03 Februar 2023

Wenn an diesem Sonntag Europawahl wäre (Februar 2023): Mitte-Rechts baut Vorsprung aus – ist eine Mehrheit ohne S&D möglich?

Von Manuel Müller


Linke G/EFA S&D RE EVP EKR ID fʼlos Sonst.
EP heute3871146102176636445
Dez. 2251441369316679643735
Feb. 2350421359616878653734
dynamisch524713810317282
8031
Basis-Szenario,
Stand: 1.2.2023.


Dynamisches Szenario,
Stand: 1.2.2023.

Bis zur Europawahl 2024 ist es noch deutlich mehr als ein Jahr, aber so langsam beginnen die ersten Vorwahlkampf-Geplänkel an Fahrt aufzunehmen – und zwar sowohl bei den europäischen Sozialdemokrat:innen als auch bei der christdemokratisch-konservativen Europäischen Volkspartei (EVP).

Gerüchte um Sanna Marin

So vermehrten sich im Januar zum einen die Gerüchte, dass die sozialdemokratische S&D-Fraktion im Europäischen Parlament sich die finnische Premierministerin Sanna Marin (SDP/SPE) als Spitzenkandidatin für die Europawahl vorstellen könnte.

Tatsächlich erfüllt Marin (die wir auf diesem Blog bereits vor einem Jahr auf der Shortlist möglicher Spitzenkandidat:innen hatten) viele Kriterien: Sie ist jung und charismatisch, hat Regierungserfahrung, genießt vor allem dank ihrer Haltung zum Ukraine-Krieg internationale Anerkennung – und sie könnte bei der finnischen Parlamentswahl im April ihr Amt als Premierministerin verlieren, obwohl ihre Partei an Stimmen dazugewinnt. Ob sie wirklich an einer europäischen Karriere interessiert ist, wird sich aber erst nach der finnischen Wahl zeigen.

Weber bringt Metsola ins Spiel

Auf der anderen Seite trug EVP-Chef Manfred Weber (CSU/EVP) selbst zu den Vorwahlspekulationen bei, indem er in einem Interview sowohl die amtierende Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU/EVP) als auch Parlamentspräsidentin Roberta Metsola (PN/EVP) als mögliche „hervorragende Spitzenkandidatinnen“ bezeichnete.

Diese Äußerung war insofern überraschend, als Amtsinhaberin von der Leyen bislang gewissermaßen als natürliche Kandidatin der EVP gesehen wird – sofern sie denn eine zweite Amtszeit anstrebt. Allerdings hat von der Leyen bislang vermieden, sich dazu klar zu äußern. Mit seinem Kommentar erhöht Weber also den Druck auf die Kommissionspräsidentin (die 2019, wir erinnern uns, nur ins Amt kam, weil es Weber als EVP-Spitzenkandidat nicht gelang, eine Mehrheit im Europäischen Parlament hinter sich zu vereinigen).

Annäherung von EVP und EKR

Zugleich steht die Malteserin Metsola aber auch für eine andere Ambition Webers: nämlich die Annäherung zwischen der EVP und der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), der unter anderem die Regierungsparteien von Italien und Polen, FdI und PiS, angehören. So bezeichnete ein FdI-Europaabgeordneter Metsola jüngst als eine mögliche „Brückenfigur“, die glaubwürdig von beiden Fraktionen geteilte „konservative“ Werte vertreten könnte.

Dass Weber diese Annäherung an die EKR sucht, dürfte viel mit der Schwäche seiner Partei im Europäischen Rat zu tun haben: Aktuell stellt die EVP nur noch 9 der 27 Staats- oder Regierungschef:innen der EU, und keine einzige in den fünf größten Mitgliedstaaten. Aber auch im Europäischen Parlament könnte die Zusammenarbeit der EVP zusätzliche Machtoptionen verschaffen. Und so warf Politico.eu jüngst bereits die Frage auf: Wäre es denkbar, dass die nächste Kommissionspräsident:in von einer Koalition rechts der Mitte gewählt wird – bestehend aus EVP, EKR und der liberalen Fraktion Renew Europe (RE), und ohne Beteiligung der S&D?

Allianz aus EVP, EKR und RE?

Um es kurz zu machen: Nach aller Erfahrung ist das ausgesprochen unwahrscheinlich. Die Konsensorientierung und „ewige Große Koalition“ auf europäischer Ebene ist in der politischen Kultur und institutionellen Praxis der EU so fest verankert, dass alles andere als eine Einigung zwischen den drei größten Fraktionen – EVP, S&D und RE – für die Wahl der Kommissionspräsident:in nahezu ausgeschlossen ist.

Blickt man nur auf die reinen Zahlen, so wäre eine rein auf das Mitte-Rechts-Bündnis gestützte Kommission aber tatsächlich im Rahmen des Möglichen. Nach Art. 17 (7) EUV ist für die Wahl der Kommissionspräsident:in eine qualifizierte Mehrheit im Europäischen Rat und eine absolute Mehrheit der Parlamentsabgeordneten erforderlich. Im Europäischen Rat würden die Vertreter:innen von EVP, EKR und RE dieses Quorum derzeit knapp verpassen, aber das könnte sich durch die im April anstehenden nationalen Wahlen in Finnland und Bulgarien ändern.

Mitte-Rechts hätte eine Mehrheit

Im Europäischen Parlament wiederum hatte das Mitte-Rechts-Bündnis nach der Europawahl 2019 an Bedeutung verloren. Während eine Mitte-Links-Allianz aus S&D, RE, Grünen und Linken im aktuellen Parlament knapp eine absolute Mehrheit erreicht (355 von 705 Sitzen), sind EVP, RE und EKR – selbst wenn sie geschlossen abstimmen – immer auf Unterstützer:innen aus weiteren Fraktionen angewiesen (341 Sitze).

Nach der Europawahl 2024 könnte sich dies jedoch umkehren: Nach der neuen Sitzprojektion für das Europäische Parlament kämen die vier Mitte-Links-Fraktionen selbst im dynamischen Szenario (das auch mögliche Fraktionsbeitritte von bislang noch nicht im Europäischen Parlament vertretenen Partien berücksichtigt) zusammen nur noch auf 340 Sitze. EVP, EKR und RE zusammen würden mit 357 Sitzen eine, wenn auch knappe, absolute Mehrheit stellen.

Normalisierung der EKR?

Auch wenn es, wie gesagt, sehr zweifelhaft ist, dass diese Mitte-Rechts-Mehrheit bereits für die Wahl der Kommissionspräsident:in relevant wird, so könnte sie mittelfristig doch eine Rolle in der nächsten Legislaturperiode spielen. Denn das Europäische Parlament trifft Entscheidungen mit je nach Thema wechselnden Mehrheiten; und allein die Tatsache, dass die EVP über eine Alternative zur Zusammenarbeit mit der S&D verfügt, könnte das politische Fenster für mögliche Kompromisse nach rechts verschieben.

Voraussetzung ist dafür natürlich, dass die von Weber angestrebte Annäherung zwischen den drei Mitte-Rechts-Fraktionen auch politisch realistisch ist. Ein Hindernis sind dabei die tiefen Gräben zwischen PO (EVP) und PiS (EKR) in Polen. Donald Tusk, Webers Vorgänger als EVP-Chef und heutiger polnischer Oppositionsführer, dürfte von dem Kurs seines Nachfolgers wenig angetan sein. Auch in der RE-Fraktion, die sich als zentristisch und europafreundlich versteht, hält sich die Begeisterung für eine allzu enge Zusammenarbeit mit den rechtskonservativen EKR in Grenzen.

Dennoch zeichnet sich schon jetzt ab, dass Debatten über eine Normalisierung der EKR als mehrheitsrelevante politische Kraft ein wichtiges Thema für das nächste Europäische Parlament werden. Nicht die lange diskutierte große rechte Einheitsfraktion mit der ID, sondern vielmehr der Brückenschlag zur EVP könnte der Weg sein, durch den sich den rechtskonservativen EKR die Türen ins europäische Establishment öffnen.

Sitzprojektion: EVP etwas stärker

In der aktuellen Sitzprojektion können die Mitte-Rechts-Parteien in Summe leicht zulegen, während die Parteien links der Mitte etwas zurückfallen. Insgesamt zeigen sich jedoch nur geringe Änderungen gegenüber der letzten Projektion von Dezember 2022.

Die EVP-Fraktion verbessert sich im Basisszenario auf 168 Sitze (+2). Leichten Gewinnen unter anderem in Tschechien, Bulgarien, Litauen und Slowenien stehen Verluste in der Slowakei und Lettland gegenüber. In fast allen Fällen handelt es sich dabei jedoch nur um geringfügige Schwankungen in einzelnen Umfragen. Umgekehrt käme die S&D nun nur noch auf 135 Sitze (–1). Leicht zulegen können die Sozialdemokrat:innen unter anderem in Deutschland und Luxemburg, während sie vor allem in Dänemark und Portugal zurückfallen.

Der wichtigste Gewinner der letzten Wochen ist die liberale RE, die in Dänemark und Portugal vom Schwächeln der Sozialdemokrat:innen profitiert. Etwas schwächer als im Dezember schneiden die Liberalen in Slowenien ab. Insgesamt kommt die RE nun auf 96 Sitze (+3).

Leichte Verluste der EKR

Leichte Verluste erfährt die EKR-Fraktion (78 Sitze/–1). Federn lassen muss gerade ihre italienische Mitgliedspartei FdI, die nach der Regierungsübernahme im Herbst erlebt, wie sich die ersten Wähler:innen abwenden, und nach über vier Jahren nahezu ununterbrochenen Wachstums nun erstmals einen Rückschlag in den Umfragen erfährt. Dennoch würde die Partei von Giorgia Meloni mit 25 Sitzen derzeit die zweitstärkste Einzeldelegation im Europäischen Parlament stellen – hinter der deutschen CDU/CSU (EVP) und noch vor Emmanuel Macrons RE (RE) aus Frankreich.

Nahezu unverändert zeigt sich die zweite Rechtsfraktion ID (65 Sitze/+1). Hier kann die italienische Lega leicht zulegen, allerdings nur im Rahmen geringfügiger Schwankungen in den Umfragen.

Grüne etwas schwächer

Auf der linken Seite des politischen Spektrums erfährt die Fraktion der Grünen/EFA leichte Verluste (42 Sitze/–2). Neben den deutschen Grünen, die auf nationaler Ebene wieder hinter den Sozialdemokrat:innen auf den dritten Platz zurückfallen, schwächeln hier vor allem die Piratenparteien aus Tschechien und Luxemburg – Letztere fällt wieder unter die Schwelle zurück, die zum Einzug ins Europäische Parlament nötig wäre. Zulegen können die Grünen in Dänemark, wo sie von der dortigen Großen Koalition enttäuschte sozialdemokratische Wähler:innen anziehen.

Kaum Veränderungen gibt es wieder einmal bei der Linksfraktion, wo lediglich die spanische UP in den Umfragen etwas zurückfällt. Insgesamt kommt die Linke damit noch auf 50 Sitze (–1).

Bei den Fraktionslosen nichts Neues

Bei den fraktionslosen Parteien gibt es gegenüber der letzten Sitzprojektion von Dezember überhaupt keine Veränderungen (37 Sitze/±0).

Etwas mehr Bewegung zeigt sich bei den „sonstigen“ Parteien, die derzeit nicht im Europäischen Parlament vertreten sind und auch keiner europäischen Partei angehören. Im Rahmen geringfügiger Schwankungen in den Umfragen können hier die rechtspopulistische Konfederacja aus Polen und die konservative Most aus Kroatien zulegen. Leichte Verluste erleiden hingegen die links-grüne Možemo aus Kroatien sowie die kleinen Rechtsparteien BV aus Bulgarien und LT aus Litauen, die nun beide überhaupt nicht mehr im Tableau vertreten sind. Insgesamt kommen die „Sonstigen“ damit noch auf 34 Sitze (–1).

Die Übersicht

Die folgende Tabelle schlüsselt die Sitzverteilung der Projektion nach nationalen Einzelparteien auf. Die Tabelle folgt dem Basisszenario, in dem nationale Parteien jeweils ihrer aktuellen Fraktion (bzw. der Fraktion ihrer europäischen Dachpartei) zugeordnet sind.

Demgegenüber ordnet das dynamische Szenario der Sitzprojektion alle „sonstigen Parteien“ jeweils den Fraktionen zu, denen diese plausiblerweise am nächsten stehen, und bezieht zudem auch mögliche künftige Fraktionswechsel einzelner nationaler Parteien ein. In der Tabelle sind die Veränderungen im dynamischen Szenario gegenüber dem Basisszenario durch farbige Schrift und durch Hinweise im Mouseover-Text gekennzeichnet.

Da es keine gesamteuropäischen Wahlumfragen gibt, basiert die Projektion auf aggregierten nationalen Umfragen und Wahlergebnissen aus allen Mitgliedstaaten. Wie die Datengrundlage für die Länder im Einzelnen aussieht, ist im Kleingedruckten unter den Tabellen erläutert. Mehr Informationen zu den europäischen Parteien und zu den Fraktionen im Europäischen Parlament gibt es hier.


Linke G/EFA S&D RE EVP EKR ID fʼlos Sonst.
EP heute3871146102176636445
Dez. 2251441369316679643735
Feb. 2350421359616878653734
dynamisch524713810317282
8031

Linke G/EFA S&D RE EVP EKR ID fʼlos Sonst.
DE 5 Linke 17 Grüne
1 Piraten
1 ÖDP
1 Volt
19 SPD 6 FDP
2 FW
27 Union
1 Familie

13 AfD 2 Partei 1 Tier
FR 10 LFI 6 EELV 7 PS 23 Ens 10 LR
19 RN 4 Rec
IT

14 PD 6 Az-IV 7 FI
1 SVP
25 FdI 8 Lega 15 M5S
ES 6 UP
1 Bildu
1 ERC 17 PSOE 1 Cʼs
1 PNV
20 PP 10 Vox
1 JxC 1 MP
PL

4 Lewica 5 PL2050
17 KO
2 KP
20 PiS

4 Konf
RO

14 PSD 3 USR 9 PNL
2 UDMR
5 AUR


NL 2 PvdD
2 SP
3 GL
2 PvdA 5 VVD
3 D66
1 CDA
1 CU
2 JA21
1 SGP
4 PVV
3 BBB
EL 7 Syriza
3 PASOK
8 ND 1 EL
1 KKE 1 MeRA25
BE 3 PTB 1 Groen
1 Ecolo
2 Vooruit
2 PS
1 O-VLD
2 MR
1 CD&V
1 LE
1 CSP
3 N-VA 3 VB

PT 1 BE
1 CDU

7 PS 2 IL 7 PSD
3 CH

CZ
2 Piráti

9 ANO 1 STAN
1 TOP09
1 KDU-ČSL
4 ODS 3 SPD
HU

5 DK
1 MM 1 KDNP

12 Fidesz
2 MHM
SE 2 V 1 MP 8 S 1 C
4 M
1 KD
4 SD


AT
2 Grüne 5 SPÖ 2 Neos 4 ÖVP
6 FPÖ

BG

2 BSP 2 DPS 5 GERB
2 DSB



4 PP
2 V
DK 1 Enhl. 2 SF 4 S 2 V
2 LA
1 K


1 DD
1 M
FI 1 Vas 1 Vihreät 3 SDP 2 Kesk 4 Kok
3 PS

SK

3 Smer-SSD 1 PS 1 OĽANO
1 Spolu
1 KDH
2 SaS 1 SR 1 REP 3 Hlas-SD
IE 6 SF

3 FF 4 FG



HR

2 SDP
6 HDZ


1 Možemo
2 Most
1 DP
LT
1 LVŽS 3 LSDP 1 LRLS
3 TS-LKD

1 DP 2 DSVL
LV


1 AP!
2 JV
1 NA

1 ZZS
1 Prog
1 LRA
1 S!
SI

1 SD 3 GS 3 SDS
1 N.Si




EE


3 RE
1 KE


2 EKRE
1 E200
CY 2 AKEL
1 EDEK
1 DIKO

2 DISY



LU
1 Gréng
2 LSAP 1 DP 2 CSV



MT

4 PL
2 PN




Verlauf (Basisszenario)


Linke G/EFA S&D RE EVP EKR ID fʼlos Sonst.
01.02.2023 50 42 135 96 168 78 65 37 34
06.12.2022 51 44 136 93 166 79 64 37 35
12.10.2022 52 42 127 100 169 79 63 35 38
20.08.2022 52 47 134 98 170 75 63 27 39
22.06.2022 54 44 133 101 165 77 64 31 36
25.04.2022 59 39 139 97 157 78 64 38 34
01.03.2022 53 36 139 98 158 78 62 45 36
04.01.2022 51 39 142 99 165 73 62 34 40
08.11.2021 50 42 144 96 155 75 72 36 35
13.09.2021 54 42 141 98 160 70 75 33 32
21.07.2021 52 45 133 97 167 71 74 31 35
24.05.2021 50 50 125 95 167 74 73 33 38
29.03.2021 52 46 136 96 164 71 73 34 33
02.02.2021 52 45 135 94 184 70 71 21 33
09.12.2020 52 47 136 93 188 67 73 20 29
12.10.2020 51 49 127 96 193 67 71 21 30
14.08.2020 50 53 145 88 196 65 64 20 24
25.06.2020 48 55 143 91 203 64 63 20 18
26.04.2020 47 53 151 88 202 66 66 19 13
10.03.2020 51 58 138 88 188 67 82 21 12
09.01.2020 49 58 135 93 186 65 82 24 13
23.11.2019 48 57 138 99 181 62 82 22 16
23.09.2019 49 61 139 108 175 56 82 24 11
30.07.2019 47 64 138 108 180 57 82 22 7
Wahl 2019 40 68 148 97 187 62 76 27

Die Zeile „Wahl 2019“ kennzeichnet die Sitzverteilung zum 2. Juli 2019, dem Zeitpunkt der Konstituierung des Europäischen Parlaments nach der Europawahl im Mai 2019.
Angegeben sind jeweils die Werte im Basisszenario ohne das Vereinigte Königreich. Eine Übersicht der Werte mit dem Vereinigten Königreich für die Zeit bis Januar 2020 ist hier zu finden. Eine Übersicht älterer Projektionen aus der Wahlperiode 2014-2019 gibt es hier.

Die vollen Namen der Fraktionen und der nationalen Einzelparteien erscheinen als Mouseover-Text, wenn der Mauszeiger eine kurze Zeit regungslos auf der Bezeichnung in der Tabelle gehalten wird. Sofern eine Partei im dynamischen Szenario einer anderen Fraktion zugeordnet ist als im Basisszenario, ist dies ebenfalls im Mouseover-Text gekennzeichnet.

Fraktionszuordnung

Basisszenario: Für die Projektion werden Parteien, die bereits im Europäischen Parlament vertreten sind, jeweils ihrer derzeitigen Fraktion zugerechnet, es sei denn, sie haben ausdrücklich ihren Entschluss zu einem Fraktionswechsel nach der nächsten Europawahl erklärt. Nationale Parteien, die derzeit nicht im Europäischen Parlament vertreten sind, aber einer europäischen Partei angehören, werden der Fraktion der entsprechenden europäischen Partei zugeordnet. In Fällen, bei denen sich die Mitglieder einer nationalen Liste nach der Wahl voraussichtlich auf mehrere Fraktionen aufteilen werden, wird jeweils die am plausibelsten scheinende Verteilung zugrundegelegt. Parteien, bei denen die Zuordnung zu einer bestimmten Fraktion unklar ist, werden im Basisszenario als „Sonstige“ eingeordnet.

Für die Bildung einer eigenständigen Fraktion sind nach der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments mindestens 23 Abgeordnete aus mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten erforderlich. Mit einem Asterisk (*) gekennzeichnete Gruppierungen würden diese Bedingungen nach der Projektion derzeit nicht erfüllen. Sie müssten deshalb gegebenenfalls nach der Europawahl zusätzliche Abgeordnete für sich gewinnen, um sich als Fraktion konstituieren zu können.

Dynamisches Szenario: Im dynamischen Szenario werden alle „sonstigen“ Parteien einer schon bestehenden Fraktion (oder der Gruppe der Fraktionslosen) zugeordnet. Außerdem werden gegebenenfalls Fraktionsübertritte von bereits im Parlament vertretenen Parteien berücksichtigt, die politisch plausibel erscheinen, auch wenn sie noch nicht öffentlich angekündigt wurden. Um diese Veränderungen gegenüber dem Basisszenario deutlich zu machen, sind Parteien, die im dynamischen Szenario einer anderen Fraktion zugeordnet werden, in der Tabelle mit der Farbe dieser Fraktion gekennzeichnet; zudem erscheint der Name der möglichen künftigen Fraktion im Mouseover-Text. Die Zuordnungen im dynamischen Szenario basieren auf einer subjektiven Einschätzung der politischen Ausrichtung und Strategie der Parteien und können daher im Einzelnen recht unsicher sein. In der Gesamtschau kann das dynamische Szenario jedoch näher an der wirklichen Sitzverteilung nach der nächsten Europawahl liegen als das Basisszenario.

Datengrundlage

Soweit verfügbar, wird bei der Sitzberechnung für jedes Land jeweils die jüngste Umfrage zu den Wahlabsichten für das Europäische Parlament herangezogen. Wo mehr als eine Umfrage erschienen ist, wird der Durchschnitt aller Umfragen aus den letzten zwei Wochen vor der jüngsten Umfrage berechnet, wobei jedoch von jedem einzelnen Umfrageinstitut nur die jeweils letzte Umfrage berücksichtigt wird. Stichtag für die Berücksichtigung einer Umfrage ist, soweit bekannt, jeweils der letzte Tag der Durchführung, andernfalls der Tag der Veröffentlichung.
Für Länder, in denen es keine spezifischen Europawahlumfragen gibt oder die letzte solche Umfrage mehr als zwei Wochen zurückliegt, wird stattdessen die jüngste verfügbare Umfrage für die Wahl zum nationalen Parlament bzw. der Durchschnitt aller Umfragen für das nationale oder das Europäische Parlament aus den letzten zwei Wochen vor der jüngsten verfügbaren Umfrage verwendet. Für Länder, in denen es keine aktuellen Umfragen für Parlamentswahlen gibt, wird stattdessen gegebenenfalls auf Umfragen zu Präsidentschaftswahlen zurückgegriffen, wobei die Umfragewerte der Präsidentschaftskandidat:innen jeweils den Parteien der Kandidat:innen zugeordnet werden (dies kann insbesondere Frankreich und Zypern betreffen). Für Mitgliedstaaten, für die sich überhaupt keine Umfragen finden lassen, wird auf die Ergebnisse der letzten nationalen Parlaments- oder Europawahl zurückgegriffen.
In der Regel werden die nationalen Umfragewerte der Parteien direkt auf die Gesamtzahl der Sitze des Landes umgerechnet. Für Länder, in denen die Wahl in regionalen Wahlkreisen ohne Verhältnisausgleich erfolgt (aktuell Belgien und Irland), werden regionale Umfragedaten genutzt, soweit diese verfügbar sind. Wo dies nicht der Fall ist, wird die Sitzzahl für jeden Wahlkreis einzeln berechnet, dabei aber jeweils die nationalen Gesamt-Umfragewerte herangezogen. Nationale Sperrklauseln werden, soweit vorhanden, in der Projektion berücksichtigt.
In Belgien entsprechen die Wahlkreise bei der Europawahl den Sprachgemeinschaft, während Umfragen üblicherweise auf Ebene der Regionen durchgeführt werden. Für die Projektion werden für die französischsprachige Gemeinschaft die Umfragedaten aus Wallonien, für die niederländischsprachige Gemeinschaft die Umfragedaten aus Flandern genutzt. Für die deutschsprachige Gemeinschaft wird das Ergebnis der letzten Europawahl herangezogen (1 Sitz für CSP).
In Ländern, in denen es üblich ist, dass mehrere Parteien als Wahlbündnis auf einer gemeinsamen Liste antreten, werden der Projektion plausibel erscheinende Listengemeinschaften zugrunde gelegt. In der Tabelle sind diese in der Regel unter der Bezeichnung des Wahlbündnisses oder der größten dazugehörigen Partei zusammengefasst. Manchmal gehören die Parteien eines Wahlbündnisses im Europäischen Parlament jedoch unterschiedlichen Fraktionen an. In diesem Fall werden die Parteien einzeln aufgeführt und eine Plausibilitätsannahme über die Verteilung der Sitze auf der gemeinsamen Liste getroffen. Dies betrifft folgende Parteien: Italien: SI (1., 3. Listenplatz) und EV (2., 4.); Spanien: Más País (1.-2.), Compromís (3.) und Equo (4.); ERC (1., 3.-4.), Bildu (2.) und BNG (5.); PNV (1.) und CC (2.); Niederlande: CU (1., 3.-4.) und SGP (2., 5.); Ungarn: Fidesz (1.-6., ab 8.) und KDNP (7.); Bulgarien: DSB (1.-2.) und ZD (3.); Slowakei: PS (1.) und Spolu (2.).
Da es in Deutschland bei der Europawahl keine Sperrklausel gibt, können Parteien bereits mit weniger als 1 Prozent der Stimmen einen Sitz im Europäischen Parlament gewinnen. Da deutsche Umfrageinstitute für Kleinparteien jedoch in der Regel keine Werte ausweisen, wird in der Projektion jeweils das Ergebnis der letzten Europawahl herangezogen (je 2 Sitze für PARTEI und FW, je 1 Sitz für Tierschutzpartei, ödp, Piraten, Volt und Familienpartei). Nur falls eine Kleinpartei in aktuellen Umfragen einen besseren Wert erreicht als bei der letzten Europawahl, wird stattdessen dieser Umfragewert genutzt.
In Italien können Minderheitenparteien durch eine Sonderregelung auch mit nur recht wenigen Stimmen ins Parlament einziehen. In der Projektion wird die Südtiroler Volkspartei deshalb stets mit dem Ergebnis der letzten Europawahl (1 Sitz) geführt.

Die folgende Übersicht führt die Datengrundlage für die Mitgliedstaaten im Einzelnen auf. Die Daten beziehen sich auf den letzten Tag der Durchführung; falls dieser nicht bekannt ist, auf den Tag der Veröffentlichung der Umfragen:
Deutschland: nationale Umfragen, 19.-31.1.2023, Quelle: Wikipedia.
Frankreich: nationale Umfragen, 4.11.2022, Quelle: Europe Elects.
Italien: nationale Umfragen, 22.-30.1.2023, Quelle: Wikipedia.
Spanien: nationale Umfragen, 12.-25.1.2023, Quelle: Wikipedia.
Polen: nationale Umfragen, 13.-23.1.2023, Quelle: Wikipedia.
Rumänien: nationale Umfragen, Januar 2023, Quelle: Wikipedia.
Niederlande: nationale Umfragen, 15.-16.1.2023, Quelle: Wikipedia.
Griechenland: nationale Umfragen, 13.-24.1.2023, Quelle: Wikipedia.
Belgien, französischsprachige Gemeinschaft: regionale Umfragen (Wallonien) für die nationale Parlamentswahl, 29.11.2022, Quelle: Wikipedia.
Belgien, niederländischsprachige Gemeinschaft: regionale Umfragen (Flandern) für die nationale Parlamentswahl, 29.11.2022, Quelle: Wikipedia.
Belgien, deutschsprachige Gemeinschaft: Ergebnis der Europawahl, 26.5.2019.
Portugal: nationale Umfragen, 11.-17.1.2023, Quelle: Wikipedia.
Tschechien: nationale Umfragen, 5.12.2022, Quelle: Wikipedia.
Ungarn: nationale Umfragen, 4.-11.1.2023, Quelle: Wikipedia.
Schweden: nationale Umfragen, 19.-27.1.2023, Quelle: Wikipedia.
Österreich: nationale Umfragen, 19.-26.1.2023, Quelle: Wikipedia.
Bulgarien: nationale Umfragen, 8.-20.12.2022, Quelle: Wikipedia.
Dänemark: nationale Umfragen, 29.1.2023, Quelle: Wikipedia.
Finnland: nationale Umfragen, 3.-13.1.2023, Quelle: Wikipedia.
Slowakei: nationale Umfragen, 16.1.2023, Quelle: Wikipedia.
Irland: nationale Umfragen, 17.-25.1.2023, Quelle: Wikipedia.
Kroatien: nationale Umfragen, 25.1.2023, Quelle: Wikipedia.
Litauen: nationale Umfragen, 15.-24.1.2023, Quelle: Wikipedia.
Lettland: nationale Umfragen, Dezember 2022, Quelle: Wikipedia.
Slowenien: nationale Umfragen, 5.-12.1.2023, Quelle: Wikipedia.
Estland: nationale Umfragen, 23.-27.1.2023, Quelle: Wikipedia.
Zypern: Umfragen für die nationale Präsidentschaftswahl, 16.-26.1.2023, Quelle: Wikipedia.
Luxemburg: nationale Umfragen, 7.6.2021, Quelle: Wikipedia.
Malta: nationale Umfragen, 1.12.2022, Quelle: Wikipedia.

Bilder: alle Grafiken: Manuel Müller.

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