07 Dezember 2022

Wenn an diesem Sonntag Europawahl wäre (Dezember 2022): S&D legt deutlich zu, Liberale verlieren


Linke G/EFA S&D RE EVP EKR ID fʼlos Sonst.
EP heute3871146102176636445
Okt. 22524212710016979633538
Dez. 2251441369316679643735
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Basis-Szenario,
Stand: 6.12.2022.


Dynamisches Szenario,
Stand: 6.12.2022.

Wer die Europawahl-Sitzprojektionen auf diesem Blog regelmäßig verfolgt, der kennt das Phänomen: Plötzliche Sprünge gibt es in der Projektion vor allem dann, wenn in einzelnen Mitgliedstaaten dramatische politische Entwicklungen stattfinden – oder wenn es in Frankreich eine neue Umfrage gibt. In keinem anderen EU-Land ist die Politik so stark auf die Person der Präsident:in zugeschnitten; Umfragen, die parteipolitische Präferenzen abfragen, gibt es abseits des unmittelbaren Parlamentswahlkampfes kaum. Wenn dann, wie jetzt Anfang November, doch einmal eine erscheint, so hat sich die politische Stimmung in der Zwischenzeit oft deutlich verändert. Und weil Frankreich einer der größten Mitgliedstaaten ist, macht sich das dann unmittelbar auch auf europäischer Ebene bemerkbar.

Im aktuellen Fall ist es die sozialdemokratische Fraktion S&D, die durch die neue französische Umfrage gegenüber der letzten Europawahlprojektion von Oktober jäh dazugewinnt. Bei der nationalen Parlamentswahl im Juni war der französische PS so weit abgerutscht, dass er in der Projektion gar nicht mehr vorkam. Nach den aktuellen Umfragewerten würde die Partei hingegen wieder klar ins Europäische Parlament einziehen, womit sich die Lage auch für die S&D-Fraktion als Ganzes deutlich verbessert. Einbußen verzeichnen hingegen die Liberalen, die Konservativen und die Linke, und auch hier schlägt sich jeweils die französische Entwicklung in der europäischen Sitzprojektion wider.

S&D gewinnt stark dazu

Allerdings ist Frankreich nicht das einzige Land, in dem es für die Sozialdemokrat:innen in den letzten Wochen etwas besser lief. Auch in Deutschland, Spanien, Ungarn, Schweden, Dänemark und Litauen konnten S&D-Mitgliedsparteien zuletzt leicht zulegen. Verluste gab es hingegen in Italien, wo der PD nach der Niederlage bei der nationalen Parlamentswahl im September noch um seine künftige Ausrichtung ringt.

Auch in den Niederlanden, Portugal, Österreich und Kroatien schnitten sozialdemokratische Parteien in den Umfragen zuletzt etwas schlechter ab. Dennoch gewinnt die S&D unter dem Strich deutlich hinzu und würde nun 136 Sitze erreichen (+9 gegenüber Oktober).

EVP etwas verschlechtert

Die christdemokratisch-konservative Europäische Volkspartei (EVP) konnte zuletzt unter anderem in Deutschland und Kroatien zulegen. Auch das lettische EVP-Mitglied JV, das Anfang Oktober die nationalen Parlamentswahl gewann, baute in der ersten seitdem erschienen Umfrage seinen Vorsprung noch weiter aus.

Hingegen sackt die italienische FI nach ihrer Beteiligung am rechten Regierungsbündnis um Giorgia Meloni (FdI/EKR) weiter ab, und der spanische PP zahlt in den Umfragen offenbar einen Preis für seine Blockade des nationalen Justizrats. Auch die Werte der EVP-Mitgliedsparteien aus Frankreich, Portugal und Dänemark verschlechterten sich in den letzten Wochen. Insgesamt erreicht die Fraktion damit noch 166 Sitze (–3).

Liberale mit deutlichen Einbußen

Noch deutlicher fallen die Verluste der liberalen Fraktion Renew Europe (RE) aus. Deren Mitgliedsparteien verlieren außer in Frankreich auch in Deutschland und Polen. Die schwedischen Liberalerna, deren Unterstützung für das neue rechte Regierungsbündnis einigen Ärger in der RE ausgelöst hat, würden nun gar nicht mehr ins Europäische Parlament einziehen.

Zugewinne macht unter den RE-Mitgliedern nur die dänische LA: Ähnlich wie andere Zentrumsparteien schnitt sie bei der nationalen Parlamentswahl Anfang November sehr gut ab und kann sich mit diesem Ergebnis auch Hoffnungen auf einen Sitz im Europäischen Parlament machen. Für die Fraktion als Ganzes ist das aber natürlich nicht genug: Sie fällt in der Projektion auf 93 Sitze zurück (–7), ihren schlechtesten Wert seit zwei Jahren.

Grüne legen zu

Weiter links im politischen Spektrum zählen zu den Gewinnern der letzten Wochen auch die europäischen Grünen, die jüngst in Kopenhagen ihren nur einmal pro Wahlperiode stattfindenden Parteikongress abgehalten haben. Zwar kommt das traditionelle Zugpferd der G/EFA-Fraktion, die deutschen Grünen, gerade nicht vom Fleck. In Frankreich und den Niederlanden legen die Grünen jedoch leicht zu, und auch die tschechischen Piráti, die ebenfalls der G/EFA angehören, verzeichneten zuletzt etwas bessere Umfragewerte. Insgesamt kommt die Fraktion damit auf 44 Sitze (+2).

Die Linke wiederum muss in Frankreich deutliche Verluste einstecken, kann aber in mehreren anderen Ländern – unter anderem den Niederlanden, Griechenland und Portugal – leicht dazugewinnen. Unter dem Strich hält sich die Linksfraktion damit ein weiteres Mal nahezu unverändert bei 51 Sitzen (–1).

EKR: FdI weiter im Aufwind

Auf der anderen Seite des Parlaments machen in der Rechtsfraktion EKR vor allem die italienischen FdI Furore. Nach ihrem nationalen Wahlsieg im September kann die Partei der neuen Regierungschefin Giorgia Meloni ihren Höhenflug weiter fortsetzen und wäre nun die zweitstärkste nationale Einzelpartei im Europäischen Parlament – vor Emmanuel Macrons französischem Regierungsbündnis Ensemble (RE) und nur hauchdünn hinter der deutschen CDU/CSU (EVP). In Rumänien, Schweden und der Slowakei hatten die EKR-Mitgliedsparteien in den letzten Wochen hingegen etwas schlechtere Umfragewerte, sodass die Fraktion insgesamt unverändert bei 79 Sitzen (±0) liegt.

Wenig Neues gibt es bei der anderen Rechtsfraktion ID. Hier kann sich vor allem die österreichische FPÖ freuen, die nun in einigen Umfragen stärksten nationale Kraft ist. Auch die portugiesische Chega legt weiter zu. Das französische RN hingegen schneidet in der neuen Umfrage etwas schlechter ab als bei der nationalen Parlamentswahl im Juni. Insgesamt verbessert sich die ID-Fraktion damit nur minimal auf 64 Sitze (+1).

Fraktionslose und Sonstige

Ein kleines Comeback erfährt in Frankreich auch die Rechtsaußenpartei Reconquête um Éric Zemmour. Nachdem die erst vor einem Jahr gegründete Partei bei der nationalen Präsidentschaftswahl im April und der Parlamentswahl im Juni krachend gescheitert war, schien sie bereits im Verschwinden begriffen. Nach der neuen Umfrage würde sie jedoch wieder knapp die Fünf-Prozent-Hürde überspringen. Sollte sie dieses Ergebnis bis zur nächsten Europawahl halten, könnte sie die Reihen der fraktionslosen Abgeordneten im Europäischen Parlament weiter füllen.

Derweil schneiden die ungarische Fidesz und die griechische KKE in den jüngsten Umfragen etwas schlechter ab, sodass die Fraktionslosen in der Projektion insgesamt nur leicht dazugewinnen (37 Sitze / +2).

Leichte Verluste erfahren schließlich die „sonstigen“ Parteien, die derzeit nicht im Europäischen Parlament vertreten sind und keiner Fraktion klar zugeordnet werden können. Unter anderem scheint in den Niederlanden die Bauernpartei BBB, die im Zuge der Bauernproteste in diesem Sommer schnell gewachsen war, ihren Zenit inzwischen überschritten zu haben. Gemeinsam kommen die „Sonstigen“ noch auf 35 Sitze (–3).

Die Übersicht

Die folgende Tabelle schlüsselt die Sitzverteilung der Projektion nach nationalen Einzelparteien auf. Die Tabelle folgt dem Basisszenario, in dem nationale Parteien jeweils ihrer aktuellen Fraktion (bzw. der Fraktion ihrer europäischen Dachpartei) zugeordnet sind.

Demgegenüber ordnet das dynamische Szenario der Sitzprojektion alle „sonstigen Parteien“ jeweils den Fraktionen zu, denen diese plausiblerweise am nächsten stehen, und bezieht zudem auch mögliche künftige Fraktionswechsel einzelner nationaler Parteien ein. In der Tabelle sind die Veränderungen im dynamischen Szenario gegenüber dem Basisszenario durch farbige Schrift und durch Hinweise im Mouseover-Text gekennzeichnet.

Da es keine gesamteuropäischen Wahlumfragen gibt, basiert die Projektion auf aggregierten nationalen Umfragen und Wahlergebnissen aus allen Mitgliedstaaten. Wie die Datengrundlage für die Länder im Einzelnen aussieht, ist im Kleingedruckten unter den Tabellen erläutert. Mehr Informationen zu den europäischen Parteien und zu den Fraktionen im Europäischen Parlament gibt es hier.


Linke G/EFA S&D RE EVP EKR ID fʼlos Sonst.
EP heute3871146102176636445
Okt. 22524212710016979633538
Dez. 2251441369316679643735
dynamisch535013910017083
8030

Linke G/EFA S&D RE EVP EKR ID fʼlos Sonst.
DE 5 Linke 18 Grüne
1 Piraten
1 ÖDP
1 Volt
18 SPD 6 FDP
2 FW
27 Union
1 Familie

13 AfD 2 Partei 1 Tier
FR 10 LFI 6 EELV 7 PS 23 Ens 10 LR
19 RN 4 Rec
IT

14 PD 6 Az-IV 7 FI
1 SVP
26 FdI 7 Lega 15 M5S
ES 7 UP
1 Bildu
1 ERC 17 PSOE 1 Cʼs
1 PNV
19 PP 10 Vox
1 JxC 1 MP
PL

5 Lewica 5 PL2050
16 KO
3 KP
20 PiS

3 Konf
RO

14 PSD 3 USR 9 PNL
2 UDMR
5 AUR


NL 2 PvdD
2 SP
3 GL
2 PvdA 5 VVD
3 D66
1 CDA
1 CU
2 JA21
1 SGP
4 PVV
3 BBB
EL 7 Syriza
3 PASOK
8 ND 1 EL
1 KKE 1 MeRA25
BE 3 PTB 1 Groen
1 Ecolo
2 Vooruit
2 PS
1 O-VLD
2 MR
1 CD&V
1 LE
1 CSP
3 N-VA 3 VB

PT 1 BE
1 CDU

8 PS 1 IL 7 PSD
3 CH

CZ
3 Piráti

8 ANO 1 STAN
1 TOP09
5 ODS 3 SPD
HU

4 DK
1 MSZP
1 MM 1 KDNP

12 Fidesz
2 MHM
SE 2 V 1 MP 8 S 1 C
4 M
1 KD
4 SD


AT
2 Grüne 5 SPÖ 2 Neos 4 ÖVP
6 FPÖ

BG

2 BSP 2 DPS 5 GERB
1 DSB



4 PP
2 V
1 BV
DK 1 Enhl. 1 SF 6 S 2 V
1 LA
1 K


1 DD
1 M
FI 1 Vas 1 Vihreät 3 SDP 2 Kesk 4 Kok
3 PS

SK

3 Smer-SSD 1 PS 2 OĽANO
1 Spolu
1 KDH
1 SaS 1 SR 1 REP 3 Hlas-SD
IE 6 SF

3 FF 4 FG



HR

2 SDP
6 HDZ


2 Možemo
1 Most
1 DP
LT
1 LVŽS 3 LSDP 1 LRLS
2 TS-LKD

1 DP 2 DSVL
1 LT
LV



3 JV
1 NA

1 ZZS
1 Prog
1 LRA
1 S!
SI

1 SD 4 GS 2 SDS
1 N.Si




EE


3 RE
1 KE


2 EKRE
1 E200
CY 2 AKEL
1 EDEK
3 DISY



LU
1 Gréng
1 PPLU
1 LSAP 1 DP 2 CSV



MT

4 PL
2 PN




Verlauf (Basisszenario)


Linke G/EFA S&D RE EVP EKR ID fʼlos Sonst.
06.12.2022 51 44 136 93 166 79 64 37 35
12.10.2022 52 42 127 100 169 79 63 35 38
20.08.2022 52 47 134 98 170 75 63 27 39
22.06.2022 54 44 133 101 165 77 64 31 36
25.04.2022 59 39 139 97 157 78 64 38 34
01.03.2022 53 36 139 98 158 78 62 45 36
04.01.2022 51 39 142 99 165 73 62 34 40
08.11.2021 50 42 144 96 155 75 72 36 35
13.09.2021 54 42 141 98 160 70 75 33 32
21.07.2021 52 45 133 97 167 71 74 31 35
24.05.2021 50 50 125 95 167 74 73 33 38
29.03.2021 52 46 136 96 164 71 73 34 33
02.02.2021 52 45 135 94 184 70 71 21 33
09.12.2020 52 47 136 93 188 67 73 20 29
12.10.2020 51 49 127 96 193 67 71 21 30
14.08.2020 50 53 145 88 196 65 64 20 24
25.06.2020 48 55 143 91 203 64 63 20 18
26.04.2020 47 53 151 88 202 66 66 19 13
10.03.2020 51 58 138 88 188 67 82 21 12
09.01.2020 49 58 135 93 186 65 82 24 13
23.11.2019 48 57 138 99 181 62 82 22 16
23.09.2019 49 61 139 108 175 56 82 24 11
30.07.2019 47 64 138 108 180 57 82 22 7
Wahl 2019 40 68 148 97 187 62 76 27

Die Zeile „Wahl 2019“ kennzeichnet die Sitzverteilung zum 2. Juli 2019, dem Zeitpunkt der Konstituierung des Europäischen Parlaments nach der Europawahl im Mai 2019.
Angegeben sind jeweils die Werte im Basisszenario ohne das Vereinigte Königreich. Eine Übersicht der Werte mit dem Vereinigten Königreich für die Zeit bis Januar 2020 ist hier zu finden. Eine Übersicht älterer Projektionen aus der Wahlperiode 2014-2019 gibt es hier.

Die vollen Namen der Fraktionen und der nationalen Einzelparteien erscheinen als Mouseover-Text, wenn der Mauszeiger eine kurze Zeit regungslos auf der Bezeichnung in der Tabelle gehalten wird. Sofern eine Partei im dynamischen Szenario einer anderen Fraktion zugeordnet ist als im Basisszenario, ist dies ebenfalls im Mouseover-Text gekennzeichnet.

Fraktionszuordnung

Basisszenario: Für die Projektion werden Parteien, die bereits im Europäischen Parlament vertreten sind, jeweils ihrer derzeitigen Fraktion zugerechnet, es sei denn, sie haben ausdrücklich ihren Entschluss zu einem Fraktionswechsel nach der nächsten Europawahl erklärt. Nationale Parteien, die derzeit nicht im Europäischen Parlament vertreten sind, aber einer europäischen Partei angehören, werden der Fraktion der entsprechenden europäischen Partei zugeordnet. In Fällen, bei denen sich die Mitglieder einer nationalen Liste nach der Wahl voraussichtlich auf mehrere Fraktionen aufteilen werden, wird jeweils die am plausibelsten scheinende Verteilung zugrundegelegt. Parteien, bei denen die Zuordnung zu einer bestimmten Fraktion unklar ist, werden im Basisszenario als „Sonstige“ eingeordnet.

Für die Bildung einer eigenständigen Fraktion sind nach der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments mindestens 23 Abgeordnete aus mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten erforderlich. Mit einem Asterisk (*) gekennzeichnete Gruppierungen würden diese Bedingungen nach der Projektion derzeit nicht erfüllen. Sie müssten deshalb gegebenenfalls nach der Europawahl zusätzliche Abgeordnete für sich gewinnen, um sich als Fraktion konstituieren zu können.

Dynamisches Szenario: Im dynamischen Szenario werden alle „sonstigen“ Parteien einer schon bestehenden Fraktion (oder der Gruppe der Fraktionslosen) zugeordnet. Außerdem werden gegebenenfalls Fraktionsübertritte von bereits im Parlament vertretenen Parteien berücksichtigt, die politisch plausibel erscheinen, auch wenn sie noch nicht öffentlich angekündigt wurden. Um diese Veränderungen gegenüber dem Basisszenario deutlich zu machen, sind Parteien, die im dynamischen Szenario einer anderen Fraktion zugeordnet werden, in der Tabelle mit der Farbe dieser Fraktion gekennzeichnet; zudem erscheint der Name der möglichen künftigen Fraktion im Mouseover-Text. Die Zuordnungen im dynamischen Szenario basieren auf einer subjektiven Einschätzung der politischen Ausrichtung und Strategie der Parteien und können daher im Einzelnen recht unsicher sein. In der Gesamtschau kann das dynamische Szenario jedoch näher an der wirklichen Sitzverteilung nach der nächsten Europawahl liegen als das Basisszenario.

Datengrundlage

Soweit verfügbar, wird bei der Sitzberechnung für jedes Land jeweils die jüngste Umfrage zu den Wahlabsichten für das Europäische Parlament herangezogen. Wo mehr als eine Umfrage erschienen ist, wird der Durchschnitt aller Umfragen aus den letzten zwei Wochen vor der jüngsten Umfrage berechnet, wobei jedoch von jedem einzelnen Umfrageinstitut nur die jeweils letzte Umfrage berücksichtigt wird. Stichtag für die Berücksichtigung einer Umfrage ist, soweit bekannt, jeweils der letzte Tag der Durchführung, andernfalls der Tag der Veröffentlichung.
Für Länder, in denen es keine spezifischen Europawahlumfragen gibt oder die letzte solche Umfrage mehr als zwei Wochen zurückliegt, wird stattdessen die jüngste verfügbare Umfrage für die Wahl zum nationalen Parlament bzw. der Durchschnitt aller Umfragen für das nationale oder das Europäische Parlament aus den letzten zwei Wochen vor der jüngsten verfügbaren Umfrage verwendet. Für Länder, in denen es keine aktuellen Umfragen für Parlamentswahlen gibt, wird stattdessen gegebenenfalls auf Umfragen zu Präsidentschaftswahlen zurückgegriffen, wobei die Umfragewerte der Präsidentschaftskandidat:innen jeweils den Parteien der Kandidat:innen zugeordnet werden (dies kann insbesondere Frankreich betreffen). Für Mitgliedstaaten, für die sich überhaupt keine Umfragen finden lassen, wird auf die Ergebnisse der letzten nationalen Parlaments- oder Europawahl zurückgegriffen.
In der Regel werden die nationalen Umfragewerte der Parteien direkt auf die Gesamtzahl der Sitze des Landes umgerechnet. Für Länder, in denen die Wahl in regionalen Wahlkreisen ohne Verhältnisausgleich erfolgt (aktuell Belgien und Irland), werden regionale Umfragedaten genutzt, soweit diese verfügbar sind. Wo dies nicht der Fall ist, wird die Sitzzahl für jeden Wahlkreis einzeln berechnet, dabei aber jeweils die nationalen Gesamt-Umfragewerte herangezogen. Nationale Sperrklauseln werden, soweit vorhanden, in der Projektion berücksichtigt.
In Belgien entsprechen die Wahlkreise bei der Europawahl den Sprachgemeinschaft, während Umfragen üblicherweise auf Ebene der Regionen durchgeführt werden. Für die Projektion werden für die französischsprachige Gemeinschaft die Umfragedaten aus Wallonien, für die niederländischsprachige Gemeinschaft die Umfragedaten aus Flandern genutzt. Für die deutschsprachige Gemeinschaft wird das Ergebnis der letzten Europawahl herangezogen (1 Sitz für CSP).
In Ländern, in denen es üblich ist, dass mehrere Parteien als Wahlbündnis auf einer gemeinsamen Liste antreten, werden der Projektion plausibel erscheinende Listengemeinschaften zugrunde gelegt. In der Tabelle sind diese in der Regel unter der Bezeichnung des Wahlbündnisses oder der größten dazugehörigen Partei zusammengefasst. Manchmal gehören die Parteien eines Wahlbündnisses im Europäischen Parlament jedoch unterschiedlichen Fraktionen an. In diesem Fall werden die Parteien einzeln aufgeführt und eine Plausibilitätsannahme über die Verteilung der Sitze auf der gemeinsamen Liste getroffen. Dies betrifft folgende Parteien: Italien: SI (1., 3. Listenplatz) und EV (2., 4.); Spanien: Más País (1.-2.), Compromís (3.) und Equo (4.); ERC (1., 3.-4.), Bildu (2.) und BNG (5.); PNV (1.) und CC (2.); Niederlande: CU (1., 3.-4.) und SGP (2., 5.); Ungarn: Fidesz (1.-6., ab 8.) und KDNP (7.); Bulgarien: DSB (1.-2.) und ZD (3.); Slowakei: PS (1.) und Spolu (2.).
Da es in Deutschland bei der Europawahl keine Sperrklausel gibt, können Parteien bereits mit weniger als 1 Prozent der Stimmen einen Sitz im Europäischen Parlament gewinnen. Da deutsche Umfrageinstitute für Kleinparteien jedoch in der Regel keine Werte ausweisen, wird in der Projektion jeweils das Ergebnis der letzten Europawahl herangezogen (je 2 Sitze für PARTEI und FW, je 1 Sitz für Tierschutzpartei, ödp, Piraten, Volt und Familienpartei). Nur falls eine Kleinpartei in aktuellen Umfragen einen besseren Wert erreicht als bei der letzten Europawahl, wird stattdessen dieser Umfragewert genutzt.
In Italien können Minderheitenparteien durch eine Sonderregelung auch mit nur recht wenigen Stimmen ins Parlament einziehen. In der Projektion wird die Südtiroler Volkspartei deshalb stets mit dem Ergebnis der letzten Europawahl (1 Sitz) geführt.

Die folgende Übersicht führt die Datengrundlage für die Mitgliedstaaten im Einzelnen auf. Die Daten beziehen sich auf den letzten Tag der Durchführung; falls dieser nicht bekannt ist, auf den Tag der Veröffentlichung der Umfragen:
Deutschland: nationale Umfragen, 24.11.-3.12.2022, Quelle: Wikipedia.
Frankreich: nationale Umfragen, 4.11.2022, Quelle: Europe Elects.
Italien: nationale Umfragen, 21.11.-5.12.2022, Quelle: Wikipedia.
Spanien: nationale Umfragen, 20.11.-2.12.2022, Quelle: Wikipedia.
Polen: nationale Umfragen, 21.11.-4.12.2022, Quelle: Wikipedia.
Rumänien: nationale Umfragen, 22.11.2022, Quelle: Wikipedia.
Niederlande: nationale Umfragen, 14.-28.11.2022, Quelle: Wikipedia.
Griechenland: nationale Umfragen, 12.-22.11.2022, Quelle: Wikipedia.
Belgien, französischsprachige Gemeinschaft: regionale Umfragen (Wallonien) für die nationale Parlamentswahl, 29.11.2022, Quelle: Wikipedia.
Belgien, niederländischsprachige Gemeinschaft: regionale Umfragen (Flandern) für die nationale Parlamentswahl, 29.11.2022, Quelle: Wikipedia.
Belgien, deutschsprachige Gemeinschaft: Ergebnis der Europawahl, 26.5.2019.
Portugal: nationale Umfragen, 17.-20.11.2022, Quelle: Wikipedia.
Tschechien: nationale Umfragen, 31.10.-4.11.2022, Quelle: Wikipedia.
Ungarn: nationale Umfragen, 22.-28.11.2022, Quelle: Wikipedia.
Schweden: nationale Umfragen, 17.11.-1.12.2022 Quelle: Wikipedia.
Österreich: nationale Umfragen, 1.12.2022, Quelle: Wikipedia.
Bulgarien: Ergebnisse der nationalen Parlamentswahl, 2.10.2022, Quelle: Wikipedia.
Dänemark: nationale Umfragen, 27.11.2022, Quelle: Wikipedia.
Finnland: nationale Umfragen, 1.-11.11.2022, Quelle: Wikipedia.
Slowakei: nationale Umfragen, 28.11.2022, Quelle: Wikipedia.
Irland: nationale Umfragen, 23.11.-2.12.2022, Quelle: Wikipedia.
Kroatien: nationale Umfragen, 25.11.-4.12.2022, Quelle: Wikipedia.
Litauen: nationale Umfragen, 8.-19.11.2022, Quelle: Wikipedia.
Lettland: nationale Umfragen, 19.10.2022, Quelle: Wikipedia.
Slowenien: nationale Umfragen, 11.-24.11.2022, Quelle: Wikipedia.
Estland: nationale Umfragen, 17.-28.11.2022, Quelle: Wikipedia.
Zypern: Ergebnisse der nationalen Parlamentswahl, 30.5.2021, Quelle: Wikipedia.
Luxemburg: nationale Umfragen, 7.6.2021, Quelle: Europe Elects.
Malta: nationale Umfragen, 1.12.2022, Quelle: Malta Today.

Bilder: alle Grafiken: Manuel Müller.

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