31 August 2021

In anderen Medien: Bei „heute wichtig“ über die Rechtsstaatskrise in Polen

In Polen verhandelt heute das nationale Verfassungsgericht, wie sehr es in Sachen Vorrang des Europarechts auf Konfrontationskurs gegen den Europäischen Gerichtshof geht. Darüber habe ich mit dem Stern-Podcast heute wichtig gesprochen.

Das Interview ist hier zu finden (ab Min. 6:43).

26 August 2021

Das europapolitische Quartett: Wie steht es um die Konferenz zur Zukunft Europas?

Mit dabei:
  • Carmen Descamps, European Liberal Forum, Madrid
  • Julian Plottka, Universität Passau, Berlin
  • Sophie Pornschlegel, European Policy Centre, Brüssel
  • Manuel Müller, Der (europäische) Föderalist, Berlin
Dieses Gespräch entstand als Online-Chat und wurde im Nachhinein redaktionell bearbeitet.

Mehrstöckiges Haus mit Balkonen; an einem einzelnen Balkon ist eine Europaflagge befestigt
Fünf von 100.000 Europäer:innen sind bereits auf der digitalen Plattform zur Zukunftskonferenz aktiv.

Manuel
Willkommen zum zweiten „europapolitischen Quartett“ zur Konferenz über die Zukunft Europas! Bei unserem ersten Chat Anfang März hatten sich die drei EU-Institutionen – Parlament, Rat und Kommission – gerade auf die Grundstruktur der Konferenz geeinigt. Am 9. Mai fiel dann mit einer feierlichen Veranstaltung im Parlament der Startschuss für die Konferenz. Seit Ende April gibt es die digitale Diskussionsplattform, die allen Bürger:innen eine Beteiligung an der Debatte ermöglichen soll. Am 17. Juni fand in Lissabon eine erste „europäische Bürgerveranstaltung“ statt, zwei Tage später trat in Straßburg die Plenarversammlung der Konferenz zum ersten Mal zusammen. Die eigentliche inhaltliche Arbeit wird erst im September mit den „europäischen Bürgerforen“ beginnen. Aber wenn man bedenkt, dass die Konferenz im Frühling 2022 schon wieder enden soll, sind wir eigentlich bereits mittendrin. Bei uns geht es heute deshalb um eine erste Zwischenbilanz – und um einen Ausblick auf das, was uns in den nächsten Monaten erwartet.

Fangen wir mit einem kleinen Stimmungsbarometer an. Für dieses Quartett kommen wir aus drei verschiedenen europäischen Hauptstädten zusammen: Berlin, Brüssel und Madrid. Wie läuft in euren Ländern die Debatte zur Zukunftskonferenz?

Sophie
In Brüssel ist Sommerpause – das heißt, es sind erst mal alle im Urlaub. Im September wird es aber hoffentlich mit der Zukunftskonferenz weitergehen.

Julian
In Berlin ist zwar gerade gefühlt keine Sommerpause (die Schulferien sind sogar wirklich schon zu Ende), aber leider sind Ferien und Bundestagswahl nicht die einzigen Gründe für das geringe Interesse an der Konferenz. Die üblichen Verdächtigen sind und waren auch im Sommer aktiv. Aber jenseits der Föderalist:innen scheint selbst der politische Betrieb die Konferenz kaum zur Kenntnis zu nehmen.

Hohe Resonanz in Spanien

Carmen
Ich war ehrlich gesagt überrascht von der spanischen Medienresonanz, regional wie national, vor allem unmittelbar vor oder nach dem Launch am 9. Mai. Es gab auch Reaktionen oder Veranstaltungen von hiesigen Think Tanks wie Real Instituto Elcano oder CIDOB und kürzlich eine Summer School im Baskenland.

Hinzu kommen Anstrengungen, die Konferenz und ihren partizipativen Ansatz bekannt(er) zu machen. Der Congreso de los Diputados (das spanische Unterhaus) sammelt und veröffentlicht auf seiner Internetseite sogar Input zur Zukunftskonferenz, den Bürger:innen hochladen können. Spanien zeigt sich damit als ein engagiertes und interessiertes EU-Mitglied, das auch in Zukunft die europapolitische Debatte mitbestimmen möchte.

Sophie
Spannend, dass in Spanien viel darüber diskutiert wird. In Brüsseler EU-Kreisen war die Zukunftskonferenz natürlich auch ein großes Thema, wobei aber als Prioritäten in den letzten Monaten eher die außenpolitischen Fragen und die Rechtsstaatlichkeit gesehen wurden.

In Belgien hat sich die Regierung eher positiv geäußert, und die Belgier:innen sind überdurchschnittlich pro-europäisch, aber viel wurde bisher nicht organisiert auf nationaler Ebene. Die belgische Regierung gibt sich auch offen für „konkrete Vorschläge“ zu EU-Reformen, aber welche das genau sein werden, ist bisher unklar – es gab auch noch keine Bürgerpanels auf nationaler Ebene, um das zu diskutieren.

Julian
Carmen, sind das denn nur die europapolitischen Fachkreise? Oder gibt es in Spanien auch jenseits der üblichen Verdächtigen Resonanz?

Carmen
Das ist eine gute Frage. Die hiesigen Vertretungen des Europäischen Parlaments sowie der EU-Kommission informieren natürlich über die Konferenz und laden zum Mitmachen ein, und die Beteiligung von Think Tanks und Universitäten, gerade mit Veranstaltungen auf Spanisch für eine größtmögliche Teilhabe, sind ein guter Anfang. Interessant wird zu sehen, inwiefern darüber hinaus auch regionale Vertreter, also die 17 spanischen autonomen Regionen, aktiv werden. Das ist allein aus der Hauptstadt schwer zu beurteilen.

Für eine größere Beteiligung muss aber jedenfalls auch in Spanien nach der Sommerpause einen Gang hochgeschaltet werden. Ich hoffe, dass die Debatte mit dem Fortschritt der Impfkampagne und der Rückkehr zu Präsenzveranstaltungen an Fahrt gewinnt und auch jenseits der „üblichen Verdächtigen“ Interesse weckt. Ähnlich wie bei Sophie in Brüssel gibt es hier natürlich auch andere EU-Themen, die die nationale Debatte überlagern. Vor allem der Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“, von welchem Spanien bis zu knapp 20% (ca. 66 Milliarden Euro) erhalten könnte und sich damit direkt hinter Hauptrezipient Italien befindet.

1.813 Veranstaltungen europaweit

Manuel
Auf der digitalen Plattform gibt es eine Karte, auf der alle dezentralen Veranstaltungen zur Zukunftskonferenz eingetragen sind. Die Karte ist nicht besonders übersichtlich gestaltet, aber tatsächlich sieht es so aus, als ob Spanien da etwas herausragt – zusammen mit den Benelux-Ländern und, anscheinend, Budapest.

Julian
Die Überlagerung mit anderen EU- bzw. europäischen Themen scheint allerdings auch im Falle Budapest zumindest zum Teil die große Anzahl der Veranstaltungen zu erklären. Da finden sich zum Beispiel auch eine Veranstaltung zur V4-Präsidentschaft und eine Veranstaltung zum „ungarischen Batterientag“, bei dem es nur ganz am Rand um Europa geht. Bei den sehr geringen Veranstaltungszahlen auf der Karte geben dann zwei oder drei Extra-Veranstaltungen schon einen Ausschlag in der Statistik.

Manuel
Insgesamt verzeichnet die Plattform bis jetzt 1.813 dezentrale Veranstaltungen mit insgesamt 38.375 Teilnehmer:innen. Das klingt erst mal nach viel – aber wenn man bedenkt, wie viele „Quo vadis, Europa?“-Veranstaltungen von Think Tanks, EU-Institutionen oder Bildungsträgern auch in ganz normalen Jahren angeboten werden, ist mir nicht klar, ob die Zukunftskonferenz da überhaupt einen nennenswerten Unterschied gemacht hat.

Sophie
Alles, was ich bisher an Veranstaltungen über die Plattform mitbekommen habe, ist, dass die Fidesz-Partei von Viktor Orbán eine Konferenz zu den „christlichen Werten“ der EU organisiert hat. Das zeigt ein Dilemma, in dem sich die EU mit der Zukunftskonferenz befindet: Sie wagt deliberative Demokratie in einem politischen Kontext, der nicht besonders EU-freundlich ist.

Was hat die digitale Plattform bis jetzt erreicht?

Manuel
Dann lasst uns doch kurz über die Plattform selbst sprechen: Vier Monate nach dem Start haben sich dort 22.763 Teilnehmer:innen angemeldet, die 6.676 „Ideen“ (Reformvorschläge) gepostet haben – im Durchschnitt also etwas mehr als fünfzig am Tag. Diese Ideen wurden mit 12.207 Kommentaren und 33.745 „Unterstützungen“ (Likes) versehen.

Screenshot: 18. August 2021. Zum aktuellen Stand siehe hier.

Das ist mehr Debatte, als ein einzelner Mensch nachvollziehen könnte. Trotzdem sind 22.763 Teilnehmende gerade einmal 0,005 Prozent der EU-Bevölkerung. Von dem Ziel, die EU-Bürger:innen über die Plattform breit einzubinden, sind wir offensichtlich noch weit entfernt. Was hat die Plattform aus eurer Sicht bisher erreicht?

Carmen
Es gibt in jedem Fall noch Luft nach oben bei den Teilnehmendenzahlen, dennoch tendiere ich zu einem „Qualität statt Quantität“. Grundsätzlich ist eine Teilnahme für alle offen. Wenn die Veranstaltungen und die Plattform offene Debatten und konstruktive Vorschläge ermöglichen, die auch tatsächlich den Weg in die Konferenz finden, haben sie ihren Sinn doch erfüllt, oder?

Sophie
Das Problem, das ich sehe, ist, ob die Plattform tatsächlich Bürger:innen anzieht, die nicht bereits eine Affinität für politische Themen haben.

Die „üblichen Verdächtigen“

Julian
Da stimme ich Dir voll und ganz zu. Die Vorschläge auf der Plattform sind in der Tat zum Teil gut. Aber war nicht der Sinn der Sache, die Reichweite der Debatte zu vergrößern? Bisher haben es vor allem die Föderalist:innen geschafft, sich auf der Plattform zu platzieren.

In diesem Sinne ist es dann fast schon begrüßenswert, wenn auch europaskeptische Kräfte sich engagieren – auch wenn ich Anti-Demokrat:innen wie Orbán davon ausnehmen möchte. Der eigentliche Mehrwert wäre aber, Menschen einzubinden, die anders als die meisten derzeit auf der Plattform Aktiven sonst keine Beteiligungsmöglichkeit hätten. Da bin ich momentan eher skeptisch und glaube, dass die Bürgerforen das bessere Instrument sind.

Carmen
Das sehe ich auch so, was die Beteiligung der Föderalist:innen angeht. Erst einmal finde ich es begrüßenswert, dass die Föderalist:innen so aktiv sind und sich europaweit vernetzen, um das Instrument der Zukunftskonferenz zu nutzen. Ähnliches konnte man in der Vergangenheit z. B. auch bei Europäischen Bürgerinitiativen oder Konsultationen der Kommission beobachten, bei denen Aktivist:innen und Interessenvertreter:innen sich europaweit zusammengetan haben, um ihre Positionen einzubringen.

Aber natürlich sind wir damit auch wieder bei dem Problem, dass sich vor allem die „üblichen Verdächtigen“ zu Wort melden. Ehrlicherweise gehören wir ja selbst dazu 😉

Manuel
Mein Eindruck ist auch, dass sich auf der Plattform bisher vor allem Föderalist:innen wiederfinden – und einige europäisch gut aufgestellte zivilgesellschaftliche Akteure, speziell der Europäische Gewerkschaftsbund.

In den Medien gab es dagegen bisher vor allem Sichtbarkeit für die Allianz von europäischen Rechtsparteien, die Anfang Juli ihre Sicht auf die Zukunftskonferenz präsentierten (und nebenbei Spekulationen über eine neue große Rechtsfraktion im Europäischen Parlament auslösten). Das wirft die Frage auf: Nutzen Föderalist:innen und Nationalist:innen unterschiedliche Kanäle für die Konferenz? Oder nutzen sie die Konferenz zu unterschiedlichen Zwecken?

Was soll die Plattform erreichen?

Sophie
Für die Frage, was die Plattform erreichen kann, ist natürlich auch noch wichtig, was aus den Reformvorschlägen der Bürger:innen wird. Sicherlich werden sie in den finalen Bericht der Konferenz eingespeist, aber ob der dann auch von der EU-Kommission übernommen wird, bleibt in den Sternen geschrieben. Das Non-Paper, das zwölf Regierungen (u. a. Österreich und die Niederlande) im März verfasst haben, zeigt, dass die Mitgliedstaaten an die strategischen Prioritäten des Europäischen Rats festhalten wollen. Viele der Themen, die auf der Plattform aufgelistet sind, sind darin eh schon angesprochen.

Und wenn es um Bürgerbeteiligung gehen soll, die einen Großteil der 450 Millionen Bürger:innen einbinden soll, dann hätte die EU noch viel stärker in Kommunikation investieren müssen und lokale Partner finden sollen – oder mehr Bürgerforen organisieren sollen, was aufgrund der kurzen Laufzeit der Konferenz schwierig ist.

Manuel
Habt ihr denn bisher inhaltlich etwas aus der Debatte auf der Plattform mitgenommen? Mir selbst scheint es, dass viele der dort diskutierten Vorschläge – jedenfalls diejenigen, die auf größere Zustimmung stoßen – eigentlich altbekannte Ideen sind. Ein paar Beispiele: Die populärsten Forderungen im Bereich „Demokratie“ sind eine Europäische Föderation sowie transnationale Listen. In der Wirtschaftspolitik ist es die Umsetzung der Säule Sozialer Rechte, im Bereich „EU in der Welt“ die europäische Armee. Und beim Klima sind es ein Subventionsstopp für fossile Brennstoffe und die soziale Ausgestaltung der ökologischen Wende. Das ist alles schön und gut, aber neu ist es nicht.

Sophie
Das Problem sind aus meiner Sicht nicht die mangelnden Ideen, sondern die Tatsache, dass die meisten mit den derzeitigen Machtverhältnissen im Rat nicht politisch umgesetzt werden können. Das heißt, die Zielsetzung der Plattform, Reformideen vorzuschlagen, ist leider sehr begrenzt. Und wenn es um die Inklusivität der Debatte gehen soll, dann sind die Nutzer-Zahlen auch nicht besonders erfolgversprechend.

Ich glaube, die EU hätte sich vorher besser überlegen sollen, was genau sie mit der Plattform erreichen möchte – und sich viel stärker mit den Mitgliedstaaten und weiteren Partnern in den Ländern, die Bürger:innen erreichen, abstimmen und verbünden sollen.

Julian
Das könnte auch das inoffizielle Motto der gesamten Konferenz sein: „Die EU hätte sich vorher besser überlegen sollen, was genau sie damit erreichen möchte.“ 😋

„Habermas im Heute“?

Carmen
Was die Plattform aus meiner Sicht erreicht hat, ist jedenfalls eine erste Einbindung von Unionsbürger:innen und der Beginn einer transnationalen Debatte. Für einen genuinen Dialog über die Zukunft Europas und die Diskussion von Vorschlägen, ganz gleich ob konstruktiv oder destruktiv, halte ich die Plattform ungeeigneter. Um sie mit Inhalt zu füllen, braucht es auch die Veranstaltungen und die Bürgerforen.

Wenn wir uns die Plattform als „Habermas im Heute“ vorstellen, also die früheren Salons und Kaffeehäuser des 18. Jahrhunderts als Diskussionsforum und Schauplatz inklusiver Debatten zum Maßstab nehmen, sind wir mit der Plattform noch nicht ganz dort angekommen. Nicht nur wegen der Beteiligung, sondern auch wegen der manchmal noch ausbaufähigen Nutzerfreundlichkeit bei der Handhabung der Website, von der Darstellung bis zur Sprache / Übersetzung.

Julian
Na, an die Kaffeehäuser des 18. Jahrhunderts kommen wir schon heran, auch in diesem Chat. Während wir hier schreiben, trinke ich jedenfalls gerade einen La Pastora aus Costa Rica … ☕️

Aber Spaß beiseite, die Salons der Aufklärung waren in Wirklichkeit Elitenforen. Das jetzige Ziel ist doch, darüber hinauszugehen und die Bevölkerung insgesamt einzubeziehen. Das ist historisch selten und in der hier angestrebten Breite noch nie dagewesen. Gewissermaßen geht es darum, die Massenintegrationsfunktion der Parteien und Gewerkschaften durch neue Beteiligungsformen zu ersetzen.

Sophie
Sehr guter Punkt, dass die „intermediären Strukturen“ fehlen, um solche Debatten breitflächig zu gestalten. Deliberative Demokratie braucht Plattformen, die viele erreichen. Auf EU-Ebene fehlen uns die.

Carmen
Neben den Plattformen und neutralen Multiplikatoren in den Mitgliedstaaten wären sicher auch populäre Identifikationsfiguren aus Musik, Sport, Sozialen Medien etc. ein Weg gewesen, um auf die Konferenz aufmerksam zu machen. Aber auch das gibt es kaum.

Nächster Schritt: Bürgerforen

Manuel
Der nächste Schritt der Konferenz wird im Herbst dann der Start der Bürgerforen sein. Geplant sind vier Foren zu jeweils einem Themenblock („Werte, Rechte, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Sicherheit“ – „Klimawandel, Umwelt / Gesundheit“ – „Stärkere Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit, Beschäftigung / Bildung, Jugend, Kultur, Sport / digitaler Wandel“ – „Rolle der EU in der Welt / Migration“). Sie sollen zwischen September 2021 und Januar 2022 jeweils in drei zweitägigen Sitzungen tagen und dann konkrete Empfehlungen formulieren. Wie sind eure Erwartungen an die Foren?

Sophie
Die Bürgerforen sind ein besonders spannender Teil und aus meiner Sicht das zentrale Element der Zukunftskonferenz. Ich bin gespannt zu sehen, welche Methodologie genutzt wird: Welche Expert:innen werden eingeladen, wie viel Zeit wird den Teilnehmenden gegeben, wie werden die Prozesse strukturiert? Bei solchen Bürgerbeteiligungsformaten ist das Motto „The devil is in the detail“ besonders relevant.

Carmen
Absolut! Ich habe die größte Hoffnung in die Bürgerforen, gerade weil es sich um eine möglichst repräsentative, zufällige Auswahl von Unionsbürger:innen handelt. In den Mitgliedstaaten gab es in der Vergangenheit ja bereits ähnliche Projekte, die als Inspiration dienten: die irische Citizens’ Assembly, die Convention pour le Climat in Frankreich.

Oder auch Belgien, wo die Deutschsprachige Gemeinschaft 2019 eine permanente Vertretung per Zufall ausgewählter Bürger:innen eingerichtet hat, die neben dem bestehenden Parlament existiert. Dieses demokratische Experiment ist weltweit einzigartig, und so weit sind wir auf EU-Ebene noch nicht. Aber die Initiatoren dieses belgischen Bürgerdialogs haben auch die Zukunftskonferenz inspiriert und beraten.

Sophie
Ja, ich finde, die EU sollte den großen Erfahrungsschatz aus den Mitgliedsländern nutzen – allerdings gibt es auf nationaler Ebene den Vorteil, dass es auch eine politische Öffentlichkeit gibt, die diese Foren in die öffentliche Debatte bringen kann. Das ist auf EU-Ebene schwieriger, aber nicht unmöglich. Die EU könnte die Zukunftskonferenz auch nutzen, um genau diese fehlende europäische Öffentlichkeit zu stärken.

Carmen
Stimmt. Ich sehe vor allem die Chance, die zahlreichen segmentierten Teilöffentlichkeiten, die aktuellen Nachrichtenzyklen folgen (Europawahlen, Eurokrise etc.), stärker miteinander zu verbinden – über Staats- und Themengrenzen hinaus.

Wird man die Ergebnisse ernst nehmen?

Sophie
Allerdings gilt auch, dass Bürgerbeteiligungsformate nur erfolgreich sind, wenn die Bürger:innen ernst genommen werden und das Format politisches Gewicht bekommt. Ich hoffe also sehr, dass die EU-Institutionen die Ergebnisse der Bürgerforen anschließend auch aufgreifen – sonst kann es schnell zu „Scheinpartizipation“ werden und die Bürger:innen frustrieren, dass sie ihre Zeit und Mühe da reingesteckt haben, ohne dass die Vorschläge zu einem Ergebnis führen.

Julian
Um zu erreichen, dass die Ergebnisse ernst genommen werden, ist auch entscheidend, in welchem Format sie präsentiert werden. Was sollen die Foren erarbeiten? Eigene Abschlussberichte? Ein Liste mit Empfehlungen? (Oder gar einen neuen Vertragsentwurf? 😉) Ich denke, ein kohärenter Abschlussbericht erzielt die meiste Wirkung, oder was meint ihr?

Spannend wird aber auch, ob sich die Debatten in den Foren von denen auf der digitalen Plattform und den Debatten bei Veranstaltungen, an denen alle Interessierten teilnehmen können, unterscheiden. Dann sind wir an einer Grundsatzfrage partizipativer Demokratie. Welcher Debattenbeitrag hat welche Legitimation, wie ist er bei der Berücksichtigung zu gewichten?

Manuel
Nach der Geschäftsordnung der Konferenz sollen die Foren jedenfalls „konkrete Empfehlungen“ erarbeiten, was auch immer das bedeutet. Diese Empfehlungen mit den Ideen auf der Plattform und den Ergebnissen der dezentralen Veranstaltungen abzuwägen, wird dann die Aufgabe der Plenarversammlung sein, die im Frühling dem Exekutivausschuss der Zukunftskonferenz Vorschläge vorlegen soll. Und der Exekutivausschuss soll dann wiederum aus diesen Vorschlägen einen Abschlussbericht für die EU-Institutionen formulieren. Der Weg vom Bürgerforum zur politischen Umsetzung ist also ziemlich lang.

Julian
Konkrete Empfehlungen, ja, aber wie sollen die aussehen? Ich würde alle drei oben genannten Möglichkeiten mit der Vorgabe der Geschäftsordnung für vereinbar halten.

Vom Zuhören zum Handeln übergehen

Sophie
Ich denke, an den nationalen Vorbildern sieht man auch, was alles schief laufen kann, wenn „die Politik“ die Bürgerbeteiligungsformate nicht ernst nimmt: In Frankreich wurde Emmanuel Macron stark kritisiert, weil er die Empfehlungen der Convention pour le Climat kaum übernommen hat. Die EU sollte es tunlichst vermeiden, auch noch dafür kritisiert zu werden.

Carmen
Das ist natürlich ein Risiko. Es gab auf EU-Ebene schon die Bürgerdialoge, die in großem Stil von der Kommission initiiert wurden und mithilfe der Kommissar:innen in vielen europäischen Städten stattfanden. Auch damals gab es Nachfragen zum Follow-up der Dialoge, das weitgehend ausblieb bzw. kaum für Bürger:innen nachvollziehbar war. Inzwischen sollten wir das Stadium des listening eigentlich schon längst verlassen haben; die EU – und insbesondere der Rat – muss zum acting übergehen. Ewig lässt sich jedenfalls nicht mehr an das Vertrauen der Bürger:innen appellieren, sonst fürchte ich eine gewisse Partizipationsmüdigkeit.

Ein interessantes Ergebnis gab es da immerhin bei der Eröffnungsveranstaltung der Konferenz am 9. Mai: Parlamentspräsident David Sassoli unterstrich ausdrücklich, dass es keine Tabus geben solle, Vertragsänderungen inbegriffen. Das hatte die gemeinsame Erklärung der drei Institutionen zu dem Zeitpunkt nicht explizit erwähnt.

Julian
Ja, das ist der klassische Knackpunkt, den wir immer bei der Bürgerbeteiligung haben: die Responsivität! Ich sehe drei große Probleme:

  1. Responsivität heißt nicht immer eine 1:1-Umsetzung aller Vorschläge. Das wird zwar von den Bürger:innen, die sich beteiligen, oft erwartet. Responsivität bedeutet aber im Zweifelsfall nur den Anspruch auf eine ausführliche Begründung, warum ein Vorschlag nicht umgesetzt wird. Aber selbst darin ist die EU erfahrungsgemäß extrem schlecht.
  2. Wenn die EU Vorschläge umsetzt, dann geschieht das meist Jahre später und wird nicht mehr als Ergebnis der Bürgerbeteiligung wahrgenommen. Hier verschenkt die EU oft Pluspunkte, die sie machen könnte.
  3. Der Rat hat deutlich gezeigt, dass er an großen Reformen kein Interesse hat. Es wird deshalb am Europäischen Parlament hängen, nach der Zukunftskonferenz Druck zu machen, damit die Ergebnisse wirklich umgesetzt werden.

Ein typisches Produkt der EU-Politik

Manuel
Damit schließt sich der Kreis zu unserem europapolitischen Quartett im März, in dem wir über die Erfolgschancen der Zukunftskonferenz gesprochen haben. Letzte Frage für heute: Seid ihr seitdem eher optimistischer oder eher pessimistischer geworden?

Sophie
Meine Erwartungen hatte ich grundsätzlich nicht allzu hoch angesetzt, deshalb bleibe ich auf dem gleichen, relativ pessimistischen Niveau von März. Aber ich bin gespannt auf die Bürgerforen im Herbst und wie diese durchgeführt werden, und auf die Zusammenführung der Ergebnisse bis Mai 2022.

Wichtig scheint mir zu sein, dass wir die Zukunftskonferenz gut beobachten und daraus Schlüsse ziehen für die Zukunft: Es wird sicherlich nicht die letzte Gelegenheit gewesen sein für deliberative Demokratie auf EU-Ebene.

Carmen
Ich bin heute optimistischer! Denn das Experiment ist endlich gestartet, und auch wenn es an einigen Punkten durchaus noch hakt und mir der Zeitplan mit Blick auf die hohen Erwartungen und auf die aktuelle slowenische sowie die folgende französische Ratspräsidentschaft ein wenig Bauchschmerzen bereitet, blicke ich hoffnungsvoll auf den Herbst.

Positiv stimmen mich der Start der Bürgerforen, der Wahlkampf in Deutschland (bei dem die EU oft Gegenstand von Debatten sein wird), die voranschreitende Impfkampagne und damit die Chance auf Präsenzveranstaltungen und – nicht zuletzt durch die zahlreichen internationalen Krisen in den letzten Wochen – die fortschreitende Politisierung unserer Gesellschaften. Außerdem setze ich große Hoffnung in das Europäische Parlament und die Europaabgeordneten, die Debatte weiter zu popularisieren und insbesondere gegenüber dem Rat Druck aufzubauen.

Julian
Ich habe den Eindruck, die Zukunftskonferenz ist ein typisches Projekt der EU-Politik: weder ein krasses Scheitern noch der große Durchbruch. Sie bringt:

  • viele Ideen und Ansätze, die man aber noch besser hätte umsetzen müssen,
  • großes Engagement, die Bürger:innen einzubinden, das aber nicht so wirklich fruchtet,
  • und viele gute Vorschläge, von denen aber wohl nur wenige auch zeitnah umgesetzt werden.


Carmen Descamps ist Non-Resident Research Fellow des European Liberal Forum in Madrid.



Sophie Pornschlegel ist Senior Policy Analyst am European Policy Centre in Brüssel.

Manuel Müller ist Senior Researcher am Institut für Europäische Politik und betreibt das Blog „Der (europäische) Föderalist“.

Bilder: Balkon mit Flagge: Manuel Müller [alle Rechte vorbehalten]; Porträt Carmen Descamps: © Life Studio [alle Rechte vorbehalten]; Porträts Julian Plottka, Sophie Pornschlegel, Manuel Müller: privat [alle Rechte vorbehalten].

The European Policy Quartet: What’s up with the Conference on the Future of Europe?

With:
  • Carmen Descamps, European Liberal Forum, Madrid
  • Julian Plottka, University of Passau, Berlin
  • Sophie Pornschlegel, European Policy Centre, Brussels
  • Manuel Müller, Der (europäische) Föderalist, Berlin
This conversation was conducted as an online chat in German. The transcript below has been edited and translated.

Multi-storey building with several balconies; an EU flag is attached to one of the balconies
Five out of 100,000 Europeans are already active on the digital platform for the Conference.

Manuel
Welcome to the second edition of the “European Policy Quartet” about the Conference on the Future of Europe! When we had our first chat in early March, the three EU institutions – Parliament, Council and Commission – had just agreed on the basic structure of the Conference. On 9 May, the Conference kicked off with an inaugural event in the European Parliament. Since the end of April, the Conference’s multilingual digital platform is online and supposed to enable all citizens to participate in the debate. On 17 June, a first “European Citizens’ Event” took place in Lisbon, and two days later the Plenary of the Conference met for the first time in Strasbourg. The actual substantive work will begin only in September with the “citizens’ panels”. But if we consider that the Conference is supposed to end in spring 2022, we are actually already in the middle of it. Therefore, we will do some stocktaking today – and look ahead to what awaits us in the upcoming months.

Let’s start with a quick picture of the political mood. For this quartet, we come together from three different European capitals: Berlin, Brussels, and Madrid. How is the debate on the Conference on the Future of Europe going in your countries?

Sophie
It’s summer break in Brussels – which means everyone is on holiday right now. Hopefully, discussions about the Conference will continue in September.

Julian
In Berlin, it doesn’t feel like a summer break right now (in fact, the school holidays are already over), but unfortunately the holidays and the Bundestag elections are not the only reasons for the lack of interest in the Conference. The usual suspects are and have been active also during summer. But beyond the Federalists, even the political establishment seems to take little notice of the Conference.

Strong response in Spain

Carmen
I was honestly surprised by the Spanish media response, both regionally and nationally, especially immediately before and after the launch on 9 May. There have also been reactions or events from national think tanks like Elcano Royal Institute or CIDOB, and recently a Summer School in the Basque Country.

In addition, efforts are being made to publicise the conference and its participatory approach. The Congreso de los Diputados (the Spanish lower house) even collects and publishes citizen-generated input on the Conference on the Future of Europe on its website. Spain is both interested and involved as an EU member state, wanting to continue to shape the European policy debate in the future.

Sophie
It’s interesting that there is such a lot of discussion about this in Spain. In the Brussels “EU Bubble”, the Conference has also been a big topic of course, although foreign policy issues and the rule of law were seen as higher priorities in recent months.

The Belgian government has taken a rather positive stance, and Belgians are more pro-European than the European average, but not much has been organised at the national level so far. The Belgian government also says it is open for “concrete proposals” regarding EU reforms, but so far it remains unclear what these might be. There haven’t been any citizens’ panels at the national level to discuss this either.

Julian
Carmen, are only EU policy experts involved? Or is there resonance in Spain beyond the usual suspects?

Carmen
That’s a good question. The Spanish representations of the European Parliament and the EU Commission are of course informing people about the Conference and inviting them to participate, and the involvement of think tanks and universities, especially with events in Spanish language to enable the greatest possible participation, is a good start. It will be interesting to see to what extent representatives of the 17 Autonomous Regions in Spain will take part, too. This is difficult to judge from the capital alone.

In any case, also Spain will have to shift up a gear to increase participation after the summer break. I hope that with the progress of the vaccination campaign and the return to in-person events, the debate will gain momentum and arouse interest beyond the “usual suspects”. Similar to what Sophie has said about Brussels, there are of course other European topics that overshadow the national debate. Above all, the recovery fund “Next Generation EU”, from which Spain could receive up to almost 20% (approx. 66 billion euros) and is the second main recipient after Italy.

1,813 events across Europe

Manuel
On the digital platform, users will find a map showing all decentralised events of the Conference on the Future of Europe. The map is not particularly well designed for a quick overview, but in fact it looks like Spain stands out a bit – along with the Benelux countries and, apparently, Budapest.

Julian
Yes, but the overlap with other EU or European topics also seems to explain, at least in part, the large number of events for Budapest. For example, there are also events about the V4 Presidency or about the “Hungarian Battery Day”, which is only marginally about Europe. Given the very low total number of events displayed on the map, two or three additional events already make a difference.

Manuel
So far, the platform has recorded a total of 1,813 decentralised events with a total of 38,375 participants. That sounds like a lot at first – but taking into account how many “Quo vadis, Europe?” events are organised by think tanks, EU institutions or educational institutions in any normal year, it’s not clear to me whether the Conference has made any significant difference here at all.

Sophie
All I’ve noticed so far about events on the platform is that Viktor Orbán’s Fidesz party has organised a conference on the “Christian values” of the EU. This also shows a dilemma of the EU with the Conference: It is venturing deliberative democracy in a political context that is not particularly EU-friendly.

What has the digital platform achieved so far?

Manuel
So let’s talk a bit about the platform itself: Four months after its launch, 22,763 participants have registered and posted 6,676 “ideas” (reform proposals) – an average of just over fifty per day. These ideas received 12,207 comments and 33,745 “endorsements” (likes).

Screenshot: 18 August 2021. For the current status, see here.

That’s more discussion than any one person could follow. But still, 22,763 participants is just 0.005 per cent of the EU population. We are obviously still a long way from the initial goal of broadly involving European citizens on the platform. What do you think the platform has achieved so far?

Carmen
There is definitely still room for improvement in terms of participation rates, but I tend to favour "quality over quantity". Basically, participation is open to everyone. If events like the citizens’ panels and the platform facilitate open debates and constructive proposals that actually find their way into the conference, they have fulfilled their purpose, haven’t they?

Sophie
The problem I see is whether the platform actually attracts citizens who don’t already have an affinity for political issues.

The “usual suspects”

Julian
I fully agree with you. Indeed, there are some good proposals on the platform. But wasn’t the idea of the platform to widen the scope of the debate and go beyond the “usual suspects”? So far, it is mainly the Federalists who have managed to market their ideas and proposals there.

In this sense, I almost welcome if Eurosceptic forces also get involved (though with that I don’t mean anti-democrats like Orbán). But the real added value would be to reach people who, unlike most of those currently active on the platform, have no other opportunity to participate. At the moment, I am rather sceptical about this and believe that the citizens’ panels are the better instrument.

Carmen
I agree with you regarding the participation of Federalists. In principle, I welcome the fact that European Federalists are so active and are networking across Europe to use the instrument of the Conference on the Future of Europe. In the past, we have seen similar tendencies, for example, with European Citizens’ Initiatives or consultations by the European Commission, where activists and interest groups have joined forces across Europe to bring their positions forward.

But of course, this takes us back to the problem of the “usual suspects” taking part and making their voices heard. And to be honest, we are ourselves part of that, too 😉

Manuel
It’s also my impression that the platform has so far mainly been used by Federalists – and by some civil society actors who are well organised at the European level, especially the European Trade Union Confederation.

On the other hand, media visibility has so far mainly been for the alliance of European right-wing parties that presented their view on the Conference on the Future of Europe in early July (and incidentally triggered speculation about a new large right-wing group in the European Parliament). This raises the question: Do federalists and nationalists use different channels for the Conference? Or do they use the Conference for different purposes?

What is the platform meant to achieve?

Sophie
Of course, the question of what the platform can achieve also depends on what will happen with the citizens’ reform proposals. They will certainly feed into the final report of the Conference, but whether they will be adopted by the EU Commission remains uncertain. The non-paper presented by twelve governments (including Austria and the Netherlands) in March shows that member states want to stick to the strategic priorities of the European Council. Many of the issues listed on the platform are already addressed in these anyway.

And if the Conference is meant to be about participation and reaching a large part of the 450 million citizens, then the EU should have invested much more in communication and in involving local partners – or it should have organised more citizens’ panels, which is difficult due to the overall short duration of the Conference.

Manuel
By the way, do you have any take-aways in terms of new ideas from the platform so far? It seems to me that many of the proposals discussed there – at least among the more popular ones – are actually well-known concepts. A few examples: The most popular proposals in the area of “democracy” are currently a European Federation and transnational lists. In economic policy it is the implementation of the European Pillar of Social Rights, in the area of “the EU in the world” it’s the European army. And for climate protection, it is a subsidy freeze for fossil fuels and the social cushioning of the ecological transition. For me, that’s all well and good, but it is certainly not new.

Sophie
The problem, as I see it, is not a lack of ideas, but the fact that most of them cannot be implemented politically with the current balance of power in the Council. Therefore, the platform’s objective of proposing reform ideas is unfortunately very limited. And if the aim is to make the debate inclusive, then the participation rates are not particularly promising either.

I think the EU should have better thought through what exactly it wants to achieve with the platform – and it also should have coordinated and cooperated much more with the member states and other local partners that reach out to citizens in each country.

Julian
This could be the unofficial motto of the whole conference: “The EU should have better thought through what exactly it wants to achieve with it.” 😋

“Habermas today”?

Carmen
What the platform has achieved, at least in my view, is an initial involvement of European citizens and the beginning of a transnational debate. For a genuine dialogue on the future of Europe and the discussion of proposals, whether constructive or destructive, the platform seems less suitable to me. To fill it with content, we also need local events and the citizens’ panels.

If we imagine the platform as a kind of “Habermas today”, that is, if we take the discussions and inclusive debates of the 18th century salons and coffee houses as our yardstick, we have not quite arrived there yet with the platform. Not only because of the participation rates, but also regarding the user-friendliness in the handling of the website, from presentation to language and translation, which still has quite some room for improvement.

Julian
Well, we’re getting close to 18th century coffee houses, even in this chat. As far as I am concerned, I’m drinking a La Pastora from Costa Rica while we are writing here … ☕️

But jokes aside, the salons of the Enlightenment were really elite forums. The current aim, after all, is to go beyond these groups and include the population at large. Historically, this has rarely been achieved, and it is unprecedented in the dimensions envisaged here. In a way, it is about replacing the mass integration function of political parties and trade unions with new forms of participation.

Sophie
That’s a very good point about the lack of “intermediary structures” that are needed to broaden such debates. Deliberative democracy needs platforms that reach many people. At EU level we don’t have those.

Carmen
Besides the platforms and neutral multipliers in the member states, popular identification figures from music, sports, social media etc. would certainly have been a way to draw attention to the Conference. But even that hardly exists.

Next step: citizens’ panels

Manuel
The next step of the Conference will be the launch of the citizens’ panels in autumn. Four forums are planned, each on a thematic block (“Values, rights, rule of law, democracy, security” – “Climate change, environment / health” – “Stronger economy, social justice, jobs / education, youth, culture, sport / digital transformation” – “EU in the world / migration”). They are to meet in three two-day sessions each between September 2021 and January 2022 and then formulate concrete recommendations. What do you expect from the panels?

Sophie
The citizens’ panels are a particularly exciting part and, in my view, the central element of the Conference. I am curious to see which methodology will be used: Which experts will be invited, how much time will the participants be given, how will the processes be structured? For such formats of citizen participation, the motto “The devil is in the detail” is particularly relevant.

Carmen
Absolutely! I have big hopes for the citizens’ panels, precisely because they involve a random selection of EU citizens that is as representative as possible. There have already been similar projects in the Member States in the past that served as inspiration: the Irish Citizens’ Assembly, the Convention pour le Climat in France.

Or Belgium, where the German-speaking Community has set up a permanent representation of randomly selected citizens in 2019, which exists alongside the parliament. This democratic experiment is unique in the world, and we are not yet that far at EU level. But the initiators of the Belgian citizens’ dialogue also inspired and advised the Conference on the Future of Europe.

Sophie
Yes, I agree the EU should capitalize on the various experiences from its member countries – but at a national level we do have the undeniable advantage that there is also a political public sphere that can bring on a public debate around these forums. This is more difficult at the EU level, but not impossible. The EU could also use the Conference on the Future of Europe to precisely strengthen this missing European public sphere.

Carmen
True. Above all, I see an opportunity of connecting the numerous segmented and scattered public spheres, which usually are very dependent on news cycles (European elections, Euro crisis, etc.). The Conference could bring them together beyond national or topical borders.

Will the results be taken seriously?

Sophie
However, it is also true that citizen participation can only be successful if citizens are taken seriously and the format is given political weight. So, I really hope that the EU institutions will take up the results of the citizens’ panels afterwards – otherwise it can quickly turn into “fake participation” and frustrate all those who have put their time and effort into it without the proposals leading to a result.

Julian
For the results to be taken seriously, the format of presentation is also crucial. What should the citizens’ panels produce? Their own final reports? A list of recommendations? (Or even a new draft treaty? 😉) I would say a coherent final report achieves the most impact, don’t you think?

But it will also be exciting to see whether the panel debates differ from those on the digital platform and at events where all interested people can participate. That gets us to a fundamental question of participatory democracy: Which contribution to the debate has which legitimacy, how is it to be weighted?

Manuel
In any case, according to the Rules of Procedure of the Conference, the panels are supposed to come up with “concrete recommendations”, whatever that means. Weighing these recommendations against the ideas on the platform and the results of the decentralised events will then be the task of the Plenary, which is to submit proposals to the Executive Board of the Conference next spring. And the Executive Board then has the task to formulate a final report for the EU institutions based on these proposals. So, the road from the citizens’ panels to political implementation is quite a long one.

Julian
Concrete recommendations, yes, but what should they look like? I would consider all three of the possibilities mentioned before to be compatible with the Rules of Procedure.

Moving from listening to action

Sophie
I think the experiences at the national level also give some good examples of what can go wrong when the “political system” doesn’t take citizens’ participation seriously: In France, Emmanuel Macron was heavily criticised for taking up too few of the recommendations of the Convention pour le Climat. The EU should avoid exposing itself to this criticism, too.

Carmen
That’s a risk, of course. At EU level, we already had the Citizens’ Dialogues, which were initiated on a large scale by the Commission and took place with the support of many Commissioners in European cities. At that time, there were also many questions about the follow-up to the dialogues, which was largely absent or hardly comprehensible for citizens. By now, we should already have left the “listening” stage; the EU – and especially the Council – must move on to “action”. In any case, it won’t be possible to just appeal to the trust of European citizens forever, otherwise I fear a certain participation fatigue.

At least, there was an interesting result at the opening event of the Conference on 9 May: the President of the Parliament, David Sassoli, expressly emphasised that there mustn’t be any taboos, including treaty changes. This had not been explicitly mentioned in the joint declaration of the three institutions at the time.

Julian
Yes, this is the classic sticking point that we always have with citizen participation: responsiveness! I see three big problems:

  1. Even though this is often expected by the participating citizens, responsiveness does not always mean a 1:1 implementation of all proposals. Rather, it only means the right to a detailed explanation of why a proposal is not implemented. Still, experience shows that the EU is extremely bad even at this.
  2. When the EU does implement proposals, it usually happens years later and is no longer perceived as the result of citizen participation. Here, the EU often gives away the opportunity of scoring easy goals.
  3. The Council has clearly shown that it is not interested in major reforms. Once the Conference is over, it will therefore be up to the European Parliament to exert pressure so that the results are really implemented.

A typical product of EU politics

Manuel
This brings us full circle to our European Policy Quartet in March, where we talked about the chances of success of the Conference. Last question for today: Have you become more optimistic or more pessimistic since then?

Sophie
Basically, I didn’t set my expectations too high, so I remain at the same, relatively pessimistic level as in March. But I am looking forward to the citizens’ panels in autumn and how they will be conducted, and to the compilation of the results by May 2022.

What seems crucial is to me is that we monitor the Conference on the Future of Europe well and draw conclusions from it for the future. It will certainly not have been the last opportunity for deliberative democracy at EU level.

Carmen
I am more optimistic today! The experiment has finally started, and even if there are still some problems and the timetable gives me a little stomach-ache in view of the high expectations and the current Slovenian and the following French Council Presidencies, I am looking forward to this autumn with hope.

The start of the citizens’ panels, the federal election campaign in Germany (in which, I hope, the EU will often be part of the debate), the rising vaccination rates and thus the chance for in-person events, and the ongoing politicisation of our societies – not least due to the numerous international crises in recent weeks – make me feel positive. I also have high hopes for the European Parliament and MEPs to popularise the debate further and to build up pressure, especially towards the Council.

Julian
I have the impression that the Conference on the Future of Europe is a typical project of EU politics: neither a glaring failure nor a big breakthrough. It brings:

  • many ideas and approaches, which however should have been better implemented,
  • a great deal of commitment to involving citizens, which however does not really bear fruit,
  • and many good proposals, only a few of which however will be implemented in the near future.



Carmen Descamps is a Non-Resident Research Fellow at the European Liberal Forum in Madrid.



Sophie Pornschlegel is a Senior Policy Analyst at the European Policy Centre in Brussels.

Manuel Müller is a Senior Researcher at Institut für Europäische Politik in Berlin and runs the blog „Der (europäische) Föderalist“.

Images: Balcony with flag: Manuel Müller [all rights reserved]; portrait Carmen Descamps: © Life Studio [all rights reserved]; portraits Julian Plottka, Sophie Pornschlegel, Manuel Müller: private [all rights reserved].
Translation from German: Carmen Descamps, Manuel Müller.

09 August 2021

Wer wird Europaminister? Runde 1: Institutionen

Wer wird Europaminister? Das Europa-Quiz zur Bundestagswahl 2021

Bei der Bundestagswahl am 26. September geht es, na klar, auch um Europa. Als einwohnerreichster und wirtschaftsstarker Mitgliedstaat kann Deutschland in Europa vieles gestalten, aber auch vieles blockieren. Die deutsche Bundesregierung spielt eine Schlüsselrolle im Ministerrat, und auch der Bundestag selbst übt durch zahlreiche Beteiligungs- und sogar Vetorechte Einfluss auf die EU aus.

Mit dem Quiz „Wer wird Europaminister?“ können Sie Ihr Wissen zur deutschen Europapolitik testen. In den sieben Wochen bis zur Bundestagswahl werden auf diesem Blog jeden Montag sieben neue Fragen erscheinen.

Dabei wird es nicht nur darum gehen, wie das aktuelle deutsche Mitglied der EU-Kommission heißt – vielmehr sollen sich auch jene herausgefordert fühlen, die sich öfters mit der EU und Deutschlands Rolle darin beschäftigen. Aber keine Sorge: Manches lässt sich durch Nachdenken erschließen, anderes vielleicht durch die Internet-Suchmaschine Ihrer Wahl. Und nicht immer ist alles bierernst gemeint.

Kurz gesagt: Hier geht es um all das, was Sie schon immer über deutsche Europapolitik wissen wollten, aber sich nie zu fragen trauten, sodass Sie jetzt eben raten müssen. Viel Erfolg und viel Vergnügen!

Übrigens

Dieses Quiz ist ein Informationsangebot des Blogs Der (europäische) Föderalist. Für Unterstützung bei der Umsetzung danke ich Lennart Belke und dem Institut für Europäische Politik Berlin.

Das Quiz wurde mithilfe der Software von involve.me erstellt und ist auf diesem Blog von der involve.me-Website eingebunden. Wenn Sie das Quiz nutzen, werden Ihre Antworten sowie verschiedene anonymisierte Metadaten (etwa Ihr Land oder die Zeit, die Sie für die Bearbeitung benötigen) an involve.me geschickt und automatisch auch mir zur Verfügung gestellt. Ich selbst werde diese Daten nicht systematisch auswerten. Die Datenschutz-Richtlinie von involve.me ist hier zu finden.


Wer wird Europaminister? Ein Europa-Quiz zur Bundestagswahl

Übersicht

  1. Institutionen
  2. Personen
  3. Parteien
  4. Deutschland in Europa
  5. Historisches
  6. Entscheidungen
  7. Der Bundestag

Bild: Eigenes Werk (Screenshot).