Das Spitzenkandidaten-Verfahren sollte die Wahl des EU-Kommissionspräsidenten demokratischer machen, aber unumstritten war es nie. Woran ist es 2019 gescheitert? Und wie ließe es sich reformieren? Auf diese Fragen antworten hier Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Heute: Frank Decker. (Zum Anfang der Serie.)
- „Auch der US-Kongress gründet seine starke Position – nur scheinbar paradox – darauf, dass ihm das Recht fehlt, die Regierung zu bestellen.“
Der
Machtpoker um das Amt des Kommissionspräsidenten, der sich zwischen
Rat und Parlament nach der Europawahl abgespielt hat, bestätigt die
grundsätzlichen Zweifel am sogenannten „Spitzenkandidatensystem“.
Die Hoffnungen, dass mit ihm bei den Wahlen zum Europäischen
Parlament „mehr Demokratie“ einzieht und die Bürger näher an
die europäischen Institutionen herangeführt werden, haben sich
nicht bewahrheitet.
Warum ist das so? Die Befürworter des Spitzenkandidatensystems orientieren
sich erkennbar an den Prinzipien und Regeln der parlamentarischen
Regierungssysteme ihrer nationalen Herkunftsländer. Dabei verkennen
sie aber, dass diese auf die europäische Politik nicht ohne Weiteres
übertragbar sind. Dies gilt für die Demokratie im Allgemeinen, die
an bestimmte Voraussetzungen wie eine gemeinsame Öffentlichkeit oder
ein (staats)bürgerschaftliches Verbundenheitsgefühl gebunden ist,
die in der EU erst ansatzweise vorliegen. Und es gilt auch mit Blick
auf die institutionelle Gestalt des EU-Regierungssystems, die der
parlamentarischen Regierungsform nur bedingt entspricht.
Die EU als quasi-präsidentielles System
Letzteres
zeigt sich insbesondere im Fehlen des für das parlamentarische
System typischen Gegenübers von Regierungsmehrheit und Opposition.
Anders als in den nationalen politischen Systemen ist die
EU-Kommission, nachdem sie einmal gewählt ist, auf die dauerhafte
Unterstützung einer parlamentarischen Mehrheit nicht zwingend
angewiesen. Ursache dafür ist, dass das Europäische Parlament sie
nur mit Zweidrittelmehrheit stürzen kann, ihre Abberufung also
höheren Hürden unterliegt als die Bestellung. Dem entspricht, dass
das Europäische Parlament auch nicht vorzeitig aufgelöst werden
kann: In einem normalen parlamentarischen System soll mit dieser
Möglichkeit dafür Sorge getragen werden, dass beim Verlust der
parlamentarischen Mehrheit der Regierung jederzeit eine neue Mehrheit
erzeugt werden kann. In der EU ist dies aufgrund der unabhängigen
Stellung der Kommission nicht erforderlich.
Diese
Abweichungen erklären, warum der Parlamentarismus in der EU anders
funktioniert als in den nationalstaatlichen Demokratien. Während das
Regieren mit „wechselnden Mehrheiten“ in den dortigen
parlamentarischen Systemen meistens verpönt ist, stellt es im
Europäischen Parlament von jeher die Regel dar, indem sich bei den
Gesetzesbeschlüssen – je nach Materie – unterschiedliche
Abstimmungskoalitionen herausbilden. Auch innerhalb der Fraktionen
ist das Abstimmungsverhalten häufig uneinheitlich, was auf deren
heterogene Zusammensetzung und die fortbestehenden nationalen
Prägungen der Fraktionsmitglieder verweist.
Vergleichsbeispiel
US-Kongress
Dies
bedeutet allerdings nicht, dass das Europäische Parlament als
Institution schwach wäre. Ihm mögen zwar bis heute ein eigenes
Initiativrecht oder die volle gesetzgeberische Gleichstellung mit dem
Rat fehlen. Wo es mitentscheidet, übt es de facto aber größeren
Einfluss aus als die Parlamente in den Mitgliedstaaten, die die
Funktion der Gesetzgebung weitgehend an die jeweiligen Regierungen
abgetreten haben.
Sucht
man nach Vergleichsbeispielen für eine solche Struktur, kommt einem
am ehesten der US-amerikanische Kongress in den Sinn. Auch dessen
starke Position im Gesetzgebungsprozess gründet – nur scheinbar
paradox – darauf, dass ihm das zentrale Recht der Parlamente in den
parlamentarisch genannten Regierungssystemen fehlt, nämlich das
Recht, die Regierung zu bestellen und abzuberufen. Der mit dem
Spitzenkandidatensystem eingeschlagene Weg einer stärkeren Anbindung
der Kommission an die Parlamentsmehrheit führt so betrachtet in die
falsche Richtung. Entwindet das Europäische Parlament den Staats-
und Regierungschefs das Recht, den Kommissionspräsidenten zu
bestellen, würde das die EU zwar demokratischer machen. Das
Parlament selbst hätte davon aber keinen Gewinn, weil es seine
heutige Unbefangenheit gegenüber der Kommission verlöre.
Direktwahl des Kommissionspräsidenten als Alternative
Die naheliegende Alternative läge darin, den Kommissionspräsidenten in
einem separaten Wahlakt zeitgleich mit den Wahlen zum Europäischen
Parlament direkt zu wählen. Wie hätte man sich das vorzustellen?
In der heutigen Vielparteienstruktur würde vermutlich kein Kandidat in
der Lage sein, auf Anhieb eine (absolute) Mehrheit zu erzielen. Bei
Präsidentenwahlen auf nationaler Ebene wird in den meisten
europäischen Ländern dann üblicherweise eine Stichwahl zwischen
den beiden bestplatzierten Bewerbern des ersten Wahlgangs fällig,
was aber auf EU-Ebene angesichts von 420 Millionen Wahlbürgern kaum
gangbar wäre. Um eine ausreichende Legitimation jenseits der
relativen Mehrheit zu erzeugen, kämen stattdessen folgende Varianten
in Betracht:
-
ein Alternativstimmensystem, bei dem die Wähler Zweit- oder Drittpräferenzen angeben könnten,
- ein indirektes Verfahren nach US-Vorbild – die Wahl erfolgt hier getrennt nach Mitgliedstaaten, denen eine vorab festgelegte Zahl von „Wahlmännern“ zusteht, oder
- eine Verlegung der Stichwahl zwischen den beiden Bestplatzierten in das Europäische Parlament. (Dasselbe Verfahren könnte bei der zweiten Variante zum Zuge kommen, wenn ein Bewerber die absolute Mehrheit der Wahlmännerstimmen verfehlt.)
Ein
direkt gewählter Präsident könnte sich nicht mehr verstecken
Die Volkswahl des Kommissionspräsidenten würde die EU noch nicht zu einer Mehrheitsdemokratie machen. Auch ein mit größerer demokratischer Legitimation versehener Exekutivchef bliebe auf ein konsensuelles Zusammenwirken der an der Gesetzgebung beteiligten Organe angewiesen. Dennoch würde die mehrheitsdemokratische Komponente des Regierungssystems gestärkt.
Ein vom Volk ins Amt getragener Kommissionspräsident hätte das Vorrecht und die Bürde der politischen Initiative, könnte sich also nicht mehr ohne Weiteres hinter seinen Beamten oder den Vertretern des Ministerrats verstecken; gleichzeitig wäre er derjenige, der die Einheit der Gemeinschaft institutionell verkörpert, ihre politischen Ziele nach innen und außen vertritt. Dies ließe sich auch durch die Zusammenlegung mit dem Amt des permanenten Ratspräsidenten deutlich machen, die – im Unterschied zur Direktwahl selbst – bereits im Rahmen der heutigen Verträge möglich wäre. Dies entspräche der „Doppelhut“-Lösung, die man für das Amt des Außenbeauftragten der EU gefunden hat.
Die Bestellung der Kommissare
Um diesen gleichzeitigen Europäisierungs- und Demokratisierungseffekt zu erreichen, wären allerdings noch mindestens zwei weitere Schritte
notwendig. Der erste Schritt betrifft die Auswahl und Bestellung der Kommissare. Wird der Kommissionspräsident von den Bürgern direkt
gewählt, kann er sich auf eine demokratische Legitimation stützen, die seine Stellung gegenüber dem Parlament und dem Rat aufwertet.
Eine solche Aufwertung macht aber nur Sinn, wenn er zugleich über Mittel verfügt, um die Positionen, für die er gewählt wurde,
politisch umzusetzen. Dazu braucht es Kommissare an seiner Seite, die gleichgerichtete Ziele verfolgen und strukturell in der Lage sind,
die entsprechenden Initiativen zu entwickeln.
So wie die Kommission heute ins Amt kommt und zusammengesetzt ist, lässt sich das nicht gewährleisten. Insbesondere hat der Kommissionspräsident kaum Möglichkeiten, auf die personelle Auswahl
der Kommissare Einfluss zu nehmen, da diese ausschließlich von den Regierungen der Mitgliedstaaten nominiert werden. Die Zusammenstellung der Kommission reflektiert insofern eher die
nationalen Wahlergebnisse als das Ergebnis der Europawahlen. Lediglich über die Ressortzuteilung kann der Kommissionspräsident
weitgehend selbst entscheiden.
Eine
Alternative: Direktwahl von Kommissionskandidaten
Um dieses Problem zu lösen, sind verschiedene Varianten denkbar. Der Kommissionspräsident könnte
etwa das Recht erhalten, einen Teil der Kommissare selbst zu nominieren. Oder man verpflichtet die Regierungen, mehrere Kandidaten
vorzuschlagen, damit er aus einem größeren Pool auswählen kann. Vorstellbar wäre aber auch, dass man das Nominierungsrecht von den
Regierungen in die Hände der Wähler legt. Diese würden dann bei der Europawahl zugleich über die jeweiligen nationalen Kandidaten
für die Kommission entscheiden (zwischen zwei und fünf Personen je nach Größe des Mitgliedstaates). Aus deren Kreis
könnte sich der Kommissionspräsident dann einen Kommissar aussuchen.
Eine solche Direktwahl der Kommissionskandidaten durch die europäischen
Bürger würde die Kommission demokratisch weiter aufwerten und den
Europäisierungseffekt verstärken. Es gäbe nicht nur einen
zusätzlichen Anreiz, sich an den Wahlen zu beteiligen. Auch den
Parteien fiele es vermutlich leichter, für einen europäischen
Präsidentschaftskandidaten aus einem anderen Land zu trommeln, wenn
diesem ein Kandidat aus dem eigenen Land zur Seite stünde. Die
nationale Orientierung der Wähler, die sich allein schon aufgrund
der Sprachbarrieren ergibt, würde auf diese Weise für die
europäischen Zwecke „eingespannt“.
Die
Anwärter auf das Amt des Kommissionspräsidenten hätten wiederum
den Vorteil, dass sie schon im Vorfeld der Wahl in ihrer
Parteienfamilie auf die Aufstellung geeigneter Bewerber hinwirken
könnten, mit denen sie die spätere Kommissionsmannschaft bilden.
Dies würde auch den Zusammenschluss der bisher nur locker
verbundenen nationalen Parteiorganisationen zu wirklichen
europäischen Parteien befördern.
Einheitliches
Wahlsystem und transnationale Listen
Letzteres
verweist auf eine weitere Schwachstelle: das Fehlen eines zumindest
ansatzweise integrierten europäischen Parteiensystems. In der EU
besteht die paradoxe Situation, dass die zu Fraktionen
zusammengeschlossenen EU-weiten Parteienfamilien zwar den
Parlamentsbetrieb bestimmen, bei den Europawahlen aber nach wie vor
nur die nationalen Herkunftsparteien kandidieren. Diese
Merkwürdigkeit ist einerseits dem Parlamentsrecht geschuldet, das
kaum inhaltliche Kriterien für die Fraktionsbildung kennt. Es
reicht, wenn genügend Abgeordnete aus genügend Mitgliedstaaten
zusammenkommen. Zum anderen – und noch wichtiger – ist sie auf
das Fehlen eines gemeinsamen,
EU-einheitlichen Wahlsystems zurückzuführen, das laut EU-Vertrag
eigentlich längst hätte geschaffen werden müssen.
Die
meisten Befürworter eines stärker europäisierten Wahlsystems
wollen das Defizit durch die Einführung zusätzlicher
transnationaler Listen beheben. Dies geht aber am Kern des Problems
vorbei. Auch bei der Bundestagswahl in der Bundesrepublik treten die
Parteien bekanntlich mit Landeslisten an – ihre nationalen
Kanzlerkandidaten tauchen, sofern sie nicht selbst Teil einer solchen
Landesliste sind, auf den Stimmzetteln nirgends auf. Auch in der EU
würden, wenn man an den Sitzkontingenten der Mitgliedstaaten
festhält, nationale Politiker auf nationalen Listen kandidieren.
Diese müssten aber – anders als heute – zu den Wahlen als
Vertreter europäischer Parteien antreten, wobei die nationale
„Herkunftspartei“ auf dem Stimmzettel zusätzlich auszuweisen
wäre (also zum Beispiel EVP/CDU oder SPE/SPD).
Europäisierung
der Parteien durch EU-weite Sperrklausel
Der
Schlüssel für die Transformation der bestehenden nationalen zu
europäischen Parteien liegt in der Einführung eines EU-weiten
Verhältniswahlsystems mit moderater Zwei- oder
Dreiprozent-Sperrklausel. Letztere würde dafür sorgen, dass
allenfalls große Parteien aus großen Mitgliedstaaten noch die
Chance hätten, aus eigener Kraft in das Europäische Parlament zu
gelangen – die Parteien wären damit gezwungen, sich europaweit
zusammenzuschließen.
Transnationale
Listen wären unter diesen Bedingungen entbehrlich. Sie könnten
allerdings in anderer Hinsicht eine positive demokratische Funktion
erlangen, wenn man sie zusätzlich zu den nationalen Sitzkontingenten
einführt – nämlich als Mittel für einen (nachträglichen)
Verhältnisausgleich zwischen den Fraktionen. Damit könnte ein Makel
des bisherigen Systems zumindest partiell beseitigt werden, den
Kritiker der parlamentarischen Demokratisierungsstrategie regelmäßig
hervorheben und der in der aktuellen Debatte um den neuen
Kommissionschef wiederholt wurde: der Verstoß des Europäischen
Parlaments gegen das Prinzip der demokratischen Wahlrechtsgleichheit.
Diese
Ungleichheit entsteht durch den Grundsatz der „degressiven
Proportionalität“, nach dem größere Staaten mehr Abgeordnete
stellen als kleinere, kleinere aber mehr Abgeordnete pro
Einwohner. Das
Kontingent einer zusätzlichen transnationalen Liste könnten jedoch
dazu genutzt werden, um den Parteien beziehungsweise Fraktionen, die
infolge der degressiven Proportionalität im Parlament weniger
Mandate haben, als ihrem gesamteuropäischen Stimmenanteil
entspricht, Ausgleichsmandate zuzuweisen. Auf diese Weise wäre der
demokratischen Gleichheit zumindest in (partei)politischer Hinsicht
Genüge getan, ohne dass man an der ungleichen territorialen
Repräsentation rütteln müsste.
Ein Ideenwettbewerb zur Demokratisierung der EU
Bleibt
die Frage nach den Realisierungschancen. Vorschläge wie die
Direktwahl des Kommissionspräsidenten oder die Schaffung eines
einheitlichen Wahlsystems sind nur mit einer Vertragsänderung
umsetzbar, die einstimmig erfolgen muss und deshalb kurzfristig
unerreichbar erscheint. Mittel- und langfristig dürfte die EU an
einer neuen Verfassungsdebatte aber nicht vorbeikommen.
Anders
sieht es bei den Vorschlägen aus, die sich unterhalb der
Vertragsebene bewegen. Das betrifft zum Beispiel das
Bestellungsverfahren der Kommissare. Hier könnten
integrationswillige Staaten, die der Demokratisierung aufgeschlossen
gegenüberstehen, mit bestimmten Reformen vorauseilen und die anderen
irgendwann mitziehen. Warum sollte ein Europa der unterschiedlichen
Geschwindigkeiten, wie es beim Euro oder dem Schengenraum Realität
ist, nicht auch in institutioneller Hinsicht möglich sein?
Über
diese und andere Fragen brauchen wir dringend einen Ideenwettbewerb.
Ihr Umgang mit dem Spitzenkandidatensystem zeigt, dass man bei der
Demokratisierung der Gemeinschaft nicht auf die Staats- und
Regierungschefs setzen sollte. Die Impulse müssen vielmehr vom jetzt
neu gewählten Parlament und einer sich zunehmend formierenden
europäischen Öffentlichkeit ausgehen.
Frank Decker ist Professor am
Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität
Bonn. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Parteien,
Föderalismus und Demokratiereform.
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Reform des Spitzenkandidaten-Verfahrens – Artikelübersicht
- Reform des Spitzenkandidaten-Verfahrens: Serienauftakt
- Für eine Direktwahl des Kommissionspräsidenten und ein neues Europawahlrecht: Wege und Irrwege der Demokratie in der EU ● Frank Decker
- Noch nicht ausgemustert: Gezielte Reformen können das Spitzenkandidaten-Verfahren wieder erfolgreich machen ● Julian Rappold
- Die Europawahl darf keine Wundertüte sein: Für eine rechtliche Verankerung des Spitzenkandidaten-Prinzips ● Gaby Bischoff
- Wiederbelebung des Spitzenkandidaten-Verfahrens: Was können die europäischen Parteien selbst tun? [EN / DE] ● Gert-Jan Put
- Das Spitzenkandidaten-System: ein Blick aus Tallinn [EN / DE] ● Piret Kuusik
- Wissen, wer was tun wird: Transnationale Listen können das Spitzenkandidaten-System retten [FR / DE] ● Charles Goerens
- Das Polarisierungsdilemma: Streit zwischen den Parteien belebte 2019 den Europawahlkampf – und ließ dann die Spitzenkandidaten scheitern ● Manuel Müller
Bild: Patrick Dirden [CC BY-NC-ND 2.0], via Flickr; privat [alle Rechte vorbehalten].
Warum ist eine Stichwahl nicht umsetzbar, nur weil es 420 Mio Wahlberechtigte gibt? Technisch sehe ich da kein Problem, allenfalls das Risiko eines Legitimationsdefizit durch geringere Wahlbeteiligung in der Stichwahl.
AntwortenLöschenEine umsetzbare Alternative wäre ein Rangwahlverfahren als integrierte Stichwahl in einem Wahlgang, dann sollte das Problem auch ohne zweiten Wahlgang lösbar sein.
Nicht das US-System ist m.E. ein sinnvolles Referenzmodell für das Regierungssystem der EU, sondern viel eher die Schweiz: ein Mehrparteienparlament, unter dessen maßgeblichem Einfluss eine Regierung rekurtiert wird, die die innere Heterogenität des Systems widerspiegeln soll und die "auf Zeit" bestellt, d.h. nicht aus politischen Gründen gestürzt werden kann.
AntwortenLöschenIn einem solchen System, in dem notwendigerweise Mehr- bis Allparteienkoalitionen etabliert werden müssen, ist die Vorstellungen von "Spitzenkandidaten" als "Regierungschefs im Wartestand" abwegig. Mit dem "Spitzenkandidaten-Modell" wird dem politischen System der EU letztlich ein Westminstermodell übergestülpt, dem es noch nicht einmal in Ansätzen entspricht (und das auch in den Mitgliedstaaten mit ihren immer heterogeneren Parteiensystemen immer weniger existiert - wenn es dies denn je tat).