28 Februar 2023

Themenschwerpunkt: Überstaatliches Regieren zwischen Diplomatie und Demokratie – aktuelle Debatten um die Reform der EU

Europaflagge, gegen die Sonne fotografiert

Nach einem langen Jahrzehnt ohne Vertragsänderungen wird in der Europäischen Union wieder ernsthaft über institutionelle Reformen diskutiert. Vielfache Krisen – etwa um die Währungsunion, das Asylsystem, die Covid-19-Pandemie, die Folgen des Klimawandels oder den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine – haben Schwächen in den europäischen Regierungsstrukturen offengelegt. Auch intern steht die EU unter wachsendem Druck: Die Rechtsstaatskrise in Ungarn und Polen gefährdet die Einheit der europäischen Rechtsgemeinschaft; seit Jahren diskutierte Änderungen des Europawahlrechts kommen nur stockend voran; die Rolle Deutschlands und Frankreichs als „Motor der Integration“ steht zunehmend in Frage. Gleichzeitig erhalten alte Debatten wie die um Erweiterung und Vertiefung der Union durch die veränderte geopolitische Lage eine neue Aktualität und Dringlichkeit.

Die Konferenz zur Zukunft Europas legte im Mai 2022 umfassende institutionelle Reformideen vor, doch zur Umsetzung ihrer Vorschläge wäre ein Konvent nötig, der von zahlreichen Mitgliedstaaten abgelehnt wird. Die EU sucht eine neue Balance – zwischen Vertiefung und Erweiterung, Einheit und Differenzierung, kleinen und großen Mitgliedstaaten, Handlungsfähigkeit und Konsens, mitgliedstaatlicher Eigenverantwortung und transnationaler Solidarität, supranationalen Parteien und nationalen Regierungen, nationaler Souveränität und gemeinsamem Recht. Die vielen parallelen Debatten zur Zukunft des europäischen Regierungssystems zusammenzuführen, wird eine zentrale Herausforderung der kommenden Jahre.

Der thematische Schwerpunkt „Überstaatliches Regieren zwischen Diplomatie und Demokratie“ soll Diskurse um institutionelle Reformen der EU und die Governance in Europa beleuchten. Expert:innen aus deutschen und internationalen Universitäten und Thinktanks werfen Schlaglichter auf unterschiedliche europäische Krisen- und Reformdiskurse und reflektieren sie im Kontext der europapolitischen Forschung. Die Beiträge erscheinen gleichzeitig auf dem Blog Der (europäische) Föderalist und auf Regierungsforschung.de, dem wissenschaftlichen Online-Journal der NRW School of Governance am Institut für Politikwissenschaft der Universität Duisburg-Essen.


Alle Beiträge

  1. Die Rückkehr der Reformen: Warum die EU inmitten der Krisen wieder über ihre institutionelle Zukunft diskutiert [DE/EN] ● Manuel Müller
  2. Europäische Parteien für die EU-Demokratie fit machen: Jenseits der Reform der Verordnung [DE/EN] ● Edoardo Bressanelli
  3. Die angekratzte Rechtsgemeinschaft: Warum sich die Krise um den Vorrang des Europarechts nur politisch lösen lässt [DE/EN] ● Alexander Thiele
  4. Mehr Demokratie durch mehr Mehrheitsentscheide: Warum die Abschaffung nationaler Vetorechte die Legitimität der EU erhöht [DE/EN] ● Julian Plottka
  5. Schon viel zu berichten, aber auch noch ein weiter Weg voraus: Die Krise der Rechtsstaatlichkeit in der EU [DE/EN] ● László Detre
  6. Differenzierte Integration – Wegbereiter für ehrgeizige EU-Reformen? [DE/EN] ● Thomas Winzen
  7. Schengen im Patt: Zwischen nationalen Reflexen und notwendiger Reform [DE/EN] ● Daniel Schade
  8. Die Dilemmata des Spitzenkandidaten-Verfahrens: Erfolgreich gescheitert? [DE/EN] ● Eva Heidbreder
  9. Warum die EU einen permanenten Klima-Investitionsfonds braucht [DE/EN] ● Philipp Heimberger und Andreas Lichtenberger
  10. Asyl- und Migrationspolitik der EU: Wann ist die Krise vorbei und wann wird sie zur Normalität? [DE/EN] ● Alezini Loxa
  11. Welche Finalität für die EU-Außenpolitik? In den aktuellen Reformdebatten geht es um mehr als nur Handlungsfähigkeit [DE/EN] ● Niklas Helwig
  12. Neuer Schwung für die Bürgerbeteiligung in Europa [DE/EN] ● Dominik Hierlemann und Stefan Roch
  13. Echte Europawahlen gibt es nicht – aber vielleicht in der Zukunft? [DE/EN] ● Wouter Wolfs
  14. Ist die europäische Demokratie fit für den Klimawandel? Der Fall der „grünen Taxonomie“ [DE/EN] ● Bohyun Kim
  15. Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Zeiten des Krieges: EFF, PESCO und Krisenmanagement-Aktivitäten [DE/EN] ● Tyyne Karjalainen

Bild: Europaflagge: Arno Mikkor (EU2017EE) [CC BY 2.0], via Flickr.

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