt entwickelten sich vor allem die Ratifikationsverfahren: Mehrmals waren nationale Volksabstimmungen über die Reformen erst beim zweiten Anlauf erfolgreich. 2005 scheiterte der Verfassungsvertrag sogar vollständig, auch wenn seine Kerninhalte später im Vertrag von Lissabon wieder aufgegriffen und doch noch umgesetzt wurden.

Rückblick: Ein Jahrzehnt ohne Vertragsreformen

Für die europäischen Regierungen wurden weitere institutionelle Reformen dadurch immer mehr zu einem politischen Risiko – zumal Änderungen des EU-Vertrags nur mit Zustimmung aller Mitgliedstaaten möglich sind und sich mit den erfolgreichen Erweiterungsrunden die Zahl der Vetoakteure mehr als verdoppelt hatte. Eine neue Generation europapolitischer ‚Pragmatiker:innen‘ war immer weniger bereit, politisches Kapital in ein solches Wagnis zu investieren.

Nach dem Vertrag von Lissabon herrschte jedenfalls die Stimmung vor, dass es mit der europapolitischen „Nabelschau“ nun endlich einmal genug sein müsse. War es nach all den Reformjahren nicht an der Zeit, die neuen EU-Strukturen erst einmal in der Praxis wirken zu lassen, ehe man neue Vertiefungsschritte anging? In der Folge kam nicht nur die Reform-, sondern auch die Beitrittswelle zum Erliegen: Als bislang letzter Mitgliedstaat wurde 2013 Kroatien aufgenommen, während die verbleibenden Kandidatenländer immer weiter vertröstet wurden.

Angst vor der „Büchse der Pandora“

Die Ruhe, die sich die Pragmatiker:innen womöglich erhofft hatten, kehrte jedoch nicht ein. Noch während der Ratifikation des Vertrags von Lissabon brach 2008 die globale Finanzkrise aus, die schon bald Strukturprobleme der europäischen Währungsunion sichtbar machte. Die Eurokrise stürzte die EU in die bis dahin härteste Bewährungsprobe ihrer Geschichte – und bildete doch nur den Auftakt eines Jahrzehnts, in dem eine existenzielle Herausforderung die nächste jagte, Rechtsaußenparteien Rekordergebnisse feierten, ein Mitgliedstaat seinen Austritt erklärte und die EU aus dem Krisenmanagement gar nicht mehr herausfand.

Aber auch wenn in dieser Zeit zahlreiche Unzulänglichkeiten in der institutionellen Struktur der EU deutlich wurden, blieben die europäischen Verträge (abgesehen von einer Miniaturreform im Jahr 2011) unverändert. Je krisenhafter die Lage wurde, desto weniger Lust verspürte man im Europäischen Rat, einen Konvent einzuberufen, um das bestehende Vertragswerk zu öffnen. Sich ausgerechnet jetzt auf grundsätzliche Debatten über die Zukunft der EU einzulassen, galt den meisten nationalen Regierungen als eine „Büchse der Pandora“. Stattdessen wurde das Durchwursteln zum Prinzip erhoben – auch wenn es in vielen Fällen dazu führte, dass demokratische Verantwortungsstrukturen verschwammen, Maßnahmen unvollständig blieben und Probleme nicht gelöst, sondern nur verschoben wurden.

Überblick: Neue Reformdebatten

Und heute? In jüngster Zeit scheint sich die Stimmung erneut zu verändern: Reformideen, die lange ungehört verhallten, finden wieder mehr Beachtung. So hat die Konferenz zur Zukunft Europas, eine Ad-hoc-Versammlung mit Vertreter:innen der EU-Institutionen sowie zufällig ausgelosten Bürger:innen, 2022 einen umfangreichen Abschlussbericht mit zahlreichen Empfehlungen verabschiedet, die auch Vertragsreformen einschließen. Das Europäische Parlament hat daraufhin formell die Einrichtung eines Konvents gefordert und will im Frühjahr konkrete Vorschläge für einen neuen Vertrag vorlegen. Die Kommission unterstützt dieses Ziel. Auch die deutsche und die französische Regierung haben eine gemeinsame Expertengruppe eingesetzt, die bis zum Herbst Reformempfehlungen entwickeln soll.

Das heißt natürlich noch nicht, dass ein neuer Europäischer Konvent tatsächlich vor der Tür stünde: Noch immer sehen viele nationale Regierungen Vertragsänderungen mit großer Skepsis. Doch auch sie scheinen sich zunehmend mit dem Gedanken abzufinden, dass wenigstens eine ernsthafte Auseinandersetzung damit unvermeidlich ist.

Woher kommt diese neue Dynamik? Auffällig ist, dass sie sich nicht nur aus einer einzelnen Quelle speist. Vielmehr finden mehrere Reformdebatten zur selben Zeit statt, die von unterschiedlichen Akteur:innen in unterschiedlichen Politikbereichen und mit unterschiedlichen Motiven vorangetrieben werden, aber miteinander verflochten sind und sich wechselseitig beeinflussen und verstärken. Mindestens drei unterschiedliche Diskursstränge lassen sich derzeit beobachten.

Erstens: Mehr europäische Demokratie

Da ist, zum Ersten, die alte Debatte um die Demokratisierung der Europäischen Union. Vor allem im Umfeld des Europäischen Parlaments gibt es viele Akteur:innen, die den Vertrag von Lissabon niemals für einen ausreichenden Schlusspunkt auf dem Weg zu einer handlungsfähigen und demokratischen EU hielten.

So legte die Spinelli-Gruppe, ein Netzwerk föderalistischer Europaabgeordneter, schon 2013 einen Entwurf für ein „Grundgesetz der Europäischen Union“ vor. 2017 verabschiedete das Parlament mit dem Verhofstadt- und dem Brok/Bresso-Bericht zwei ausführliche Wunschlisten für die institutionelle Weiterentwicklung der EU – mit oder ohne Vertragsänderungen. Parallel dazu setzte sich das Parlament für das Spitzenkandidatenverfahren zur Europawahl, für ein neues Europawahlrecht sowie für eine bessere finanzielle Ausstattung der europäischen Parteien ein.

Die Zukunftskonferenz erhöht den Erwartungsdruck

Die meisten dieser Reformbemühungen stießen bei den Regierungen der Mitgliedstaaten zunächst auf taube Ohren. Nach der Europawahl 2019 machte sich das Parlament jedoch erfolgreich für die Einrichtung der Konferenz zur Zukunft Europas stark. Die Konferenz löste nicht nur eine verstärkte Diskussion über partizipativ-demokratische Verfahren auf europäischer Ebene aus, sondern unterstützte auch die meisten anderen institutionellen Reformideen des Parlaments und ging teils noch darüber hinaus.

Zwar erreichte die Konferenz nicht das erhoffte Interesse einer breiten Öffentlichkeit. Doch da sich im Vorfeld nicht nur Parlament und Kommission, sondern auch die Regierungen im Rat dazu bekannt hatten, ihre Vorschläge weiterzuverfolgen, stehen die EU-Institutionen nun unter erhöhtem Erwartungsdruck. Die Reformforderungen einfach zu ignorieren, würde die Glaubwürdigkeit des Beteiligungsverfahrens insgesamt beschädigen – und eine konstruktive Einbeziehung der Bürger:innen in die Europapolitik in Zukunft noch weiter erschweren.

Zweitens: Verändertes Krisenbewusstsein

Eine zweite, schleichende Veränderung der letzten Zeit betrifft das Krisenbewusstsein in der EU. In den 2010er Jahren herrschte die Wahrnehmung vor, dass sich die EU in einer außergewöhnlich komplizierten Phase befand, die jedoch irgendwann einmal enden würde. In dieser Situation schien es politisch Sinn zu ergeben, vorsichtig zu agieren und umfassende Reformprojekte zurückzustellen, bis sich die Verhältnisse beruhigt hätten.

Inzwischen hat sich die europäische „Polykrise“ jedoch zur „Permakrise“ gewandelt. Viele Probleme des europäischen Regierens sind chronisch geworden und dürften sich mittelfristig eher noch weiter verschärfen. Mit diesem Blickwinkel verliert das Argument von „Pandoras Büchse“ seine Überzeugungskraft: Wenn die Krise nicht vorübergeht, ist der bestmögliche Zeitpunkt für institutionelle Reformen nicht irgendwann in der Zukunft, sondern so bald wie möglich.

Erosionsgefahren

Tatsächlich machten die Krisen der letzten Jahre in vielen Bereichen Defizite deutlich, die durch die unmittelbaren Rettungsmaßnahmen nur unvollständig behoben wurden. So blieb die in der Eurokrise angestrebte Bankenunion lückenhaft, und die neue economic governance in Form des Europäischen Semesters ließ das Europäische Parlament weitgehend außen vor. Die Defizitregeln des Stabilitätspakts gelten seit langem als überarbeitungsbedürftig und sind seit Beginn der Corona-Pandemie ausgesetzt. Der kreditfinanzierte Wiederaufbaufonds NextGenerationEU verschaffte dem EU-Haushalt eine Art „Hamilton-Moment“, ist bislang jedoch nur als Einmalmaßnahme konzipiert.

Während im Mittelmeer nach wie vor jedes Jahr rund zweitausend Menschen auf der Flucht nach Europa ertrinken, ist die lang angestrebte Reform des EU-Asylsystems bis heute nicht gelungen. Gleichzeitig ist der letzte Zeitpunkt, zu dem es an keiner einzigen Binnengrenze im Schengen-Raum Grenzkontrollen gab, fast acht Jahre her. Und die Klimakrise stellt die Politik nicht nur vor enorme sachpolitische Herausforderungen, sondern wirft auch Fragen grenz- und generationenüberschreitender Gerechtigkeit auf.

An die Grundfesten der europäischen Integration rührt schließlich der Niedergang der nationalen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in verschiedenen Mitgliedstaaten, vor allem Polen und Ungarn. Auch die auf den ersten Blick juristisch-technisch anmutende Frage, ob der Vorrang des Europarechts noch von allen nationalen Gerichten anerkannt wird, birgt große Desintegrationsgefahr. All das setzt die EU unter Handlungsdruck: Je länger die Erosion der Rechts- und Wertegemeinschaft andauert, desto schwerer werden auch künftige Reformen ihrer institutionellen Struktur.

Drittens: Rückkehr der Erweiterungsfrage

Eine ganz besondere Rolle spielt schließlich die jüngste der großen europäischen Krisen: Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine führte nicht nur zu einer intensivierten Debatte über die verteidigungspolitische Rolle der EU und über eine Reform der weitgehend auf Einstimmigkeit angelegten Verfahren der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Der ukrainische Beitrittsantrag vom 28. Februar 2022 brachte auch die Frage der Erweiterung zurück auf die Tagesordnung.

Welche Länder kann und will die EU in den nächsten Jahren aufnehmen? Sind die Beitrittsverfahren noch zeitgemäß? Und vor allem: Wie muss sich die EU verändern, um auch mit 30, 35 oder mehr Ländern funktionsfähig zu sein? Eine mögliche neue Osterweiterung liegt dabei auch vielen nord-, mittel- und osteuropäischen Ländern am Herzen, die ansonsten in Sachen institutioneller Änderungen eher zurückhaltend sind. Die Verknüpfung aus Vertiefungs- und Erweiterungsdebatte ist deshalb der dritte und wohl stärkste Hebel, der die aktuelle europäische Reformdiskussion antreibt.

Zugleich wirft sie aber auch Fragen für die künftigen Machtstrukturen innerhalb der EU auf: Welche Rolle kann der „deutsch-französische Motor“ in einer sich nach Osten verlagernden Union noch spielen? Wie verändert sich das Verhältnis zwischen kleinen und großen Ländern? Braucht eine größere und heterogenere EU mehr differenzierte Integration – oder stärkere supranationale Institutionen, um die wachsenden Gegensätze zwischen den Mitgliedstaaten zu bewältigen?

Ausblick: Diskussionsfäden zusammenführen

Derzeit finden also viele parallele, aber sich gegenseitig beeinflussende Debatten über die Zukunft des europäischen Regierungssystems statt. Die EU sucht eine neue Balance: zwischen Vertiefung und Erweiterung, Einheit und Differenzierung, Handlungsfähigkeit und Konsens, mitgliedstaatlicher Eigenverantwortung und transnationaler Solidarität, supranationalen Parteien und nationalen Regierungen, nationaler Souveränität und gemeinsamem Recht.

So viele offene Fragen zur selben Zeit beantworten zu müssen, kann lähmen, aber auch befreien – wenn es gelingt, themenübergreifende Paketvereinbarungen zu finden, über die sich neue Wege öffnen. Die einzelnen Diskussionsfäden zusammenzuführen, in denen die künftige europäische Governance verhandelt wird, wird deshalb eine zentrale Herausforderung der kommenden Jahre. Ein europäischer Konvent könnte dafür das richtige Forum sein.

Der Themenschwerpunkt „Überstaatliches Regieren zwischen Diplomatie und Demokratie – aktuelle Debatten um die Reform der EU“ soll in den nächsten Wochen und Monaten die hier skizzierten europäischen Krisen- und Reformdiskurse beleuchten. Expert:innen aus deutschen und internationalen Universitäten und Thinktanks werfen Schlaglichter auf spezifische Fragestellungen und Entwicklungen und reflektieren sie im Kontext der europapolitischen Forschung.

Die Beiträge erscheinen gleichzeitig auf dem Blog „Der (europäische) Föderalist“ und auf Regierungsforschung.de, dem wissenschaftlichen Online-Journal der NRW School of Governance am Institut für Politikwissenschaft der Universität Duisburg-Essen. Bleiben Sie dran!


Bild: Europaflagge: Arno Mikkor (EU2017EE) [CC BY 2.0], via Flickr.

The return of the reforms: In the midst of all its crises, the EU is discussing its institutional future again

By Manuel Müller
EU flag, photographed against the sun
“There are many debates on the future of European governance taking place in parallel. Bringing them together will be a central challenge of the next years.”

When the Treaty of Lisbon came into force on 1 December 2009, an era of reforms ended for the European Union. Over two decades, the European treaties had undergone several rounds of fundamental revision. This deepening dynamic was accompanied by a huge enlargement of the Union, which grew from 12 to 27 member states between 1995 and 2007.

The reforms were never entirely trouble-free, however, and over time the signs of fatigue increased. In particular, the ratification procedures became a sticking point: Several national referenda on the reforms were only successful on a second attempt. In 2005, the Constitutional Treaty failed even completely, even though its core contents were later revived in the Lisbon Treaty and implemented after all.

Looking back: A decade without treaty reforms

As a result, further institutional reforms became more and more of a political risk for European governments – especially since changes to the EU Treaty are only possible with the consent of all member states and the number of veto players had more than doubled due to the successful enlargement rounds. A new generation of European ‘pragmatists’ was less and less willing to invest political capital in such a venture.

In any case, the prevailing mood after the Lisbon Treaty was that it was time for the EU to stop “navel-gazing”. After all the reform years, wasn’t it time to let the new structures work in practice before taking new steps towards deepening the EU? Subsequently, the wave of accessions came to a standstill, too: Croatia was the last member state to join in 2013, while the admission of the other candidate countries was delayed further and further.

Afraid of “Pandora’s Box”

The calm that the pragmatists might have hoped for did not materialise, however. In 2008, when the Lisbon Treaty was still under ratification, the global financial crisis broke out and soon revealed structural problems in the European Monetary Union. The euro crisis confronted the EU with the toughest ordeal in its history – and yet it was only the beginning of a decade in which one existential challenge followed the next, far-right parties celebrated record results, one member state declared its withdrawal and the EU in general never got out of crisis management mode.

But even though numerous inadequacies in the EU’s institutional structure became apparent during this period, the European treaties remained unchanged (apart from a miniature reform in 2011). The more crisis-ridden the situation became, the less the European Council felt inclined to convene a Convention to open up the treaties. To engage in fundamental debates on the future of the EU was seen by most national governments as a “Pandora’s box” that would only complicate matters. Instead, muddling through was elevated to a point of principle – even though in many cases it led to democratic accountability structures becoming blurred, measures remaining incomplete, and problems not being solved but merely postponed.

Looking around: New reform debates

Recently, however, the mood seems to be changing again: Reform ideas that have long gone unheard are once again attracting more attention. In 2022, the Conference on the Future of Europe, an ad-hoc assembly of representatives of the EU institutions and randomly selected citizens, adopted a wide-ranging final report with numerous recommendations, including treaty changes. Subsequently, the European Parliament formally called for the launch of a Convention and intends to present concrete proposals for a new treaty in the spring. The Commission supports this goal. Also the German and French governments have set up a joint group of experts to develop reform suggestions by this autumn.

Of course, this does not yet mean that a new European Convention is really around the corner: Many national governments still view treaty change with great scepticism. But even they seem more and more resigned to the idea that at least a serious discussion of it is inevitable.

Where is this new dynamic coming from? It is noteworthy that it is not fed by a single source. Instead, several reform debates are taking place at the same time, driven by different actors in different policy areas and with different motives, but intertwined and mutually influencing and reinforcing each other. At least three different strands of discourse can be observed at present.

First: More European democracy

First, there is the old debate about the democratisation of the European Union. Especially in the circles of the European Parliament, there are many actors who never considered the Lisbon Treaty to be a sufficient culmination of the path towards an effective and democratic EU.

For example, the Spinelli Group, a network of federalist MEPs, presented a draft “Fundamental Law of the European Union” as early as 2013. In 2017, the Parliament adopted the Verhofstadt and Brok/Bresso reports, two detailed wish lists for the further institutional development of the EU – with or without treaty changes. In parallel, the Parliament advocated for the leading-candidates procedure for European elections, for a new European electoral law with transnational lists as well as for better financial resources for political parties at the European level.

Conference on the Future of Europe

Most of these reform efforts initially fell on deaf ears with member state governments. However, after the 2019 European election, the Parliament successfully pushed for setting up the Conference on the Future of Europe. The Conference not only triggered an intensified discussion on participatory democracy at the European level, but also supported most of the Parliament’s other institutional reform ideas and in some cases even went beyond them.

The Conference did not attract the hoped-for interest of a broad public. But since not only the Parliament and the Commission, but also the governments in the Council had declared in advance that they would follow up on its proposals, the EU institutions are now under increased pressure to deliver. Simply ignoring the demands for reform would damage the credibility of the entire participatory process – and make a constructive involvement of citizens in European policy even more difficult in the future.

Second: A changed crisis perception

A second, gradual change of recent times concerns the perception of crises in the EU. In the 2010s, the prevailing view was that the EU was in an extraordinarily complicated phase, but that this would eventually end. In this situation, it seemed to make sense to act cautiously and to put comprehensive reform projects on hold until conditions would calm down.

By now, however, the European “polycrisis” has turned into a “permacrisis”: Many problems of European governance have become chronic and are likely to get even worse in the medium term. With this perspective, the “Pandora’s box” argument loses its persuasiveness: If the crisis is not going to pass, the best possible moment for institutional reform is not at some point in the future, but as soon as possible.

Risk of erosion

In fact, the crises of the last years revealed many deficits that were only incompletely remedied by the immediate emergency measures. The banking union envisaged during the euro crisis remained incomplete, and the new economic governance in the form of the European Semester largely left the European Parliament on the side-lines. The deficit rules of the Stability Pact have long been considered in need of revision and are in suspension since the beginning of the Corona pandemic. The credit-financed reconstruction fund NextGenerationEU provided the EU budget with a kind of “Hamilton moment”, but has so far been conceived as a one-off intervention only.

While every year around two thousand people continue to drown in the Mediterranean while trying to flee to Europe, the long pursued reform of the EU asylum system has not yet been achieved. At the same time, it is almost eight years since the last time there were no border controls at any of the Schengen area’s internal borders. And the climate crisis not only poses enormous material policy challenges for politics, but also raises questions of cross-border and cross-generational justice.

Finally, the decline of national democracy and the rule of law in various member states, especially Poland and Hungary, touches the very foundations of European integration. The question of whether the primacy of European law is still recognised by all national courts, which at first glance appears to be a matter of legal technicalities, also harbours a great danger of disintegration. All this puts the EU under pressure to act: the longer the erosion of the community of law and values continues, the more difficult it will become to reform its institutional structure in the future.

Third: Return of the enlargement question

Finally, a very special role is played by the most recent of the big European crises: The Russian attack on Ukraine not only led to an intensified debate on the EU’s role in defence policy and on a reform of the largely unanimity-based procedures of the Common Foreign and Security Policy. The Ukrainian membership application of 28 February 2022 also brought the question of enlargement back on the agenda.

Which countries can and will the EU admit in the coming years? Are the accession procedures still fit for purpose? And above all: How must the EU change to be able to function with 30, 35 or more member states? A possible new Eastern enlargement is also of great interest to many Northern, Central and Eastern European countries, which are otherwise rather reserved when it comes to institutional changes. The link between deepening and widening is therefore the third and probably strongest force that drives the current discussion on European reform.

At the same time, however, it also raises questions for the future power structures within the EU: What role can the “Franco-German engine” still play in an eastward shifting Union? How is the relationship between small and large countries changing? Does a larger and more heterogeneous EU require more differentiated integration – or stronger supranational institutions to manage the growing disparities among the member states?

Looking ahead: Bringing together the threads of debate

There are thus many parallel but interrelated debates about the future of the European governance system taking place at present. The EU is seeking a new balance: between deepening and widening, unity and differentiation, capacity to act and consensus, member states’ self-responsibility and transnational solidarity, European parties and national governments, national sovereignty and supranational law.

Having to answer so many open questions at the same time can be paralysing, but also liberating – if it is possible to find cross-cutting package deals that open up new avenues for agreement. Bringing together the individual threads of debate in which the future of European governance is being negotiated will therefore be a central challenge of the next years. A European Convention could be the appropriate forum for this.

In the coming months, the thematic forum “Supranational governance between diplomacy and democracy – current debates on EU reform” will shed light on the European crisis and reform discourses outlined here. Experts from German and international universities and think tanks will examine specific issues and developments and reflect on them in the context of European policy research.

The contributions will appear simultaneously on the blog “Der (europäische) Föderalist” and on Regierungsforschung.de, the academic online journal of the NRW School of Governance at the Institute of Political Science of the University of Duisburg-Essen. Stay tuned!


Picture: EU flag: Arno Mikkor (EU2017EE) [CC BY 2.0], via Flickr.

Themenschwerpunkt: Überstaatliches Regieren zwischen Diplomatie und Demokratie – aktuelle Debatten um die Reform der EU

Europaflagge, gegen die Sonne fotografiert

Nach einem langen Jahrzehnt ohne Vertragsänderungen wird in der Europäischen Union wieder ernsthaft über institutionelle Reformen diskutiert. Vielfache Krisen – etwa um die Währungsunion, das Asylsystem, die Covid-19-Pandemie, die Folgen des Klimawandels oder den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine – haben Schwächen in den europäischen Regierungsstrukturen offengelegt. Auch intern steht die EU unter wachsendem Druck: Die Rechtsstaatskrise in Ungarn und Polen gefährdet die Einheit der europäischen Rechtsgemeinschaft; seit Jahren diskutierte Änderungen des Europawahlrechts kommen nur stockend voran; die Rolle Deutschlands und Frankreichs als „Motor der Integration“ steht zunehmend in Frage. Gleichzeitig erhalten alte Debatten wie die um Erweiterung und Vertiefung der Union durch die veränderte geopolitische Lage eine neue Aktualität und Dringlichkeit.

Die Konferenz zur Zukunft Europas legte im Mai 2022 umfassende institutionelle Reformideen vor, doch zur Umsetzung ihrer Vorschläge wäre ein Konvent nötig, der von zahlreichen Mitgliedstaaten abgelehnt wird. Die EU sucht eine neue Balance – zwischen Vertiefung und Erweiterung, Einheit und Differenzierung, kleinen und großen Mitgliedstaaten, Handlungsfähigkeit und Konsens, mitgliedstaatlicher Eigenverantwortung und transnationaler Solidarität, supranationalen Parteien und nationalen Regierungen, nationaler Souveränität und gemeinsamem Recht. Die vielen parallelen Debatten zur Zukunft des europäischen Regierungssystems zusammenzuführen, wird eine zentrale Herausforderung der kommenden Jahre.

Der thematische Schwerpunkt „Überstaatliches Regieren zwischen Diplomatie und Demokratie“ soll Diskurse um institutionelle Reformen der EU und die Governance in Europa beleuchten. Expert:innen aus deutschen und internationalen Universitäten und Thinktanks werfen Schlaglichter auf unterschiedliche europäische Krisen- und Reformdiskurse und reflektieren sie im Kontext der europapolitischen Forschung. Die Beiträge erscheinen gleichzeitig auf dem Blog Der (europäische) Föderalist und auf Regierungsforschung.de, dem wissenschaftlichen Online-Journal der NRW School of Governance am Institut für Politikwissenschaft der Universität Duisburg-Essen.


Alle Beiträge

  1. Die Rückkehr der Reformen: Warum die EU inmitten der Krisen wieder über ihre institutionelle Zukunft diskutiert [DE/EN] ● Manuel Müller
  2. Europäische Parteien für die EU-Demokratie fit machen: Jenseits der Reform der Verordnung [DE/EN] ● Edoardo Bressanelli
  3. Die angekratzte Rechtsgemeinschaft: Warum sich die Krise um den Vorrang des Europarechts nur politisch lösen lässt [DE/EN] ● Alexander Thiele
  4. Mehr Demokratie durch mehr Mehrheitsentscheide: Warum die Abschaffung nationaler Vetorechte die Legitimität der EU erhöht [DE/EN] ● Julian Plottka
  5. Schon viel zu berichten, aber auch noch ein weiter Weg voraus: Die Krise der Rechtsstaatlichkeit in der EU [DE/EN] ● László Detre
  6. Differenzierte Integration – Wegbereiter für ehrgeizige EU-Reformen? [DE/EN] ● Thomas Winzen
  7. Schengen im Patt: Zwischen nationalen Reflexen und notwendiger Reform [DE/EN] ● Daniel Schade
  8. Die Dilemmata des Spitzenkandidaten-Verfahrens: Erfolgreich gescheitert? [DE/EN] ● Eva Heidbreder
  9. Warum die EU einen permanenten Klima-Investitionsfonds braucht [DE/EN] ● Philipp Heimberger und Andreas Lichtenberger
  10. Asyl- und Migrationspolitik der EU: Wann ist die Krise vorbei und wann wird sie zur Normalität? [DE/EN] ● Alezini Loxa
  11. Welche Finalität für die EU-Außenpolitik? In den aktuellen Reformdebatten geht es um mehr als nur Handlungsfähigkeit [DE/EN] ● Niklas Helwig
  12. Neuer Schwung für die Bürgerbeteiligung in Europa [DE/EN] ● Dominik Hierlemann und Stefan Roch
  13. Echte Europawahlen gibt es nicht – aber vielleicht in der Zukunft? [DE/EN] ● Wouter Wolfs
  14. Ist die europäische Demokratie fit für den Klimawandel? Der Fall der „grünen Taxonomie“ [DE/EN] ● Bohyun Kim
  15. Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Zeiten des Krieges: EFF, PESCO und Krisenmanagement-Aktivitäten [DE/EN] ● Tyyne Karjalainen

Bild: Europaflagge: Arno Mikkor (EU2017EE) [CC BY 2.0], via Flickr.

Thematic forum: Supranational governance between diplomacy and democracy – current debates on EU reform

EU flag, photographed against the sun

After a long decade without treaty changes, institutional reforms are once again being discussed seriously in the European Union. Multiple crises – around the monetary union, the asylum system, the Covid-19 pandemic, the impacts of climate change, or the Russian attack on Ukraine, among others – have exposed weaknesses in the European governance structures. Internal pressure on the EU is growing, too: the democratic backsliding and rule-of-law crisis in Hungary and Poland threaten common values and the unity of the European legal community; long-discussed changes to the European electoral law are being blocked again and again; the role of Germany and France as the “engine of integration” is increasingly called into question. At the same time, old debates on widening and deepening are taking on a new topicality and urgency due to the changed geopolitical situation.

The Conference on the Future of Europe presented comprehensive institutional reform ideas in May 2022, but implementing its proposals would require a Convention, which is opposed by many member states. The EU is seeking a new balance – between capacity to act and consensus, small and large member states, member states’ self-responsibility and transnational solidarity, European parties and national governments, national sovereignty and supranational law. Bringing together the many parallel debates on the future of European governance will be a central challenge of the coming years.

The thematic forum “Supranational governance between diplomacy and democracy – current debates on EU reform” sheds light on topical discourses around European crises and reforms. Experts from German and international universities and think tanks examine specific issues and developments and reflect on them in the context of European policy research. The contributions appear simultaneously on the blog Der (europäische) Föderalist and on Regierungsforschung.de, the academic online journal of the NRW School of Governance at the Institute of Political Science of the University of Duisburg-Essen.


All contributions

  1. The return of the reforms: In the midst of all its crises, the EU is discussing its institutional future again [DE/EN] ● Manuel Müller
  2. Make Europarties fit for EU democracy: Beyond the reform of the regulation [DE/EN] ● Edoardo Bressanelli
  3. The battered legal community: Why the crisis over the primacy of European law can only be solved politically [DE/EN] ● Alexander Thiele
  4. More democracy with more majority decisions: Why the abolition of national veto rights increases the legitimacy of the EU [DE/EN] ● Julian Plottka
  5. A lot to tell already but still a long way to go: The EU’s rule of law crisis in a nutshell [DE/EN] ● László Detre
  6. Differentiated integration – an enabler for ambitious EU reforms? [DE/EN] ● Thomas Winzen
  7. Schengen in stalemate: Between national reflexes and necessary reform [DE/EN] ● Daniel Schade
  8. The Spitzenkandidaten dilemmas: A successful failure? [DE/EN] ● Eva Heidbreder
  9. Why the EU needs a permanent climate investment fund [DE/EN] ● Philipp Heimberger and Andreas Lichtenberger
  10. EU asylum and migration: When is the crisis over and when is it business as usual? [DE/EN] ● Alezini Loxa
  11. What finality for EU foreign policy? Current reform debates are about more than just capacity to act [DE/EN] ● Niklas Helwig
  12. A new push for European citizen participation [DE/EN] ● Dominik Hierlemann and Stefan Roch
  13. Genuine European elections do not exist now – but could they in the future? [DE/EN] ● Wouter Wolfs
  14. Is EU democracy fit for climate change? The case of the “green taxonomy” [DE/EN] ● Bohyun Kim
  15. Developing the Common Security and Defence Policy in war-time Europe: EPF, PESCO and crisis management activities [DE/EN] ● Tyyne Karjalainen

Picture: EU flag: Arno Mikkor (EU2017EE) [CC BY 2.0], via Flickr.

20 Februar 2023

EU to go: Zeit für eine neue Migrationsdiplomatie

In der Podcastserie „EU to go – Der Podcast für Europapolitik“ präsentiert das Jacques Delors Centre kompakte Hintergründe zur aktuellen Europapolitik. Einmal im Monat analysiert Moderatorin Thu Nguyen zusammen mit Gästen ein aktuelles Thema. In 20 bis 30 Minuten erklären die Policy Fellows und Forscher:innen Zusammenhänge und stellen Lösungsansätze vor.

„EU to go – Der Podcast für Europapolitik“ erscheint hier im Rahmen einer Kooperation mit dem Jacques Delors Centre. Er ist auch auf der Homepage des Jacques Delors Centre selbst sowie auf allen bekannten Podcast-Kanälen zu finden.

Die Zahl Schutzsuchender in der EU ist derzeit wieder auf einem Rekordhoch. Auf dem EU-Sondergipfel am 9. und 10. Februar 2023 stand das Thema Migration daher im Vordergrund. Die europäischen Staats- und Regierungschef:innen einigten sich auf eine Verschärfung der Grenzkontrollen entlang der EU-Außengrenze und wollen die Zahl an Rückführungen durch mehr Druck auf Drittländer mit negativen Anreizen erhöhen.

In dieser Folge diskutieren Thu Nguyen und Lucas Rasche, ob die EU nun direkt Zäune und Mauern finanziert und wie wirksam die neuen Vorschläge für das Ziel höherer Rückführungen sind. Zudem erläutern sie, wie eine neue EU-Migrationsdiplomatie aussehen sollte und welche Gründe es gibt, um trotz der festgefahrenen Debatten optimistisch zu sein.

13 Februar 2023

EU-Erweiterung: „Zeitenwende“ oder alter Wein in neuen Schläuchen?

In der Serie Berlin Perspectives veröffentlicht das Institut für Europäische Politik (IEP) Analysen der deutschen Europapolitik für ein englischsprachiges Publikum. Die Autor:innen beschreiben die deutschen Positionen und geben Empfehlungen.

Der jüngste Beitrag von Funda Tekin erscheint auf diesem Blog in deutscher Übersetzung. Das englischsprachige Original ist auch auf der Homepage des Instituts für Europäische Politik selbst zu finden.

Blauer Heißluftballon mit gelben Sternen
„Die Erweiterung kann nicht auf den Abschluss der Vertiefung warten. Deshalb muss eine Kombination aus beidem angestrebt werden.“

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat zu einer grundlegenden geopolitischen Neuordnung in Europa geführt, die sich auch in der Erweiterungspolitik der Europäischen Union deutlich widerspiegelt. Ihre Mitgliedstaaten reagierten rasch auf die Beitrittsgesuche der Länder des Assoziationstrios: Die Republik Moldau und die Ukraine erhielten den Beitrittskandidatenstatus, während Georgien Bedingungen für diesen Status genannt wurden.

Auch der Beitrittsprozess für die Staaten des westlichen Balkans hat an Dynamik gewonnen. Die Verhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien wurden eröffnet, und im Dezember 2022 erkannte der Europäische Rat Bosnien und Herzegowina auf Empfehlung der Europäischen Kommission einen bedingten Kandidatenstatus zu. Zudem wurde im Oktober 2022 mit der Europäischen Politischen Gemeinschaft ein neues Forum zur Stärkung von Sicherheit, Stabilität und Wohlstand auf dem Kontinent geschaffen.

Eine Zeitenwende in der EU-Erweiterungspolitik

Kurzum: Wie die deutsche Sicherheitspolitik nach dem Einmarsch in der Ukraine erlebte auch die seit Jahren festgefahrene EU-Erweiterungspolitik eine „Zeitenwende“ und wurde zu einem Schlüsselelement für die Bewältigung der geopolitischen Herausforderungen, die sich aus dem Krieg ergeben. Auf der Grundlage der Zeitenwende von 2022 müssen jedoch noch eine Reihe von Fragen beantwortet werden, die für die künftige Gestaltung des Kontinents entscheidend sind.

Die grundsätzliche Frage, wer prinzipiell zur EU gehört, scheint mit der Beitrittsperspektive und der Verleihung des Kandidatenstatus beantwortet zu sein. Die Beitrittsverhandlungen sind jedoch ergebnisoffen. Der Fall der Türkei zeigt deutlich, wie lange ein solcher Prozess dauern kann – und dass er nicht unbedingt mit einer Vollmitgliedschaft enden muss.

Erwartungsmanagement ist nötig

Über die Erweiterung wird nicht nur auf Grundlage der Beitrittsfähigkeit eines Kandidatenlands entschieden, sondern auch nach den Interessen und dem politischen Willen der EU und ihrer Mitgliedstaaten. So haben beispielsweise die Sicherheitsinteressen der Mitgliedstaaten den politischen Willen gestützt, der Ukraine aus Solidarität mit dem Land und als Signal gegen den russischen Eroberungskrieg eine Beitrittsperspektive zu geben. Gleichzeitig werfen solche politisch-symbolischen Schritte aber auch die Frage nach der objektiven Gleichbehandlung der Beitrittskandidaten und nach der Kohärenz der EU-Erweiterungspolitik auf.

In der Ukraine und anderen Kandidatenländern ist möglicherweise der Eindruck entstanden, dass ein Beitritt relativ schnell nach dem Ende des Krieges erfolgen kann. Das macht ein gründliches Erwartungsmanagement seitens der EU notwendig. So muss die EU transparent machen, dass die Erfüllung der Beitrittskriterien die entscheidende Voraussetzung für die Kandidatenländer bleibt und ihnen interne Reformen abverlangt.

Eine erweiterte EU muss funktionsfähig bleiben

Hinsichtlich der internen Auswirkungen der EU-Erweiterung steht außer Frage, dass die EU mit letztlich mehr als 35 Mitgliedstaaten funktionsfähig bleiben muss. Um dies zu gewährleisten, sind Reformen an Institutionen und Verfahren erforderlich, die aller Wahrscheinlichkeit nach den Erweiterungsprozess verzögern werden.

Gleichzeitig besteht jedoch die Gefahr, dass durch allzu langwierige Beitrittsprozeduren das eigentliche Ziel beschädigen, da die Frustration in den Beitrittsländern wächst und ihre Reformbereitschaft sinkt. Konzepte einer differenzierten Integration oder Formen eines abgestuften Beitritts sollten daher in Betracht gezogen werden, um mentale Blockaden abzubauen und Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen.

Deutschlands Position: Erweiterung und Reform

Die deutsche Regierung gehörte nicht zu den Ersten, die nach dem russischen Einmarsch positiv auf den EU-Beitrittsantrag der Ukraine reagierten. Erst bei seiner gemeinsamen Kyiw-Reise mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Ministerpräsident Mario Draghi im Juni 2022 sprach sich Bundeskanzler Olaf Scholz klar für die Gewährung des Kandidatenstatus für die Ukraine aus.

In seiner Prager Rede im August unterstrich er zudem sein Engagement für die EU-Erweiterung um das Assoziationstrio und den Westbalkan. Die Position des Kanzleramts stellt jedoch eindeutig institutionelle Reformen der EU vor Erweiterungsschritte. Dies wurde auch in der deutsch-französischen Erklärung vom 22. Januar 2023 anlässlich des 60. Jahrestags des Elysée-Vertrags in Paris bekräftigt.

Ausweitung von Mehrheitsentscheiden

Die Koalitionsvereinbarung der Regierung vom Dezember 2021 enthielt eine sehr ehrgeizige EU-Reformagenda mit dem Ziel eines Europäischen Konvents, der als Folgemaßnahme zur Konferenz zur Zukunft Europas schließlich zur Gründung eines europäischen Bundesstaates führen sollte. Heute ist die Reformagenda der Regierung viel pragmatischer und konzentriert sich auf institutionelle Reformen, die innerhalb des bestehenden Vertragsrahmens möglich sein könnten.

Im Hinblick auf eine erweiterte Union mit potenziell mehr als 35 Mitgliedstaaten scheint die verstärkte Anwendung der qualifizierten Mehrheit eine wesentliche Voraussetzung zu sein, um die Funktionsfähigkeit der EU aufrechtzuerhalten. Da die Regierung keine starke Befürworterin einer differenzierten Integration unter Gruppen von Mitgliedstaaten und/oder Beitrittsländern ist, hat die Abschaffung des Vetorechts bei EU-Entscheidungen Priorität.

Unterstützung für die Länder des westlichen Balkans

Ein weiterer Schwerpunkt der Bundesregierung ist die Unterstützung der Länder des westlichen Balkans bei ihrer Anpassung an den EU-Besitzstand und bei der Schaffung von Stabilität und Wohlstand in der Region. Der 2014 gestartete Berliner Prozess bot im Jahr 2022 einen wichtigen Rahmen für den Austausch zwischen zivilgesellschaftlichen Organisationen in Berlin. Die Regierung strebt eine verbesserte regionale Zusammenarbeit an, da sie dies als Schlüssel für eine erfolgreiche Integration in die EU ansieht. Die drei Mobilitätsvereinbarungen, die in Berlin erfolgreich abgeschlossen wurden, spiegeln dieses Ziel wider.

Deutschland begrüßt auch die Europäische Politische Gemeinschaft als ein Forum für die Erarbeitung gemeinsamer Positionen zu verschiedenen Themen mit dem Ziel, Frieden und Sicherheit auf dem Kontinent zu stärken. Es grenzt die Europäische Politische Gemeinschaft dabei klar vom Erweiterungsprozess ab: Bei der Europäischen Politischen Gemeinschaft geht es für sie um „alles außer Erweiterung“ und „alles außer Institutionen“.

Der Krieg in der Ukraine hat sich deutlich auf die öffentliche Meinung in Deutschland zur EU-Erweiterung ausgewirkt. Im Sommer 2022 sprachen sich laut Statista 52 Prozent für die Erweiterung aus, ein Anstieg um rund 20 Prozentpunkte gegenüber dem vorangegangenen Winter. Zum ersten Mal seit Jahren übersteigt der Anteil der Befragten, die die Erweiterung befürworten, den der Erweiterungsgegner:innen. Die Zeit wird zeigen, ob die steigende Inflation, die steigenden Energiepreise und andere wirtschaftliche Kosten des Krieges dieses Bild verändern.

Wie geht es weiter? Alte Fragen warten noch auf Antwort

Allgemeine Unterstützung für die Erweiterung allein ist jedoch noch kein Garant für eine effiziente und effektive Politik. Der EU fehlt noch immer ein geeigneter Fahrplan für ihre Erweiterungspolitik. Dieser muss eine Reihe von Elementen berücksichtigen.

Erstens muss transparent gemacht werden, dass der mögliche Beitritt von neun neuen Mitgliedstaaten die EU auf verschiedenen Ebenen verändern wird. Die EU darf daher keine Kompromisse eingehen, wenn es darum geht, ob die Kandidatenländer die Beitrittskriterien (insbesondere im Bereich von Rechtsstaatlichkeit und Umweltstandards) erfüllen und ob sie selbst in der Lage ist, diese zusätzlichen Mitglieder aufzunehmen. Dies mag wie eine Neuauflage der alten Debatte um Vertiefung und Erweiterung der EU aussehen, aber sie erfordert dennoch eine Antwort.

Das Timing ist entscheidend

Zweitens ist das Timing ein entscheidender Faktor. Während die westlichen Balkanländer sich seit mehr als zehn Jahren in unterschiedlichen Stadien des Beitrittsprozesses befinden, erwarten die Republik Moldau und die Ukraine einen raschen Beitritt mit Dringlichkeitsverfahren. Die EU ist also mit viel Ungeduld konfrontiert. Sie sollte sich nicht dem Druck beugen, übereilte Entscheidungen zu treffen. Aber die EU sollte auch nicht zulassen, dass der Beitrittsprozess so lange dauert, dass das Vertrauen der Kandidaten in seinen letztendlichen Erfolg und damit auch seine transformative Wirkung untergraben wird.

Dies bedeutet, dass die Erweiterung nicht auf den Abschluss der Vertiefung warten kann. Es muss deshalb eine Kombination aus beidem angestrebt werden. Die Tatsache, dass diejenigen Mitgliedstaaten, die interne Reformen tendenziell ablehnen, zugleich die Erweiterung stark befürworten, stellt einen Ausgangspunkt für Verhandlungen über ein Paket aus Vertiefung und Erweiterung dar.

Dazu muss die Bundesregierung definieren, welche der von ihnen angestrebten institutionellen Reformen zur Erhöhung der Aufnahmefähigkeit der EU eine Vertragsänderung erfordern, und sich mit gleichgesinnten Mitgliedstaaten wie Frankreich dafür einsetzen. Scholz’ Rede in Prag enthielt keine sehr detaillierten Reformvorschläge. Die deutsch-französische Erklärung vom Januar 2023 geht demgegenüber ausführlicher auf die Entscheidungsfindung, die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit und die Stärkung der Demokratie in der EU ein. Zudem wurde eine deutsch-französische Expertengruppe von den beiden Außenministerien beauftragt, die Reformen auszuarbeiten, die die EU fit für die Erweiterung machen würden.

Beitrittsprozess der verschiedenen Geschwindigkeiten

Drittens benötigt die Erweiterungspolitik der EU selbst eine Reform, und die gegenwärtigen Umstände bieten dafür eine gute Gelegenheit. Alle Beteiligten – die EU, die Mitgliedstaaten und die Beitrittskandidaten – müssen für die Idee einer Differenzierung innerhalb des Beitrittsprozesses offen sein. Diese Differenzierung sollte sich klar an den Fortschritten der Kandidatenländer orientieren und einen Beitritt mit mehreren Geschwindigkeiten ermöglichen, statt Länder dauerhaft auszuschließen.

Viertens: Die Erweiterungspolitik der EU sollte die variablen Geometrien in den Blick nehmen, die das größere Europa strukturieren. Die Europäische Politische Gemeinschaft sowie Formen der sektoralen Zusammenarbeit im Bereich kritischer Infrastrukturen wie Energie, Verkehr, Information und Digitales sind eindeutig etwas anderes als die Erweiterung der EU. Sie können aber hilfreich sein, um die Beziehungen mit den Ländern der östlichen Nachbarschaft und des westlichen Balkans zu vertiefen und dem Einfluss von Akteuren wie Russland oder China in diesen Regionen entgegenzuwirken.

Und die Türkei?

Und schließlich müssen Deutschland und die EU eine Strategie für den Umgang mit der Türkei entwickeln, die in den aktuellen Erweiterungsdebatten eine Leerstelle bleibt. In den Augen der EU hat sich die Türkei vom Beitrittskandidaten zum „strategischen Partner“ und in letzter Zeit zum „unvermeidlichen Partner“ entwickelt.

Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in diesem Frühjahr werden einen wichtigen Einfluss auf die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei haben. Sie werden darüber entscheiden, ob das Land weiterhin von Präsident Recep Tayyip Erdoğan regiert wird oder ob sich eine neue Regierung aus den sechs derzeitigen Oppositionsparteien bildet.

Übersetzung aus dem Englischen: Manuel Müller.
Bild: Ballon: Chris H. [CC BY-NC-ND 2.0], via Flickr; Porträt Funda Tekin: privat [alle Rechte vorbehalten].

EU enlargement: “Zeitenwende” or old wine in new bottles?

In the Berlin Perspectives series, the Institut für Europäische Politik (IEP) publishes analyses of German European policy for an English-speaking audience. The authors describe German positions on current debates and make recommendations on this basis.

The latest article by Funda Tekin is re-published on this blog. You can also find the original article on the IEP homepage.

Blue hot-air balloon with yellow stars
“As it will not be possible for widening to wait for the completion of deepening, a combination of both needs to be sought.”

Russia’s war of aggression against Ukraine has led to a fundamental geopolitical restructuring in Europe. This is clearly reflected in the enlargement policy of the European Union. Its member states responded rapidly to the Association Trio countries’ application for membership. Moldova and Ukraine received candidate status while Georgia was set conditions to be given this status.

Additionally, the accession process for the Western Balkan states has gained momentum. Accession negotiations with Albania and North Macedonia have become unblocked and are open while the European Council granted conditional candidate status to Bosnia and Herzegovina in December 2022 acting on a recommendation of the European Commission. Finally, a new forum for strengthening security, stability and prosperity on the continent was established in October 2022 in the form of the European Political Community.

A “Zeitenwende” in the EU’s enlargement policy

In short, just like Germany’s security policy did in the wake of the full invasion of Ukraine, the enlargement policy that had faced deadlock for several years experienced a Zeitenwende, becoming one key element for the EU to meet the geopolitical challenges emanating from the war. However, a number of questions critical for the future shape of the European continent still need answers, building on the Zeitenwende of 2022.

The fundamental question of who belongs to the EU in principle seems to have been answered by the prospects of accession and the granting of candidate status. However, accession negotiations are open-ended. The case of Turkey clearly illustrates how long such a process can take – and that it may not necessarily end with full membership.

Expectation management is needed

Accession is decided not only on the basis of a candidate’s ability to join but also of the interests and political will of the EU and its member states. For example, the security interests of the member states supported the political will to give an accession perspective to Ukraine in solidarity with the country and as a signal against Russia’s expansive war of aggression. At the same time, however, such politically symbolic steps raise the question of the objective equal treatment of accession candidates and of coherence in EU enlargement policy.

The impression that may have been created in Ukraine and other candidates that accession can take place relatively quickly after the end of the war calls for thorough expectation management by the EU. The EU also needs to be transparent about the fact that meeting the accession criteria remains the crucial requirement for candidate countries and demands internal reforms on their part.

The EU must remain functional after enlargement

Regarding the internal effects of EU enlargement, it is unquestionable that the EU will have to remain functional with eventually more than 35 member states. To ensure this, institutional and procedural reforms are necessary, which will in all likelihood delay the enlargement process.

At the same time, however, protracted accession processes risk becoming self-defeating as frustration grows in candidate countries and their willingness to reform declines. Concepts of differentiated integration or forms of a staged accession should therefore be considered in order to break down mental blocks and to identify development prospects.

Germany’s position: enlargement and reform

Germanyʼs government was not among the first to react positively to Ukraineʼs application for EU membership after Russiaʼs full invasion. It was not before his joint trip with Franceʼs President Emmanuel Macron and Italyʼs Prime Minister Mario Draghi to Kyiv in June 2022 that Chancellor Olaf Scholz clearly spoke out in favour of granting Ukraine candidate status.

He further underlined his commitment to the EUʼs enlargement towards the Association Trio and the Western Balkans in a speech in Prague in August. The position of the chancellery, however, clearly places EU institutional reforms before enlargement steps. This was reiterated in the January 2023 French-German declaration on the occasion of the 60th anniversary of the Elysée Treaty in Paris.

Increased use of qualified majority voting

The governmentʼs coalition agreement of December 2021 put forward a very ambitious EU reform agenda by aiming for a European Convention as follow-up to the Conference on the Future of Europe, leading to the eventual establishment of a European federation. Today, the governmentʼs reform agenda is much more pragmatic, focusing on institutional reforms that might be possible within the existing treaty framework.

In view of an enlarged Union comprising potentially 35+ member states, the increased use of qualified majority voting seems to be one key condition for maintaining the EUʼs ability to function. As the government is not a strong supporter of differentiated integration among groups of member states and/or accession countries, the elimination of veto powers in EU decision-making is a priority.

Supporting the countries of the Western Balkans

Another priority of Germanyʼs government is supporting the countries of the Western Balkans in their alignment with the EUʼs acquis and in establishing stability and prosperity in the region. The Berlin Process that was launched in 2014 provided an important framework for exchanges among civil society organizations in Berlin in 2022. The government aimed for improved regional cooperation, perceiving this to be the key for successful integration into the EU. The three agreements on mobility that were successfully concluded in Berlin reflect this ambition.

Germany also welcomes the European Political Community as a forum for reaching common positions on different issues with the aim to strengthen peace and security on the continent. It also clearly distinguishes the European Political Community from the enlargement process by stating that it is everything but enlargement as well as everything but institutions.

The war in Ukraine has had a clear impact on German public opinion regarding EU enlargement. In the summer of 2022, according to Statista, 52 per cent were in favour of enlargement, an increase of about 20 per cent points from the previous winter. For the first time in years, the share of respondents in favour of enlargement exceeds that of its opponents. Time will tell whether rising inflation, soaring energy prices, and other economic costs of the war change this picture.

What next? Old questions still require answers

General support for enlargement alone does not guarantee an efficient or effective policy. The EU still lacks a suitable roadmap for its enlargement policy. This needs to take account of a variety of elements.

First, there is the need for transparency regarding the fact that the eventual accession of nine new member states will transform the EU on various levels. The EU therefore cannot compromise on candidate countries fulfilling the accession criteria (particularly in the area of the rule of law and environmental standards) or its ability to absorb these additional members. This might look like the old debate over the EUʼs deepening and/or widening under new circumstances but it still requires an answer.

Timing is crucial

Second, timing is a crucial factor. The Western Balkan countries have been at different stages in the accession process for more than ten years while Moldova and Ukraine expect a speedy emergency accession. Hence, the EU faces a lot of impatience. It should not yield to pressure to rush to decisions. But the EU should not either let the accession process take so long that this undermines candidatesʼ trust in its eventual success and hence its transformative effect.

As this implies that it will not be possible for widening to wait for the completion of deepening, a combination of both needs to be sought. The fact that those member states that tend to oppose internal reforms are also strongly in favour of enlargement represents a starting point for negotiations on a package deal involving deepening and widening.

For this to happen, Germanyʼs government needs to define its vision of the institutional reforms required to increase the EUʼs absorption capacity that demand treaty change and lobby for these with like-minded member states such as France. Scholzʼ speech in Prague did not contain very detailed reform proposals. The January 2023 French-German declaration outlines a more detailed referring to decision making, preservation of the rule of law and increasing democracy in the EU. A Franco-German expert group has been tasked by the two ministries of foreign affairs to elaborate the reforms that would make the EU fit for enlargement.

A multi-speed accession process

Third, the EUʼs enlargement policy itself needs reform and the current circumstances open a window of opportunity for this. All sides involved – the EU, the member states and the candidate countries – need to be open to the concept of differentiation within the accession process. Differentiation should be clearly merit-based and allow for a multi-speed accession instead of permanent exclusion of candidate countries.

Fourth, the EUʼs enlargement policy should relate to the variable geometries that structure wider Europe. The European Political Community and forms of sectoral cooperation in critical infrastructure such as energy, transport, information and cyber are – although clearly distinct from enlargement – helpful in engaging with the countries of the eastern neighbourhood and the Western Balkans as well as for countering the influence of actors such as Russia or China in these regions.

And Turkey?

Finally, Germany and the EU need to develop a strategy for dealing with Turkey, which remains a blank space in current debates on enlargement. In the eyes of the EU, Turkey has gone from accession country to strategic partner and lately to unavoidable partner.

The countryʼs parliamentary and presidential elections this spring will have an important impact on EU-Turkish relations as they will determine whether its future will be under the continued regime of President Recep Tayyip Erdoğan or a new government composed of six current opposition parties.

Picture: Balloon: Chris H. [CC BY-NC-ND 2.0], via Flickr; portrait Funda Tekin: private [all rights reserved].

03 Februar 2023

European Parliament seat projection (February 2023): The centre-right extends its lead – could there be a majority without the S&D?

By Manuel Müller


Left G/EFA S&D RE EPP ECR ID NI other
EP today3871146102176636445
Dec. 2251441369316679643735
Feb. 2350421359616878653734
dynamic524713810317282
8031
Baseline scenario,
as of 01/02/2023.


Dynamic scenario,
as of 01/02/2023.

The 2024 European elections are still well over a year away, but the first pre-election skirmishes are slowly gathering momentum – both among the European Socialists and the centre-right European People’s Party (EPP).

Rumours about Sanna Marin

On the one hand, rumours intensified in January that many in the European Parliament’s socialist S&D group would be happy to see Finnish Prime Minister Sanna Marin (SDP/PES) stand as their leading candidate in the European elections.

And indeed, Marin (whom this blog had on a shortlist of possible leading candidates already a year ago) ticks many boxes: She is young and charismatic, has experience as a head of government, enjoys international recognition for her clear stance on the war in Ukraine – and she could lose her job as prime minister in the Finnish parliamentary election in April, even while her party gains votes. Whether she is really interested in a European career, however, will only become clear after the Finnish election.

Weber brings Metsola into play

On the other hand, EPP leader Manfred Weber (CSU/EPP) himself contributed to the pre-election speculation by mentioning in an interview that both the incumbent Commission president, Ursula von der Leyen (CDU/EPP), and the president of the European Parliament, Roberta Metsola (PN/EPP), would be “excellent leading candidates”.

This statement came as a surprise, as von der Leyen is widely seen as something of a natural candidate for the EPP – should she wish to run for a second term. So far, however, she has avoided declaring herself. With his comment, Weber is thus increasing the pressure on the Commission president (who, of course, only came into office in 2019 because Weber, as the EPP’s leading candidate, failed to secure a majority in the European Parliament for himself).

Rapprochement of EPP and ECR

At the same time, the Maltese Metsola also represents another of Weber’s ambitions: the rapprochement between the EPP and the European Conservatives and Reformists’ Group (ECR), which includes the governing parties of Italy (FdI) and Poland (PiS), among others. An FdI MEP recently described Metsola as a possible “bridge figure” who could credibly represent the “conservative” values shared by both groups.

That Weber is seeking this rapprochement with the ECR may have much to do with his party’s weakness in the European Council: At present, only 9 of the EU’s 27 heads of state or government belong to the EPP, and none in the five largest member states. But cooperation could also give the EPP additional power options in the European Parliament. Consequently, Politico.eu recently raised the question: Could the next Commission president be elected by a centre-right coalition – consisting of the EPP, the ECR, and the liberal Renew Europe (RE) group, without the participation of the S&D?

An EPP – ECR – RE alliance?

To cut a long story short: According to all experience, this is extremely unlikely. The consensus orientation and the “permanent grand coalition” at the European level are so firmly anchored in the political culture and institutional practice of the EU that anything other than an agreement between the three largest groups – EPP, S&D, and RE – for the election of the Commission president is almost impossible.

Looking at the numbers alone, however, a Commission based only on the centre-right alliance would indeed be within the realm of possibility. According to art. 17 (7) TEU, a qualified majority in the European Council and an absolute majority of MEPs are required for the election of the Commission president. In the European Council, the representatives of EPP, ECR and RE would currently fall just short of this quorum, but that could change with the upcoming national elections in Finland and Bulgaria in April.

A centre-right majority

In the European Parliament, on the other hand, the centre-right alliance has lost ground after the 2019 European elections. In the current Parliament, whereas a centre-left alliance of S&D, RE, Greens and Left narrowly achieves an absolute majority (355 out of 705 seats), EPP, RE and ECR – even when voting together – are always in need of supporters from other groups (341 seats).

However, this could be reversed after the 2024 elections: According to the new seat projection for the European Parliament, even in the dynamic scenario (which also takes into account the possible accession of parties not yet represented in the European Parliament), the four centre-left groups together would only have 340 seats. With 357 seats, the EPP, ECR and RE together would have an absolute majority, albeit a narrow one.

Normalisation of the ECR?

As mentioned above, it is very doubtful that this centre-right majority will already be relevant for the election of the Commission president. In the medium term, however, it could still play an important role in the next legislature. The European Parliament makes decisions with majorities that change depending on the issue – and the mere fact that the EPP has an option to build majorities without cooperating with the S&D could shift the political window for possible compromises to the right.

This presupposes, of course, that the rapprochement Weber seeks between the three centre-right groups is politically realistic. One obstacle in this regard is the deep rift between PO (EPP) and PiS (ECR) in Poland. Donald Tusk, Weber’s predecessor as EPP leader and now Poland’s opposition leader, is unlikely to be very happy with his successor’s course. In the RE group, which sees itself as centrist and pro-European, enthusiasm for close cooperation with the ECR is bound to be even more limited.

Nevertheless, it is already clear that debates on the normalisation of the ECR as a major political force will be an important issue for the next European Parliament. Rather than the long-discussed large unified right-wing group with the ID, building a bridge to the EPP could be the way to open the doors to the European establishment for the national-conservative ECR.

Seat projection: Small increase for the EPP

In the current seat projection, the centre-right parties can make slight gains, while the parties to the left of centre fall back somewhat. Overall, however, there are only minor changes compared to the last projection from December 2022.

In the baseline scenario, the EPP group rises to 168 seats (+2). Slight gains in the Czech Republic, Bulgaria, Lithuania and Slovenia, among others, are contrasted by losses in Slovakia and Latvia. In almost all cases, however, these represent only minor fluctuations in single polls. Conversely, the S&D fall back to 135 seats (–1). While they made slight gains in Germany and Luxembourg, among others, they have lost ground in Denmark and Portugal.

The main winner of the last weeks is the liberal RE group, which in Denmark and Portugal benefits from the weakening of the socialists. In Slovenia, by contrast, the liberals are slightly down compared to December. In total, RE would now hold 96 seats (+3).

Slight losses for the ECR

The ECR group suffered slight losses (78 seats/–1). Its Italian affiliate, the FdI, has seen the end of its honeymoon after coming to power last autumn and is now suffering its first setback in the polls after more than four years of almost uninterrupted growth. Nevertheless, with 25 seats, Giorgia Meloni’s party would still be the second largest single delegation in the European Parliament – ahead of Emmanuel Macron’s RE (RE) of France and only behind Germany’s CDU/CSU (EPP).

The second right-wing group ID remains almost unchanged (65 seats/+1). Here the Italian Lega is slightly up in the seat projection, but only within the framework of minor polling fluctuations.

Greens a bit weaker

On the left of the political spectrum, the Greens/EFA group suffered slight losses (42 seats/–2). Next to the German Greens, who have dropped to third place behind the social democrats at national level, the Pirate Parties of the Czech Republic and Luxembourg have gone down in the polls – the latter falling back below the threshold required to enter the European Parliament. The Greens are gaining ground only in Denmark, where they are attracting social democratic voters disillusioned with the country’s newly-formed grand coalition.

In the Left group, there are hardly any changes, with only the Spanish UP falling slightly in the polls. All in all, the Left now stands at 50 seats (–1).

Nothing new among the non-attached parties

There are no changes at all among the non-attached parties compared to the last seat projection in December (37 seats/±0).

A little more movement can be seen among the “other” parties, which are currently not represented in the European Parliament and do not belong to any European party. The right-wing populist Konfederacja from Poland and the conservative Most from Croatia make small gains in the seat projection, but these are due to only marginal changes in the polls. On the other hand, there are slight losses for the left-green Možemo from Croatia and the small right-wing parties BV from Bulgaria and LT from Lithuania, both of which would no longer enter the European Parliament. All in all, the “others” would now have 34 seats (–1).

The overview

The following table breaks down the distribution of seats in the projection by individual national parties. The table follows the baseline scenario, in which national parties are each attributed to their current parliamentary group (or to the parliamentary group of their European political party) and parties without a clear attribution are labelled as “others”.

In contrast, the dynamic scenario of the seat projection assigns all “other” parties to the respective parliamentary group to which they are politically closest, and also includes possible other future group changes of individual national parties. In the table, the changes in the dynamic scenario compared with the baseline scenario are indicated by coloured font and by a note mouseover text.

In the absence of pan-European electoral polls, the projection is based on an aggregation of national polls and election results from all member states. The specific data basis for each country is explained in the small print below the table. More information on the European parties and the political groups in the European Parliament can be found here.


Left G/EFA S&D RE EPP ECR ID NI other
EP today3871146102176636445
Dec. 2251441369316679643735
Feb. 2250421359616878653734
dynamic524713810317282
8031

Left G/EFA S&D RE EPP ECR ID NI other
DE 5 Linke 17 Grüne
1 Piraten
1 ÖDP
1 Volt
19 SPD 6 FDP
2 FW
27 Union
1 Familie

13 AfD 2 Partei 1 Tier
FR 10 LFI 6 EELV 7 PS 23 Ens 10 LR
19 RN 4 Rec
IT

14 PD 6 Az-IV 7 FI
1 SVP
25 FdI 8 Lega 15 M5S
ES 6 UP
1 Bildu
1 ERC 17 PSOE 1 Cʼs
1 PNV
20 PP 10 Vox
1 JxC 1 MP
PL

4 Lewica 5 PL2050
17 KO
2 KP
20 PiS

4 Konf
RO

14 PSD 3 USR 9 PNL
2 UDMR
5 AUR


NL 2 PvdD
2 SP
3 GL
2 PvdA 5 VVD
3 D66
1 CDA
1 CU
2 JA21
1 SGP
4 PVV
3 BBB
EL 7 Syriza
3 PASOK
8 ND 1 EL
1 KKE 1 MeRA25
BE 3 PTB 1 Groen
1 Ecolo
2 Vooruit
2 PS
1 O-VLD
2 MR
1 CD&V
1 LE
1 CSP
3 N-VA 3 VB

PT 1 BE
1 CDU

7 PS 2 IL 7 PSD
3 CH

CZ
2 Piráti

9 ANO 1 STAN
1 TOP09
1 KDU-ČSL
4 ODS 3 SPD
HU

5 DK
1 MM 1 KDNP

12 Fidesz
2 MHM
SE 2 V 1 MP 8 S 1 C
4 M
1 KD
4 SD


AT
2 Grüne 5 SPÖ 2 Neos 4 ÖVP
6 FPÖ

BG

2 BSP 2 DPS 5 GERB
2 DSB



4 PP
2 V
DK 1 Enhl. 2 SF 4 S 2 V
2 LA
1 K


1 DD
1 M
FI 1 Vas 1 Vihreät 3 SDP 2 Kesk 4 Kok
3 PS

SK

3 Smer-SSD 1 PS 1 OĽANO
1 Spolu
1 KDH
2 SaS 1 SR 1 REP 3 Hlas-SD
IE 6 SF

3 FF 4 FG



HR

2 SDP
6 HDZ


1 Možemo
2 Most
1 DP
LT
1 LVŽS 3 LSDP 1 LRLS
3 TS-LKD

1 DP 2 DSVL
LV


1 AP!
2 JV
1 NA

1 ZZS
1 Prog
1 LRA
1 S!
SI

1 SD 3 GS 3 SDS
1 N.Si




EE


3 RE
1 KE


2 EKRE
1 E200
CY 2 AKEL
1 EDEK
1 DIKO

2 DISY



LU
1 Gréng
2 LSAP 1 DP 2 CSV



MT

4 PL
2 PN




Development (baseline scenario)


Left G/EFA S&D RE EPP ECR ID NI other
01/02/2023 50 42 135 96 168 78 65 37 34
06/12/2022 51 44 136 93 166 79 64 37 35
12/10/2022 52 42 127 100 169 79 63 35 38
20/08/2022 52 47 134 98 170 75 63 27 39
22/06/2022 54 44 133 101 165 77 64 31 36
25/04/2022 59 39 139 97 157 78 64 38 34
01/03/2022 53 36 139 98 158 78 62 45 36
04/01/2022 51 39 142 99 165 73 62 34 40
08/11/2021 50 42 144 96 155 75 72 36 35
13/09/2021 54 42 141 98 160 70 75 33 32
21/07/2021 52 45 133 97 167 71 74 31 35
24/05/2021 50 50 125 95 167 74 73 33 38
29/03/2021 52 46 136 96 164 71 73 34 33
02/02/2021 52 45 135 94 184 70 71 21 33
09/12/2020 52 47 136 93 188 67 73 20 29
12/10/2020 51 49 127 96 193 67 71 21 30
14/08/2020 50 53 145 88 196 65 64 20 24
25/06/2020 48 55 143 91 203 64 63 20 18
26/04/2020 47 53 151 88 202 66 66 19 13
10/03/2020 51 58 138 88 188 67 82 21 12
09/01/2020 49 58 135 93 186 65 82 24 13
23/11/2019 48 57 138 99 181 62 82 22 16
23/09/2019 49 61 139 108 175 56 82 24 11
30/07/2019 47 64 138 108 180 57 82 22 7
EP 2019 40 68 148 97 187 62 76 27

The “EP 2019” line indicates the distribution of seats as of July 2, 2019, when the European Parliament was constituted following the election in May 2019.
The table shows the values of the baseline scenario without the United Kingdom. An overview of the values including the United Kingdom for the period up to January 2020 can be found here. An overview of older projections from the 2014-2019 electoral period is here.
The full names of the parliamentary groups and of the national parties appear as mouseover text when the mouse pointer is held motionless on the designation in the table for a short time. If a party is attributed to a different parliamentary group in the dynamic scenario than in the baseline scenario, this is also indicated in the mouseover text.

Attribution of national parties to parliamentary groups

Baseline scenario: For the projection, parties that are already represented in the European Parliament are assigned to their current parliamentary group, unless they have explicitly declared that they will change group after the next European election. National parties that are not currently represented in the European Parliament, but belong to a European political party, are attributed to the parliamentary group of that party. In cases where the members of a national electoral list are expected to split up and join different political groups after the election, the projection uses the allocation that seems most plausible in each case (see below). Parties for which the allocation to a specific parliamentary group is unclear are classified as “others” in the baseline scenario.
According to the Rules of Procedure of the European Parliament, at least 23 MEPs from at least a quarter of the member states are required to form a parliamentary group. Groupings marked with an asterisk (*) would not currently meet these conditions according to the projection. They would therefore have to win over additional MEPs after the European elections in order to be able to constitute themselves as a parliamentary group.
Dynamic scenario: In the dynamic scenario, all “other” parties are assigned to an already existing parliamentary group (or to the group of non-attached members). In addition, the dynamic scenario also takes into account other group changes that appear politically plausible, even if the respective parties have not yet been publicly announced them. To highlight these changes from the baseline scenario, parties that are assigned to a different parliamentary group in the dynamic scenario are marked in the table with the colour of that group; moreover, the name of the group appears in the mouseover text. The attributions in the dynamic scenario are based on a subjective assessment of the political orientation and strategy of the parties and can therefore be quite uncertain in detail. From an overall perspective, however, the dynamic scenario may be closer to the real distribution of seats after the next European election than the baseline scenario.

Data source

If available, the most recent poll of voting intentions for the European Parliament is used to calculate the seat distribution for each country. In case that more than one poll has been published, the average of all polls from the two weeks preceding the most recent poll is calculated, taking into account only the most recent poll from each polling institute. The cut-off date for taking a survey into account is the last day of its fieldwork, if known, otherwise the day of its publication.
For countries where there are no specific European election polls or where the last such poll was taken more than a fortnight ago, the most recent poll available for the national parliamentary election or the average of all polls for the national or European Parliament from the two weeks preceding the most recent poll available is used instead. For countries where there are no recent polls for parliamentary elections, polls for presidential elections may be used instead, with the presidential candidates’ polling figures assigned to their respective parties (this concerns France and Cyprus in particular). For member states for which no recent polls can be found at all, the results of the last national or European elections are used.
As a rule, the national poll results of the parties are directly converted to the total number of seats in the country. For countries where the election is held in regional constituencies without proportional representation (currently Belgium and Ireland), regional polling data is used where available. Where this is not the case, the number of seats is still calculated for each constituency individually, but using the overall national polling data in each case. National electoral thresholds are taken into account in the projection where they exist.
In Belgium, constituencies in the European election correspond to language communities, while polls are usually conducted at the regional level. The projection uses polling data from Wallonia for the French-speaking community and polling data from Flanders for the Dutch-speaking community. For the German-speaking community, it uses the result of the last European election (1 seat for CSP).
In countries where it is common for several parties to run as an electoral alliance on a common list, the projection makes a plausibility assumption about the composition of these lists. In the table, such multi-party lists are usually grouped under the name of the electoral alliance or of its best-known member party. Sometimes, however, the parties of an electoral alliance split up after the election and join different political groups in the European Parliament. In this case, the parties are listed individually and a plausibility assumption is made about the exact distribution of seats on the joint list. This concerns the following parties: Italy: SI (place 1 and 3 on the list) and EV (2, 4); Spain: Más País (1-2), Compromís (3) and Equo (4); ERC (1, 3-4), Bildu (2) and BNG (5); PNV (1) and CC (2); Netherlands: CU (1, 3-4) and SGP (2, 5); Hungary: Fidesz (1-6, from 8) and KDNP (7); Bulgaria: DSB (1-2) and ZD (3); Slovakia: PS (1) and Spolu (2).
Since there is no electoral threshold for European elections in Germany, parties can win a seat in the European Parliament with less than 1 per cent of the vote. Since German polling institutes do not usually report values for very small parties, the projection includes them based on their results at the last European election (2 seats each for PARTEI and FW, 1 seat each for Tierschutzpartei, ödp, Piraten, Volt and Familienpartei). Only if a small party achieves a better value in current polls than in the last European election, the poll rating is used instead.
In Italy, a special rule makes it easier for minority parties to enter the European Parliament. In the projection, the Südtiroler Volkspartei is therefore always listed with its result at the last European election (1 seat).
 
The following overview lists the data source for each member state. The dates refer to the last day of the fieldwork; if this is not known, to the day of publication of the polls:
Germany: national polls, 19-31/1/2023, source: Wikipedia.
France: national polls, 4/11/2022, source: Europe Elects.
Italy: national polls, 22-30/1/2023, source: Wikipedia.
Spain: national polls, 12-25/1/2023, source: Wikipedia.
Poland: national polls, 13-23/1/2023, source: Wikipedia.
Romania: national polls, January 2023, source: Wikipedia.
Netherlands: national polls, 15-16/1/2023, source: Wikipedia.
Greece: national polls, 13-24/1/2023, source: Wikipedia.
Belgium, French-speaking community: regional polls (Wallonia) for the national parliamentary election, 29/11/2022, source: Wikipedia.
Belgium, Dutch-speaking community: regional polls (Flanders) for the national parliamentary election, 29/11/2022, source: Wikipedia.
Belgium, German-speaking community: European election results, 26/5/2019.
Portugal: national polls, 11-17/1/2023, source: Wikipedia.
Czech Republic: national polls, 5/12/2022, source: Wikipedia.
Hungary: national polls, 4.11/1/2023, source: Wikipedia.
Sweden: national polls, 19-27/1/2023, source: Wikipedia.
Austria: national polls, 19-26/1/2023, source: Wikipedia.
Bulgaria: national polls, 8-20/12/2023, source: Wikipedia.
Denmark: national polls, 29/1/2023, source: Wikipedia.
Finland: national polls, 3-13/1/2023, source: Wikipedia.
Slovakia: national polls, 16/1/2023, source: Wikipedia.
Ireland: national polls, 17-25/1/2023, source: Wikipedia.
Croatia: national polls, 25/1/2023, source: Wikipedia.
Lithuania: national polls, 15-24/12/2022, source: Wikipedia.
Latvia: national polls, December 2022,  source: Wikipedia.
Slovenia: national polls, 5-12/1/2023, source: Wikipedia.
Estonia national polls, 23-27/1/2023, source: Wikipedia.
Cyprus: national presidential election polls, 16-26/1/2023, source: Wikipedia.
Luxembourg: national polls, 28/11/2022, source: Wikipedia.
Malta: national polls, 1/12/2022, source: Wikipedia.
 
Images: All graphs: Manuel Müller.