29 Oktober 2020

„Unser Ziel ist es, eine europäische Dimension der politischen Bildung zu entwickeln“: Ein Interview mit Susanne Zels und Sophie Pornschlegel

Susanne Zels ist Gründerin und Managerin der Initiative „Werte verbinden“.

Sophie Pornschlegel ist Gründerin der Initiative „Werte verbinden“ und leitet als Senior Policy Analyst am European Policy Centre das Projekt Connecting Europe.

D(e)F: Ihr habt die Initiative Werte verbinden gegründet, eine Kampagne, die sich für die Schaffung einer Europäischen Agentur für politische Bildung einsetzt. Worum geht es dabei?

Susanne Zels: Unser Ziel ist es, europäische Werte und damit den sozialen und europäischen Zusammenhalt zu stärken. In den vergangenen Jahren haben wir erlebt, wie mehrere EU-Mitgliedstaaten gegen europäische Werte verstoßen haben und die europäischen Gesellschaften unter einer zunehmenden Polarisierung leiden. Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, sind Investitionen in die Qualität von und den Zugang zu politischer Bildung in ganz Europa notwendig. Wir sind überzeugt, dass aktive und mündige Bürgerinnen und Bürger die europäischen Werte am besten sichern können.

Sophie Pornschlegel: Nur sehr wenige europäische Mitgliedstaaten investieren substanziell in politische Bildung. Viele von ihnen haben keine spezialisierten nationalen Agenturen, und in einigen Ländern gibt es keine non-formale und informelle Bildung. Es gibt auch einen Mangel an Informationen und Forschung zum Thema politische Bildung in der EU27. Wir wissen nicht, was EU-Bürgerinnen und Bürger in welchen Ländern lernen. Eine Agentur wäre in der Lage, Forschung und Monitoring zur politischen Bildung zu koordinieren – und die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, gleichen Zugang zu qualitativer politischer Bildung zu bieten.

Was wären die genauen Aufgaben dieser Europäischen Agentur? Sollte sie nur die nationalen Agenturen koordinieren und überwachen, oder sollte sie auch selbst eine operative Rolle spielen?

Sophie Pornschlegel: Wir haben sehr schnell erkannt, dass wir eine dezentrale Organisationsstruktur mit einer starken finanziellen und operativen Rolle brauchen. Einige der Aufgaben wären:

  • ein Forschungszentrum für politische Bildung in der EU zu schaffen, um ein besseres Verständnis dafür zu haben, welche Angebote es in den verschiedenen Mitgliedstaaten gibt;
  • eine dauerhafte Plattform einzurichten, auf der sich Pädagoginnen und Pädagogen aus ganz Europa über ihre Methoden und Ansätze zur politischen Bildung austauschen;
  • Programme zur Fortbildung durchzuführen, insbesondere zur europäischen Dimension der politischen Bildung,
  • und einen Fördermechanismus für non-formale und informelle politische Bildung vorzuschlagen, der auch digitale Infrastruktur und digitale Lernmethoden einbezieht.

Susanne Zels: Die Kompetenzen der EU in der Bildungspolitik erlauben es ihr einerseits zu koordinieren und zu überwachen, um zur Entwicklung einer qualitativ hochwertigen Bildung in den Mitgliedstaaten beizutragen, andererseits selbst eine operative Rolle zu übernehmen, um die nationale Politik bei Bedarf zu ergänzen. Bestimmte Initiativen zur Koordinierung und Überwachung gibt es auf EU-Ebene bereits, sie müssen jedoch weiterentwickelt werden und sollten in der neuen Agentur gebündelt werden. Darüber hinaus sind wir der Ansicht, dass die EU den fehlenden Zugang zu politischer Bildung – insbesondere im non-formalen und informellen Bereich – dringend ergänzen muss. Daher sind beides wesentliche Aufgaben.

Ein europäischer Beutelsbacher Konsens

Bleiben wir einen Moment bei den unterschiedlichen Ansätzen zur politischen Bildung in den Mitgliedstaaten. In Deutschland gibt es ein starkes institutionalisiertes Netzwerk mit der Bundeszentrale und den Landeszentralen für politische Bildung. Außerdem gab es als Folge der NS-Erfahrung, aber auch der politischen Polarisierung in den 1970er Jahren viele Expertendebatten darüber, was politische Bildung tun soll und was nicht. Daraus ging der Beutelsbacher Konsens von 1976 hervor, der bis heute in Deutschland enormen Einfluss hat.

In anderen Ländern war die Rolle der politischen Bildung viel stärker politisiert und kontroverser. Als zum Beispiel in Spanien die Regierung unter José Luis Rodríguez Zapatero (PSOE/SPE) im Jahr 2006 das Schulfach Educación para la Ciudadanía einführte, wurde das von der konservativen Opposition heftig bekämpft und von Vertretern der katholischen Kirche als „totalitär“ angeprangert. Nach langen gerichtlichen Auseinandersetzungen schaffte die Regierung von Mariano Rajoy (PP/EVP) das Fach 2016 wieder ersatzlos ab.

In Ungarn schließlich spielte politische Bildung nie eine bedeutende Rolle. Vielmehr machte die Regierung von Viktor Orbán (Fidesz/EVP) im vergangenen Jahr durch öffentliche Informationskampagnen auf sich aufmerksam, die die Europäische Kommission selbst als „Fake News“ und „Verschwörungstheorien“ verurteilte. Gibt es wirklich einen Weg, ein so breites Spektrum von Maßnahmen und Kulturen der politischen Bildung in Europa miteinander in Einklang zu bringen?

Susanne Zels: Du hast Recht, politische Bildung hat aufgrund der einzigartigen Geschichte und politischen Kultur in jedem Mitgliedstaat unterschiedliche Bedeutungen und Konnotationen. In Polen zum Beispiel war sie früher das Schulfach, in dem Regimepropaganda unterrichtet wurde und die Schülerinnen und Schüler lernten, Granaten zur Verteidigung ihres Landes zu werfen. Deshalb haben viele Polen eine negative Haltung gegenüber politischer Bildung und lehnen es ab, dass sich der Staat durch Lehrpläne zu Werten und Politik einmischt. Eine wesentliche erste Aufgabe der Agentur sollte daher darin bestehen, ein gemeinsames Verständnis davon zu entwickeln, was die Ziele und Aufgaben politischer Bildung sind. Sozusagen ein europäischer Beutelsbacher Konsens.

Wir fangen dabei aber nicht bei Null an. Bereits 2015 unterzeichneten die Bildungsminister aller Mitgliedstaaten die Erklärung zur Förderung von Politischer Bildung und der gemeinsamen Werte von Freiheit, Toleranz und Nichtdiskriminierung und einigten sich auf die Kompetenzen, die durch politische Bildung gefördert werden sollen. Auch die Ratsempfehlung von 2018 zur Förderung gemeinsamer Werte, inklusiver Bildung und der europäischen Dimension im Unterricht ebnet den Weg für einen gemeinsamen Ansatz in der politischen Bildung. Es wird sehr wichtig sein, den Unterschied hervorzuheben zwischen dem, was einige Länder unter diesem Begriff in der Vergangenheit erlebt haben, und der Art von Bildung, die wir fördern wollen.

Eine Plattform für Austausch und Dialog

Sophie Pornschlegel: Es geht dabei nicht darum, die politische Bildung von oben nach unten zu harmonisieren und allen EU-Mitgliedstaaten eine Sichtweise aufzuzwingen. Vielmehr geht es darum, eine Plattform für Austausch und Dialog zu schaffen, um diese unterschiedlichen Ansätze und Ansichten zu diskutieren. Nur durch verstärkten Austausch können wir gegenseitiges Verständnis sicherstellen und vertrauensvolle Beziehungen aufbauen – das ist der Kern der europäischen Idee.

Die Agentur würde nicht eine einheitliche Sichtweise der politischen Bildung anstreben, sondern versuchen, zum einen die politische Bildung als solche in der EU27 zu stärken und zum anderen eine europäischere Dimension der politischen Bildung zu fördern. An dieser mangelt es derzeit in den meisten EU-Mitgliedstaaten – obwohl mehrere andere Politikbereiche bereits stark integriert sind und Auswirkungen auf unser tägliches Leben haben. Dieser Austausch ist die Grundlage, um eine bürgernahe Union zu entwickeln und den EU-Bürgerinnen und -Bürgern die Instrumente an die Hand zu geben, um sich aktiver in der Politik zu engagieren, unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung. Immerhin haben wir uns in den Verträgen auf eine Reihe von europäischen Werten geeinigt. Es scheint deshalb nur logisch, diese Werte aufzuschlüsseln und sie in unseren Gesellschaften zu fördern.

Und nicht zuletzt ist das Beispiel Ungarn irreführend: Öffentliche Informationskampagnen von Regierungen sind nicht dasselbe wie politische Bildung. Das gilt auch für die Europäische Agentur für politische Bildung: Sie wird nicht die Kommunikationsabteilung der Europäischen Kommission sein.

Informationsmaterial ist nicht genug

Apropos Kommunikationsabteilung: Sowohl die Kommission als auch das Europäische Parlament sind bereits recht aktiv bei der Erstellung von Materialien, um die Funktionsweise und die Werte der Europäischen Union zu erklären.

Um nur einige Beispiele zu nennen, umfassen diese Veröffentlichungen Bücher wie Europa in 12 Lektionen oder 50 Wege vorwärts – Europas größte Erfolge und Broschüren wie Ein kurzer Leitfaden zum Euro oder 52 Schritte zu einer grüneren Stadt. In einer Lernecke auf der EU-Homepage sollen Schülerinnen und Schüler „die EU auf spielerische Weise entdecken, egal ob im Klassenzimmer oder zu Hause“. Und dann gibt es natürlich noch das Comic Trübe Wasser, das die Entstehung einer Umweltrichtlinie mithilfe einer Kriminalgeschichte erklärt. Was sagt ihr zu diesen Bemühungen?

Sophie Pornschlegel: Diese Bemühungen sind lobenswert – aber sie sind nach wie vor Verlautbarungen einer staatlichen Institution. Diese Veröffentlichungen sind weder auf die pädagogischen Bedürfnisse von Lehrerinnen und Lehrern oder in der non-formalen Bildung Tätigen zugeschnitten noch in allen Sprachen und für alle Altersgruppen verfügbar, noch decken sie alle Aspekte der politischen Bildung ab.

Am wichtigsten ist, dass der Aufbau einer Agentur für politische Bildung weit über die Erstellung von Informationsmaterialien hinausgeht. Unser Ziel ist es, sowohl die politische Bildung in allen EU27 zu unterstützen als auch eine europäische Dimension der politischen Bildung zu entwickeln, die bis jetzt so gut wie nicht vorhanden ist. Das erfordert langfristige Förderstrukturen, Programme zum Aufbau von Kapazitäten, die Einrichtung einer Dialogplattform zum Austausch darüber, wie politische Bildung mit einer europäischen Dimension aussehen sollte – also viel mehr als die Produktion von Lehrmaterialien.

Unabhängige Publikationen sind nötig

Susanne Zels: Ich begrüße es, dass die EU Informationsmaterial erstellt. Es ist wichtig, dass Entscheidungsträgerinnen und -träger ihre Politik erklären, und auch, dass die EU-Institutionen das Verständnis für ihre Rolle in der Union fördern. Auch nationale Regierungen produzieren solche Publikationen. Sie können politische Bildung aber nur unterstützen.

Um kritisches Denken und die Auseinandersetzung mit Politik zu fördern, brauchen wir Materialien, die unterschiedliche politische, soziale und wissenschaftliche Positionen zu einer ganzen Reihe von Themen berücksichtigen. Auf der Grundlage ausgewogener Informationen können die Bürgerinnen und Bürger dann ihre eigenen Meinungen und Positionen entwickeln. Regierungsinstitutionen sind naturgemäß nicht dafür ausgerüstet, ihre eigene Rolle und Politik im Austausch mit der Gesellschaft kritisch zu hinterfragen, und es ist auch nicht ihre Aufgabe. Zu diesem Zweck sind unabhängige Publikationen nötig.

Europäische Werte

Ich würde gern noch einmal auf die Idee eines „Europäischen Beutelsbacher Konsenses“ zurückkommen. Der Name Eurer Kampagne bezieht sich auf die gemeinsamen Werte der Europäischen Union, wie sie in Art. 2 EUV definiert sind: „die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören […] in einer Gesellschaft […], die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet“.

In den letzten Jahren ist die Bedeutung dieser Werte jedoch von einigen Mitgliedsregierungen in Frage gestellt worden. Viktor Orbáns Verständnis von „Demokratie“ und „Freiheit“ oder Mateusz Morawieckis Vorstellung von einer „unparteiischen, effizienten und unbestechlichen Justiz“ sind geradezu Orwellʼsche Verzerrungen dessen, was die meisten anderen Europäerinnen und Europäer unter diesen Worten verstehen. Wie sollte eine Europäische Agentur mit diesen Unterschieden umgehen? Gibt es eine Chance, einen funktionierenden Konsens über die Aufgaben politischer Bildung zu erreichen, wenn selbst die grundlegendsten Verfassungswerte umstritten sind?

Susanne Zels: Die Agentur kann uns helfen, diese Unterschiede zu überwinden, indem sie den lokalen, nationalen und transnationalen Dialog über unsere Werte erleichtert. Ein solcher Dialog muss mit der Aufklärung darüber kombiniert werden, warum Europa und die nationalen Regierungen diese Werte überhaupt in Verträge und Verfassungen aufgenommen haben und was sie in der Praxis bedeuten. Zum Beispiel, wie sich Gleichheit in Nicht-Diskriminierung übersetzt und wie sich dieses politische Recht auf Bürgerinnen und Bürger im nationalen und europäischen Kontext auswirkt.

Unsere Werte können von der EU nicht in einem Top-down-Ansatz vordefiniert werden. Vielmehr müssen wir gemeinsam ein Verständnis davon entwickeln, auf Basis welcher Werte wir in der EU leben wollen. Im Idealfall würde ich mir wünschen, dass die Agentur einen europaweiten deliberativen Prozess in Gang setzt, um ein gemeinsames Verständnis davon zu entwickeln, was Freiheit, Gleichheit usw. in unserer Gemeinschaft ausmachen soll.

Ein gemeinsames Werteverständnis entwickeln

Sophie Pornschlegel: Du sprichst hier einen der schwierigsten Punkte an, da die europäischen Werte auf EU-Ebene tatsächlich äußerst umstritten und heikel geworden sind. Natürlich instrumentalisieren populistische und autoritäre Regierungen gerne Werte entsprechend ihrer politischen Agenda. Für die Agentur, die wir errichten wollen, sehe ich das aber nicht unbedingt als ein Thema an sich – schließlich gibt es ein klares Verständnis davon, was wir meinen, wenn wir von europäischen Werten sprechen, und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat das in den vergangenen Jahren noch weiter untermauert.

Natürlich gibt es nationale Unterschiede, zum Beispiel in der Frage, wie wir Werte priorisieren. Aber das sollte uns nicht davon abhalten, uns weiterhin über die Werte zu verständigen, die wir gemeinsam in den Verträgen festgeschrieben haben, und es sollte uns ganz sicher nicht davon abhalten, uns auf EU-Ebene über diese Unterschiede auszutauschen. Und schließlich ist auch die Unabhängigkeit der Agentur von politischen Interessen ein entscheidender Punkt, der in ihrer Leitungsstruktur und Budgetierung gewährleistet werden muss.

Ein wahrhaftig europäischer Vorschlag

Werte verbinden ist noch eine recht kleine Kampagne, die erst diesen Herbst gestartet wurde. Was sind Eure nächsten Schritte, und wie können Menschen Euch unterstützen?

Susanne Zels: Wir sind dabei, ein Policy Paper zu verfassen, das unseren Vorschlag ausführlicher dargelegen wird. Zu diesem Zweck befragen wir Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Praxis. Wir möchten dies zu einem wahrhaftig europäischen Vorschlag machen, weshalb wir um Feedback und Unterstützung von relevanten Stakeholdern aus ganz Europa bitten.

Sobald der Vorschlag fertiggestellt und das Papier veröffentlicht ist, ist es unser Ziel, eine große Koalition aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft zu bilden, um gemeinsam für die Idee einer Europäischen Agentur für politische Bildung zu werben. Wenn Sie diese Forderung unterstützen möchten, folgen Sie uns bitte und nehmen Sie Kontakt auf.

Die Homepage der Initiative WERTE VERBINDEN ist hier zu finden.

Bilder: WERTE VERBINDEN [alle Rechte vorbehalten].
Übersetzung aus dem Englischen: Manuel Müller.

“Our aim is to develop a European dimension of citizenship education”: An interview with Susanne Zels and Sophie Pornschlegel

Susanne Zels is founder and manager of the initiative “Values Unite”.

Sophie Pornschlegel is founder of the initiative “Values Unite” and Senior Policy Analyst at the European Policy Centre, where she leads the project Connecting Europe.

D(e)F: You have launched the initiative Values Unite, a campaign that advocates for the creation of a European Agency for Citizenship Education. What’s that about?

Susanne Zels: Our goal is to strengthen European values and thereby social and European cohesion. In the past years, we have seen multiple EU member states violating European values and most European societies suffer from increasing polarization. In order to combat these developments, investments in the quality of and access to citizenship education across Europe are necessary. We believe active and politically well-educated citizens are the best safety measure to preserving European values.

Sophie Pornschlegel: Only very few European member states invest substantially in citizenship education. Many of them have no specialised national agencies, and in some countries there is no non-formal and informal education. There is also a lack of information and research on the topic of citizenship education in the EU27. We don’t know what EU citizens learn in which countries. An Agency would be able to coordinate research and monitoring on citizenship education – and support member states to provide equal access to qualitative citizenship education.

What would be the exact function of this European Agency? Should it only coordinate and monitor national agencies, or should it also have an operative role itself?

Sophie Pornschlegel: We realised very quickly we would need a decentralised organisational structure with a strong funding and operative role. Some of the functions would be:

  • to create a research hub on citizenship education in the EU, to have a better understanding of what is taught in the different member states;
  • to establish a sustainable platform for exchange for educators from across Europe on their methods and their approach towards citizenship education;
  • to implement several capacity-building programmes for stakeholders, especially on the European dimension of citizenship education;
  • and to propose a grant-making mechanism for non-formal and informal citizenship education, also focusing on digital infrastructure and digital learning methods.

Susanne Zels: The EU has competences in the field of education policy to either coordinate and monitor in order to contribute to the development of quality education in the Member States or to take on an operative role itself to supplement national policy where needed. Certain initiatives to coordinate and monitor already exist at EU level, though they need to be further developed and should be pooled in the new agency. In addition, we believe there is much need for the EU to supplement lacking access to, especially non- and informal, citizenship education. Hence, both are essential functions.

A European Beutelsbach Consensus

Let us stick for a moment with the different approaches to citizenship education in the member states. In Germany, there is a strong institutionalised network of federal and regional agencies, the Bundeszentrale and Landeszentralen für politische Bildung. Moreover, as a consequence of both the experience of national socialism and the political polarisation of the 1970s, there has been a lot of expert debate about what citizenship education should and shouldn’t do, leading to the Beutelsbach Consensus of 1976 which has enormous influence in Germany until today.

In other countries, the role of citizenship education has been much more politicised and controversial. In Spain, for example, the introduction of Educación para la Ciudadanía as a school subject by the government of José Luis Rodríguez Zapatero (PSOE/PES) in 2006 was fiercely opposed by the conservative opposition and denounced as “totalitarian” by representatives of the Catholic Church. After long judicial disputes, the government of Mariano Rajoy (PP/EPP) abolished the subject without replacement in 2016.

Finally, in Hungary citizenship education never played a significant role. Rather, the government of Viktor Orbán (Fidesz/EPP) drew attention last year by organising public information campaigns that the European Commission itself denounced as “fake news” and “conspiracy theories”. Is there really a way to reconcile such a wide range of citizenship education policies and cultures in Europe?

Susanne Zels: You are right, citizenship education has different meanings and connotations due to the unique history and political culture of each member state. In Poland, for example, it used to be the school subject where regime propaganda was taught and pupils learned to throw grenades to defend their country. Naturally, most Poles have a negative feeling about citizenship education and oppose government involvement in curriculum on values and politics. Hence, one of the essential first tasks of the agency should be to develop a common understanding of what the objectives and tasks of citizenship education are. A European Beutelsbach Consensus so to say.

However, we do not start from scratch. In 2015 the education ministers from all member states already signed the “Declaration on promoting citizenship and the common values of freedom, tolerance and non-discrimination through education” agreeing on the competence, which should be fostered through citizenship education. Also, the Council recommendation from 2018 on promoting common values, inclusive education, and the European dimension of teaching paves the way towards a common approach to citizenship education. It will be very important to stress the difference between what some countries have experienced under the term in the past and the sort of education we wish to foster.

A platform for exchange and dialogue

Sophie Pornschlegel: The idea is not to harmonise citizenship education top down and impose one view to all EU member states. Instead, the idea is to create the platform for exchange and dialogue to discuss those different approaches and views. Only by increasing exchange we can ensure mutual understanding and build trustful relations – that’s the core of the European idea.

The Agency would not promote a single view of citizenship education, but try to strengthen citizenship education as such in the EU27, as well as try to foster a more European dimension of citizenship education, which is lacking at the moment in most EU member states – despite several other policy areas being already heavily integrated and having an impact on our daily lives. This exchange is the basis to develop a citizen-centred Union and give the citizens in the EU the tools in their hands to be able to be more active and engaged in politics, whatever the political colour. After all, we did agree on a set of European values in the Treaties, so breaking those values down for all EU citizens and fostering them in our societies seems to be the logical next step.

Last but not least, the example of Hungary is a false friend: public information campaigns of governments are not the same as citizenship education. The same is true for the European Agency for Citizenship Education: It won’t be the communications department of the European Commission.

Explanatory materials are not enough

Speaking of the Communications Department: Both the Commission and the European Parliament have been quite active in producing materials to explain the functioning and values of the European Union.

To give just an exemplary selection, these publications include books like Europe in 12 lessons or 50 ways forward – Europe’s best successes and leaflets like A short guide to the euro or 52 steps towards a greener city. A Learning Corner on the EU homepage is meant to “help you discover the EU in a fun way, in the classroom or at home”. And then there is, of course, the comic book Troubled Waters, which uses a crime story in order to explain the making of an environmental directive. How do you see these efforts?

Sophie Pornschlegel: These efforts are laudable – but they remain communications from an executive public institution. The publications are neither tailored to the pedagogical needs of teachers or those working in non-formal education, nor are they available in all languages and for all age groups, nor do they cover all aspects of citizenship education.

Most importantly, building an Agency for Citizenship Education goes far beyond producing explanatory materials. Our aim is to support both citizenship education in all EU27 and to develop a European dimension of citizenship education, which, for now, is almost non-existent. This requires long-term funding structures; capacity-building programmes; establishing a dialogue platform to exchange on what citizenship education with a European dimension should look like – so far more than producing teaching materials.

Independent publications are needed

Susanne Zels: I appreciate explanatory materials being produced by the EU. It is essential for decision makers to explain their politics and also for the EU institutions to support understanding of their role in the Union. National governments also produce such publications. They can, however, only support citizenship education.

In order to foster critical thinking and engagement with politics, we need materials that consider different political, social and scientific positions on a whole range of topics. Based on balanced information, citizens can then develop their own opinions and positions. Governing institutions naturally aren’t equipped to critically question their own role and policies, and it isn’t their task either. For this purpose, independent publications are needed.

European values

I would like to come back to the idea of a “European Beutelsbach Consensus”. The name of your campaign refers to the common values of the European Union, as defined in art. 2 TEU: “respect for human dignity, freedom, democracy, equality, the rule of law and respect for human rights, including the rights of persons belonging to minorities […] in a society in which pluralism, non-discrimination, tolerance, justice, solidarity and equality between women and men prevail”.

During the last years, however, the meaning of these values has been challenged by some member governments. Viktor Orbán’s understanding of “democracy” and “freedom” or Mateusz Morawiecki’s notion of an “impartial, efficient and incorruptible justice” are almost Orwellian contortions of what most other Europeans understand by these words. How should a European Agency deal with these differences? Is there a chance to reach an operating consensus about the tasks of citizenship education when even the most fundamental constitutional values are contentious?

Susanne Zels: The Agency can help us overcome these differences by facilitating local, national and transnational dialogue on what our values are. Such a dialogue needs to be combined with education on why Europe and national governments have adopted these values in treaties and constitutions in the first place and what they mean in practice. For example, how does equality translate into non-discrimination and how does this political right impact citizens in the national and European context.

Our values cannot be defined by the EU in a top-down approach, but citizens need to jointly develop a common understanding of what values we wish to live by in the EU. Ideally, I would like to see the Agency launch a deliberative process across Europe to develop a common understanding of what should constitute liberty, equality etc. in our community.

Develop a common understanding of values

Sophie Pornschlegel: You mention one of the most difficult issues here, as European values have become extremely contentious and sensitive at EU level. Of course, populist and authoritarian governments like to instrumentalise values according to their political agenda. However, I don’t see it as an issue per se for the Agency we would like to establish – after all, there is a clear understanding about what we mean when we talk about European values, and this has been further legitimised by the European Court of Justice’s rulings in the past years.

Of course, there are national differences, for instance on how we prioritise values. But this shouldn’t keep us from continuing to agree on the values we together set out in the Treaties, and it should most definitely not keep us from exchanging about those differences at EU level. Lastly, the independence of the Agency from political interests is a crucial point, which would have to be ensured in its governance and funding structure.

A truly European proposal

Values Unite is still a rather small campaign that has been launched only this autumn. What are your next steps, and how can people support you?

Susanne Zels: We are in the process of writing a policy paper, which will outline our proposal in more detail. For this purpose, we are interviewing experts, practitioners and politicians from the field of citizenship education. We wish to make this a truly European proposal, which is why we are seeking out feedback and support from relevant stakeholders from across Europe.

Once the proposal is finalised and the paper published, it is our goal to establish a large coalition of civil society and science to jointly campaign for the idea of a European Agency for Citizenship Education with us. Stay tuned and please reach out to us if you wish to support the cause.

For the homepage of the initiative VALUES UNITE, please click here.

Images: VALUES UNITE [all rights reserved].

21 Oktober 2020

Kompromiss mit Potenzial: Die Konferenz zur Zukunft Europas

„Neuen Schwung für die Demokratie“ soll die Konferenz über die Zukunft Europas bringen. Aber was bedeutet das genau? In einer Gastbeitragsserie beschreiben hier Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft ihre Wünsche, Hoffnungen und Erwartungen an die Konferenz. Heute: Oliver Schwarz. (Zum Anfang der Serie.)

European Flags
„Einen Automatismus zu Vertragsänderungen wird es ebenso wenig geben wie eine reine Alibiveranstaltung. Die Wahrheit liegt wie so oft dazwischen.“

Betrachtungen über die Zukunft Europas haben selten einen positiven Anlasspunkt. Mit ihrer Erklärung von Laeken über die Zukunft Europas im Dezember 2001 standen die Staats- und Regierungschefs vor den vorläufigen Trümmern des Vertrags von Nizza. Im Juli 2003 schloss daraufhin der Konvent zur Zukunft Europas seine Beratungen ab, nur um kurz darauf das Scheitern des Verfassungsvertrags mit ansehen zu müssen.

Nachdem der aus der Not geborene Lissabonner Vertrag nach langen Wirren schließlich doch in Kraft getreten war, begann die EU im Mai 2012 mit einer breit angelegten Debatte über die Zukunft Europas. Für das Vereinigte Königreich kam diese Debatte freilich zu spät. Hier sprach sich im Juni 2016 eine Mehrheit der Bevölkerung für den Brexit aus. Im März 2017 reagierte die Europäische Kommission auf den ersten Austritt eines EU-Mitgliedstaates mit einem mehr als unscharfen Weißbuch zur Zukunft Europas und startete obendrein im Mai 2018 eine Online-Konsultation zur Zukunft Europas.

Wieder einmal eine Krise

Nun also eine Konferenz zur Zukunft Europas. Auch diesmal sind die Anlasspunkte Besorgnis erregend: Der Rechtsstaat in einigen Mitgliedsländern erodiert, die europäische Flüchtlingspolitik ist ein humanitäres Desaster, das Spitzenkandidatenmodell ist krachend gescheitert, die Verhandlungen über den mehrjährigen Finanzrahmen sind festgefahren und über allem liegen die noch nicht abzusehenden Folgen der globalen Coronapandemie. Europa befindet sich in der Krise, in einer ernsten Krise sogar.

Doch wann ging es der europäischen Integration jemals wirklich gut? Man könnte sogar behaupten, die heutige Europäische Union sei geradezu das Ergebnis einer immer wiederkehrenden Abfolge von größeren und kleineren Krisen – aber eben auch deren Überwindung.

Ambivalente Erwartungen unter Stakeholdern

Die alles entscheidende Frage lautet daher: Ist die Konferenz zur Zukunft Europas in der Lage, einen nennenswerten Beitrag zur Überwindung der aktuellen Krise beizutragen? Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), das European Policy Center (EPC) und das Institut für Organisationskommunikation (IFOK) haben hierzu im August 2020 unter europapolitischen Stakeholdern eine Befragung durchgeführt.

Die Ergebnisse befördern ein ambivalentes, letztlich jedoch sehr realistisches Bild der Konferenz zutage. Einerseits spricht sich ein hoher Anteil (63 Prozent) der Befragten dafür aus, dass die Konferenz grundsätzlich auch in Vertragsänderungen münden solle. Andererseits herrscht Skepsis darüber, ob es im Rahmen der Konferenz überhaupt zu substanziellen Ergebnissen kommen kann. Immerhin 34 Prozent der Befragten stellen dies in Zweifel. Weitere 42 Prozent sind unentschlossen. Lediglich 22 Prozent sind davon überzeugt, dass die Konferenz tatsächlich die Zukunft Europas prägen wird.

Skepsis erscheint angebracht

Betrachtet man den Entstehungsprozess der Konferenz, erscheint Skepsis tatsächlich angebracht. Den Anstoß für die Konferenz gab seinerzeit die designierte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer „Agenda für Europa“. Die Konferenz war ganz ohne Zweifel ihr „Wahlversprechen“ an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments. Diese nahmen die Initiative von der Leyens dankend auf und entwickelten in Folge ebenso präzise wie ehrgeizige Vorschläge.

Das Europäische Parlament orientierte sich dabei stark am Konventsformat und sprach ein klares Bekenntnis zu Vertragsänderungen aus. Beides lehnte der Europäische Rat auf seiner Tagung im Juni 2020 unmissverständlich ab. Seither wird zwischen den Organen über Inhalt und Mandat der Konferenz fast genauso leidenschaftlich gestritten wie über die Personalie ihres Vorsitzes.

Supranationalisten gegen Intergouvernementalisten

Wir erleben somit einen klassischen Konflikt zwischen Supranationalisten und Intergouvernementalisten. Aus Sicht der Supranationalisten ist der Zustand europäischen Regierens durchweg besorgniserregend. Sie wünschen sich eine EU mit einem effektiven und parlamentarisch abgesicherten Entscheidungszentrum, welches einen Großteil nationalstaatlicher Aufgaben übernimmt und dabei einen immer stärkeren Schwerpunkt politischer Identifikation darstellt. Zielpunkt der europäischen Integration sind demnach die Vereinigten Staaten von Europa.

Intergouvernementalisten hingegen sehen die Kontrolle über die Richtung des europäischen Integrationsprozesses allein bei den Mitgliedstaaten. Sie sind und bleiben die Herren der Verträge. Die Abgabe nationalstaatlicher Souveränität erfolgt stets interessengeleitet und ist das Ergebnis harter Verhandlungen und kluger Paketlösungen.

Die Debatte in die Breite der Gesellschaft tragen

Die Wahrheit liegt wie so oft dazwischen. Dies gilt auch für die Konferenz. Einen Automatismus zu supranationalen Vertragsänderungen wird es ebenso wenig geben wie eine rein intergouvernementale Alibiveranstaltung mit pseudo-partizipativen Elementen. Um aus den divergierenden Positionen dennoch einen Kompromiss mit Potenzial werden zu lassen, sollte die Konferenz unbedingt selber über ihre inhaltliche Ausrichtung und Reichweite entscheiden.

Dies gilt auch für die Frage der Einbeziehung der organisierten Zivilgesellschaft und hier vor allem einer angemessenen Repräsentation zivilgesellschaftlicher Organisationen aus den Kandidatenstaaten Südosteuropas. Denn nur eine Konferenz, die in der Lage ist, die europapolitische Debatte in die Breite der Gesellschaft zu tragen, kann am Ende einen echten Mehrwert für die Zukunft Europas erbringen.

Darin sind sich im Übrigen auch die Befragten der oben erwähnten Umfrage einig. Auf die Frage nach dem bestmöglichen Ergebnis der Konferenz heben diese das Potenzial hervor, die Solidarität zwischen den europäischen Nationen zu stärken und das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger für die EU zu festigen. Ist das denn nichts in Zeiten der Krise? Also: Lasset die Konferenz beginnen!


Dr. Oliver Schwarz arbeitet am Institut für Politikwissenschaft der Universität Duisburg-Essen (UDE). Seine Schwerpunkte in Forschung und Lehre sind Europäische Integration und Europapolitik.


Erwartungen an die Konferenz über die Zukunft Europas – Artikelübersicht
  1. Was erwarten wir von der Konferenz über die Zukunft Europas? – Serienauftakt
  2. Die Zukunftskonferenz: drei Schwerpunkte für ein handlungsfähiges Europa ● Claudia Gamon
  3. Die Zukunft der Zukunftskonferenz, oder Der Rest ist Schweigen ● Dominik Hierlemann
  4. Eine Konferenz der BürgerInnen und Parlamente: Von der Konferenz über die Zukunft Europas zur Zukunft für Europas Konferenzen ● Axel Schäfer
  5. Kein Grund zur Eile: Eine gut vorbereitete und inklusive Konferenz zur Zukunft Europas sollte am 9. Mai 2021 beginnen [DE / EN] ● Julian Plottka
  6. Jugend, Wissenschaft, EuropaskeptikerInnen: Nur mit einer breiten Beteiligung wird die Konferenz über die Zukunft Europas zum Erfolg ● Gustav Spät
  7. Die richtigen Probleme mit den richtigen Instrumenten zur richtigen Zeit angehen: Gedanken zur Konferenz über die Zukunft Europas [DE / EN] ● John Erik Fossum
  8. Die Konferenz zur Zukunft Europas ist eine Chance – auch für den Europäischen Ausschuss der Regionen [DE / EN] ● Mark Speich
  9. Neuer Schwung für die Demokratie: Die Konferenz zur Zukunft Europas [DE / EN] ● Dubravka Šuica
  10. Kompromiss mit Potenzial: Die Konferenz zur Zukunft Europas ● Oliver Schwarz
  11. Das europapolitische Quartett: Kann die Konferenz zur Zukunft Europas noch ein Erfolg werden? ● Carmen Descamps, Julian Plottka, Sophie Pornschlegel, Manuel Müller

Bilder: Europaflaggen: Jonatan Svensson Glad (Josve05a) [CC BY-SA 2.0], via Flickr; Porträt Oliver Schwarz: privat [alle Rechte vorbehalten].

16 Oktober 2020

„Es geht auch um die Idee des Weltbürgertums“: Ein Interview mit Andreas Bummel zur Aktionswoche für ein Weltparlament

Andreas Bummel ist Vorsitzender von Democracy without Borders und Koordinator der Kampagne für ein Parlament bei den Vereinten Nationen.

D(e)F: Vom 16. bis 25. Oktober 2020 findet – bereits zum achten Mal – die jährliche „Aktionswoche für ein Weltparlament“ statt, die der von Dir gegründete Verein Democracy without Borders mitorganisiert. Was hat es damit auf sich?

Andreas Bummel: Diese Aktionswoche ist eine internationale Plattform, die alle unabhängig nutzen können, um sich für ein Weltparlament einzusetzen und sich Gehör zu verschaffen. Die Corona-Pandemie führt ja aktuell jedem vor Augen, wie stark die Welt vernetzt ist und dass letztlich alles zusammenhängt. Ein kleiner Virus, der an einem Ort auf den Menschen überspringt und mutiert, kann in kürzester Zeit die ganze Menschheit in eine Notlage bringen. Auf dieses Risiko ist tatsächlich schon lange hingewiesen worden, doch trotzdem waren die meisten Regierungen und erst recht die internationalen Organisationen wie die UNO und die Weltgesundheitsorganisation überfordert und zum Teil handlungsunfähig.

Die Aktionswoche wurde 2013 aufgrund der Erkenntnis ins Leben gerufen, dass es mehr und mehr globale Risiken und Probleme gibt, aber keine wirksamen globalen Instrumente, um mit diesen umzugehen. Die Klimakrise war seinerzeit natürlich auch schon auf der Agenda und die globale Finanzkrise noch frisch im Bewusstsein. Der Aufruf ist deswegen heute noch genauso aktuell wie damals und ist sogar noch dringlicher geworden.

Effektives globales Handeln, demokratisch legitimiert

Der springende Punkt daran ist aber der, dass wir effektives Handeln auf der globalen Ebene fordern, dass demokratisch legitimiert und rückgekoppelt ist. Und hier kommt eben das Weltparlament ins Spiel, das wir als unverzichtbares Mittel ansehen, um das sicherzustellen. Es ist nun einmal so, dass die Regierungsvertreter:innen bei der UNO und den anderen vielen internationalen Institutionen vorrangig den Auftrag haben, nationale Interessen zu vertreten. Aber wer vertritt dabei dann eigentlich die Interessen der Menschheit? Diese Aufgabe kann und soll von gewählten Abgeordneten wahrgenommen werden.

Erstaunlicherweise gibt es den Vorschlag eines Weltparlaments schon seit der französischen Revolution. Heute ist es zum einen eine Notwendigkeit aufgrund der globalen Interdependenz. Zum anderen stünde ein Weltparlament aber auch für die klare Anerkennung der rechtlichen und politischen Gleichheit aller Menschen auf dem Planeten. Es geht also auch um globale Solidarität und die Idee des Weltbürgertums. Das sollen aber nun keine leeren Worte sein, wie so oft, sondern sich in einem echten Entscheidungs- und Vertretungsorgan auf der globalen Ebene verkörpern.

Weltbürgerinitiative

Neben dieser fast schon klassischen Forderung nach einem Weltparlament gibt es seit letztem Jahr noch die Kampagne für eine Weltbürgerinitiative. Nach dieser Kampagne sollen Bürger:innen künftig weltweit Vorschläge lancieren können, die dann – wenn sie ein gewisses Ausmaß an Unterstützung erreichen – von UN-Gremien wie der Generalversammlung oder dem Sicherheitsrat debattiert werden müssten.

Mit dieser Weltbürgerinitiative wären keine harten Veränderungen in der Funktionsweise der UN verbunden; zum Beispiel könnte im Sicherheitsrat weiterhin jede der fünf Vetomächte die vorgeschlagenen Maßnahmen blockieren. Trotzdem wäre so ein partizipatives Instrument auf Weltebene natürlich ein verfassungspolitisches Novum. Welchen Nutzen erwartest Du davon?

Ja, diese neue Kampagne hat Democracy without Borders zusammen mit Democracy International und CIVICUS auf die Beine gestellt und inzwischen wird sie von über 200 zivilgesellschaftlichen Gruppen aus aller Welt unterstützt, darunter auch Organisationen wie Greenpeace und in Deutschland Mehr Demokratie. Dieses neue Instrument stellen wir uns als gute Ergänzung zu einer Parlamentarischen Versammlung bei den Vereinten Nationen vor. Letztere würde die demokratische Repräsentation der Bevölkerung in globalen Fragen verbessern wohingegen die Weltbürgerinitiative, wie Du richtig sagst, ein direktdemokratisches Instrument darstellt.

Wir erwarten uns davon eine bessere Verbindung zwischen den Vereinten Nationen als wichtigster politischer Bühne weltweit und den Menschen überall, die von globalen Problemen betroffen sind. Wenn diese Menschen die Möglichkeit haben, sich gegenüber der Weltorganisation direkt zu artikulieren, dann kann dadurch der Handlungsdruck auf die UNO und die Regierungen hoffentlich noch verstärkt werden. Dieses Instrument bietet das Potential, ein Kristallisationspunkt für globale Bewegungen zu werden, etwa auf dem Gebiet der Klima- und Umweltpolitik, aber auch auf vielen anderen. Wir sprechen davon, dass ein neuer globaler politischer Raum geschaffen werden soll.

Vorbild Europa?

Die Idee einer Weltbürgerinitiative orientiert sich erkennbar am Modell der Europäischen Bürgerinitiative; und auch die Vorschläge für eine Parlamentarische Versammlung der UN, die sich zu einem Weltparlament mit echten supranationalen Kompetenzen weiterentwickeln könnte, erinnern sehr an den Entwicklungspfad, den das Europäische Parlament genommen hat.

Dass die Europäische Union als Vorbild dient, ist einerseits nicht sehr überraschend – schließlich ist die supranationale Demokratie nirgendwo so stark ausgeprägt wie hier. Andererseits wirft es aber auch die Frage auf, wie gut sich das europäische Demokratiemodell und Demokratieverständnis eigentlich globalisieren lassen. Oder, anders formuliert: Wie europäisch, wie global ist der Weltföderalismus?

Das Europäische Parlament und die Europäische Bürgerinitiative sind tatsächlich wichtige Modelle, von denen man bei den entsprechenden Vorhaben auf der Ebene der UN sehr viel lernen kann und die man sich deswegen genau ansehen sollte. Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass dem ein europäisches Demokratie- oder Politikverständnis zugrunde liegt.

Ein Bezugspunkt sind hier eher die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und der Internationale Pakt für bürgerliche und politische Rechte, die nahezu universell anerkannt sind. Aus ihnen geht eine Mindestdefinition hervor, derzufolge die Menschen das Recht haben, sich an der Regierung ihres Landes direkt oder über gewählte Vertreter:innen zu beteiligen. Außerdem werden freie und faire Wahlen als Grundlage jeder legitimen Regierungsgewalt definiert. Für die Befürworter:innen globaler Demokratie gibt es keinen Grund, warum diese Rechte nicht auch im Hinblick auf internationale Institutionen wie die UNO zum Tragen kommen sollten, die für die Bearbeitung globaler Probleme so wichtig sind.

Das Prinzip des Föderalismus ist global

Die europäische Integration liefert dafür ein wichtiges Beispiel, weil sie nun einmal am weitesten vorangeschritten ist. Ähnliche Herangehensweisen gibt es zumindest konzeptionell aber auch anderswo, zum Beispiel in der Afrikanischen Union. Das Pan-Afrikanische Parlament soll sich ja auch zu einem direkt gewählten Legislativorgan entwickeln.

Was den Weltföderalismus betrifft, da ist die EU aus dem gleichen Grund schon ein zentraler Bezugspunkt, aber es gibt auf nationalstaatlicher Ebene umfangreiche Erfahrung mit föderalistischen Modellen in aller Welt, die auch wichtig sind. Es gibt ja über zwanzig föderale Bundesstaaten, darunter Indien, Mexiko, Nigeria oder Südafrika, die man sich ansehen kann. Das Prinzip des Föderalismus an sich ist ohne Zweifel global und nicht europäisch. Schließlich verhält es sich so, dass unsere Kampagnen zwar in Europa Unterstützung haben, aber im globalen Süden ebenfalls, wenn nicht sogar noch stärker.

Weltdemokratie als Vision gegen den Autokratisierungstrend

Wie Du sagst – und in Deinem Buch mit Jo Leinen näher beschrieben hast –, hat die Forderung nach einem Weltparlament schon eine lange Geschichte. Tatsächlich hat die Idee einer globalen Demokratie ja auch einige logische Stringenz, wenn man das Ziel gleichberechtigter politischer Teilhabe aller Menschen ernst nimmt.

Trotzdem scheint die internationale Gemeinschaft von diesem Ziel noch weit entfernt zu sein. Mit den Vereinten Nationen gibt es seit 75 Jahren immerhin einen institutionellen Rahmen für weltweite Politik, aber allzu demokratisch geht es dort nicht zu. Zum einen gibt es unter den UN-Mitgliedstaaten natürlich viele autoritäre Regime, denen an Menschenrechten oder freien und fairen Wahlen ohnehin nicht gelegen ist. Zum anderen scheint sich die Bereitschaft zur Aufgabe nationaler Souveränität aber auch unter den demokratischen Regierungen – bei aller Einsicht in globale Interdependenzen – in einigermaßen überschaubaren Grenzen zu halten. Wird die Weltdemokratie für immer eine bloße idealistische Vision bleiben?

Ein demokratisches Weltparlament und eine Weltdemokratie sind zu diesem Zeitpunkt tatsächlich eine Vision. Es ist ein positives Zukunftsbild, das sicherlich in einem krassen Kontrast dazu steht, wie wir die Welt heute vorfinden. Es stimmt, dass einerseits ein neuer weltweiter Trend der Autokratisierung zu beobachten ist. Andererseits tun die demokratischen Regierungen sehr wenig, um dem etwas entgegenzusetzen. Jetzt rächt sich, dass Menschenrechte und Demokratie in der Globalisierung nur eine geringe Rolle gespielt haben. Die Demokratien müssten besser zusammenarbeiten und eine wertebasierte Außenpolitik machen.

Davon abgesehen ist der gegenwärtige autoritäre Trend meines Erachtens aber auch eine Reaktion darauf, dass emanzipative Werte immer stärker um sich greifen. Populisten und Autokraten versuchen, dem Einhalt zu bieten. In Dutzenden von Ländern in der Welt wehren sich die Bevölkerung und die Zivilgesellschaft aber dagegen. Der Drang nach Freiheit ist ungebrochen.

Es fehlt an Vorstellungskraft

Das zentrale Problem liegt meiner Meinung nach darin, dass Demokratie auf nationalstaatlicher Ebene nicht mehr ausreicht. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass Demokratie nicht einfach eine Bezeichnung für die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ist, sondern es ist eine Regierungsform. Die internationalen Organisationen sind nicht nur undemokratisch, sondern sie sind auch schwach. Sie sind nicht viel mehr als Instrumente der Mitgliedstaaten. Globale Demokratie bedeutet also nicht nur, für Repräsentation und Partizipation zu sorgen, sondern auch für eine Stärkung der globalen Institutionen. Auch die Übertragung von Kompetenzen wird dazu gehören müssen.

Dazu fehlt es den politischen Führungskräften auch in den Demokratien an Vorstellungskraft. Einen wichtigen Unterschied hast Du ja bereits angedeutet. Die EU zum Beispiel war immer ein Projekt der supranationalen Integration. Die UNO ist das nicht. Aber warum sollte das keine Perspektive sein?

Die Zeit für die ersten Schritte ist jetzt

Es gibt sicherlich viele Voraussetzungen, die dafür erfüllt werden müssen, darunter eine fortschreitende Demokratisierung in der Staatenwelt. Aber ein Beharren auf dem traditionellen Multilateralismus bedeutet letztlich Rückschritt, da sich nun einmal alles andere globalisiert hat, nur die weltweite Zusammenarbeit nicht. Deswegen finde ich auch die von Deutschland und Frankreich ins Leben gerufene Allianz für den Multilateralismus wenig inspirierend. Das ist der kleinste gemeinsame Nenner, und der wird nicht ausreichen, um die globalen Probleme in den Griff zu bekommen.

Schließlich glauben auch wir nicht, dass morgen ein Weltparlament eingerichtet werden kann. Mit dem Spruch der Aktionswoche „World Parliament Now!“ wollen wir aber Aufmerksamkeit und Bewusstsein dafür schaffen, wie dringend eine Veränderung ist. Erste Schritte auf dem Weg dorthin sind notwendig. Wir brauchen ein neues Verständnis der Vereinten Nationen. Die Einrichtung einer Parlamentarischen Versammlung bei der UN als Nebenorgan der Generalversammlung wäre ohne Weiteres unter den gegebenen Umständen möglich. Das hätte man schon vor 25 Jahren machen sollen, als sich das Europäische Parlament erstmals dafür ausgesprochen hat. Diese Versammlung könnte unserer Meinung nach in vielerlei Hinsicht eine positive Rolle spielen – nicht zuletzt für die weltweite Demokratieförderung auf nationaler Ebene.

Vom 16. bis 25. Oktober 2020 findet die achte „Globale Aktionswoche für ein Weltparlament“ statt. Weitere Informationen dazu sind hier zu finden.

Bild: privat [alle Rechte vorbehalten].

13 Oktober 2020

Wenn am nächsten Sonntag Europawahl wäre (Oktober 2020): Sozialdemokraten verlieren, Liberale und Rechte gewinnen


GUE/
NGL
Grüne/
EFA
S&D RE EVP EKR ID fʼlos Weitere
EP heute 39 69 145 98 187 62 75 30
Aug. 20 50 53 145 88 196 65 64 20 24
Okt. 20 51 49 127 96 193 67 71 21 30
dynamisch 52 52 136 102 193 71 71 28

Basis-Szenario,
Stand: 12.10.2020.


Dynamisches Szenario,
Stand: 12.10.2020.

Wer den Unterschied zwischen Parteipolitik in den USA und in der EU verstehen will, für den bieten die Ereignisse dieser Wochen reichliches Anschauungsmaterial. In weniger als einem Monat wird in den USA gewählt, und wie es aussieht, steht dem Land eine politische Wende bevor. Nach vier Jahren unter Donald Trump (R/IDU) hat sich die politische Stimmung im Land stark polarisiert, in zahlreichen Politikfeldern vom Klimaschutz über die Einwanderung bis zur Gesundheitspolitik vertreten die Parteien nahezu gegensätzliche Positionen. Zugleich will ein großer Teil der Bevölkerung offenbar einen Kurswechsel. Den Umfragen zufolge liegen die Demokraten um Joe Biden (D/PA) nicht nur bei den Präsidentschafts-, sondern auch bei den Senats- und Repräsentantenhaus-Wahlen vorn und könnten damit bald wieder alle drei demokratisch gewählten US-Institutionen kontrollieren.

EU-Haushaltsstreit

Zugleich tobt auch in Europa gerade ein politischer Großkonflikt, in dem es um den nächsten Siebenjahreshaushalt und um die Glaubwürdigkeit der EU als demokratische Wertegemeinschaft geht. Doch anders als in den USA schlägt sich dieser Konflikt kaum in der öffentlichen parteipolitischen Auseinandersetzung nieder. Im Gegenteil besteht im Parlament zwischen allen großen Parteien Einigkeit darüber, dass die EU ein größeres Budget benötigt und dass dieses Budget zudem für einen effektiven Rechtsstaatsmechanismus genutzt werden soll. Abgelehnt wird diese Position hingegen von den nationalen Regierungen im Rat – in dem dieselben Parteien vertreten sind wie im Parlament, nur mit einer anderen institutionellen Funktion.

Nicht Konflikte zwischen Parteien, sondern zwischen Institutionen prägen die europapolitische Debatte. Das führt nicht nur dazu, dass noch niemals eine Europawahl mit derselben Spannung erwartet wurde wie nun das Duell zwischen Biden und Trump, sondern auch dass sich europapolitische Ereignisse wie der Haushaltsstreit kaum je auf die europäischen Umfragen auswirken.

Corona-Effekt lässt weiter nach

Auch in der aktuellen Sitzprojektion für das Europäische Parlament ist das stärkste länderübergreifende Phänomen ein ganz anderes: nämlich das weitere Verblassen des coronabedingten Rally-’round-the-flag-Effekts. Im Zuge der Krise waren im Frühjahr die Umfragewerte nationaler Regierungsparteien (egal welcher Farbe) kurzfristig in die Höhe geschnellt, was vor allem den beiden größten europäischen Parteienfamilien, der konservativen EVP und der sozialdemokratischen S&D, zugute kam. Allerdings war diese Entwicklung nur von kurzer Dauer; schon in der letzten Sitzprojektion von Mitte August waren die Umfragewerte in den meisten Mitgliedstaaten auf das Vor-Corona-Niveau zurückgekehrt.

Nur in einigen wenigen Ländern – neben Deutschland vor allem Österreich, die Niederlande, Finnland, Schweden und Dänemark – konnten die Regierungsparteien ihre starken Zugewinne bis jetzt aufrechterhalten. (Auffälliger-, aber wahrscheinlich zufälligerweise handelt es sich dabei genau um die frugal five, die im Europäischen Rat im Sommer eine besonders harte haushaltspolitische Linie verfochten.) Nun aber sinken auch deren Umfragewerte wieder. Sowohl die deutsche CDU/CSU (EVP) als auch die nordischen Sozialdemokraten fallen in der aktuellen Sitzprojektion leicht zurück, auch wenn sie noch immer – zum Teil deutlich – über den Werten der Vor-Corona-Zeit liegen.

Neue Umfragen aus Frankreich

Diese Umkehr der Corona-Rally ist aber nur ein kleiner Teil der Entwicklungen, die sich auf die aktuelle Sitzprojektion auswirken. Noch größeren Einfluss hat ein anderer Effekt, der rein national ist und noch nicht einmal im engeren Sinne politisch: Zum ersten Mal seit längerem gab es wieder neue Umfragen aus Frankreich, die in die Sitzprojektion einfließen.

Aufgrund der verhältnismäßig schwachen Rolle des nationalen Parlaments und der Parteien innerhalb des französischen politischen Systems werden in Frankreich weitaus seltener parteipolitische Umfragen durchgeführt als in den anderen großen EU-Ländern. Wenn dann doch einmal eine neue Umfrage erscheint, haben sich die Werte der Parteien in der Zwischenzeit oft recht stark verändert. Dies führt dann zu größeren Sprüngen in der Sitzprojektion – im aktuellen Fall zu einem deutlichen Anstieg der regierenden LREM (RE) und des rechtsextremen RN (ID), während der sozialistische PS (S&D) unter die Fünf-Prozent-Hürde fällt.

Diese Veränderungen sind jeweils im Vergleich zu einer Umfrage von Januar 2020. Inwiefern sie mit der Coronakrise zu tun haben, mit den nationalen Kommunalwahlen im Frühling oder einfach nur mit zufälligen Schwankungen (wie sie bei einer so geringen Zahl von Umfragen unvermeidlich sind), lässt sich nicht sinnvoll beantworten.

EVP und S&D verlieren

Alles in allem aber brachten die Umfragen der letzten Wochen damit nicht viele gute Neuigkeiten für die großen Fraktionen im Europäischen Parlament. Die konservative Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) fällt in der Sitzprojektion auf 193 Sitze zurück (–3 im Vergleich zu August). Dies liegt unter anderem an den Verlusten der deutschen CDU/CSU und der französischen Républicains. Aber auch in Bulgarien gingen die Proteste der letzten Wochen mit leicht sinkenden Umfragewerten der Regierungspartei GERB einher. In Polen und Rumänien hingegen können die kleineren EVP-Mitgliedsparteien KP und UDMR dazugewinnen und wären nun anders als im August wieder im Parlament vertreten.

Der größte Verlierer der letzten Wochen ist die sozialdemokratische Fraktion S&D (127 Sitze/–18). Diese leidet an den schon erwähnten Einbußen der nordischen Regierungsparteien sowie vor allem am Einbruch des französischen PS, der in der Projektion zuvor auf elf Sitze kam und nun überhaupt nicht mehr vertreten ist.

Rumänische PRO ohne klare Zuordnung

Hinzu kommt noch eine Entwicklung der rumänischen Partei PRO: Diese hatte sich 2018 vom sozialdemokratischen PSD abgespalten, war aber nach der Europawahl 2019, bei der sie zwei Sitze gewann, nach einigem Hin und Her wieder Mitglied der S&D-Fraktion geworden. Vergangene Woche kündigte PRO nun allerdings die Fusion mit der liberalen Partei ALDE an. Inwiefern sich das auf die europäische Ausrichtung der Partei auswirkt und ob sie auch nach der nächsten Europawahl noch S&D-Mitglied würde, ist offen. In der Sitzprojektion erscheint PRO deshalb ab sofort erst einmal als eine „weitere Partei“ ohne klare Zuordnung.

Im dynamischen Szenario wird die Partei jedoch weiterhin der S&D-Fraktion zugeordnet. Dasselbe gilt für die erfolgreiche slowakische Mitte-links-Partei Hlas-SD, die sich vor wenigen Monaten von der derzeitigen S&D-Mitgliedspartei Smer-SD abgespalten und diese aus dem Stand in den Umfragen überholt hat. Insgesamt schneiden die Sozialdemokraten deshalb im dynamischen Szenario deutlich besser ab als im Basisszenario (136 Sitze).

Liberale deutlich stärker, dank LREM und Balten

Deutliche Zugewinne kann in der aktuellen Sitzprojektion die liberale Fraktion Renew Europe verzeichnen. Mit 96 Sitzen (+8) erreicht sie ihren besten Wert in diesem Jahr. Dieser Anstieg ist zum weitaus größten Teil dem französischen LREM zu verdanken, die in der Projektion allein um sieben Sitze zulegt.

Daneben konnten die Liberalen auch in verschiedenen nordischen und baltischen Ländern dazugewinnen. In Litauen zog die erst 2019 gegründete Laisvės Partija bei der Wahl am vergangenen Wochenende unerwartet deutlich ins nationale Parlament ein. In Lettland wurde die ebenfalls noch sehr junge AP! in den Umfragen zuletzt erstmals stärkste nationale Kraft.

Grüne fallen zurück, Linke gewinnen

In der Fraktion der Grünen/EFA gewinnen vor allem die deutschen Grünen deutlich hinzu, die sich nach einem Corona-Umfragetief allmählich wieder den Werten vom vergangenen Winter annähern. Auch die tschechischen Piráti können leicht zugewinnen und festigen ihre Position als stärkste Mitte-links-Partei sowie zweitstärkste nationale Partei insgesamt. Aus Schweden ist die MP nun zum ersten Mal seit Januar wieder mit einem Sitz in der Projektion vertreten.

All diese Zugewinne werden jedoch durch die neuen französischen Umfragen zunichte gemacht: Die französische EELV verliert gegenüber der letzten Projektion die Hälfte ihrer vierzehn Sitze und reißt damit die Fraktion als Ganzes ins Minus. Auch die österreichischen Grünen müssen neue Einbußen hinnehmen. Insgesamt fällt die G/EFA damit auf 49 Sitze zurück (–4) und wäre nun nur noch die schwächste der sieben Fraktionen im Europäischen Parlament.

Genau umgekehrt ist das Bild für die Linksfraktion GUE/NGL. Diese erfährt in Belgien leichte Umfrageverluste, die jedoch durch das starke Abschneiden der französischen FI mehr als kompensiert werden. Insgesamt kann die GUE/NGL damit leicht dazugewinnen und kommt nun auf 51 Sitze (+1).

Rechtsparteien legen zu – vor allem in Frankreich

Und auch die beiden Rechtsfraktionen EKR und ID legen in der aktuellen Sitzprojektion vor allem aufgrund der neuen französischen Umfragen zu. Für die rechtskonservative EKR stehen Zugewinnen in Spanien Verluste in Polen und den Niederlanden gegenüber. Dass die Fraktion insgesamt mit 67 Sitzen (+2) besser abschneidet als im August, verdankt sie der französischen DLF, die nun wieder knapp über der Fünf-Prozent-Hürde liegt und Sitze im Parlament gewinnen würde.

Die rechtsextreme ID wiederum erleidet in Deutschland und Italien leichte Verluste, während sie in den Niederlanden leicht hinzugewinnt. Zudem erscheint auch die portugiesische Rechtsaußenpartei Chega!, die der ID im Sommer beigetreten ist, in der Projektion nun als Mitglied der Fraktion. Vor allem aber legt das französische RN nach den jüngsten Umfragen deutlich zu. Sie lässt damit nicht nur die ID insgesamt auf 71 Sitze (+7) ansteigen, sondern zieht auch mit der italienischen Lega als stärkste Kraft innerhalb der Fraktion gleich.

In Österreich würde HC erstmals einen Sitz gewinnen

Wenig Veränderungen gibt es unter den fraktionslosen Parteien (21 Sitze/+1). Hier gewinnt die rechtsextreme ĽSNS aus der Slowakei einen Sitz zurück, den sie in der August-Projektion verloren hatte.

Bei den „weiteren Parteien“, die sich keiner Fraktion eindeutig zurechnen lassen, kommt es zu einem deutlichen Anstieg (30 Sitze/+6), was in erster Linie an der Neuzuordnung der rumänischen PRO liegt. Neu im Tableau ist außerdem das österreichische Team HC Strache, das sich 2019 von der ID-Mitgliedspartei FPÖ abspaltete und in den Umfragen nun erstmals die nationale Vier-Prozent-Hürde überschreitet. Aufgrund der starken Konkurrenz sowie persönlicher Feindschaften zwischen den Führungsspitzen von HC und FPÖ erscheint es unwahrscheinlich, dass beide Parteien sich auf europäischer Ebene derselben Fraktion anschließen würden. Im dynamischen Szenario wird die neue Partei deshalb der EKR-Fraktion zugerechnet.

Ähnliches gilt für die dänische rechtskonservative Partei NB, die wohl ebenfalls nicht die Fraktion mit ihrem etablierten nationalen Konkurrenten DF teilen würde.

Die Übersicht

Die folgende Tabelle schlüsselt die Sitzverteilung zwischen den Fraktionen im nächsten Europäischen Parlament nach nationalen Einzelparteien auf. Die Tabelle folgt dabei dem Basisszenario, in dem nationale Parteien in der Regel jeweils ihrer aktuellen Fraktion (bzw. der Fraktion ihrer europäischen Dachpartei) zugeordnet und Parteien ohne klare Zuordnung als „weitere Parteien“ ausgewiesen werden. Demgegenüber geht das dynamische Szenario von stärkeren Annahmen aus und ordnet insbesondere die „weiteren Parteien“ der Fraktion zu, der diese plausiblerweise am nächsten stehen. Die Veränderungen im dynamischen Szenario sind in der Tabelle durch farbige Schrift und durch einen Hinweis im Mouseover-Text gekennzeichnet.

Da es keine gesamteuropäischen Wahlumfragen gibt, basiert die Projektion auf aggregierten nationalen Umfragen und Wahlergebnissen aus allen Mitgliedstaaten. Wie die Datengrundlage für die Länder im Einzelnen aussieht, ist im Kleingedruckten unter den Tabellen erläutert. Mehr Informationen zu den europäischen Parteien und zu den Fraktionen im Europäischen Parlament gibt es hier.



GUE/
NGL
Grüne/
EFA
S&D RE EVP EKR ID fʼlos Weitere
EP heute 39 69 145 98 187 62 75 30
Aug. 20 50 53 145 88 196 65 64 20 24
Okt. 20 51 49 127 96 193 67 71 21 30
dynamisch 52 52 136 102 193 71 71 28

GUE/
NGL
Grüne/
EFA
S&D RE EVP EKR ID fʼlos Weitere
DE 7 Linke 19 Grüne
1 Piraten
1 ÖDP
1 Volt
1 Partei
14 SPD 5 FDP
2 FW
33 Union 1 Familie 9 AfD 1 Partei 1 Tier
FR 10 FI 7 EELV
26 LREM 10 LR 4 DLF 22 RN

IT

19 PD
6 FI
1 SVP
14 FdI 22 Lega 14 M5S
ES 7 UP
1 Bildu
1 ERC 18 PSOE 4 Cʼs
1 PNV
15 PP 10 Vox
1 JxC 1 MP
PL

4 Lewica
14 KO
2 KP
22 PiS

4 Konf
6 P2050
RO

7 PSD 6 USR-PLUS 13 PNL
2 UDMR



5 PRO
NL 2 SP
1 PvdD
2 GL 3 PvdA 8 VVD
3 D66
3 CDA
1 CU
1 FvD
1 SGP
4 PVV

EL 6 Syriza
2 KINAL
10 ND 1 EL
1 KKE 1 MeRA25
BE 2 PTB-PvdA 1 Groen
1 Ecolo
2 sp.a
2 PS
1 O-VLD
2 MR
1 CD&V
1 cdH
1 CSP
3 N-VA 4 VB

PT 2 BE
1 CDU


10 PS
7 PSD
1 CH

CZ 1 KSČM 4 Piráti 2 ČSSD 7 ANO 2 TOP09
1 KDU-ČSL
3 ODS 1 SPD

HU

4 DK
1 MSZP
2 MM 12 Fidesz

2 Jobbik
SE 2 V 1 MP 6 S 2 C 5 M
1 KD
4 SD


AT
2 Grüne 4 SPÖ 1 Neos 9 ÖVP
2 FPÖ
1 HC
BG

5 BSP 2 DPS 5 GERB
2 DB



3 ITN
DK 1 Enhl. 1 SF 5 S 3 V
1 RV
1 K
1 DF
1 NB
FI 1 Vas 2 Vihreät 3 SDP 2 Kesk 3 Kok
3 PS

SK

2 Smer-SD 1 PS 3 OĽANO 2 SaS 1 SR 2 ĽSNS 3 Hlas-SD
IE 4 SF

3 FF 6 FG



HR

3 SDP
6 HDZ


1 DPMŠ
1 Most
1 ZLK
LT
3 LVŽS 1 LSDP 1 LRLS
1 LP
1 DP
4 TS-LKD



LV

1 SDPS 2 AP!
1 ZZS
1 JV
1 JKP
1 NA

1 Prog
SI 1 Levica
2 SD 1 LMŠ 3 SDS-SLS
1 NSi




EE

1 SDE 3 RE
2 KE


1 EKRE

CY 2 AKEL
1 EDEK
3 DISY



LU
1 Gréng 1 LSAP 2 DP 2 CSV



MT

4 PL
2 PN




Verlauf (Basisszenario)


GUE/
NGL
G/EFA S&D RE EVP EKR ID fʼlos Weitere
12.10.2020 51 49 127 96 193 67 71 21 30
14.08.2020 50 53 145 88 196 65 64 20 24
25.06.2020 48 55 143 91 203 64 63 20 18
26.04.2020 47 53 151 88 202 66 66 19 13
10.03.2020 51 58 138 88 188 67 82 21 12
09.01.2020 49 58 135 93 186 65 82 24 13
23.11.2019 48 57 138 99 181 62 82 22 16
23.09.2019 49 61 139 108 175 56 82 24 11
30.07.2019 47 64 138 108 180 57 82 22 7
Wahl 2019 40 68 148 97 187 62 76 27

Die Zeile „Wahl 2019“ kennzeichnet die Sitzverteilung zum 2. Juli 2019, dem Zeitpunkt der Konstituierung des Europäischen Parlaments nach der Europawahl im Mai 2019.
Angegeben sind jeweils die Werte im Basisszenario ohne das Vereinigte Königreich. Eine Übersicht der Werte mit dem Vereinigten Königreich für die Zeit bis Januar 2020 ist hier zu finden.
Eine Übersicht älterer Projektionen aus der Wahlperiode 2014-2019 gibt es hier.

Die vollen Namen der Fraktionen und der nationalen Einzelparteien erscheinen als Mouseover-Text, wenn der Mauszeiger eine kurze Zeit regungslos auf der Bezeichnung in der Tabelle gehalten wird. Sofern eine Partei im dynamischen Szenario einer anderen Fraktion zugeordnet ist als im Basisszenario, ist dies ebenfalls im Mouseover-Text gekennzeichnet.

Fraktionszuordnung

Basisszenario: Für die Projektion werden Parteien, die bereits im Europäischen Parlament vertreten sind, jeweils ihrer derzeitigen Fraktion zugerechnet, es sei denn, sie haben ausdrücklich ihren Entschluss zu einem Fraktionswechsel nach der nächsten Europawahl erklärt. Nationale Parteien, die derzeit nicht im Europäischen Parlament vertreten sind, aber einer europäischen Partei angehören, werden der Fraktion der entsprechenden europäischen Partei zugeordnet. In Fällen, bei denen sich die Mitglieder einer nationalen Liste nach der Wahl voraussichtlich auf mehrere Fraktionen aufteilen werden, wird jeweils die am plausibelsten scheinende Verteilung zugrundegelegt. Parteien, bei denen die Zuordnung zu einer bestimmten Fraktion unklar ist, werden im Basisszenario als „Weitere Parteien“ eingeordnet.

Für die Bildung einer eigenständigen Fraktion sind nach der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments mindestens 25 Abgeordnete aus mindestens sieben Mitgliedstaaten erforderlich. Mit einem Asterisk (*) gekennzeichnete Gruppierungen würden diese Bedingungen nach der Projektion derzeit nicht erfüllen. Sie müssten deshalb gegebenenfalls nach der Europawahl zusätzliche Abgeordnete (z. B. aus der Spalte „Weitere“) für sich gewinnen, um sich als Fraktion konstituieren zu können.

Dynamisches Szenario: Im dynamischen Szenario werden alle „weiteren Parteien“ einer schon bestehenden Fraktion (oder der Gruppe der Fraktionslosen) zugeordnet. Außerdem werden gegebenenfalls Fraktionsübertritte von bereits im Parlament vertretenen Parteien berücksichtigt, die politisch plausibel erscheinen, auch wenn sie noch nicht öffentlich angekündigt wurden. Um diese Veränderungen gegenüber dem Basisszenario deutlich zu machen, sind Parteien, die im dynamischen Szenario einer anderen Fraktion zugeordnet werden, in der Tabelle mit der Farbe dieser Fraktion gekennzeichnet; zudem erscheint der Name der möglichen künftigen Fraktion im Mouseover-Text. Die Zuordnungen im dynamischen Szenario basieren auf einer subjektiven Einschätzung der politischen Ausrichtung und Strategie der Parteien und sind daher im Einzelnen oft recht unsicher; in der Gesamtschau kann das dynamische Szenario jedoch näher an der wirklichen Sitzverteilung nach der nächsten Europawahl liegen als das Basisszenario.

Datengrundlage

Soweit verfügbar, wird bei der Sitzberechnung für jedes Land jeweils die jüngste Umfrage zu den Wahlabsichten für das Europäische Parlament herangezogen. Wo mehr als eine Umfrage erschienen ist, wird der Durchschnitt aller Umfragen aus den letzten zwei Wochen vor der jüngsten Umfrage berechnet, wobei jedoch von jedem einzelnen Umfrageinstitut nur die jeweils letzte Umfrage berücksichtigt wird. Stichtag für die Berücksichtigung einer Umfrage ist, soweit bekannt, jeweils der letzte Tag der Feldforschung, andernfalls der Tag der Veröffentlichung.
Für Länder, in denen es keine spezifischen Europawahlumfragen gibt oder die letzte solche Umfrage mehr als zwei Wochen zurückliegt, wird stattdessen die jüngste verfügbare Umfrage für die Wahl zum nationalen Parlament bzw. der Durchschnitt aller Umfragen für das nationale oder das Europäische Parlament aus den letzten zwei Wochen vor der jüngsten verfügbaren Umfrage verwendet. Für Mitgliedstaaten, für die sich überhaupt keine Umfragen finden lassen, wird auf die Ergebnisse der letzten nationalen Parlaments- oder Europawahl zurückgegriffen.
In der Regel werden die nationalen Umfragewerte der Parteien direkt auf die Gesamtzahl der Sitze des Landes umgerechnet. Für Länder, in denen die Wahl in regionalen Wahlkreisen ohne Verhältnisausgleich erfolgt (aktuell Belgien und Irland), werden regionale Umfragedaten genutzt, soweit diese verfügbar sind. Wo dies nicht der Fall ist, wird die Sitzzahl für jeden Wahlkreis einzeln berechnet, dabei aber jeweils die nationalen Gesamt-Umfragewerte herangezogen. Nationale Sperrklauseln werden, soweit vorhanden, in der Projektion berücksichtigt.
In Belgien entsprechen die Wahlkreise bei der Europawahl den Sprachgemeinschaft, während Umfragen üblicherweise auf Ebene der Regionen durchgeführt werden. Für die Projektion werden für die französischsprachige Gemeinschaft die Umfragedaten aus Wallonien, für die niederländischsprachige Gemeinschaft die Umfragedaten aus Flandern genutzt. Für die deutschsprachige Gemeinschaft wird das Ergebnis der letzten Europawahl herangezogen (1 Sitz für CSP).
In Ländern, in denen es üblich ist, dass mehrere Parteien als Wahlbündnis auf einer gemeinsamen Liste antreten, werden der Projektion plausibel erscheinende Listengemeinschaften zugrunde gelegt. Dies betrifft folgende Parteien: Spanien: Más País (1., 3. Listenplatz), Compromís (2.) und Equo (4.); ERC (1., 3.-4.), Bildu (2.) und BNG (5.); PNV (1.) und CC (2.); Niederlande: CU (1., 3.-4.) und SGP (2., 5.); Slowakei: PS (1.) und Spolu (2.).
Da es in Deutschland bei der Europawahl keine Sperrklausel gibt, können Parteien bereits mit weniger als 1 Prozent der Stimmen einen Sitz im Europäischen Parlament gewinnen. Mangels zuverlässiger Umfragedaten wird für diese Kleinparteien in der Projektion jeweils das Ergebnis der letzten Europawahl herangezogen (je 2 Sitze für PARTEI und FW, je 1 Sitz für Tierschutzpartei, ödp, Piraten, Volt und Familienpartei).
In Italien können Minderheitenparteien durch eine Sonderregelung auch mit nur recht wenigen Stimmen ins Parlament einziehen. In der Projektion wird die Südtiroler Volkspartei deshalb stets mit dem Ergebnis der letzten Europawahl (1 Sitz) geführt.

Die folgende Übersicht führt die Datengrundlage für die Mitgliedstaaten im Einzelnen auf. Die Daten beziehen sich auf den letzten Tag der Feldforschung; falls dieser nicht bekannt ist, auf den Tag der Veröffentlichung der Umfragen:
Deutschland: nationale Umfragen, 1.-12.10.2020, Quelle: Wikipedia.
Frankreich: nationale Umfragen, 1.-3.7.2020, Quelle: Europe Elects.
Italien: nationale Umfragen, 24.9.-6.10.2020, Quelle: Wikipedia.
Spanien: nationale Umfragen, 2.-10.10.2020, Quelle: Wikipedia.
Polen: nationale Umfragen, 22.9.-5.10.2020, Quelle: Wikipedia.
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Belgien, deutschsprachige Gemeinschaft: Ergebnis der Europawahl, 26.5.2019.
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Slowenien: nationale Umfragen, 17.-27.9.2020, Quelle: Europe Elects.
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Zypern: nationale Umfragen, 25.6.2020, Quelle: Europe Elects.
Luxemburg: nationale Umfragen, 24.6.2020, Quelle: Europe Elects.
Malta: nationale Umfragen, 18.9.2020, Quelle: Europe Elects.

Bilder: Eigene Grafiken.