Das ging schnell. Vor gerade einmal vier Tagen habe ich hier einen Beitrag dazu geschrieben, weshalb Joschka Fischers Vorschlag, eine „Euro-Kammer“, also eine Beratende Versammlung mit delegierten Abgeordneten der nationalen Parlamente der Eurozone einzurichten, nichts mit den Vereinigten Staaten von Europa zu tun hat und auch nicht dazu beitragen wird, der Europapolitik eine größere öffentliche Aufmerksamkeit oder eine bessere demokratische Legitimität zu verschaffen. Außerdem habe ich in einem weiteren Kommentar dargelegt, dass Fischers Idee nicht einmal besonders originell war, sondern bereits in den Verhandlungen zum Vertrag von Maastricht diskutiert und verworfen wurde. Aufgebracht wurde der Vorschlag damals von Politikern wie Michael Heseltine und Valéry Giscard d'Estaing, die jeweils zu einer europafreundlichen Minderheit innerhalb einer mehrheitlich europafeindlichen Gruppierung gehörten und auf diese Weise versuchten, ihren skeptischen Partnern die Fortsetzung der europäischen Integration irgendwie nahe zu bringen. Angesichts des Nationalsouveränismus sowohl in der britischen Conservative Party als auch unter den französischen Gaullisten (mit denen Giscards UDF ein Wahlbündnis hatte) schien dafür die einzige Möglichkeit ein Modell zu sein, das zugunsten der nationalen Parlamente eine massive Beschädigung des Europaparlaments und der Kommission in Kauf genommen hätte – was Helmut Kohl letztlich jedoch nicht zuließ.
Ich beendete meinen Beitrag mit der Feststellung:
Wenn Joschka Fischer nun diese Idee in leicht abgewandelter Form als „Eurokammer“ wieder aufgreift, stellt sich die Frage, ob nicht auch er sich damit eigentlich an Europaskeptiker wendet – und wer dann die heutigen Thatchers und Chiracs sind, die er auf diese Weise von einer Vertiefung der europäischen Integration zu überzeugen versucht. […] [W]er weiß, vielleicht lässt sich die Bundestagsmehrheit und die von ihr getragene Regierung ja tatsächlich von dem Gedanken beeindrucken, dass eine Fiskalunion auch ohne supranationale Organe möglich sein könnte.
Und was berichtet heute EurActiv.de?
Zur Stärkung der demokratischen Legitimierung hat CDU/CSU-Fraktionsvize Andreas Schockenhoff ein neues Modell für ein Euro-Parlament ins Spiel gebracht. „Natürlich muss eine stärkere Angleichung der Finanz- und Wirtschaftspolitik der Euro-Länder durch die nationalen Parlamente vorgenommen werden. Deswegen könnten wir uns eine parlamentarische Versammlung aus den Abgeordneten der Euro-Staaten vorstellen, die über die Konvergenz im Wirtschafts- und Finanzbereich berät und im Vorfeld der Euro-Gipfel Anregungen und Empfehlungen abgibt“, sagte Schockenhoff vor der Auslandspresse in Berlin.
Künftig solle sichergestellt werden, dass auch die nationalen Parlamente – und nicht nur die Regierungen der Euro-Länder – über Maßnahmen zur stärkeren Angleichung der Finanz- und Wirtschaftspolitik der Euro-Länder in Kontakt stünden. […] „Es gibt noch keine Überlegungen, inwieweit Nicht-Euro-Staaten oder Abgeordnete des Europäischen Parlaments beteiligt werden könnten“, stellte Schockenhoff gegenüber EurActiv.de fest.
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