29 August 2023

Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Zeiten des Krieges: EFF, PESCO und Krisenmanagement-Aktivitäten

Von Tyyne Karjalainen
Military helicopter with an EU flag
Die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU wurde in den letzten Jahren stark ausgebaut. Doch ihre Zukunft scheint ungewiss.

Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der Europäischen Union hat in den letzten Jahren mehrere konkrete Meilensteine erreicht. Mit der Europäischen Friedensfazilität (EFF) hat die EU den Aufbau von Kapazitäten für ihre Nachbarn und andere Partner eingeleitet. Neuartige Operationen und Missionen wurden erfolgreich auf den Weg gebracht, und die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit (Permanent Structured Cooperation, PESCO) beginnt nach einem langsamen Start nun echte Ergebnisse zu liefern, auch in Zusammenarbeit mit Großbritannien und der NATO. Dieser Erfolg der GSVP scheint sowohl auf institutionellen Entwicklungen als auch auf externen Faktoren zu beruhen.

Zum einen wurden in den letzten fünf Jahren schrittweise neue Instrumente und Strukturen für die GSVP geschaffen – darunter PESCO, der Europäische Verteidigungsfonds (European Defence Fund, EDF) und der Militärische Planungs- und Durchführungsstab (Military Planning and Conduct Capability, MPCC) im Jahr 2017 sowie die EFF im Jahr 2021. Zum anderen haben die Sicherheitskrisen in Europa – insbesondere die Annexion der Krim durch Russland und der Beginn des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine im Jahr 2014 und schließlich Russlands umfassender Angriff auf die Ukraine seit 2022 – zu einem beispiellosen politischen Willen geführt, praktische Herausforderungen und interne Streitigkeiten zu überwinden, um die Instrumente der GSVP zu nutzen.

Doch obwohl die GSVP derzeit floriert, scheint ihre Zukunft ungewiss und könnte schon früher als erwartet auf Probleme stoßen. Das Fehlen einer langfristigen Finanzierungsperspektive für die der EFF- und GSVP-Missionen und -Operationen sowie anhaltende interne Konflikte (sowohl zwischen EU-Mitgliedern und -Institutionen als auch mit verbündeten Staaten) beeinträchtigen die Effektivität der europäischen Politik. In den folgenden Abschnitten wird  ein Überblick über den aktuellen Stand der GSVP gegeben, wobei der Schwerpunkt auf der EFF, der PESCO und den jüngsten Aktivitäten im Bereich des Krisenmanagements liegt.

EFF: Kurzfristiger Aufbau von Kapazitäten

Gemäß Art. 41 (2) EUV kann der EU-Haushalt nicht für GSVP-Maßnahmen mit militärischen Bezügen verwendet werden. Zu den alternativen Finanzierungslösungen gehörten der Athena-Mechanismus – zur Deckung der gemeinsamen Kosten militärischer GSVP-Operationen – und die Afrikanische Friedensfazilität (AFF), die den Aufbau von Kapazitäten, friedensfördernde Maßnahmen und damit verbundene Aktivitäten auf dem afrikanischen Kontinent finanzierte. Aufgrund rechtlicher und anderer Hindernisse stand die Ausrüstung von Partnern nie im Mittelpunkt der GSVP. Im Gegenteil, es wurde als Schwäche der EU angesehen, dass sie nicht in der Lage war, den von ihr ausgebildeten Partnern die notwendige Ausrüstung zur Verfügung zu stellen.

Diese Probleme wurden gelöst, als der Rat der EU im März 2021 beschloss, die Europäische Friedensfazilität einzurichten und für den Zeitraum 2021-2027 mit fünf Milliarden Euro (zu Preisen von 2018) auszustatten. Die EFF, die den Athena-Mechanismus und die AFF ablöst, beruht auf zwei Säulen: Die erste deckt die gemeinsamen Kosten für militärische Operationen und Missionen im Rahmen der GSVP ab, die zweite ermöglicht den Aufbau von Kapazitäten und die Unterstützung von Partnern und deren Operationen.

Wie der Athena-Mechanismus wird auch die EFF durch Beiträge der Mitgliedstaaten entsprechend ihres Bruttonationaleinkommens finanziert. Der Mechanismus der „konstruktiven Enthaltung“ (Art. 31 (1) EUV) ermöglicht es einzelnen Mitgliedstaaten, sich bei der Abstimmung über bestimmte Unterstützungsmaßnahmen im Rahmen der EFF der Stimme zu enthalten, ohne diese damit vollständig zu blockieren.

Finanzierung der Waffenlieferungen an die Ukraine

Obwohl Flexibilität von Anfang an ein wesentliches Merkmal der EFF war, war nicht vorgesehen, dass sie das Hauptinstrument der EU zur Redaktion auf den russischen Angriffskrieg werden sollte. Im Februar 2022 beschloss der Rat jedoch, die EFF zur Finanzierung von Waffenlieferungen an die ukrainischen Streitkräfte zu nutzen. Diese Entscheidung bedeutete nicht nur eine Abkehr von der Idee, dass die EFF in erster Linie der Konfliktprävention dienen sollte, sondern auch einen politischen Wandel in der östlichen Nachbarschaftspolitik der EU, die bis dahin konsequent jeden militärischen Bezug vermieden hatte. Sie überholte auch  das Image der EU als „Zivilmacht“ und veränderte damit die Erwartungen anderer Partner an die EU. Neben der Ukraine haben inzwischen mehr als fünfzehn weitere Partner Unterstützung aus der EFF erhalten.

Das für die Aktion in der Ukraine entwickelte Verfahren ermöglichte eine relativ schnelle und bedarfsorientierte Unterstützung. Die Mitgliedstaaten schicken Material aus ihren Beständen und stellen es der EFF in Rechnung. Nur Material, das auf der „Wunschliste“ der Ukraine steht, kann erstattet werden, und die Erstattungsrate liegt bei etwa 50%.

In einem im Mai erschienenen Paper argumentieren Katariina Mustasilta und ich, dass die Finanzierung von Waffenlieferungen auf EU-Ebene mehrere Vorteile hat: Sie hat eine geschlossene europäische Front gegen Russland demonstriert und nationale Staats- und Regierungschef:innen ermutigt, schwierige Entscheidungen über tödliches Material zu treffen. Darüber hinaus hat das Vorgehen der EU dazu beigetragen, ein gewisses Maß an gemeinsamer europäischer Verantwortung für die Unterstützung in der Ukraine zu schaffen. Dies sollte die EU in die Lage versetzen, eine langfristige wertebasierte Strategie für die weitere Unterstützung zu entwickeln.

Das Geld wird knapp – und das Material

Doch damit beginnen die schlechten Nachrichten. Seit Mai 2023 blockiert die ungarische Regierung die Auszahlung der nächsten Tranche an die Ukraine. Zuerst argumentierte sie, das globale Instrument sei zu sehr auf die Ukraine fokussiert, dann machte sie ihre Zustimmung davon abhängig, dass Kyjiw eine ungarische Bank von seiner Liste der „Kriegssponsoren“ streicht. Im Gegensatz zu Malta, Irland und Österreich, die sich bei Entscheidungen über tödliches Material konstruktiv enthielten, beschloss Ungarn, auch die Unterstützung anderer Mitgliedstaaten zu blockieren.

Das ungarische Veto ist jedoch nur ein kleines Problem im Vergleich zu den nächsten Herausforderungen: Der EFF, die bereits zweimal auf insgesamt 12 Milliarden Euro aufgestockt wurde, geht das Geld aus. Es bleibt abzuwarten, ob die Mitgliedstaaten bereit sein werden, ihr Budget weiter aufzustocken, um den Bedarf der Ukraine langfristig zu decken – zumal die EFF ja auch andere Partner hat. Politische Lösungsoptionen könnten sein, innerhalb der EFF einen eigenen Topf für die Ukraine einzurichten oder ein paralleles Finanzierungsinstrument für diesen Zweck zu schaffen. Ein freiwilliger Fonds hingegen erscheint vielen als eine zu riskante Option: Der Erfolg der EFF beruht gerade auf der solidarischen Beteiligung aller Mitgliedstaaten.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass die EFF Materiallieferungen nur so lange finanzieren kann, wie noch Material auf Lager ist. In den EU-Hauptstädten wächst das Bewusstsein für das mögliche Szenario eines längeren Krieges in Verbindung mit anhaltenden Problemen in der europäischen Produktionsfähigkeit. Viel wird davon abhängen, wie effektiv die EU-Mitglieder ihre aufgestockten Verteidigungshaushalte ausgeben und ihre Rüstungsindustrien aufbauen können – und ob die Europäische Verteidigungsagentur und der Europäische Verteidigungsfonds dabei eine spürbare Kooperation und Koordination ermöglichen.

Der dreigleisige Ansatz – Lieferung von Munition aus vorhandenen Beständen an die Ukraine, Unterstützung der gemeinsamen Beschaffung und Herstellung von Munition und Flugkörpern in Europa – zeigt das Potenzial für europäische Lösungen. Ein weiterer potenziell relevanter Rahmen ist die PESCO, auf die im Folgenden eingegangen wird.

PESCO: Weckruf für die europäische Verteidigungszusammenarbeit?

Die plötzliche Notwendigkeit, militärische Güter für die ukrainischen Streitkräfte zu befördern, hat auch der Lösung langjähriger Probleme bei grenzüberschreitenden Militärtransporten innerhalb der EU neuen Schwung verliehen. Das PESCO-Projekt für militärische Mobilität, das vor dem Krieg nur stockend vorankam, ist nun zum wichtigsten Rahmen für die europäische Harmonisierung von Praktiken und Standards für den Transport von militärischem Material und Personal geworden. Angesichts der Schwierigkeiten, mit denen die PESCO bei der Erleichterung der europäischen Verteidigungszusammenarbeit zu kämpfen hatte, war diese Entwicklung nicht selbstverständlich.

Die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit (PESCO) wurde 2009 durch den Vertrag von Lissabon geschaffen, um eine vertiefte Integration zwischen Mitgliedstaaten zu ermöglichen, die „anspruchsvollere Kriterien in Bezug auf die militärischen Fähigkeiten erfüllen“ und verbindliche Verpflichtungen im Verteidigungsbereich eingehen (Art. 42 (6) und 46 EUV). Seit 2017 arbeiten 25 EU-Mitgliedstaaten (alle außer Malta und – bis 2023 – Dänemark) im Rahmen der PESCO zusammen. Die teilnehmenden Mitglieder können selbst entscheiden, an welchen Projekten zur Entwicklung von Fähigkeiten sie teilnehmen wollen. Allerdings existierten viele PESCO-Projekte in den ersten Jahren fast nur auf dem Papier: Die Mitgliedstaaten einigten sich zwar auf 20 verbindliche Verpflichtungen, zeigten aber wenig Interesse, diese auch tatsächlich umzusetzen.

Überlappende Initiativen zur Verteidigungskooperation

Der Grund für diesen langsamen Start waren Zweifel am Mehrwert der PESCO, insbesondere im Vergleich zum NATO-Rahmen. Zudem wurden in diesen Jahren mehrere andere, sich überschneidende Initiativen ins Leben gerufen, die ebenfalls eine flexible Verteidigungskooperation ermöglichen sollen. Auf dem NATO-Gipfel in Wales 2014 wurden im Kontext des Rahmennationenkonzepts (Framework Nations Concept, FNC) drei Gruppierungen geschaffen, darunter eine unter deutscher und eine unter britischer Führung, bekannt als Joint Expeditionary Force (JEF).

Ähnlich wie die PESCO konzentriert sich die deutsche FNC auf die Entwicklung von Fähigkeiten, während die JEF eine schnell einsetzbare multinationale Truppe in Nordeuropa aufbaut. Darüber hinaus hat Frankreich 2018 aus Frust über den allzu umfassenden Ansatz der PESCO die Europäische Interventionsinitiative (EI2) ins Leben gerufen, die zukünftige Militäreinsätze durch die Entwicklung einer gemeinsamen strategischen Kultur erleichtern soll.

Da sich diese Kooperationsformate hinsichtlich ihrer Teilnehmerstaaten stark überschneiden, schien unklar, welche Rolle die PESCO bei der Entwicklung der europäischen Verteidigung spielen könnte. Die Zahl der PESCO-Projekte stieg jedoch weiter an (von 17 auf 68), und auch die wissenschaftlichen Einschätzungen des PESCO-Potenzials wurden zunehmend positiver.

Erfolgreiches militärisches Mobilitätsprojekt

Das von den Niederlanden geleitete Projekt zur militärischen Mobilität, an dem 24 EU-Mitgliedstaaten beteiligt sind, hat sich nun zum größten und wahrscheinlich wichtigsten PESCO-Projekt entwickelt. Als positive Überraschung für die durch den Brexit belasteten europäisch-britischen Beziehungen hat sich auch das Vereinigte Königreich um die Teilnahme an dem Projekt beworben und wurde aufgenommen. Grundlage dafür waren die einige Jahre zuvor ausgehandelten Bedingungen für die PESCO-Beteiligung von Drittstaaten.

Darüber hinaus ist das PESCO-Projekt auch mit der NATO-EU-Zusammenarbeit im Bereich der militärischen Mobilität verbunden, so dass mit Norwegen, Kanada und den USA drei NATO-Mitglieder, die nicht der EU angehören, offiziell an dem EU-Projekt teilnehmen. Nach und nach hat sich die militärische Mobilität zu einem Kernbereich (oder „Flaggschiff“) der Zusammenarbeit zwischen NATO und  EU entwickelt: Während die EU über die rechtlichen Möglichkeiten zur Harmonisierung von Standards verfügt, kann die NATO einen Beitrag zu den militärischen Anforderungen leisten. Auch wenn die PESCO formal kein Partnerschaftsinstrument ist, hat sich das Projekt der militärischen Mobilität als erfolgreiches Instrument erwiesen, um die europäische Verteidigungspartnerschaft in Kriegszeiten voranzutreiben.

Schlüssel zum Erfolg

Zu diesem erfolgreichen Ergebnis hat beigetragen, dass die PESCO sowohl hinsichtlich der Mitgliedschaft flexibel ist als auch ihre Entscheidungen in der Hand der Mitgliedstaaten belässt. Die Flexibilität bei der Mitgliedschaft hat zwei Seiten: Zum einen ermöglicht sie den beiden Hauptunterstützern Großbritannien und den USA, sich an der Entwicklung militärischer Mobilität in Europa zu beteiligen. Zum anderen trägt sie der Tatsache Rechnung, dass nicht alle EU-Mitglieder an dem Projekt teilnehmen wollen (z.B. aufgrund ihrer verfassungsrechtlich verankerten Neutralität).

Dass das Projekt von den Mitgliedstaaten gesteuert wird, kommt insbesondere den externen Partnerschaften zugute: So hat Großbritannien seit dem Brexit feste institutionelle Bindungen an die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik vermieden. Und auch die EU-NATO-Zusammenarbeit profitiert von Maßnahmen auf nationaler Ebene, da die beiden Organisationen selbst aufgrund des Türkei-Zypern-Konflikts nur eingeschränkt Informationen austauschen.

GSVP-Einsätze: Schneller und zielgerichteter

Die kriegsbedingte Weiterentwicklung der europäischen GSVP beruht nicht nur auf neuen Strukturen und Instrumenten. Die GSVP-Operationen und -Missionen (d.h. das EU-Krisenmanagement) bleiben das Herzstück der EU-Sicherheits- und Verteidigungspolitik und spiegeln die traditionelle Arbeitsteilung mit der NATO wider. Drei neue Missionen wurden in Rekordzeit auf den Weg gebracht:

  • Erstens wurde Ende 2022 die militärische Unterstützungsmission der EU (EUMAM) ins Leben gerufen, um ukrainischen Soldat:innen und Militäreinheiten in Polen und Deutschland eine Grund- und Spezialausbildung zukommen zu lassen. Es wird erwartet, dass EUMAM ihr Ziel (30.000 ausgebildete Personen) früher als geplant erreichen wird. Es handelt sich um die dritte GSVP-Mission in der Ukraine: Eine zivile beratende Mission (EUAM) ist seit 2014 im Land tätig und konzentriert sich auf die Reform des zivilen Sicherheitssektors, und eine Mission zur Unterstützung des Grenzmanagements (EUBAM) ist seit 2004 an der ukrainisch-moldauischen Grenze im Einsatz.
  • 2023 wurde eine weitere Mission (EUPM) zur Bekämpfung hybrider Bedrohungen in der Republik Moldau gestartet.
  • Eine dritte neue Mission (EUMA) ist in Armenien tätig, um die Entwicklungen in der Grenzregion zu Aserbaidschan zu beobachten und darüber zu berichten.

Die Einrichtung so vieler neuer GSVP-Operationen und -Missionen in so kurzer Zeit ist eine Errungenschaft der EU-Krisenbewältigungsstrukturen: In der Vergangenheit dauerte es in der Regel wesentlich länger, eine politische Einigung zwischen den Mitgliedstaaten zu erzielen und den Einsatz zu planen. Die neuen Einsätze zeigen, dass Krisenmanagement für die Mitgliedstaaten nach wie vor ein wichtiges Instrument zur Umsetzung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Ausland ist.

Neue Initiativen in Sicht

Dennoch leiden die GSVP-Operationen weiterhin unter einem Mangel an Ressourcen und anderen strukturellen Herausforderungen, die seit Jahren ungelöst sind. Obwohl sowohl der Strategische Kompass als auch der kürzlich verabschiedete Pakt für die zivile GSVP eine größere Effektivität der Operationen und Missionen fordern, bleibt selbst die einfachste Grundlage dafür – die Durchführung von Wirkungsanalysen – eine Herausforderung. Hinzu kommt, dass die Operationen und Missionen in einem zunehmend komplexen und geopolitisch angespannten Umfeld operieren. Wenn die Finanzierungsprobleme nicht gelöst werden, werden zukünftige Einsätze wahrscheinlich kleiner ausfallen und seltener sein.

Gleichzeitig sind neue Initiativen für GSVP-Operationen bereits absehbar: Die 2007 aufgestellten 1.500 Mann starken EU-Battlegroups sollen bis 2025 durch eine 5.000 Mann starke Schnelle Eingreiftruppe (Rapid Deployment Capacity, RDC) ersetzt werden. Wie die EFF und die PESCO schließt auch die Schnelle Eingreiftruppe eine Lücke in den Fähigkeiten der EU und wird hoffentlich dazu führen, dass die EU in künftigen Krisen- und Konfliktsituationen autonomer agieren kann. Es bleibt abzuwarten, wie die Ressourcen zwischen den neuen und den traditionellen GSVP-Aktivitäten aufgeteilt werden und ob die EU weiterhin einen umfassenden Ansatz zur Konflikt- und Krisenbewältigung verfolgen wird.


Dieser Beitrag ist Teil des Themenschwerpunkts „Überstaatliches Regieren zwischen Diplomatie und Demokratie – aktuelle Debatten um die Reform der EU“, der in Zusammenarbeit mit dem Online-Magazin Regierungsforschung.de erscheint.


Übersetzung: Manuel Müller.
Bilder: Helikopter: Rock Cohen [CC BY-SA 2.0], via Flickr; Porträt Tyyne Karjalainen: Finnish Institute of International Affairs [alle Rechte vorbehalten]; Europaflagge: Arno Mikkor (EU2017EE) [CC BY 2.0], via Flickr.

Developing the Common Security and Defence Policy in war-time Europe: EPF, PESCO and crisis management activities

By Tyyne Karjalainen
Military helicopter with an EU flag
The EU has built up many new security and defence structures over the last years. But their future seems uncertain.

In recent years, the European Union’s Common Security and Defence Policy (CSDP) has achieved several concrete landmarks. With the European Peace Facility (EPF), the EU has jumpstarted capacity building for its neighbours and other partners. Novel operations and missions have been successfully launched and, after a slow start, the Permanent Structured Cooperation (PESCO) is delivering actual outputs, also in cooperation with the UK and NATO. The success seems to be based on both institutional development and external factors:

New instruments and structures for CSDP have been built up gradually over the last half-decade, including PESCO, the European Defence Fund (EDF) and the Military Planning and Conduct Capability (MPCC) in 2017, and the EPF in 2021. At the same time, the security crises in Europe – including the Russian annexation of Crimea and the start of the armed conflict in eastern Ukraine in 2014, and finally Russia’s full-scale war against Ukraine since 2022 – have been met with an unprecedented political will to overcome practical challenges and internal disputes in order to use the CSDP instruments in response.

However, the future of the currently blooming CSDP activities seems uncertain and might become compromised surprisingly shortly. The lack of a long-term vision for financing the EPF and CSDP missions and operations, as well as persistent internal conflicts (both among EU members and institutions and with allies), decrease effectiveness and limit achievable results. The following sections review the current state of the CSDP, focusing on the EPF, PESCO, and recent crisis management activities.

EPF: short-term capacity building

According to Art. 41 (2) TEU, the EU budget cannot be used for CSDP operations with a military element. Alternative funding solutions have included the Athena mechanism – to cover the common costs of military CSDP operations – and the African Peace Facility (APF), which financed capacity building, peace support operations and related activities on the African continent. Partly due to the legal barriers, equipping partners has not been a central focus of the CSDP. On the contrary, it has been considered as a weakness of the EU that it has not been able to provide the necessary equipment to the partners that it has trained.

These shortages were addressed when the Council of the EU decided to establish the European Peace Facility in March 2021, granting it a pot of five billion euros (in 2018 prices) for the period 2021-2027. Replacing the Athena mechanism and the APF, the EPF was built on two pillars, one covering the common costs of military CSDP operations and missions, and the other allowing for capacity building and support to partners and their operations.

Like the Athena mechanism, the EPF is financed by contributions from the member states based on their gross national income. The “constructive abstention” mechanism (Art. 31 (1) TEU) would allow member states with special foreign policy characteristics to abstain from voting on individual assistance measures under the EPF without blocking them.

Funding the delivery of weapons to Ukraine

While flexibility has been at the core of the EPF since its outset, it was not intended that the EPF would become the EU’s flagship tool to respond to Russia’s war of aggression. The February 2022 decision to use the EPF to fund weapon deliveries to the Ukrainian armed forces did not only pivot the EPF’s purpose away from conflict prevention, but also represented a political shift in the EU’s Eastern Neighbourhood Policy, which had persistently avoided any military element in the cooperation before. Furthermore, it changed the expectations of other partners of the EU, washing off its civilian power profile. In addition to Ukraine, EPF assistance has so far been provided to more than fifteen other partners.

The process built around the Ukraine action has allowed for relatively fast and needs-based support. Member states send materiel from stocks and then invoice the EPF. Only materiel on Ukraine’s “wish list” can be covered, and the reimbursement rate varies at around 50%. In an earlier paper, co-authored with Katariina Mustasilta, we argued that funding weapons at the EU level has had several advantages: It has demonstrated a united European front against Russia and has encouraged national leaders to make sensitive decisions concerning lethal materiel. Moreover, EU action has contributed to a certain European ownership for the assistance to Ukraine. This should allow the EU to develop a long-term strategy, based on its values, for continuing the support.

Running out of money – and materiel

But this is where the bad news starts. Hungary has been blocking the next tranche of support to Ukraine since May, first arguing that the global instrument had been overly focused on Ukraine, and then tying its approval to Kyiv removing a Hungarian bank from its list of “sponsors of war”. In contrast to Malta, Ireland, and Austria, which constructively abstained from decisions on lethal material, Hungary chose to also bring other member states’ support to a halt.

Hungary’s veto, however, is a minor issue compared to the next challenges on the way: the EPF is running out of money. It has already been topped up twice and now totals up to 12 billion euros. It remains to be seen whether the member states will be willing to further increase the EPF budget to the extent that it can meet Ukraine’s needs in the long term, especially since the EPF has other partners to back up as well. Policy options could include the establishment of a Ukraine-specific pillar within the EPF or the creation of a parallel funding tool for this purpose. A voluntary fund seems to be a risky option for many – the success of the EPF is based on the solidarity of all.

Another problem is that the EPF can only fund material deliveries as long as there is still materiel in stock. There is a growing awareness in EU capitals of the possible scenario of a prolonged war combined with continuing shortfalls in European production capacity. Much will depend on how effectively EU members will be able to spend their increased defence budgets and build up their defence industries and whether the European Defence Agency and the EDF can facilitate tangible cooperation and coordination along the way. The three-track plan to supply Ukraine with ammunition from existing stocks, support joint procurement, and produce ammunition and missiles in Europe demonstrates the potential for EU solutions. PESCO provides another potentially relevant framework – which we will delve into next.

PESCO: A wake-up call for European defence cooperation?

The sudden need to transport military assets for the Ukrainian armed forces has given a boost to resolve the long-term issues affecting military transports across the EU’s internal borders. The Permanent Structured Cooperation project on military mobility, which experienced varying success before the war, has now emerged as the key framework for harmonising practices and standards for the movement of military equipment and personnel in Europe. This development could not be taken for granted, given the difficulties that PESCO has faced in facilitating European defence cooperation before.

PESCO was established by the Lisbon Treaty in 2009 as an instrument to allow deeper integration among member states whose “military capabilities fulfil higher criteria” and who have made binding commitments in the area of defence (Art. 42 (6) and 46 TEU). Activated in 2017, PESCO launched cooperation between 25 EU members, with the exception of Malta, and, until 2023, Denmark. Participating members can further decide which capability development projects they want to join. During the years that followed, many PESCO projects remained largely on paper, with member states showing little interest in implementing the 20 binding commitments that they had signed up to.

Overlapping initiatives for defence cooperation

The slow start was explained by the uncertainty about the added value of PESCO, especially in relation to the NATO framework. Moreover, several other overlapping initiatives for flexible defence cooperation had been established during these years. The 2014 NATO summit in Wales had given birth to three Framework Nation Concept (FNC) groupings, including one led by Germany, and another led by the UK, known as the Joint Expeditionary Force (JEF).

Like PESCO, Germany’s FNC focused on capability development, while the JEF built a rapidly deployable multinational force in Northern Europe. Furthermore, in 2018, France, frustrated by PESCO’s all-inclusive outlook, launched the European Intervention Initiative (EI2) to facilitate future military operations by developing a common strategic culture.

The cooperation formats sharing most of their members, PESCO’s role in the development of European defence seemed uncertain. However, PESCO continued to grow in terms of the number of projects (from 17 to 68 projects), and the academic assessment of PESCO’s potential gradually became more positive.

Successful military mobility project

The military mobility project, led by the Netherlands and involving 24 EU member states, has become the largest and arguably most important PESCO project. In a positive surprise for Brexit-torn UK-EU relations, the UK also applied for and was welcomed into the project. This was enabled by the conditions for third-country participation in PESCO, which had been negotiated a few years before.

Furthermore, the PESCO project is linked to NATO-EU cooperation on military mobility, with three non-EU NATO members – Norway, Canada and the US – officially participating in the EU project. Military mobility has slowly developed into a priority area (or “flagship”) of NATO-EU cooperation, with the EU having the legal capacity to harmonise standards and NATO contributing with military requirements. Although PESCO is not officially a partnership tool, the military mobility project has been successful in supporting defence partnerships in war-time Europe.

Keys to success

The fact that the PESCO framework is both flexible in terms of membership and member-state driven has contributed to the successful outcome. The flexible membership has two sides: on the one hand, it allows Ukraine’s two main supporters – the UK and the US – to participate in the development of military mobility in Europe; on the other hand, it takes into account the fact that not all EU members want to participate in the project (e.g. due to constitutional neutrality).

The member-state driven nature of the project supports the external partnerships in particular: the UK has avoided institutional links with the CSDP since Brexit, and EU-NATO cooperation also benefits from action at the member-state level, given that information sharing between the two organisations is limited due to the Türkiye-Cyprus conflict.

CSDP interventions: faster and more focused

The war-time development of the EU’s CSDP has not only relied on new structures and instruments. CSDP operations and missions (a.k.a. EU crisis management) remain at the core of EU security and defence policy, reflecting the implicit traditional division of labor with NATO. Three new operations and missions have been established in record time:

  • First, the EU military assistance mission (EUMAM) was launched in late 2022 to provide basic and specialised training to Ukrainian soldiers and military units in Poland and Germany, and is expected to reach its goal (30,000 trained personnel) ahead of schedule. EUMAM is the third CSDP mission in Ukraine: a civilian advisory mission (EUAM) has been operating in the country since 2014, focusing on civilian security sector reform, while a border assistance mission (EUBAM) has been deployed on the Ukrainian-Moldovan border since 2004.
  • Another mission (EUPM) was launched in Moldova in 2023 with a focus on countering hybrid threats.
  • The third new mission was launched in Armenia (EUMA) to monitor and report on developments in the border region with Azerbaijan.

The establishment of so many new CSDP operations and missions in such a short time is an achievement of the EU’s crisis management structures: reaching a political agreement between the member states and planning the intervention has typically taken much longer. The new operations and missions signal that crisis management remains a key tool for member states to implement the EU’s security and defence policy abroad.

New initiatives to come

Still, CSDP operations and missions continue to suffer from a lack of resources and other structural challenges that have remained unresolved for years. Both the Strategic Compass and the recent Civilian CSDP Compact call for increased effectiveness of the operations and missions, but even the starting point for effectiveness – evaluating impact – remains a challenge. Furthermore, the operations and missions operate in an increasingly complex and geopolitically tense environment. If funding problems are not resolved, future operations and missions are likely to be smaller in scope and fewer in number.

At the same time, new initiatives for CSDP interventions will be materializing soon: the EU battle groups, established in 2007 with 1,500 personnel, will be replaced by a Rapid Deployment Capacity (RDC) of 5,000 troops in 2025. Like the EPF and PESCO, the RDC fills a gap in the EU’s capabilities and will hopefully enable the EU to act more autonomously in crisis and conflict situations in the future. It remains to be seen how resources will be divided between the new and traditional CSDP activities, and whether the EU will continue to pursue a comprehensive approach to conflict and crisis response.


This contribution is part of the thematic forum “Supranational governance between diplomacy and democracy – current debates on EU reform”, published in cooperation with the online magazine Regierungsforschung.de.


Pictures: Helicopter: Rock Cohen [CC BY-SA 2.0], via Flickr; portrait Tyyne Karjalainen: Finnish Institute of International Affairs [all rights reserved]; EU flag: Arno Mikkor (EU2017EE) [CC BY 2.0], via Flickr.

15 August 2023

Ist die europäische Demokratie fit für den Klimawandel? Der Fall der „grünen Taxonomie“

Von Bohyun Kim
Nuclear plant with sunflowers
Die EU hat die Kernenergie als „grün“ klassifiziert. Der Entscheidungsprozess war transparent, aber seine Offenheit für die Zivilgesellschaft unzureichend.

Die EU setzt sich aktiv dafür ein, „grüner“ zu werden. Im Rahmen des derzeitigen internationalen Klimaregimes sind die 195 Unterzeichnerstaaten des Pariser Abkommens rechtlich verpflichtet, dringende Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen, um die globalen Treibhausgasemissionen zu reduzieren und die globale Erwärmung unter 1,5 °C zu halten. Als einzige regionale Organisation mit UNFCCC-Vertragsstatus ist die EU eine der am schnellsten voranschreitenden Demokratien auf dem Weg zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft.

EU-Klimapolitik

Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden. Zu diesem Zweck hat sie 2019 den Europäischen Grünen Deal auf den Weg gebracht, dem 2021 das Europäische Klimagesetz mit dem neuen EU-Ziel folgte, die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber 1990 zu senken. Um dieses Ziel zu erreichen, schlug die Europäische Kommission im Juli 2021 das „Fit-for-55“-Paket vor, das alle relevanten klima-, energie-, verkehrs- und steuerpolitischen Instrumente überprüft, einschließlich einer Reform des EU-Emissionshandelssystems. Im Mai 2022 kam der REPowerEU-Plan hinzu, eine Initiative zur raschen Verringerung der Abhängigkeit von russischen fossilen Brennstoffen und zur Beschleunigung der grünen Wende.

Die Umsetzung des Europäischen Green Deal wirkt sich auch auf die externe Klimapolitik der EU aus. Der CO2-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM) tritt am 1. Oktober 2023 in seine Übergangsphase. Er gilt zunächst für Importe bestimmter Waren und ausgewählter Vorprodukte, deren Herstellung kohlenstoffintensiv ist und bei denen das Risiko einer Verlagerung von CO2-Emissionen am größten ist. In Sachen Klimapolitik scheint die EU bereits „grün“ zu sein.

EU-Taxonomie: Sein oder Schein einer grünen Wirtschaft?

Doch nicht alles ist harmonisch auf dem Gebiet der EU-Klimapolitik. Inmitten des raschen Fortschritts bei der Umsetzung der EU-Taxonomie ist die alte Debatte, ob Kernenergie umweltfreundlich ist, wieder aufgeflammt.

Die EU-Taxonomie nachhaltiger Aktivitäten (auch „grüne Taxonomie“ genannt) ist ein Klassifizierungssystem, das verdeutlichen soll, welche Investitionen ökologisch nachhaltig sind und im Einklang mit den Zielen des Europäischen Green Deal stehen. Die Taxonomie, die im Juli 2020 in Kraft getreten ist, soll Investor:innen helfen, umweltfreundlichere Entscheidungen zu treffen. Seitdem hat die Europäische Union vier delegierte Rechtsakte zur Ergänzung der Taxonomie erlassen: zwei zum Klima (2021 und 2022), einen zur Offenlegung von Informationen (2021) und zuletzt einen für Umwelt und Klima (2023).

Von diesen war der zweite delegierte Rechtsakt zum Klima der umstrittenste, da er auch Kernenergie und Erdgas in das Regelwerk der EU-Taxonomie aufnahm. Da das Europäische Parlament in seiner Sitzung vom 6. Juli 2022 keine Einwände gegen die Aufnahme von Gas- und Nuklearaktivitäten erhob, ist der delegierte Rechtsakt seit Januar 2023 in Kraft und erlaubt es offiziell, Gas- und Kernkraftwerke als grün zu kennzeichnen.

Erbitterte Auseinandersetzung um die Kernenergie

Das Regelwerk spaltet die EU-Mitgliedstaaten ebenso wie die Investor:innen. Im Oktober letzten Jahres reichte die österreichische Regierung wegen der grünen Kennzeichnung von Kernenergie und Erdgas eine Klage gegen die Kommission ein. Österreich, das zusammen mit Deutschland, Dänemark und Portugal zu den kernenergieskeptischsten Mitgliedstaaten gehört, hatte sich seit Beginn der Kontroverse gegen den Taxonomie-Plan der EU ausgesprochen. Auf der anderen Seite steht die Gruppe der „Nuklear-Allianz“, die sich für die Kernenergie einsetzt und der Frankreich, Belgien, Bulgarien, Estland, Finnland, Italien, Kroatien, die Niederlande, Polen, Rumänien, Schweden, die Slowakei, Slowenien, die Tschechische Republik und Ungarn angehören.

Was die öffentliche Meinung zur Frage der EU-Taxonomie betrifft, so haben Umweltgruppen wie Greenpeace und andere NGOs die Kommission Anfang des Jahres wegen des delegierten Rechtsakts verklagt, der ihrer Meinung nach gegen die eigentliche Idee der Taxonomie-Verordnung verstößt, indem er umweltschädliche Aktivitäten einbezieht. Zuletzt hat sich die Debatte zwischen Befürworter:innen und Gegner:innen der Kernenergie noch weiter verschärft, da sie auch mit der Frage nach dem Stellenwert der Kernenergie in der Energiewende der EU und mit der durch die russische Aggression in der Ukraine ausgelösten Energiekrise zusammenhängt und somit Energie- und Sicherheitsfragen mit Fragen des Klimawandels verbindet.

Wie aber gelang es der EU angesichts dieser Vielzahl unterschiedlicher Gruppen und politischer Interessen auf mehreren Ebenen, einen Weg zur Verabschiedung von Rechtsvorschriften in der höchst umstrittenen Frage der Kernenergie zu finden?

Throughput-Legitimität der EU-Politik

Die EU ist bekanntlich weder eine internationale Organisation noch ein Nationalstaat und hat mit ihrem institutionellen Mehrebenensystem verschiedene Säulen, auf die sie ihre Legitimität stützt. Zum einen verfügt sie über eine „indirekte Legitimation“ durch die im Rat vertretenen Mitgliedstaaten, zum anderen über eine „direkte Legitimation“ durch das gewählte Europäische Parlament. Darüber hinaus verfügt die EU aber auch über eine „technokratische“ und eine „prozedurale“ Legitimität: Die EU-Institutionen sind dann am besten legitimiert, wenn sie entweder Regulierungsprobleme lösen oder wenn sie Verfahrensregeln wie Transparenz und die Konsultation von Interessengruppen einhalten (Neuhold 2021).

Vivien Schmidt (2021) bezeichnet diese technokratische und prozedurale Legitimität als „Throughput-Legitimität“ des EU-Regierungssystems. In Anerkennung der vielfältigen Legitimitätsgrundlagen demokratischen Regierens in der EU greift sie auf drei ursprünglich von Scharpf (1999) eingeführte Legitimitätskonzepte zurück: Output-, Input- und Throughput-Legitimität. Die Output-Legitimität bezieht sich auf die Legitimität des Regierens im Hinblick auf die Wirksamkeit der Politik und die Leistung für das Gemeinwohl, während die Input-Legitimität mit der Beteiligung und Repräsentation der Bürger:innen und der Empfänglichkeit der politischen Eliten für die Anliegen der Bürger:innen zusammenhängt. Die Throughput-Legitimität hingegen bezieht sich demgegenüber auf die Qualität der Regierungsprozesse. Dazu gehören die Effizienz der politischen Entscheidungsfindung, die Verantwortlichkeit der Entscheidungsträger:innen gegenüber den jeweils zuständigen Gremien, die Transparenz ihres Handelns und der Zugang zu Informationen sowie ihre Offenheit und Inklusivität gegenüber der Zivilgesellschaft.

Da sich qualitativ minderwertige Throughput-Verfahren – etwa inkompetente, parteiische, korrupte oder repressive  Entscheidungsprozesse – sowohl auf den politischen Output als auch auf den politischen Input negativ auswirken können (Schmidt 2021), ist die Aufrechterhaltung einer hohen Throughput-Legitimität für das Funktionieren der EU als demokratisches Regierungssystem von entscheidender Bedeutung.

Die rhetorische Macht der Kommission in der Klimakrise

Für die interne und externe Klimapolitik der EU haben Studien einen wachsenden Einfluss der Europäischen Kommission aufgezeigt (Rayner und Jordan 2016). Die Rolle der Europäischen Kommission als „policy entrepreneur“ im EU-System ermöglicht es ihr, politischen Wandel zu gestalten und voranzutreiben, indem sie für neue Ideen oder Vorschläge eintritt, Probleme (um)formuliert, Koalitionen zwischen politischen Entscheidungsträger:innen und Interessenvertreter:innen schmiedet, die öffentliche Meinung mobilisiert und die Agenda bestimmt (Dupont et al. 2020).

Selbst in Krisensituationen kann die Kommission als Exekutivorgan der Union das, was ihr an traditioneller staatlicher Zwangsgewalt fehlt, durch rhetorische Macht ausgleichen, um ihr Handeln nachträglich zu legitimieren und zu normalisieren (Schmidt 2021). Diese rhetorische Macht verleiht allen Akteuren Legitimität und beeinflusst über Ideen und Diskurse die Legitimitätswahrnehmung der Bürger:innen (Carstensen und Schmidt 2018).

Auch wenn die Kommission nun vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt wurde, ist die EU-Gesetzgebung zur grünen Taxonomie zunächst ein erfolgreiches Beispiel für eine „Versicherheitlichung“ des Klimawandels durch Sprechakte, die es ermöglicht haben, Atomenergie und Gas als grün zu legitimieren (Oels 2012). Durch die Etablierung des Klimawandels als „existenzielle Bedrohung“ im Rahmen des Europäischen Green Deal konnte die Kommission als sicherheitsgebender Akteur politische Legitimität für ihre delegierten Rechtsakte generieren, die andernfalls womöglich als illegitim angesehen worden wären (Olesker 2018).

Wie lässt sich Kernenergie als umweltfreundlich legitimieren?

Wie ist es der Kommission also gelungen, die Aufnahme von Kernenergie und Gas in die grüne Taxonomie mit ihren delegierten Rechtsakten zum Klima prozedural zu legitimieren? Sie durchlief das übliche Verfahren für delegierte Rechtsakte, das Throughput-Legitimität erzeugt: Bevor die Kommission delegierte Rechtsakte erlässt, konsultiert sie Expertengruppen, die sich aus Vertreter:innen der einzelnen EU-Länder zusammensetzen. Nach Erlass des Rechtsaktes haben Parlament und Rat zwei Monate Zeit, um Einwände zu erheben. Tun sie dies nicht, tritt der Rechtsakt in Kraft.

Der zweite delegierte Rechtsakt zum Klima wurde zusammen mit zwei Berichten vorgelegt – einem von der Technischen Sachverständigengruppe für nachhaltige Finanzen (2019) und einem von der Gemeinsamen Forschungsstelle (Joint Research Centre, JRC), dem wissenschaftlichen Dienst der Europäischen Kommission (JRC 2021). Darüber hinaus konsultierte die Kommission die Plattform für nachhaltige Finanzen (Platform on Sustainable Finance, PSF) und die Sachverständigengruppe der Mitgliedstaaten (Member States Experts Group, MSEG). Diese technischen Bewertungsgremien waren auf der Grundlage der ursprünglichen Taxonomie-Verordnung vom Juni 2020 eingerichtet worden und hatten die Aufgabe, die in der Verordnung verwendeten Begriffe „wesentlicher Beitrag“ und „erhebliche Beeinträchtigung“ auf der Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Beiträgen von Expert:innen und relevanten Interessengruppen zu aktualisieren und zu spezifizieren.

In einer Mitteilung von April 2021 informierte die Kommission den Rat und das Parlament über ihre Absicht, einen ergänzenden delegierten Rechtsakt zur Taxonomie-Verordnung zu erlassen, um bestimmte Energiesektoren und Produktionstätigkeiten wie Kernenergie, nationales Gas und verwandte Technologien als „Übergangstätigkeit“ zu erfassen. Der Vorschlag stützte sich auf einen JRC-Bericht, der zu diesem Zeitpunkt noch von der Euratom-Artikel-31-Expertengruppe und dem Wissenschaftlichen Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und neu auftretende Risiken (Scientific Committee on Health, Environmental and Emerging Risks, SCHEER) geprüft wurde.

Kernenergie als „Übergangstätigkeit“

Die rhetorische Legitimationsstrategie der Kommission für die Einbeziehung von Kernkraft und Gas in die Taxonomie wird in den beiden delegierten Rechtsakten zum Klima deutlich. Im ersten delegierten Rechtsakt, der im Juni 2021 verabschiedet wurde, betonte die Kommission die Bedeutung von „klimaneutraler Energie“ als wirtschaftliche Übergangstätigkeit im Sinne von Art. 10 (2) der Taxonomie-Verordnung 2020/852. Zudem erklärte sie, dass die entsprechende Bewertung für die Kernenergie noch im Gange sei und dass sie auf Grundlage der Bewertungsergebnisse Folgemaßnahmen ergreifen werde, sobald der Prozess abgeschlossen sei.

Im zweiten delegierten Rechtsakt zum Klima, der am 9. März 2022 angenommen wurde, kam die Kommission zu dem Schluss, dass Tätigkeiten im Zusammenhang mit Kernenergie kohlenstoffarme Tätigkeiten darstellen und für eine Reihe von Mitgliedstaaten Bestandteil der künftigen Energiequellen und der Anstrengungen zur Erreichung des Dekarbonisierungsziels für 2050 sind. Daher wurde die Kernenergie in die EU-Taxonomie aufgenommen.

Diese Schlussfolgerung wurde durch den JRC-Bericht untermauert, der feststellte, dass die Kernenergie die einschlägigen Unbedenklichkeitskriterien erfüllt: „Die Analysen ergaben keine wissenschaftlich fundierten Belege dafür, dass die Kernenergie der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt mehr Beeinträchtigung zufügt als andere Stromerzeugungstechnologien, die bereits in der Taxonomie als Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels aufgeführt sind“ (JRC 2021, im Original auf Englisch).

Demokratische Unzulänglichkeiten

Ist die Kernenergie nach den Kriterien der EU also grün? Diese Frage ist in der Tat nicht leicht zu beantworten. Offiziell ist die Europäische Union jedenfalls zu dem Schluss gekommen, dass sie vorläufig als grün einzustufen ist. Dieser Fall der EU-Gesetzgebung zur grünen Taxonomie ist nicht nur ein Anlass, über die gesellschaftlichen Auswirkungen wissenschaftlicher und technokratischer Entscheidungen nachzudenken, sondern bietet auch einige Lektionen über demokratische Regierungsführung in der EU.

Können das Verfahren zur Annahme der Taxonomie und der Einfluss der Kommission darauf als ausreichend demokratisch bezeichnet werden? Obwohl der Prozess transparent war, zeigen sich Unzulänglichkeiten bei der Offenheit gegenüber der Zivilgesellschaft. Die rhetorische Macht der Kommission beruhte fast ausschließlich auf technokratischen und wissenschaftlichen Ergebnissen.

Diese reichten zwar aus, um die Entscheidungsträger:innen im Rat und im Parlament zu überzeugen, die keine Einwände gegen den zweiten delegierten Rechtsakt zum Klimawandel erhoben. Es gelang der Kommission jedoch nicht, damit auch die gesellschaftlichen Kontroversen um die Rolle der Kernenergie zu befrieden. Laut einer vom WWF in Auftrag gegebenen und von Savanta ComRes in acht großen EU-Ländern durchgeführten Umfrage sprachen sich nur 29 % der Bürger:innen für die Aufnahme der Kernenergie in die grüne Taxonomie aus, während 55 % sie ablehnten. Eine weitere Umfrage von Innofact kam für Deutschland zu ähnlichen Ergebnissen.

EU-Demokratie für den Klimaschutz?

In ihrem 2004 erschienenen Buch „The Green State“ hat Robyn Eckersley die „kantianische“ oder „post-westfälische“ Kultur der Europäischen Union als die größte Annäherung an einen grünen Staat beschrieben. Sie argumentierte, dass Staaten die einzigen politischen Institutionen seien, die noch über eine starke Macht und die Fähigkeit verfügten, Gesellschaften und Volkswirtschaften zu lenken. Um liberal-demokratische Staaten in „grün-demokratische Staaten“ umzuwandeln, müssen Graswurzel-Umweltbewegungen die staatlichen Institutionen konfrontieren und auf eine grünere Weise umgestalten (Fischer 2017).

Es mag zu idealistisch sein, ein solch hohes Maß an gesellschaftlicher Integration auch auf EU-Ebene zu erhoffen. Aber in jedem Fall wäre ein direkterer und stärker deliberativer Prozess, der mehr unterschiedliche zivilgesellschaftliche Akteur:innen in das Regierungssystem einbezieht, der nächste Schritt für die EU, um auch in Zukunft führend im Klimaschutz zu bleiben und gleichzeitig ihre demokratischen Ambitionen zu verwirklichen.


Dieser Beitrag ist Teil des Themenschwerpunkts „Überstaatliches Regieren zwischen Diplomatie und Demokratie – aktuelle Debatten um die Reform der EU“, der in Zusammenarbeit mit dem Online-Magazin Regierungsforschung.de erscheint.


Übersetzung: Manuel Müller.
Bilder: Atomkraftwerk und Sonnenblumen: Jess & Peter [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons; Porträt Bohyun Kim: privat [alle Rechte vorbehalten]; Europaflagge: Arno Mikkor (EU2017EE) [CC BY 2.0], via Flickr.

Is EU democracy fit for climate change? The case of the “green taxonomy”

By Bohyun Kim
Nuclear plant with sunflowers
The EU has decided to classify nuclear power as green. While the process has been transparent, its openness to civil society seems insufficient.

The EU is actively greening itself. Under the current international climate regime, the 195 signatories to the Paris Agreement are legally bound to take urgent climate action to reduce global greenhouse gas (GHG) emissions and stay below 1.5°C of global warming. As the only regional organization with UNFCCC Party status, the EU is one of the fastest moving democracies on the journey towards a low-carbon economy.

The EU’s climate action

It has committed to becoming the first climate-neutral continent by 2050 with the introduction of the European Green Deal (2019), followed by the European Climate Law (2021) with the new EU target of reducing net GHG emissions by at least 55% by 2030 compared to 1990 levels. In order to achieve the Union’s climate target, the European Commission proposed a ‘Fit for 55 Package’ in July 2021 to review all relevant policy instruments in the areas of climate, energy, transport and taxation, including a reform of the EU Emissions Trading System (EU ETS). In May 2022, the REPowerEU plan was added, an initiative to swiftly reduce dependence on Russian fossil fuels and accelerate the green transition.

The implementation of the European Green Deal is also taking place in the EU’s external climate policy. The EU’s Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) will enter its transitional phase on 1 October 2023. It will initially apply to imports of certain goods and selected precursors whose production is carbon-intensive and where the risk of carbon leakage is highest. When it comes to climate policy, the EU already seems to be ‘green.’

EU taxonomy: for greening or greenwashing?

Still, not all is harmonious in the field of EU climate policymaking. Amid its rapid progress, the old debate on whether nuclear energy is green has been recently reignited during the implementation of the EU taxonomy.

The EU taxonomy for sustainable activities (or “green taxonomy”) is a classification system established to clarify which investments are environmentally sustainable, in line with the objectives of the European Green Deal. The taxonomy, which came into force in July 2020, is designed to help investors make greener choices. Since then, the European Union has adopted four delegated acts to supplement the taxonomy legislation: two climate delegated acts (2021 and 2022), one disclosure delegated act (2021) and, most recently, one delegated act for environmental and climate (2023).

Among these, the second climate delegated act was the most controversial as it included nuclear energy and natural gas in the EU taxonomy rulebook from 2023 on. As the European Parliament did not object to the inclusion of gas and nuclear activities on July 6, 2022, the delegated act applies since January 2023, officially allowing gas and nuclear power plants to be labelled as green.

Acrimonious debate on nuclear energy

The rules are dividing EU member states and investors. In October last year, the Austrian government filed a lawsuit against the Commission over the green labelling of nuclear energy and natural gas. It has been opposed to the EU’s taxonomy plan since the beginning of the controversy, as it is one of the EU countries most sceptical of nuclear energy, along with Germany, Denmark and Portugal. On the other hand, there is the Nuclear Alliance group, which is in favour of nuclear energy and includes France, Belgium, Bulgaria, Croatia, the Czech Republic, Estonia, Finland, Italy, Hungary, the Netherlands, Poland, Romania, Slovakia, Slovenia, and Sweden.

Regarding public opinion on the EU taxonomy issue, environmental groups such as Greenpeace and other NGOs sued the Commission earlier this year for the taxonomy action, arguing that it violated the very idea of the taxonomy regulation by including environmentally harmful activities. The debate between supporters and opponents of nuclear energy has become even more acrimonious due to its connection to the question of the place of nuclear energy in the EU’s energy transition and the energy crisis driven by Russia’s aggression in Ukraine, linking energy and security concerns with climate change issues.

Given the different groups and political interests at multiple levels around this highly contentious nuclear energy issue, how did the EU find its way to pass the legislation?

Throughput legitimacy of EU policymaking

Neither an international organization nor a nation-state, the EU’s multi-level institutional structure gives it a number of different pillars on which to base its legitimacy. It has ‘indirect legitimacy’ from its member states through their representation in the Council and ‘direct legitimacy’ from the elected European Parliament. It also has ‘technocratic and procedural legitimacy’, through which the Union’s institutions are best legitimized either when they solve regulatory problems or when they adhere to procedures such as transparency and stakeholder consultation (Neuhold 2021).

Vivien Schmidt (2021) calls this technocratic and procedural legitimacy the ‘throughput legitimacy’ of the EU governance system. Recognizing the diversified channels of legitimacy for EU democratic governance, she reintroduces three concepts of legitimacy proposed by Scharpf (1999): 1) output legitimacy, 2) input legitimacy, and 3) throughput legitimacy. Output legitimacy refers to the legitimacy of governance in terms of policy effectiveness and performance for the common good, while input legitimacy is related to citizen participation and representation and the responsiveness of political elites to citizen concerns. Throughput legitimacy refers to the quality of governance processes. This includes the efficacy of policy making, the accountability of decision-makers to relevant forums, the transparency of their actions and access to information, and their openness and inclusiveness towards civil society.

As low-quality throughput procedures – such as governance processes that appear incompetent, biased, corrupt or oppressive – can have a negative impact on both policy output and policy input (Schmidt 2021), maintaining a high level of throughput legitimacy is crucial for the EU to function as a democratic governance system.

The Commission’s rhetoric power in climate emergency

In addition, studies have shown the European Commission’s increasing authority over the EU’s internal and external climate policy (Rayner and Jordan 2016). The European Commission’s role as a ‘policy entrepreneur’ in the EU system allows it to take advantage of framing and driving policy change by advocating new ideas or proposals, (re)framing problems, building coalitions among policymakers and stakeholders, mobilizing public opinion and setting the agenda (Dupont et al. 2020).

Even in emergency situations, the Commission, as the Union’s executive body, can make up for what it lacks in traditional coercive state powers with its rhetorical power to legitimize its actions and normalize them afterwards (Schmidt 2021). This rhetorical power links legitimacy to all actors and influences peoples’ perceptions of legitimacy through ideas and discourses (Carstensen and Schmidt 2018).

Although the Commission is now facing legal challenges in the European Court of Justice, the EU’s green taxonomy legislation is a successful example of the ‘securitization’ of climate change through speech acts, which has allowed nuclear energy and gas to be legitimized as green (Oels 2012). By framing climate change as an “existential threat” with the European Green Deal, the European Commission, acting as a securitizing actor, was able to produce political legitimacy for its climate delegated acts, which otherwise might have been seen as illegitimate (Olesker 2018).

How to legitimize nuclear energy as green

So how did the Commission procedurally legitimize the inclusion of nuclear energy and gas in the green taxonomy with its climate delegated acts? The Commission went through the usual delegated act procedure, which ensures its throughput legitimacy: Before adopting delegated acts, the Commission consults with expert groups composed of representatives from each EU country. Once the Commission has adopted the act, Parliament and Council have two months to raise any objections. If they do not, the delegated act enters into force.

The second climate delegated act was submitted together with two reports – one from the Technical Expert Group on Sustainable Finance (2019) and the other from the Joint Research Centre, the European Commission’s science and knowledge service (JRC 2021) –, as well as consultations with the Platform on Sustainable Finance (PSF) and the Member States Expert Group (MSEG). These technical assessment bodies had been established on the basis of the original taxonomy regulation of June 2020 and had been tasked with updating and specifying the notions of ‘substantial contribution’ and ‘significant harm’ based on scientific evidence and input from experts as well as relevant stakeholders.

In a Communication of April 2021, the Commission informed Council and Parliament on its intention to adopt a complementary delegated act to the taxonomy regulation to cover certain energy sectors and manufacturing activities, such as nuclear energy, national gas and related technologies, as a ‘transitional activity’. The process was based on a JRC report, which at that time was still under review by the Euratom Article 31 expert group and the Scientific Committee on Health, Environmental and Emerging Risks (SCHEER).

Nuclear energy as a ‘transitional activity’

The Commission’s rhetorical legitimization of the inclusion of nuclear and gas in the taxonomy is well illustrated in the two climate delegated acts. In the first climate delegated act, adopted in June 2021, the Commission clearly stated the importance of ‘climate-neutral energy’ as a transitional economic activity, as referred to in Art. 10 (2) of the Taxonomy Regulation 2020/852. It also wrote that the relevant assessment for nuclear energy was still ongoing and that it would take a follow-up action based on the results of the assessment once the process was completed.

In the second climate delegated act, adopted on March 9, 2022, the Commission concluded that nuclear energy-related activities are low-carbon activities and part of the future energy sources and decarbonization efforts of a number of member states to achieve the 2050 decarbonization objective. Accordingly, nuclear energy was qualified to be covered by the EU taxonomy.

This conclusion was supported by the JRC report finding that nuclear energy met the ‘do no significant harm’ (DNSH) criteria: ‘The analyses did not reveal any science-based evidence that nuclear energy does more harm to human health or to the environment than other electricity production technologies already included in the Taxonomy as activities supporting climate change mitigation’ (JRC 2021).

Democratic shortcomings

So, is nuclear energy now green according to the EU’s DNSH criteria? This is indeed not an easy question to answer. However, the European Union has officially concluded that it should be classified as green for now. This case of EU green taxonomy legislation not only leads us to consider the societal implications of scientific and technocratic decision-making, but also offers some lessons in terms of EU democratic governance.

Can the taxonomy governance process and the Commission’s influence be described as democratic enough? The process has been transparent and accountable, but the aspect of openness towards civil society seems insufficient. The rhetorical power of the Commission has been based almost exclusively on technocratic and scientific results.

While this sufficed to convince decision-makers in the Council and Parliament, who did not object to the second climate delegated act, the Commission was unable to placate the societal controversies around the role of nuclear energy. According to a survey commissioned by WWF and conducted by Savanta ComRes in eight large EU countries, only 29% of the citizens supported the inclusion of nuclear energy in the green taxonomy, while 55% rejected it. Another survey by Innofact showed similar results for Germany.

EU democracy for climate action?

In her book ‘The Green State’ (2004), Robyn Eckersley once presented the European Union’s ‘Kantian’ or ‘post-Westphalian’ culture as the closest real approximation to a green state. She argued that states are the only political institutions that still possess strong power and capacity to direct societies and economies. In order to transform liberal-democratic states into ‘green-democratic states’, grassroots environmental movements must confront the state and reshape the state institutions in a greener way (Fischer 2017).

It may be too idealistic to question whether this high level of social inclusion is even possible at the EU level. Nevertheless, a more direct and deliberative process with diverse actors and civil society in the governance system would be the next step for the EU to take further climate action while enhancing and realizing its democratic ambitions.


This contribution is part of the thematic forum “Supranational governance between diplomacy and democracy – current debates on EU reform”, published in cooperation with the online magazine Regierungsforschung.de.


Pictures: Nuclear plant and sunflowers: Jess & Peter [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons; portrait Bohyun Kim: private [all rights reserved]; EU flag: Arno Mikkor (EU2017EE) [CC BY 2.0], via Flickr.