27 September 2024

Wie man europäische Parteien verstehen kann

Von Karl Magnus Johansson und Tapio Raunio
A flag with the logo of the European People’s Party
Man kann die europäische Integration nicht verstehen, ohne das Agenda-Setting und die kontinuierliche Advocacy-Tätigkeit der europäischen Parteien zu berücksichtigen.

Es ist bemerkenswert, wie sehr die europäischen Parteien – politische Parteien auf Ebene der EU – in weiten Teilen der Literatur über die Europäische Union und die europäische Integration übersehen und unterschätzt werden. Gleichzeitig gibt es eine wachsende Zahl von Forscher:innen, die sich mit ihnen und ihren Möglichkeiten befassen, die Entscheidungsfindung in der EU zu beeinflussen. Von Bedeutung sind europäische Parteien nicht zuletzt wegen ihrer weitreichenden, aber oft schwer zu verfolgenden Netzwerke, die sie für politische Zwecke nutzen. Diese Netzwerke verbinden politische Parteien und ihre Anführer:innen, politische Stiftungen, Interessengruppen und sogar einige Basisaktivist:innen in ganz Europa.

Unser Hauptargument ist, dass die europäischen Parteien bei europäischen Entscheidungen einen Unterschied machen. Sie haben sowohl den Verlauf der Integration als auch die regulären Gesetzgebungsverfahren geprägt. Europäische Parteien haben maßgeblich dazu beigetragen, die Kompetenzen der EU zu erweitern und das EU-System in eine stärker supranationale Richtung zu lenken.

Wir plädieren deshalb dafür, die europäischen Parteien stärker als ein eigenständiges Thema zu untersuchen. Um Handlungsfähigkeit und Einfluss ausüben zu können, müssen die europäischen Parteien handlungsfähig sein. Die Vertiefung der Integration, die zu einem großen Teil von den Europarteien selbst initiiert wurde, stellt deshalb einerseits eine enorme Herausforderung für ihren Zusammenhalt und ihre Effizienz dar. Andererseits wird es durch die vertiefte Integration auch immer wichtiger, dass es ein leistungsfähiges Zentrum gibt, das Koordinationsfunktionen übernehmen kann – ein wesentlicher Daseinszweck der europäischen Parteien.

Transnationale Advocacy-Koalitionen

Europäische Parteien können in einem Agendasetting- und Advocacy-Rahmen erforscht werden. Dadurch werden die wesentlichen Triebkräfte für Entscheidungen erfasst, die von der Gestaltung des Diskurses über politische Überzeugungen bis zum Bilden von Koalitionen reichen. Die europäischen Parteien sind kontinuierlich für Advocacy und Agendasetting in wichtigen europäischen Fragen aktiv – wobei im Mittelpunkt ihrer Advocacy-Tätigkeit die Zukunft Europas steht. Zu diesem Rahmen kommt die transnationale parteipolitische Dimension der europäischen Integration hinzu, die wir als einen zentralen Entwicklungsmechanismus der EU betrachten. Die Kombination dieser Ansätze hilft, die europäischen Parteien, ihr Handeln, ihre Beschränkungen und ihren prägenden Einfluss auf die europäische Integration zu verstehen.

Die europäischen Parteien sollten dabei in erster Linie als transnationale parteipolitische Akteure betrachtet werden, die sowohl auf der intergouvernementalen als auch auf der supranationalen Ebene der EU-Politik tätig sind. Der Mehr-Ebenen-Charakter des EU-Systems ermöglicht es, politische Ziele auf mehreren Kanälen voranzutreiben. Advocacy-Koalitionen arbeiten auf vielen Ebenen, um eine kumulative Wirkung zu erzielen. Der transnationale Charakter der europäischen Parteien ist deshalb keine Schwäche, sondern ermöglicht es ihnen, die europäische Politik auf Weisen zu beeinflussen, die in der Öffentlichkeit oft unsichtbar bleiben.

Es ist wichtig festzustellen, dass die europäischen Parteien von einem Regelungsrahmen profitiert haben, der ihre Finanzierung einschließt. Nachdem sie im Vertrag von Maastricht erstmals verfassungsrechtlich anerkannt worden waren, arbeiteten sie zusammen, um die für sie und ihre Finanzierung geltende Verordnung zu schreiben und umzuschreiben. Dies veranschaulicht, wie sich einzelne europäische Parteien oft für eine gemeinsame Sache einsetzen. Insgesamt hat ihnen die Verordnung bei der Stärkung ihrer Organisationsstrukturen und dem Ausbau ihrer Kapazitäten gute Dienste geleistet. Dieser Ausbau ihrer Kapazität war notwendig, um ihnen eine größere „Agency“ zu ermöglichen.

Wie sich die Wirksamkeit europäischer Parteien bewerten lässt

Die Wirksamkeit der europäischen Parteien zu bewerten ist alles andere als einfach, und ihr Einfluss kann sehr unterschiedlich sein. Eine grundlegende Herausforderung für die Erforschung europäischer Parteien besteht darin, dass Parteipolitik beim Regieren auf EU-Ebene zwar allgegenwärtig ist, ihr genauer Einfluss im Vergleich zu anderen Faktoren jedoch nur schwer gemessen werden kann. Für jede Entscheidung, die die europäischen Parteien direkt geprägt haben, gibt es andere Prozesse, bei denen dieser parteipolitische Einfluss schwach oder nur indirekt war. Insgesamt aber kann man die europäische Integration einfach nicht verstehen, ohne das Agenda-Setting und die kontinuierliche Advocacy-Tätigkeit der europäischen Parteien zu berücksichtigen.

Die Europäische Volkspartei (EVP) ist ein gutes Beispiel dafür. Nachdem sie bei den Vertragsreformen in den 1980er und frühen 1990er Jahren ihre Wirksamkeit unter Beweis gestellt hatte, verlor sie in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre an Momentum. Die Ausweitung ihrer Mitgliedschaft auf nicht-christdemokratische Mitte-rechts-Parteien führte zu internen weltanschaulichen Spaltungen. Alles in allem konnte die EVP jedoch in entscheidender Weise und durch kollektives Handeln die verfassungsrechtlichen und institutionellen Grundlagen der EU verändern. Und solange sie intern geschlossen ist, sollte die derzeitige Situation – in der die EVP 14 der 27 Kommissionsmitglieder stellen wird und die größte Fraktion im Europäischen Parlament bleibt – ihren Einfluss weiter erhöhen.

Stärke, Kohäsion und institutionelle Rahmenbedingungen sind wichtig

Alle europäischen Parteien haben jedoch auch erhebliche Einschränkungen in ihrer Handlungsfähigkeit, und ihr Einfluss ist immer an Bedingungen geknüpft. Ein kurzer Blick auf diese Bedingungen macht deutlich, dass die Wirksamkeit der europäischen Parteien im Allgemeinen stark von ihrer Präsenz im Europäischen Rat und ihrer relativen zahlenmäßigen Stärke in den EU-Institutionen abhängt. Hinzu kommt ihr interner Zusammenhalt sowie ihre Fähigkeit, ihre Netzwerke aus politischen Parteien und Regierungschef:innen für eine gemeinsame Sache zu mobilisieren. Interne Spaltungen schwächen die Fähigkeit der europäischen Parteien, Positionen zu koordinieren, und verringern somit ihren Einfluss. Wenn sich die nationalen Mitgliedsparteien über grundlegende Werte und Ziele nicht einig sind, ist eine wirksame Mobilisierung der Advocacy-Koalition nur zu erreichen. Die eher allgemeinen und vagen Wahlprogramme der europäischen Parteien für die Europawahl 2024 deuten, nicht zuletzt innerhalb der EVP, auf solche Uneinigkeiten hin.

Wenn es um Vertragsreformen geht, spielt unseren Untersuchungen zufolge als weiterer Faktor auch das Format oder der institutionelle Rahmen des Verfassungsprozesses eine Rolle. Das „Koventsmodell“, das den politischen Familien einen klaren Zugang zu den Beratungen und Verhandlungen bietet, erleichtert den Einfluss der europäischen Parteien. Regierungskonferenzen hingegen sind eher ein Schlachtfeld nationaler Interessen – obwohl es den europäischen Parteien auch hier schon gelungen ist, den Inhalt von Vertragsreformen direkt zu gestalten.

Transnationale, nicht supranationale Akteure

Die europäischen Parteien haben sich also in der Vergangenheit als einflussreich erwiesen und üben auch weiterhin Einfluss aus. Sie haben sowohl jede Runde von Vertragsreformen als auch die alltäglichen Gesetzgebungsverfahren beeinflusst. Sie setzen sich durch Advocacy und Agendasetting kontinuierlich für die EU und die weitere Entwicklung der europäischen Integration ein. Die europäischen Parteien haben ihr institutionelles Umfeld geprägt, werden aber auch von ihm geprägt. Die europäischen Parteien sind handlungsfähig, aber nicht in unbeschränkter Weise.

Unser Argument sollte daher nicht in dem Sinne missverstanden werden, dass europäische Parteien einen unbedingten und unabhängigen Einfluss auf die europäische Politik hätten. Vielmehr ist ihre Wirkungskraft von Faktoren wie ihrer zahlenmäßigen Stärke und ihrem internen Zusammenhalt abhängig. Wir erkennen an, dass der Einfluss europäischer Parteien sich durch die institutionellen und politischen Rahmenbedingungen jedes Landes unterscheidet. Obwohl die europäischen Parteien unabhängiger geworden sind, sind sie weiterhin von den nationalen Mitgliedsparteien abhängig, insbesondere wenn es um die Verabschiedung von Programmen oder um die Umsetzung von politischen Maßnahmen geht. Die europäischen Parteien sind transnationale, nicht supranationale parteipolitische Akteure. Das spiegelt die Realität wider.

Wege für zukünftige Forschung

Vertiefte Analysen von europäischen politischen Prozessen und der Art und Weise, wie die europäischen Parteien ihre Ergebnisse zu gestalten versucht haben, bieten noch viele Möglichkeiten für neue Erkenntnisse. In diesem Sinn empfehlen wir nachdrücklich die Durchführung von Fallstudien oder vergleichenden Untersuchungen einzelner politischer Prozesse, in der gleichen Weise, wie Wissenschaftler:innen auch die Gesetzgebungsverhandlungen zwischen EU-Institutionen untersucht haben – Verhandlungen, an denen die europäischen Parteien, wenigstens durch ihre Fraktionen im Europäischen Parlament, offensichtlich ebenfalls beteiligt sind.

Besonders nützlich wäre es, dabei die internen Mechanismen der europäischen Parteien genauer zu untersuchen. Natürlich spielen informelle Bindungen und persönliche Kontakte auch in nationalen Parteien eine Rolle, aber innerhalb der europäischen Parteien gewinnen sie aufgrund ihres transnationalen Charakters eine herausragende Bedeutung. Informelle Koordinierung und wiederholte persönliche Interaktionen sind hier von besonderer Relevanz.

Ein Großteil davon findet außerhalb der offiziellen Treffen der europäischen Parteien statt, ist informell, bilateral und oft sogar spontan. Informelle Kontakte werden durch formelle Treffen erleichtert, bei denen Freundschaften geschlossen und Allianzen geschmiedet werden. In den Kaffeepausen der Tagungen des Rates oder des Europäischen Rates werden Meinungen ausgetauscht, und die europäischen Parteien tauschen sich regelmäßig mit „ihren“ Kommissionsmitgliedern aus, sowohl bei formelleren Veranstaltungen als auch informell bei Mittagessen, durch E-Mails oder Telefonate. Es ist dabei nicht möglich zu bestimmen, welchen „Hut“ eine Spitzenpolitiker:in trägt – den nationalen Hut (oder im Falle der Kommissionsmitglieder den der EU) oder den Hut der europäischen Partei –‍, und letztendlich ist es vielleicht auch nicht so wichtig. Wichtig ist, dass sich die einzelnen Politiker:innen treffen und ihre Positionen koordinieren.

Die Frage der Demokratisierung

Interessant bleibt die Frage, ob und wie die zentralen europäischen Parteien versuchen werden, zu künftigen Vertragsänderungen und zur Demokratisierung der EU selbst beizutragen. In den letzten Jahren waren innerhalb der europäischen Parteien vermehrt Spaltungen zu beobachten, was wiederum zu mehr Zurückhaltung in der Debatte über konstitutionelle Reformen geführt hat – wahrscheinlich weil die Parteien sich nicht in der Lage sahen, eine kohärente Vision für eine solche Reform zu formulieren.

Aus Verfassungssicht sind die europäischen Parteien jedoch nicht nur als ein Faktor für die Integration, sondern auch für die Demokratisierung von zentraler Bedeutung. In beiderlei Hinsicht gibt es noch viel zu tun.

Karl Magnus Johansson war Professor und ist jetzt Affiliate Professor für Politikwissenschaft an der Södertörn-Universität Stockholm.

Tapio Raunio ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Tampere.

Dieser Beitrag basiert auf dem von den Autoren verfassten Buch „Transnational Parties and Advocacy in European Integration“, das im Juli 2024 bei Palgrave Macmillan erschienen und im Open Access verfügbar ist. Das Buch analysiert die Rolle der europäischen Parteien bei der Vertiefung der Integration und den Debatten über die Zukunft Europas.


Übersetzung aus dem Englischen: Manuel Müller.
Bilder: Flagge mit dem Logo der EVP: European People’s Party [CC BY 2.0], via Flickr; Porträts Karl Magnus Johansson, Tapio Raunio: privat [alle Rechte vorbehalten].

How to understand Europarties

By Karl Magnus Johansson and Tapio Raunio
A flag with the logo of the European People’s Party
European integration simply cannot be understood without paying attention to the agenda-setting and advocacy of the Europarties.

It is striking how Europarties – political parties at the EU level – have been overlooked and underappreciated in much of the literature on the European Union and European integration. At the same time, a growing number of researchers are exploring Europarties, including their possibility of influencing EU decision-making. Europarties matter not least in terms of their extensive but often hard-to-trace networks that they utilize for political ends. These networks join together political parties and their leaders, political foundations, interest groups, and even some grassroots activists across Europe.

Our core argument is that Europarties make a difference to decision outcomes. They have shaped both the course of integration and standard legislative processes. Europarties have been instrumental in expanding the competences of the EU and in moving the EU regime in a more supranational direction.

We make the case that Europarties should be studied more in their own right. To exercise agency, to wield influence, the Europarties must have capacity to act. On the one hand, the deepening of integration – very much initiated by the Europarties themselves – creates formidable challenges for their cohesion and efficiency. On the other hand, it also necessitates, and even more than before, an effective centre, not least for purposes of coordination, a key rationale for their existence.

Transnational advocacy coalitions

Europarties can be explored through agenda-setting and advocacy frameworks. It means capturing essential drivers of decision outcomes, spanning everything from framing to beliefs and coalitions. Europarties are engaged in continual advocacy and agenda-setting about key European matters – and the future of Europe is at the heart of their advocacy. Added to those frameworks is a transnational partisan dimension of European integration, which we conceive of as a central mechanism through which the EU evolves. Combining these approaches helps in understanding Europarties, their actions, their limitations, and the extent to which they have shaped European integration.

Europarties should be viewed primarily as transnational partisan actors that operate both at the intergovernmental and supranational levels of EU politics. The multilevel nature of the EU polity provides several channels for advancing policy objectives. Advocacy coalitions work on many levels and their impact is cumulative. The transnational character of the Europarties, rather than a weakness, has enabled them to influence European politics in ways that are hidden from public view.

It is important to note that Europarties have capitalised on a regulatory framework which involves their funding. In fact, after first being constitutionally recognised in the Maastricht Treaty, they worked together to write and then rewrite the rules that govern them and secure funding. This illustrates how individual Europarties often join forces behind a common cause. The regulation has served them well in strengthening organisational structures and generating overall capacity. To achieve more ‘agency’, capacity had to increase.

Assessing the effectiveness of Europarties

To assess the effectiveness of Europarties is far from straightforward. And there is marked variation in their influence. A fundamental challenge facing students of Europarties is that party politics is ever-present in EU governance, but measuring its precise impact vis-à-vis other factors is inherently difficult. For every issue where Europarties have directly shaped outcomes, there are other processes where such partisan influence is weak or indirect. However, European integration simply cannot be understood without paying attention to the agenda-setting and continuous advocacy of the Europarties.

The centre-right European People’s Party (EPP) is a case in point. The EPP demonstrated its effectiveness in the Treaty reforms in 1980s and early 1990s. By contrast, in the second half of the 1990s the EPP was no longer in ascendancy and suffered from ideological divisions following its expansion to parties from other origins than Christian Democracy. All in all, however, in crucial ways and through collective action, the EPP has been able to alter the EU’s constitutional and institutional foundations. And provided the EPP is cohesive, the current situation – where the EPP is going to have 14 out of the 27 Commissioners and remains as the largest group in the European Parliament – should prove conducive to its continued influence.

Strength, cohesion, and institutional frameworks matter

But all Europarties face significant constraints on their agency and their influence is conditional. A quick look through the conditions highlights that the effectiveness of Europarties, in general terms, largely depends on their European Council presence and relative numerical strength in EU institutions, internal cohesion, and ability to mobilise their networks of political parties and government leaders for the party cause. Internal fissure weakens the capacity to coordinate positions and hence reduces Europarty influence. Effective mobilisation within the advocacy coalition is hard to achieve when the national member parties disagree about basic values and goals. The rather generic and vague manifestos of the Europarties in the 2024 EP elections suggest such fissures, not least inside the EPP.

In addition, when it comes to Treaty reform, our research shows that the format or institutional framework of the constitutional process matters. The ‘Convention’ model, which provides political families a clearer link to deliberations and negotiations, is more likely to facilitate Europarty influence. Intergovernmental Conferences, on the other hand, are more a battleground of national interests, although Europarties have also managed to directly shape the contents of the Treaties.

Transnational, not supranational actors

Europarties have proven to be influential and continue to wield influence. They have influenced both every round of Treaty reform as well as day-to-day legislative processes. They are engaged in continuous agenda-setting and advocacy in support of the EU and the further development of European integration. Europarties have both shaped their institutional environment and are shaped by it. Europarties are both enabled and constrained.

Our argument should thus not be misunderstood as an unconditional claim about the independent effect of the Europarties. Rather, their influence is conditioned by factors such as numerical strength and internal cohesion. We recognise that the influence of Europarties is likely to be mediated by domestic institutional and political conditions. While Europarties have become more independent actors, they remain reliant on national member parties, especially in terms of adopting programmes and policies. Europarties are transnational partisan actors, not supranational. That reflects reality.

Paths for future research

There remains a lot to learn from in-depth analyses of European level policy processes and how the Europarties have attempted to shape their outcomes. We strongly encourage case study or comparative research into individual political processes in the same way as scholars have examined legislative bargaining between EU institutions – bargaining where Europarties are obviously present, at least through their EP groups.

Yet we particularly urge scholars to ‘dig deeper’ into the internal mechanics of the Europarties. Obviously informal ties and personal contacts matter also inside national parties, but they acquire particular significance inside the Europarties because of their transnational character. Informal coordination and repeated personal interactions acquire special relevance.

Much of it happens outside of formal Europarty meetings, is informal, bilateral, and even spontaneous. Informal contacts are facilitated by formal meetings, with friendships formed and alliances built. Views are exchanged during coffee breaks in Council and European Council meetings, and Europarties convene regularly with ‘their’ Commissioners, both in more formal events and informally via lunches, emails, and phone calls. It is not possible to determine which ‘hat’ national leaders wear – the national (or in the case of Commissioners, the EU) or the Europarty hat –‍, and in the end, it may not matter that much. What matters is that individual politicians meet and that positions are coordinated.

The question of democratisation

The interesting question now is whether and how core Europarties will try to contribute to future constitutional change and to democratising the EU itself. In recent years we have seen increasing divisions inside the Europarties, which has in turn resulted in reluctance to debate constitutional reform, probably because of the inability to articulate a coherent vision for such reform.

Constitutionally, however, the Europarties are designated not only as a factor for integration but also for democratisation. In both respects there is much still to be done.

Karl Magnus Johansson was formerly Professor and is now Affiliate Professor of Political Science at Södertörn University, Stockholm.

Tapio Raunio is Professor of Political Science at Tampere University.

This article is based on the authors’ open access book “Transnational Parties and Advocacy in European Integration”, published by Palgrave Macmillan in July 2024. The book analyses the role of Europarties in the deepening of integration and the debates on the future of Europe.


Pictures: EPP flag: European People’s Party [CC BY 2.0], via Flickr; portraits Karl Magnus Johansson, Tapio Raunio: private [all rights reserved].

24 September 2024

EU to go: Ringen um die EU-Handelspolitik – stehen wir vor einem neuen China-Schock?

In der Podcastserie „EU to go – Der Podcast für Europapolitik“ präsentiert das Jacques Delors Centre kompakte Hintergründe zur Europapolitik. Einmal im Monat analysieren Moderatorin Thu Nguyen und ihre Gäste in 20 bis 30 Minuten ein aktuelles Thema.

„EU to go – Der Podcast für Europapolitik“ erscheint hier im Rahmen einer Kooperation mit dem Jacques Delors Centre. Er ist auch auf der Homepage des Jacques Delors Centre selbst sowie auf allen bekannten Podcast-Kanälen zu finden.

Im Hinblick auf China benötigt die EU eine neue Handelspolitik mit pragmatischem Blick auf die einzelnen Sektoren. Das verlangt zumindest Mario Draghi, der unlängst seinen Bericht zur europäischen Wirtschaft vorgestellt hat. Am 19. September traf sich der EU-Wirtschaftskommissar mit dem chinesischen Handelsminister, um die chinesischen Subventionen und die europäischen Ausgleichszölle auf E-Autos zu besprechen – ohne Ergebnis. Wie geht es nun weiter in der EU-Handelspolitik im Hinblick auf China?

Über diese Frage spicht Thu Nguyen mit Arthur Leichthammer, Policy Fellow und Experte für Geoökonomie am Jacques Delors Centre, und Sander Tordoir, Chefökonom am Centre for European Reform. Gemeinsam schauen sie sich den Fall der E-Autos und die Handelspolitik der EU gegenüber China genauer an, besprechen die Wirksamkeit von Ausgleichszöllen und fragen sich: Kann die EU auf weitere Maßnahmen zurückgreifen? Welche Herausforderungen kommen auf die neue Kommission zu? Und steht der EU ein Handelskrieg mit China bevor?

17 September 2024

Democracy takes time: The European Parliament must not rush the hearings of the new Commission

By Manuel Müller
Ursula von der Leyen
Who will join Ursula von der Leyen in the new EU Commission? Three months after the European election, the Council has still not proposed a list.

The resignation of the French candidate Thierry Breton, staged on the social media service X and accompanied by attacks on Ursula von der Leyen (CDU/EPP), was just the latest spectacular twist in the increasingly protracted search for a new European Commission. Von der Leyen’s election as Commission president in July had gone very smoothly. Since then, however, the timetable has been pushed back further and further. It already seems illusory that the Commission will be able to take office on 1 November as originally planned. But even 1 December will probably only be possible if everything goes very smoothly from now on.

These delays are of course a problem for the EU’s ability to act, not least because only the Commission has the right to initiate new legislation. Politico Europe has already described the timetable as a “fiasco” – and public pressure is building on all those involved to stop playing political games and approve the new Commission as soon as possible.

Governments are at fault for the delays so far

But those who call for haste now ignore the institutional logic of the European timetable. The delays so far have been almost entirely caused by the national governments, many of which – despite the long summer recess – have been unable or unwilling to put forward an acceptable candidate in time. By contrast, the time pressure that is now being exerted is mainly on the European Parliament, which is due to scrutinise the candidates in the coming weeks.

This is a fatal signal: If governments delay their proposals long enough, they can effectively neutralise the Parliament’s rights of scrutiny and co-decision in the process. This cannot be in the interest of European democracy, also with regard to the appointment procedures of future Commissions.

Even the timing of the elections was controversial

In fact, the struggle between the institutions over the timing of this European election year goes back a long way. After the 2009 and 2014 European elections were held at the end of May, the European Parliament, in its 2022 proposal for a reform of the European electoral law, suggested bringing the elections forward to 9 May. This earlier date would have eased the timetable for appointing the Commission, leaving more room after the elections for coalition talks between the parties in the Parliament, for example.

However, the governments in the Council were unable to agree on a date for the elections at all, so they took place in the first week of June (as provided for as a default option in the current direct elections act). The European Council’s formal nomination of von der Leyen then took place on 27 June, just three weeks before the Parliament’s summer recess. The parties thus refrained from negotiating a written coalition agreement and elected von der Leyen as Commission president on 18 July.

Governments prioritise national party logics

As a next step, the procedure in Art. 17 (7) TEU stipulates that the member states make “suggestions” on the basis of which the Council, in agreement with the Commission president-elect, proposes the commissioners. In late July, von der Leyen therefore asked each government to suggest a man and a woman by 30 August so that she could put together a gender-balanced Commission.

This was not a new procedure: in 2014 and 2019, the then Commission presidents had also called for a gender-mixed pair of candidates. However, hardly any government was willing to really go for it. Their priority was not so much the composition of the Commission as a whole, but rather the national party or coalition logic of filling their “own” national commissioner post.

First delays

The first delays in the timetable occurred in two member states that currently only have caretaker governments: Bulgaria, where a cabinet of technocrats has been in office since March 2024 with a mandate limited to organising new national elections, and Belgium, where no new coalition has been formed since the national elections in June. Still, both countries submitted proposals by early September.

More problematic was the fact that the sum of national logics in the nomination of candidates resulted in a massively male-dominated list, with which von der Leyen could not venture before the European Parliament. The Commission president therefore began to exert pressure on various member states, trying to persuade them to nominate a woman by promising them more interesting portfolios. As a result, the Romanian government changed its proposal in early September, while Malta publicly rejected it.

The Slovenian case

But the real sticking point was Slovenia. Its liberal government had originally proposed its candidate for the Commission, Tomaž Vesel (independent), back in April – earlier than anyone else, but obviously also without consulting von der Leyen, who at the time was still in the middle of the European election campaign. When the Commission president pushed for a woman instead, the Slovenian government initially refused. A few days later, however, Vesel himself declared that he no longer wanted to run under these conditions. Shortly after that, the government named Marta Kos (GS/close to ALDE) as a replacement candidate. By now it already was 9 September.

However, under Slovenian law, the European Affairs committee of the national parliament must first hold a consultative vote before the commissioner is formally proposed by the government. This vote was originally scheduled for 13 September, but was then postponed without a date by the committee’s chairman – a member from the opposition SDS party (EPP) – on the official grounds that the committee needed more information on the background to Vesel’s resignation.

In theory, the Council could now explore the legal option of simply adopting the list of commissioners without waiting for a formal proposal from Slovenia. The wording of Art. 17 (7) TEU does not preclude this, nor is there any systematic reason why a single member state should be able to block the appointment procedure (in which the European Council and the Council otherwise always vote by qualified majority) by not submitting a proposal. After all, the Council was also able to propose a Commission in 2019 even though the UK did not propose a member at that time.

The Parliament can only wait

However, neither the Council nor von der Leyen herself seem to want to go down this road, so the European Parliament has little choice but to wait. Having planned to present her team to the European Parliament last week, von der Leyen will now meet the group leaders today, on 17 September. However, given the incomplete list of names, it is still unclear whether she will be able to present an allocation of portfolios.

And as long as MEPs (and the candidates themselves) do not know who has been nominated for which portfolio, they cannot prepare for the hearings that the Parliament will hold before the final election of the Commission. According to the current timetable, the hearings are likely to take place in early November and the election of the Commission at the end of November.

The hearings are essential to the Commission’s legitimacy

The hearings are an essential part of the European Commission’s supranational democratic legitimacy. Each commissioner candidate is questioned for several hours by the committee responsible for his or her portfolio. The committee then votes by a two-thirds majority on whether to give the candidate the green light. If a two-thirds majority is not reached, a second vote is held (if necessary after a further hearing of the candidate), in which a simple majority is sufficient. If the candidate still fails the second vote, the national government must make a new proposal and a new hearing takes place – meaning an additional delay of several weeks. Only when all the candidates have been approved by their respective committees does the actual election of the Commission take place in plenary.

On the one hand, the Parliament uses the hearings to check the professional suitability of the candidates. On the other hand, the hearings also indirectly serve to negotiate (party-)political interests. While at the national level this kind of negotiation usually takes place in the coalition talks before the formation of the government, at the European level it is only here that the elected representatives have the opportunity to influence things like the gender balance and the party-political composition of the Commission or the organisation and distribution of portfolios.

This influence is weaker than that of parties at national level, which is a serious problem for the democratic meaningfulness of European elections. But it does exist, and the more MEPs use their right to have a say, and if necessary to defeat individual candidates, the more visible it will be to European citizens that their vote can make a difference in European elections.

Several candidates facing headwinds

And indeed, this year in particular, there are a number of candidates who are facing political headwinds in Parliament. To name but a few:

  • Raffaele Fitto (FdI/ECR) of Italy is, alongside the Hungarian Olivér Várhelyi (Fidesz/P), the only candidate from a far-right party in the new Commission. Nevertheless, according to media reports, von der Leyen has him in mind as one of her vice-presidents. Socialists, Liberals and Greens oppose this.
  • Teresa Ribera (PSOE/PES) of Spain is the most prominent Socialist candidate and could become vice-president, with responsibility for climate change, among other things. However, she is seen as a supporter of renewable energy and opposes nuclear power. This displeases some MEPs, especially on the right.
  • Olivér Várhelyi (Fidesz/P) from Hungary is the most right-wing of the candidates and did not make himself popular with MEPs during the last parliamentary term. Some observers have suggested that the Hungarian government does not expect the Parliament to confirm him anyway, but is merely using him as a pawn to buy time and increase pressure on MEPs to approve a replacement candidate that will be nominated later.
  • Ekaterina Zaharieva (GERB/EPP) from Bulgaria was involved in a citizenship-for-money scandal in 2018. She is therefore criticised by the Liberals (who had hoped for the Bulgarian commissioner post themselves).
  • Christophe Hansen (CSV/EPP) from Luxembourg was proposed by his country’s liberal-conservative government, although the European Socialists’ lead candidate, Nicolas Schmit (LSAP/PES), is also from Luxembourg. This has been strongly criticised in the PES – especially as the Socialists are already severely under-represented in the Commission compared to their European election results.
  • Glenn Micallef (PL/PES) from Malta was proposed by his government, despite several female candidates with more political experience. Many see him as an embodiment of the gender problem in von der Leyen’s team. Other weak male candidates are, for example, Apóstolos Tzitzikóstas (ND/EPP) from Greece and Kóstas Kadís (independent) from Cyprus.

Coalition debates can create public visibility …

This doesn’t mean that the Parliament will necessarily reject all these candidates. Some parties will oppose some candidates while others will support them. In the end, some groups may compromise and accept each other’s candidates. This is just normal in a coalition government.

But for such a compromise to create democratic legitimacy, it must be transparent to the electorate. The parties should therefore communicate as clearly as possible what they want from the new Commission and what concessions they are prepared to make to other political forces in the Parliament.

Negotiations on the partisan composition and policy orientation of the new Commission are not parliamentary navel-gazing, but can be an important element in the creation of a pan-European political public sphere. Controversies during the hearings are the first opportunity for many European media to report on the candidates and the first opportunity for many citizens to learn about them.

… but they need time

But for this to work, the European parties need time to deal with these controversies without pressure. MEPs must have a real option to reject candidates (and, as in the case of Hungary, possibly also their replacements). If this leads to further delays, the blame should not be put on the Parliament, but on the governments of the member states, some of which took months to propose a single candidate due to their national party and coalition dynamics.

By comparison, the pan-European party and coalition dynamics, which will only be able to unfold in the coming weeks during the hearings in the European Parliament, are far more important for the democratic legitimacy of the European Commission as a whole. The European parties must therefore take their time now – even if this means that the Commission will not take office until the new year.

Picture: European People’s Party [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons.

16 September 2024

Demokratie braucht Zeit: Das Europäische Parlament darf sich bei den Anhörungen der neuen Kommission nicht unter Druck setzen lassen

Von Manuel Müller
Ursula von der Leyen
Wer wird neben Ursula von der Leyen der neuen EU-Kommission angehören? Drei Monate nach der Europawahl hat der Rat noch immer keine Liste vorgeschlagen.

Der auf dem Social-Media-Dienst X inszenierte und von heftigen Vorwürfen an Ursula von der Leyen (CDU/EVP) begleitete Rücktritt des französischen Kandidaten Thierry Breton (parteilos) war nur die jüngste spektakuläre Wendung bei der sich immer länger hinziehenden Suche nach der neuen Europäischen Kommission. Von der Leyens Wahl zur Kommissionspräsidentin war im Juli noch sehr reibungslos über die Bühne gegangen. Seitdem aber verzögert sich der Zeitplan immer weiter. Dass die Kommission wie ursprünglich geplant zum 1. November ihr Amt antreten kann, scheint schon jetzt illusorisch. Aber auch der 1. Dezember wird wohl nur zu halten sein, wenn von jetzt an alles ganz glatt geht.

Diese Verzögerungen schränken natürlich die Handlungsfähigkeit der EU ein, unter anderem weil nur die Kommission das Recht hat, neue Gesetzgebungsakte einzubringen. Politico Europe bezeichnete den Zeitplan deshalb bereits als ein „Fiasko“ – und allmählich steigt der öffentliche Druck auf alle Beteiligten, doch bitte endlich die politischen Spielchen bleiben zu lassen und so rasch wie möglich die Zustimmung zur neuen Kommission zu geben.

Die bisherigen Verzögerungen gehen auf Kappe der Regierungen

Doch wer jetzt einfach auf Eile drängt, verkennt die institutionelle Logik hinter dem europäischen Zeitplan. Denn die bisherigen Verzögerungen gehen nahezu ausschließlich auf die Kappe der nationalen Regierungen, von denen – trotz der langen Sommerpause – viele nicht rechtzeitig eine akzeptable Kandidat:in vorschlagen konnten oder wollten. Der Zeitdruck, der jetzt ausgeübt wird, trifft hingegen vor allem das Europäische Parlament, das die Kandidat:innen in den nächsten Wochen überprüfen wird.

Er sendet damit ein fatales Signal aus: Wenn die Regierungen ihre Vorschläge nur lang genug verschleppen, dann können sie die Kontroll- und Mitspracherechte des Parlaments im Verfahren faktisch aushebeln. Das kann, auch mit Blick auf die Ernennungsverfahren künftiger Kommissionen, nicht im Sinne der europäischen Demokratie sein.

Schon der Europawahltag war umstritten

Tatsächlich geht das Ringen der Institutionen um den Zeitplan im Europawahljahr bereits lange zurück. Nachdem die Europawahlen 2009 und 2014 jeweils Ende Mai stattgefunden hatten, regte das Europäische Parlament in seinem Vorschlag für eine Reform des Europawahlrechts 2022 an, den Wahltag künftig auf den 9. Mai vorzuziehen. Dieser frühe Termin hätte den Kalender für die Ernennung der Kommission entzerrt und nach der Wahl mehr Raum gelassen, um zum Beispiel Koalitionsgespräche zwischen den Parteien im Parlament zu führen.

Im Rat konnten sich die Regierungen jedoch überhaupt nicht auf einen Termin für die Wahl einigen, sodass diese (wie im derzeitig gültigen Direktwahlakt als Rückfall-Option vorgesehen) in der ersten Juniwoche stattfand. Die formelle Nominierung von der Leyens durch den Europäischen Rat erfolgte am 27. Juni, gerade einmal drei Wochen vor der Sommerpause des Parlaments. In der Folge verzichteten die Parteien darauf, einen schriftlichen Koalitionsvertrag auszuhandeln, und wählten von der Leyen am 18. Juli zur Kommissionspräsidentin.

Für die Regierungen haben nationale Parteilogiken Priorität

Als nächsten Schritt sah das Verfahren in Art. 17 (7) EUV vor, dass die Mitgliedstaaten „Vorschläge“ machen, auf deren Grundlage dann der Rat in Einvernehmen mit der gewählten Kommissionspräsidentin die Kommissionsmitglieder nominiert. Von der Leyen forderte die Regierungen deshalb Ende Juli auf, ihr bis zum 30. August jeweils einen Mann und eine Frau vorzuschlagen, sodass sie auf dieser Grundlage eine nach Geschlechtern ausbalancierte Kommission würde zusammenstellen können.

Dieses Verfahren war nicht neu: Auch 2014 und 2019 hatten die damaligen Kommissionspräsident:innen jeweils um ein gemischtgeschlechtliches Kandidatenduo gebeten. Doch kaum eine Regierung war bereit, sich wirklich darauf einzulassen. Priorität hatten für sie weniger die Zusammensetzung der Kommission als Ganzes als die jeweils nationalen Partei- oder Koalitionslogiken bei der Besetzung des „eigenen“ Postens.

Erste Verzögerungen

Zu den ersten Verzögerungen im Zeitplan kam es dabei in zwei Mitgliedstaaten, in denen es derzeit nur eine geschäftsführende Regierung gibt: Bulgarien, wo seit März 2024 ein Technokratenkabinett im Amt ist, dessen Mandat sich eigentlich auf die Durchführung nationaler Neuwahlen beschränkt, und Belgien, wo sich seit der nationalen Wahl im Juni noch keine neue Regierungskoalition gebildet hatte. Immerhin legten beide Länder aber bis Anfang September Vorschläge vor.

Problematischer war, dass die Summe der nationalen Logiken bei der Kandidatennominierung eine massiv männerlastige Liste hervorgebracht hatte, mit der sich von der Leyen nicht vor das Europäische Parlament wagen konnte. Die Kommissionspräsidentin begann deshalb, Druck auf verschiedene Mitgliedstaaten auszuüben, um sie mit der Verheißung auf interessantere Ressorts doch noch zur Nominierung einer Frau zu bewegen. Die rumänische Regierung änderte daraufhin Anfang September ihren Vorschlag, Malta hingegen lehnte den Vorstoß öffentlich ab.

Der slowenische Fall

Zum eigentlichen Knackpunkt aber wurde Slowenien. Dessen liberale Regierung hatte ihren Kommissionskandidaten Tomaž Vesel (parteilos) ursprünglich schon im April vorgeschlagen – früher als jede andere, aber eben auch ohne jede Rücksprache mit von der Leyen, die sich zu diesem Zeitpunkt ja noch mitten im Europawahlkampf befand. Als die Kommissionspräsidentin nun stattdessen auf eine Frau drängte, wies die Regierung das zunächst zurück. Einige Tage später erklärte Vesel aber selbst, unter diesen Bedingungen nicht mehr kandidieren zu wollen. Und wiederum etwas später benannte die slowenische Regierung als Alternativkandidatin Marta Kos (GS/ALDE-nah). Inzwischen war bereits der 9. September.

Gemäß dem slowenischen Recht muss vor dem formellen Vorschlag des Kommissionsmitglieds durch die Regierung jedoch erst der Europaausschuss des nationalen Parlaments eine beratende Abstimmung durchführen. Diese Abstimmung war zunächst für den 13. September angesetzt, wurde dann jedoch vom Ausschussvorsitzenden – einem Abgeordneten der Oppositionspartei SDS (EVP) – auf unbestimmte Zeit verschoben, offiziell mit dem Argument, dass der Ausschuss mehr Informationen über die Hintergründe von Vesels Rücktritt erhalten müsse.

Theoretisch bestünde nun die rechtliche Möglichkeit, dass der Rat die Liste der Kommissionsmitglieder einfach annimmt, ohne auf einen formellen Vorschlag aus Slowenien zu warten. Der Wortlaut von Art. 17 (7) EUV steht dem nicht entgegen; auch systematisch spricht nichts dafür, dass ein einzelner Mitgliedstaat die Möglichkeit haben sollte, das Ernennungsverfahren (in dem der Europäische Rat und der Rat sonst durchweg mit qualifizierter Mehrheit abstimmen) durch Nichtvorlegen eines Vorschlags zu blockieren. Und schließlich war es dem Rat auch 2019 möglich, eine Kommission zu nominieren, obwohl das Vereinigte Königreich damals kein Mitglied dafür vorschlug.

Das Parlament kann derzeit nur abwarten

Doch weder der Rat noch von der Leyen selbst scheinen diesen Weg gehen zu wollen, und so bleibt dem Europäischen Parlament erst einmal nicht viel übrig, als zu warten. Nachdem von der Leyen eigentlich bereits letzte Woche ihr Team dem Europäischen Parlament vorstellen wollte, wird sie nun am 17. September die Fraktionsvorsitzenden treffen. Doch angesichts der unvollständigen Namensliste ist bis jetzt unklar, ob sie dabei bereits eine Ressortverteilung vorlegen wird.

Und solange die Abgeordneten (und die Kandidat:innen selbst) nicht wissen, wer für welches Ressort vorgesehen ist, können sie sich auch nicht auf die Anhörungen vorbereiten, die das Parlament vor der endgültigen Wahl der Kommission durchführen wird. Nach dem aktuellen Zeitplan werden die Anhörungen wohl Anfang November, die eigentliche Wahl der Kommission Ende November stattfinden.

Die Anhörungen sind wesentlich für die Legitimität der Kommission

Die Anhörungen sind Kernbestandteil der supranationalen demokratischen Legitimation der Europäischen Kommission. Jede Kommissionskandidat:in muss sich dabei einer mehrstündigen Befragung durch den für ihr Ressort zuständigen Ausschuss stellen. Anschließend stimmt der Ausschuss mit Zweidrittelmehrheit darüber ab, ob er der Kandidat:in grünes Licht gibt. Kommt keine Zweidrittelmehrheit zustande, gibt es (gegebenenfalls nach einer weiteren Anhörung der Kandidat:in) eine zweite Abstimmung, bei der eine einfache Mehrheit genügt. Fällt die Kandidat:in auch bei der zweiten Abstimmung durch, muss die nationale Regierung einen neuen Vorschlag machen. Erst wenn alle Kandidat:innen von ihrem jeweiligen Ausschuss bestätigt wurden, findet im Plenum die eigentliche Kommissionswahl statt.

Das Parlament nutzt die Anhörungen zum einen, um die fachliche Eignung der Kommissionskandidat:innen zu prüfen. Zum anderen geht es hier aber auch um politische Interessen, die bei einer Regierungsbildung auf nationaler Ebene in der Regel in Koalitionsgesprächen ausverhandelt würden. So haben die gewählten Abgeordneten nur hier die Gelegenheit, auf die Geschlechterbalance und die parteipolitische Zusammensetzung der Kommission sowie den Zuschnitt und Verteilung der Ressorts Einfluss zu nehmen.

Dieser Einfluss ist schwächer, als Parteien auf nationaler Ebene ihn haben, was ein gravierendes Problem für die demokratische Bedeutung der Europawahl ist. Aber immerhin existiert er, und je intensiver die Europaabgeordneten ihr Mitspracherecht wahrnehmen und gegebenenfalls einzelne Kandidat:innen durchfallen lassen, desto sichtbarer wird auch für die europäischen Bürger:innen, dass ihre Stimme bei der Europawahl einen Unterschied machen kann.

Etliche Kandidat:innen mit Gegenwind

Und tatsächlich gibt es gerade in diesem Jahr eine ganze Reihe von Kandidat:innen, die im Parlament aus politischen Gründen mit Gegenwind rechnen müssen. Um nur einige Beispiele zu nennen:

  • Raffaele Fitto (FdI/EKR) aus Italien ist neben dem Ungarn Olivér Várhelyi (Fidesz/P) der einzige Kandidat einer Rechtsaußen-Partei in der neuen Kommission. Dennoch hat ihn von der Leyen Medienberichten zufolge als einen ihrer Vizepräsident:innen vorgesehen. Sozialdemokrat:innen, Liberale und Grüne lehnen das ab.
  • Teresa Ribera (PSOE/SPE) aus Spanien ist die prominenteste sozialdemokratische Kandidat:in und könnte Vizepräsidentin mit Zuständigkeit unter anderem für die Klimawende werden. Allerdings gilt sie als Verfechterin erneuerbarer Energien und lehnt Atomkraft ab. Das missfällt einigen Abgeordneten vor allem des rechten Spektrums.
  • Olivér Várhelyi (Fidesz/P) aus Ungarn steht unter den Kandidat:innen am weitesten rechts außen und hat sich bei den Abgeordneten schon in der letzten Wahlperiode nicht beliebt gemacht. Verschiedene Beobachter:innen gehen deshalb davon aus, das die ungarische Regierung seine Ablehnung durch das Parlament bereits eingeplant hat – und ihn lediglich als Bauernopfer vorschiebt, um Zeit zu gewinnen und den Druck auf die Abgeordneten zu erhöhen, einer nachnominierten Ersatzkandidat:in zuzustimmen.
  • Ekaterina Zaharieva (GERB/EVP) aus Bulgarien war 2018 in einen Skandal um Einbürgerungen gegen Geld verwickelt. Sie wird deshalb von den Liberalen kritisiert (die sich selbst Hoffnungen auf den bulgarischen Kommissionsposten gemacht hatten).
  • Christophe Hansen (CSV/EVP) aus Luxemburg wurde von der liberal-konservativen Regierung seines Landes vorgeschlagen, obwohl auch der Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokrat:innen, Nicolas Schmit (LSAP/SPE) aus Luxemburg kommt. In der SPE stößt das auf scharfe Kritik – zumal die Sozialdemokrat:innen im Vergleich zu ihrem Europawahlergebnis in der Kommission ohnehin stark unterrepräsentiert sind.
  • Glenn Micallef (PL/SPE) aus Malta wurde von seiner Regierung vorgeschlagen, obwohl es mehrere weibliche Kandidatinnen mit deutlich mehr politischer Erfahrung gegeben hätte. In den Augen vieler Abgeordneter steht er deshalb sinnbildlich für das Geschlechterproblem in von der Leyens Team. Auch Apóstolos Tzitzikóstas (ND/EVP) aus Griechenland und Kóstas Kadís (parteilos) aus Zypern sind eher schwache männliche Kandidaten.

Koalitionsdebatten können Öffentlichkeit schaffen …

Das muss nicht bedeuten, dass das Parlament all diese Kandidat:innen tatsächlich zurückweist. Einige von ihnen werden nur von manchen Parteien abgelehnt, während andere sie unterstützen. Es könnte deshalb durchaus dazu kommen, dass einige Fraktionen im Parlament sich auf einen Kompromiss einigen, bei dem sie wechselseitig die Kandidat:innen der jeweils anderen Seite akzeptieren – nichts Ungewöhnliches in einer Koalitionsregierung.

Doch damit ein solcher Kompromiss demokratische Legitimität bringt, muss er erstens für die Wähler:innen transparent sein. Die Parteien sollten deshalb so klar wie möglich kommunizieren, welche Forderungen sie an die neue Kommission erheben und welche Zugeständnisse an andere politische Kräfte im Parlament sie zu machen bereit sind.

Und zweitens muss er ohne Druck zustande kommen: Verhandlungen über die parteipolitische Zusammensetzung und inhaltliche Ausrichtung der neuen Kommission sind keine parlamentarische Nabelschau, sondern können ein wichtiges Element zur Schaffung einer gesamteuropäischen politischen Öffentlichkeit sein. Kontroversen während der Anhörungen sind für viele europäische Medien der erste Anlass, über die Kandidat:innen zu berichten, für viele Bürger:innen die erste Gelegenheit, etwas über sie zu erfahren. Doch dafür benötigen die europäischen Parteien Zeit, diese Kontroversen auszutragen.

… aber sie brauchen Zeit

Damit die Anhörungen im Parlament eine demokratische Legitimationswirkung entfalten können, müssen die Abgeordneten eine reale Möglichkeit haben, Kandidat:innen durchfallen zu lassen – und gegebenenfalls, siehe Ungarn, auch deren Ersatzkandidat:innen. Wenn das zu weiteren Verzögerungen führt, so sollte dies nicht dem Parlament angelastet werden, sondern den Regierungen der Mitgliedstaaten, die aufgrund nationaler Partei- und Koalitionsdynamiken zum Teil Monate dafür benötigten, um eine einzige Kandidat:in vorzuschlagen.

Im Vergleich dazu sind die gesamteuropäischen Partei- und Koalitionsdynamiken, die sich erst in den kommenden Wochen während der Anhörungen im Europäischen Parlament entfalten können, weit wichtiger für die demokratische Legitimität der Europäischen Kommission als Ganzes. Die europäischen Parteien müssen sich deshalb jetzt ihre Zeit nehmen – selbst wenn das bedeutet, dass die neue Kommission erst zum neuen Jahr ihr Amt antritt.


Bild: European People's Party [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons.

03 September 2024

The trouble (not only) with gender parity: On the weaknesses of the nomination procedure for the European Commission

By Manuel Müller
Ursula von der Leyen
Ursula von der Leyen would like to have more female commissioners. But she is dependent on national governments. 

The appointment of the European Commission is a cumbersome procedure. According to Art. 17 TEU, the members of the Commission are “chosen on the ground of their general competence and European commitment from persons whose independence is beyond doubt”. They are selected by the Council “on the basis of the suggestions made by Member States” and “by common accord with the President-elect” (currently Ursula von der Leyen, CDU/EPP). Subsequently, all commissioners are subject to a “vote of consent” by the European Parliament and are finally “appointed by the European Council, acting by a qualified majority”.

The Council only rubber-stamps

In practice, however, the procedure is somewhat different. As there is exactly one Commissioner from each country (following a decision by the European Council), it is customary for each government to propose its “own” commissioner – in more or less close consultation with the Commission president. The Council usually does not discuss these proposals further, but simply rubber-stamps them. The Commission president then announces the distribution of portfolios and the internal structure of the Commission, in particular the coveted vice-presidencies.

A real test of the candidates’ “general competence” only comes later, in the European Parliament, where the relevant committees organise long and intensive hearings with them. After these hearings, the committees vote for or against each nominee – since 2004 there has always been at least one rejection. The rejected candidates are then replaced by new ones, who are again put forward by the national government of their country, until the Parliament is satisfied with all of them. The final appointment by the European Council is a mere formality.

This model of nomination is unique in the world. Compared to the purely parliamentary nomination procedures for most national executives in EU member states, it has some obvious and some less obvious weaknesses.

A gateway for national interests

First: The convention that each member state proposes one commissioner is intended to ensure that all member states identify with the Commission’s work, that nobody is overlooked and that there is no feeling of alienation. In practice, however, it often leads to governments and national publics expecting their “own” Commissioner to represent national interests in Brussels.

Even Manfred Weber (CSU/EPP), leader of the European People’s Party, recently publicly praised Commission candidate Raffaele Fitto (FdI/ECR) as a “strong defender of Italian interests”. This undermines the idea that commissioners represent a common European interest and should therefore be independent of national influence.

Devaluation of the European election

Second: The national right of nomination also implies that, from a party-political point of view, the Commission is always a mixed bag. Its members represent the colourful variety of the national governing parties of the member states at the time of nomination. This fosters a culture of compromise, but it also makes it difficult for the Commission to pursue a coherent policy. In particular, it hinders democratic alternation and a government-opposition dynamic in the European Parliament, thereby making the European elections less meaningful.

While national ministers have to win elections with their parties in order to stay in office, commissioners only have to get along with their respective national governments. And if they already know that they will not be nominated again (for example, because their party is now in opposition at national level), they are often happy to leave the Commission team several months before the end of their term of office.

Less trust within the Commission

Third: The Commissioners’ dependence on national governments also damages the relationship of trust between them and the Commission president. Over time, the president’s role has been enhanced: she now has the power to “lay down guidelines within which the Commission is to work” and can force individual commissioners to resign (Art. 17 (6) TEU). However, she still has a very limited say in the selection of her team.

Combined with the party-political heterogeneity and the presence of national interests within the Commission, this can easily lead to acrimony. For example, von der Leyen has repeatedly clashed with both her internal market commissioner Thierry Breton (RE/close to ALDE) and her high representative Josep Borrell (PSC/PES).

Harming diversity and gender balance

And finally, the selection procedure also has a problematic impact on diversity and gender balance within the Commission. There is now a broad political consensus that democratic bodies should not be made up entirely of white men. This problem is often solved through formal or informal quotas: For example, parties take care to ensure a certain gender mix when drawing up electoral lists. This works fairly well when there are several equivalent positions to be filled at the same time, such as seats in a parliament or ministerial posts in a government. It is more difficult when there is only one position, such as head of government or governor of a central bank.

In the EU, the gender balance in intergovernmental bodies such as the European Council (currently 89% men) or the Governing Council of the ECB (currently 92% men) is therefore much worse than in the European Parliament (currently 62% men). Thus, in a Commission where each member state nominates exactly one commissioner, it is much more difficult to reach gender parity than in most national governments, where all or most ministers are chosen by the same instance.

Trying to apply soft pressure

In recent years, gender balance in the EU institutions has become an increasingly contentious issue between national governments and the European Parliament – as in 2012, when the quota of men in the ECB Council reached 100 per cent. And the European Parliament is no longer prepared to simply accept the traditional male bias in the Commission either, especially as at national level the goal of gender parity has long become a common consideration in the formation of governments.

But how can national governments be persuaded to put forward more women? Commission presidents Jean-Claude Juncker (CSV/EPP, 2014) and Ursula von der Leyen (CDU/EPP, 2019 and 2024) tried to apply soft pressure, calling on governments to put forward not just one name but a gender-mixed duo in their “suggestions” under Art. 17 TEU. The president would then be able to choose between the two and thus present a gender-balanced Commission.

In addition, Juncker and von der Leyen made it clear that they would also take gender criteria into account when allocating portfolios and vice-presidencies. Governments that don’t meet the demand for a gender-mixed duo and only propose a single male candidate must expect “their” commissioner to be given a less interesting portfolio and less influence within the Commission.

Thirteen countries ignore von der Leyen

But this approach did not work out as hoped. While in 2014 and 2019 at least some governments complied with the request for a gender-mixed duo proposal, Bulgaria was the only one to do so in 2024. Seven other governments proposed a single female candidate, and five proposed a man who had already served in the outgoing Commission – an exception accepted by von der Leyen herself.

However, thirteen governments (Italy, Poland, Romania, Greece, Czechia, Austria, Denmark, Ireland, Lithuania, Slovenia, Cyprus, Luxembourg, Malta) decided to ignore the Commission president’s request and nominated a single male candidate.

A self-reinforcing momentum

For this, they came up with a number of justifications, some of them so bizarre as to be almost comical. For example, the Maltese prime minister did not nominate a female minister but a less experienced male candidate because he did not want to “disrupt the work of the ministry”. The Irish head of government argued that the candidate he had proposed had already given up his post as national finance minister to prepare for his new job in the Commission and that it would therefore be “unfair” to nominate a woman as well. Several governments claimed that they had already done enough to achieve gender parity, as there had been female commissioners from their country in the past.

Most importantly, the nomination of single male candidates became a self-reinforcing dynamic. The male bias of the new Commission could already be seen in the spring, when the first member states made their proposals. Therefore, the governments that decided on the nominations later knew that, given a choice between two options, von der Leyen would always opt for the female candidate. As a result, some male candidates such as Apóstolos Tzitzikóstas (ND/EPP) from Greece explicitly refused to be part of a gender-mixed duo.

The authority of the Commission president is at stake

And now? Von der Leyen knows that a Commission that is two-thirds male is unlikely to be accepted by the European Parliament. At the same time, her own authority is at stake; after all, the member states ignored an explicit request from her.

On the other hand, there are not enough uninteresting portfolios in the Commission to penalise all thirteen non-incumbent male commissioners with a loss of importance. Moreover, more than half of them belong to von der Leyen’s own party, the EPP, and were nominated by governments whose support she needs to implement her political agenda in the Council.

Instead of bringing the matter before the Council ...

Von der Leyen therefore essentially has two options. One would be to submit the matter to the Council, which after all has the formal right of nomination under Article 17 (7) TEU. Instead of dealing with each member state individually, von der Leyen could have asked the Council as a whole to present a gender-balanced Commission, leaving it to the governments to agree (by qualified majority) which male candidates would be withdrawn and replaced by women.

This approach would have emphasised that the Treaty does not give individual governments a right to choose the commissioner from their country, but only to make “suggestions” to the Council. However, it would also have put von der Leyen at odds with influential governments, which would have come under pressure to defend their male nominees against their counterparts in the Council.

... von der Leyen relies on bilateral renegotiations

Instead, von der Leyen opted for a different strategy, confronting not the Council as a whole but only individual governments whose proposals are perceived to be particularly weak, either because of the candidate’s profile or because of the size or political status of the country. For example, von der Leyen asked the Maltese government to replace its proposed male candidate with a woman. The Romanian government withdrew its male nominee – which it had already announced in public – and nominated a woman instead, saying she would be given a “more relevant” portfolio. Other similar announcements could follow in the coming days.

These bilateral renegotiations could somewhat improve the gender balance of the new Commission. But the approach also has serious drawbacks: First, von der Leyen is shifting the responsibility for a common European challenge – achieving gender parity in a supranational body – onto individual governments that are perceived as weak, while large, influential countries such as Italy and Poland do not have to take account of this when selecting “their” commissioners. Second, there is a risk of creating perverse incentives if, for example, Romania is now favoured over governments that have been cooperative in putting forward female candidates or a gender-mixed duo in the first place.

And the European Parliament?

Meanwhile, the European Parliament is still waiting to see what happens – but the hearings are likely to cause a stir there too. For one thing, even if von der Leyen’s pressure on Malta is successful, the  gender balance of the new Commission would be mediocre at best, with around 40 per cent women. And then there will also be party-political arguments.

Compared to the outgoing Commission, the European People’s Party will gain significant weight and will have about half of the members of the new Commission. The European Socialists, on the other hand, will lose power and will have no more than four commissioners. Moreover, the Socialists are particularly unhappy with the Luxembourg government, which preferred to nominate the largely unknown former MEP Christophe Hansen (CSV/EPP) rather than the outgoing labour commissioner and PES lead candidate, Nicolas Schmit (LSAP/PES).

A rough autumn

So the atmosphere is already somewhat heated. If, in addition, the socialist governments in Romania and Malta replace their male nominees by women, there would only be one man among the four PES commissioners (Dan Jørgensen from Denmark).  The Socialists will therefore predictably demand that the other parties also do more to improve the gender balance. Of these, the EPP currently has eight men and six women, the Liberals two men and two women. The remaining five candidates (one from the Patriots in Hungary, one from the ECR in Italy and three independent candidates from Slovakia, Slovenia and Cyprus) are all male.

The Hungarian Olivér Várhelyi (Fidesz/P) is particularly unlikely to pass the parliamentary hearing, but it could also be close for some EPP candidates. However, if the Socialists block one or more EPP candidates, the EPP is unlikely to just let that pass. As a result, this autumn could be even rougher for the prospective commissioners than 2019, when the Parliament rejected three of the nominees.

There is another way

The bottom line is that the nomination process for the European Commission is not a good one. It is lengthy and cumbersome, encourages governments to prioritise national interests, devalues the European elections, weakens the Commission president, harms diversity, invites posturing and blackmail, and leads to conflict rather than cooperation in the Parliament.

Does it have to be this way? The European Parliament itself has made proposals for a reform in its Article 48 report last year. According to these plans, the Commission president-designate alone would select the members of the Commission, who would then have to be approved as a body by both the Parliament and the European Council. The procedure would be similar to that in Italy, where the government is chosen by the prime minister and then approved in a vote of confidence by both houses of parliament. This “perfect bicameralism” is not an optimal solution either. But it would certainly be an improvement on the European status quo.

Picture: Von der Leyen: Steffen Prößdorf [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons.