09 Mai 2019

Wenn am nächsten Sonntag Europawahl wäre (Mai 2019): Letzte Projektion vor der Wahl


GUE/
NGL
Grüne/
EFA
S&D ALDE EVP EKR EFDD ENF fʼlos Weitere
EP heute 52 52 187 69 216 77 42 36 20
März 19 47 48 140 109 173 58 11* 59 10 50
Mai 19,
ohne UK
54 45 141 95 183 52 1* 79 15 40
dynamisch 54 51 141 100 171 77 102 9
mit UK 52 54 155 97 175 64 20* 75 16 43
dynamisch 52 60 155 102 166 89 98 29

Basis-Szenario (ohne UK),
Stand: 02.05.2019.

 
Basis-Szenario (mit UK),
Stand: 02.05.2019.

 
Dynamisches Szenario (ohne UK),
Stand: 02.05.2019.

 
Dynamisches Szenario (mit UK),
Stand: 02.05.2019.

 
Historische Wahlergebnisse.
In weniger als drei Wochen wird in Europa gewählt – Zeit für die letzte der achtwöchentlichen Sitzprojektionen, die vor der Wahl auf diesem Blog erscheinen wird. Gegenüber der vergangenen Projektion gibt es darin noch einmal einige Veränderungen, von denen die sichtbarste den Brexit betrifft: Anfang März erschien die Aussicht, dass die Briten noch einmal an der Europawahl teilnehmen könnten, noch als eine eher abseitige Möglichkeit. Inzwischen steht fest, dass das Vereinigte Königreich wenigstens für die nächsten Wochen noch Mitglied der EU ist und deshalb auch weiterhin Abgeordnete ins Europäische Parlament entsenden wird. Wenn es dann im Lauf der Wahlperiode doch noch zum Brexit kommt, werden die 73 im Vereinigten Königreich gewählten Abgeordneten das Parlament verlassen und dafür 27 Abgeordnete aus anderen Ländern nachrücken.

Wann es so weit ist, ist derzeit völlig offen. Geht es nach der britischen Regierung, soll der Austritt noch im Juni ratifiziert werden, bevor das Europäische Parlament zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentritt. Umgekehrt scheint es aber inzwischen auch nicht mehr ausgeschlossen, dass der Brexit noch gänzlich abgesagt wird. Um dieser Unsicherheit gerecht zu werden, zeigt die Projektion nun sowohl einen Wert mit als auch ohne das Vereinigte Königreich.

Eine zweite wichtige Veränderung gegenüber der März-Projektion betrifft den Zuschnitt der europäischen Fraktionen. Zahlreiche Parteien, deren künftige Fraktionszugehörigkeit nach der Europawahl bisher offen war, haben in den letzten Wochen Klarheit geschaffen. Zudem setzten sich einige Entwicklungen fort, die ich bereits im März beschrieben habe: Inzwischen basiert die Projektion in fast allen Ländern auf Umfragen, die sich spezifisch auf die Europawahl beziehen. Und schließlich treten in einigen Ländern (vor allem in Polen und Spanien) nationale Parteien, die im Europäischen Parlament unterschiedlichen Fraktionen angehören, mit gemeinsamen Listen an. Die genaue Reihenfolge der Kandidaten auf diesen Bündnislisten war jedoch lange offen, was Prognosen erschwerte. Inzwischen gibt es hier mehr Klarheit, was sich ebenfalls auf die Projektion auswirkt.

Doch trotz all dieser Entwicklungen: Dramatische Überraschungen in letzter Minute hat diese Sitzprojektion nicht zu bieten. Hier eine Übersicht, was wir für die Europawahl erwarten können.

EVP: Stärkste Kraft trotz Verlusten

Im Rennen um den Platz als stärkste Fraktion im Europäischen Parlament hat nach der aktuellen Projektion die christdemokratisch-konservative Europäische Volkspartei (EVP) die Nase vorn. Im Basis-Szenario (ohne UK) kann sie vor allem dank besserer Umfragen in Frankreich und Rumänien gegenüber der März-Projektion noch einmal deutlich zulegen und kommt nun auf 183 Sitze (+10). Solange das Vereinigte Königreich noch zur EU gehört, wird die EVP allerdings etwas schlechter abschneiden, da sie bislang keine britischen Mitglieder hat und einige ihrer Abgeordneten aus anderen Mitgliedstaaten erst nach dem Brexit nachrücken werden. Im Basisszenario (mit UK) kommt die EVP deshalb nur auf 175 Sitze.

Allerdings ist zu erwarten, dass die EVP nach der Europawahl noch einige Fraktionsein- und -austritte erfahren wird. So gibt es Anzeichen dafür, dass sich die neu gegründete britische Partei ChangeUK nach der Wahl der EVP-Fraktion anschließen wird. Umgekehrt mehrten sich gerade in den letzten Tagen die Indizien, dass die ungarische Fidesz die EVP verlassen oder aus ihr ausgeschlossen werden könnte. Diese bislang noch unbestätigten Möglichkeiten sind im dynamischen Szenario (mit UK) der Sitzprojektion berücksichtigt, in dem die EVP auf 166 Sitze kommt.

Für die EVP wäre dies das zweitschlechteste Europawahl-Ergebnis aller Zeiten, nur knapp über ihrem Tiefstwert bei der Europawahl 1989. Von den derzeit noch 216 Sitzen der Fraktion ginge fast ein Viertel verloren – mit drastischen Verlusten vor allem in Frankreich, Spanien, Polen und Italien, aber auch in einigen kleineren Ländern wie Tschechien. Nur in einigen wenigen Mitgliedstaaten wie Rumänien und Griechenland kann die EVP mit Zugewinnen rechnen.

S&D: Letzte Hoffnung Labour

Dass dieser Abstieg der EVP in der Öffentlichkeit nicht stärker diskutiert wird, liegt wohl nur daran, dass ihre wichtigste Konkurrentin, die sozialdemokratische S&D-Fraktion, in den letzten Jahren einen nicht weniger dramatischen Niedergang erfahren hat. Während sie im Europäischen Parlament heute noch auf 187 Sitze kommt, wären es nach der aktuellen Projektion (Basisszenario ohne UK) nur noch 141 (unverändert gegenüber März). Die Sozialdemokraten wären damit im Europäischen Parlament so schwach wie noch niemals zuvor. Ihre Verluste fallen dabei in den großen Ländern wie Deutschland, Frankreich, Italien und Rumänien besonders deutlich aus, verteilen sich aber breit auf sehr viele Mitgliedstaaten.

Dennoch ist es wenigstens theoretisch denkbar, dass die S&D nach der Europawahl doch noch die EVP als stärkste Kraft überholt – denn dank der Brexit-Verschiebung können die Sozialdemokraten vorerst noch mit der Labour Party rechnen, die nach den aktuellen Umfragen sogar die stärkste Einzelpartei innerhalb der S&D-Fraktion werden könnte. In der für die Sozialdemokraten günstigsten Version der Sitzprojektion (dynamisches Szenario mit UK) käme die S&D-Fraktion auf 155 Mandate, nur elf weniger als die EVP: ein Rückstand, der sich mit etwas Glück vor der Europawahl noch aufholen lassen könnte.

Dass es wirklich dazu kommt, ist allerdings unwahrscheinlich. Denn sollte es tatsächlich so knapp werden, so dürfte die EVP wohl alles daransetzen, die ungarische Fidesz doch noch als Mitglied zu halten – Demokratie und Rechtsstaat in Ungarn hin oder her. Und wenn die S&D das zu skandalisieren versucht, so könnte die EVP immer darauf verweisen, dass auch die Sozialdemokraten ihre rumänische Mitgliedspartei PSD bislang nur suspendiert und nicht ausgeschlossen haben.

ALDE: Stark wie noch nie dank LREM

Vom Niedergang der beiden größten Fraktionen profitiert vor allem die liberale Fraktion ALDE. In der aktuellen Projektion (Basisszenario ohne UK) fällt diese gegenüber März zwar deutlich zurück (95 Sitze/–14). Das liegt jedoch vor allem daran, dass die Liberalen im März einige außergewöhnlich gute Umfragen hatten, die sich im Nachhinein als Ausreißer entpuppten. Insgesamt kann die ALDE mit ihrer Entwicklung seit der letzten Europawahl jedenfalls sehr zufrieden sein; sollte sich die Projektion bewahrheiten, wäre das ihr bestes Europawahlergebnis jemals und ein starker Zuwachs gegenüber den derzeitigen 69 Abgeordneten.

Der wichtigste Grund für die großen Zugewinne ist dabei die junge französische Regierungspartei LREM um Emmanuel Macron, die bei der Wahl zum ersten Mal ins Europäische Parlament einziehen wird. Auch wenn LREM sich bis jetzt noch nicht eindeutig dazu bekannt hat, erscheint ihr Beitritt zur ALDE-Fraktion aus heutiger Sicht nahezu sicher. Damit dürfte sich freilich auch der Charakter der ALDE ändern, die bislang aus einer großen Zahl meist recht kleiner Parteien besteht, von denen keine einzige mehr als sieben Abgeordnete hat. LREM hingegen kann mit über 20 Sitzen rechnen, sodass ihr in der neuen Fraktion eine klare Führungsrolle zukäme. Tatsächlich hat Fraktionschef Guy Verhofstadt bereits in Aussicht gestellt, dass die ALDE künftig in einer neuen Fraktion mit einem anderen Namen aufgehen wird – offenbar ein Zugeständnis an LREM, da der Begriff „liberal“ in Frankreich verpönt ist und Macron deshalb Schlagworte wie „progressiv“ und „zentristisch“ bevorzugt.

LREM dürfte allerdings nicht die einzige neue Partei bleiben, die sich der ehemaligen ALDE anschließt: Auch in Rumänien werden gleich mehrere neu gegründete zentristisch-proeuropäisch ausgerichtete Parteien Sitze gewinnen, die den Liberalen inhaltlich nahestehen. Allerdings hatten diese Parteien zum Teil Vorbehalte gegenüber einem Beitritt zur ALDE-Fraktion, solange dort die rumänische liberale Regierungspartei Mitglied ist, die ebenfalls ALDE heißt und am Abbau des nationalen Rechtsstaats beteiligt ist. Anfang April beschloss die Fraktion daraufhin den Ausschluss der rumänischen ALDE und machte damit den Weg für neue rumänische Mitglieder frei. Nach der Europawahl könnte sich das auszahlen: Im dynamischen Szenario (mit UK) kommt die Fraktion auf 102 Sitze, nach dem Brexit wären es immerhin noch 100.

Linke: Kaum Veränderungen zu 2014

Während in der Mitte also viel in Bewegung ist, wird die Europawahl für den linken Teil des politischen Spektrums keine allzu dramatischen Veränderungen bringen: Sowohl die Linksfraktion GUE/NGL als auch die grün-regionalistische Fraktion G/EFA dürften ungefähr ihre aktuelle Sitzzahl halten.

Die GUE/NGL kann gegenüber März noch einmal in mehreren Ländern leicht zulegen und kommt in der aktuellen Projektion (Basisszenario ohne UK) auf 54 Sitze (+7) – eine minimale Verbesserung gegenüber der derzeitigen Zahl von 52 Abgeordneten. Tatsächlich ist die GUE/NGL die Fraktion, deren Umfragewerte in den vergangenen fünf Jahren am wenigsten schwankten; in vielen Mitgliedstaaten kann die Linke auch auf nationaler Ebene recht ähnliche Ergebnisse erwarten wie bei der Europawahl 2014. Die wichtigsten Unterschiede betreffen Frankreich, wo sie nun mit deutlich mehr Sitzen rechnen kann, und Italien, wo sie wohl keine Abgeordnete mehr stellen wird.

Grüne: Zugewinne vor allem in großen westlichen Ländern

Die europäischen Grünen hingegen erlebten im Lauf der vergangenen Wahlperiode zuerst einen dramatischen Absturz, auf den ein lang anhaltender Aufstieg folgte – um sich im Ergebnis ebenfalls wieder ungefähr auf dem Stand von 2014 wiederzufinden. In der Projektion (Basisszenario ohne UK) fällt die Fraktion gegenüber März noch einmal leicht zurück (45 Sitze/–3), was vor allem daran liegt, dass die spanische grüne Partei Equo nicht in das eigentlich geplante Wahlbündnis mit der linken Unidas Podemos eingetreten ist.

Allerdings haben die Grünen gute Chancen, noch einige andere Parteien zu gewinnen, die ihre künftige Fraktionszugehörigkeit derzeit noch offen lassen. Das betrifft zum einen die Abgeordneten der Europäischen Piratenpartei, die in der Vergangenheit stets der Grüne/EFA-Fraktion angehörten, über die Fortsetzung dieser Zusammenarbeit aber erst nach der Wahl entscheiden wollen. Zum anderen könnte sich der Fraktion auch noch die baskische Regionalpartei PNV anschließen, die bislang der ALDE angehört, dort jedoch künftig angesichts des größeren Gewichts der spanisch-zentralistischen Partei Ciudadanos vielleicht nicht mehr gern gesehen ist. (Hingegen dürfte die früher ebenfalls zur ALDE gehörige katalanisch-separatistische PDeCAT, für die der flüchtige frühere Regionalpräsident Carles Puigdemont kandidiert, für die Grünen wohl ein allzu heißes Eisen sein.) Im dynamischen Szenario (ohne UK) kommt die Grüne/EFA-Fraktion deshalb immerhin auf 51 Sitze.

Und schließlich profitiert die Fraktion auch von der Brexit-Verschiebung: Sowohl die englischen Greens als auch die schottische SNP, die beide klar für einen Verbleib in der EU eintreten, stehen in den britischen Umfragen recht gut da. Mit ihnen könnte die Grüne/EFA-Fraktion sogar 60 Sitze erreichen, deutlich mehr als die 52, die sie im aktuellen Parlament innehaben.

Problematisch für die Grünen ist allerdings die zunehmende Konzentration ihrer Abgeordneten auf wenige, meist große und westliche Mitgliedstaaten: Während sie in Deutschland, Großbritannien und Frankreich (sowie in Litauen) mit Zugewinnen rechnen können, werden sie zum Beispiel in Schweden und Österreich deutliche Verluste hinnehmen müssen und in Ungarn, Slowenien und Estland wohl überhaupt keinen Sitz mehr gewinnen. Die Grünen stehen damit stärker als andere Fraktionen vor der Frage, wie sie ihren Anspruch als gesamteuropäische Partei auch in der Praxis aufrechterhalten können.

ENF: Viele neue Mitglieder und ein neuer Name

Zu den wichtigsten Gewinnern der Europawahl gehört neben der liberalen ALDE auch die Rechtsfraktion ENF. Das liegt allerdings nur zum Teil an der wachsenden Wählergunst. Von den bisherigen ENF-Mitgliedsparteien wird nur die italienische Lega unter Matteo Salvini gegenüber 2014 deutlich hinzugewinnen. Wichtiger ist Salvinis Geschick beim Schmieden neuer Allianzen: In den letzten Wochen kündigten gleich mehrere Parteien an, künftig mit der Lega zusammenarbeiten zu wollen. Dazu zählen insbesondere die deutsche AfD (die bislang in der nationalpopulistischen EFDD-Fraktion Mitglied war, welche nach der Europawahl wohl aufgelöst wird), die estnische EKRE (die erstmals einen Sitz im Europäischen Parlament gewinnen dürfte) sowie die finnischen PS und die dänische DF, die beide bislang zur nationalkonservativen EKR-Fraktion gehörten.

Dank dieser Entwicklungen in den letzten Wochen schneidet die ENF in der Projektion (Basisszenario, ohne UK) nun deutlich besser ab als im März (79 Sitze/+20). Doch Salvinis Anwerbefeldzug dürfte noch nicht zu Ende sein: Nach der Europawahl könnten sich der ENF noch weitere Parteien anschließen, etwa die spanische Vox und die polnische Kʼ15, die beide neu ins Parlament einziehen werden, oder auch die ungarische Fidesz. Geht alles nach Plan, könnte die Rechtsfraktion nach dem Brexit auf 102 Sitze kommen (dynamisches Szenario, ohne UK) und damit sogar vor der ALDE die drittstärkste Fraktion im Parlament stellen.

Für die ENF, die bislang nur auf 36 Sitze kommt, wäre das ein enormer Zugewinn. Durch die vielen neuen Mitgliedsparteien könnte sich aber auch der Charakter der Fraktion verändern: War die Führungsfigur der europäischen Rechten noch vor wenigen Jahren die Französin Marine Le Pen, so dürfte künftig Matteo Salvini die Schlüsselrolle spielen, dessen Lega mit der deutschen CDU/CSU (EVP) um den Platz als stärkste nationale Einzelpartei im Europäischen Parlament konkurriert. Anders als früher ist die ENF auch kein reines Oppositionsbündnis mehr. Mehrere ihrer Mitgliedsparteien – neben der Lega auch die EKRE, die österreichische FPÖ, die slowakische SNS sowie womöglich die Fidesz – sind auf nationaler Ebene an der Regierung beteiligt und wechseln deshalb von einer hart-europaskeptischen zu einer eher gestaltenden Haltung gegenüber der EU.

Angesichts dieser Veränderungen ist es nur konsequent, dass sich auch die ENF nach der Europawahl einen neuen Namen zulegen will. Die ursprünglich geplante Neubezeichnung als „Europäische Allianz der Völker und Nationen“ dürfte allerdings noch einmal geändert werden, da ihre englische Version („European Alliance of Peoples and Nations“) dieselbe Abkürzung hätte wie das European Anti-Poverty Network, ein Dachverband von Nichtregierungsorganisationen im Sozialbereich.

EKR: Auffangbecken für Europaskeptiker und Populisten

Vor großen Herausforderungen steht indessen die andere Rechtsfraktion im Europäischen Parlament: Die nationalkonservative EKR stellt heute noch mit 77 Sitzen die drittstärkste Fraktion im Europäischen Parlament, muss sich jedoch auf den Verlust zahlreicher Mitgliedsparteien einstellen. Neben den zur ENF übertretenden nordischen Rechtsparteien betrifft das vor allem auch die britischen Tories: Diese waren bislang die dominante Mitgliedspartei in der Fraktion, werden jedoch den Umfragen zufolge sehr geschwächt aus der Europawahl hervorgehen und damit – selbst wenn der Brexit sich noch weiter verzögert – im Parlament keine zentrale Rolle mehr spielen.

Die Führung der EKR wird künftig vielmehr der polnischen Regierungspartei PiS zukommen. Diese hatte Anfang des Jahres ebenfalls ein Bündnis mit Salvini sondiert, scheint sich inzwischen jedoch dagegen entschieden zu haben – vor allem aufgrund der Nähe zahlreicher ENF-Mitglieder zur russischen Regierung, die die PiS als geopolitischen Gegner und Bedrohung sieht. Die EKR wird deshalb auch in Zukunft mit hoher Sicherheit als eigenständige Fraktion weiterexistieren. Im Basisszenario (ohne UK) der Sitzprojektion ist sie jedoch derzeit deutlich schwächer als die ENF und käme nach dem Abgang der nordischen Rechtsparteien nur noch auf 52 Sitze (–6 gegenüber März).

Allerdings hat die EKR gute Chancen, diese Verluste zu kompensieren, indem sie neue populistische und europaskeptische Parteien aufnimmt, denen Salvinis Lega zu weit rechts steht oder die aus anderen Gründen nicht mit der ENF zusammenarbeiten wollen. So sicherte sich die EKR in den letzten Monaten bereits den Beitritt der französischen Partei DLF, der italienischen FdI und des niederländischen FvD, die alle auf nationaler Ebene mit einer ENF-Mitgliedspartei konkurrieren. Weitere mögliche Mitglieder wären etwa die rumänische ALDE (die nach dem Ausschluss aus der ALDE-Fraktion nun eine neue Heimat im Europäischen Parlament sucht) und die bislang fraktionslose ungarische Jobbik (die ehemals rechtsextrem-neofaschistische Positionen vertrat, nun jedoch Anschluss an die politische Mitte sucht).

Aber auch das italienische M5S könnte zuletzt bei der EKR landen: Die „Fünf-Sterne-Bewegung“ strebt offiziell noch immer die Gründung einer eigenen Fraktion an, doch es scheint kaum realistisch, dass sie die dafür notwendigen Mitglieder aus sieben verschiedenen Mitgliedstaaten zusammenbringen wird. Ein EKR-Beitritt könnte für die italienischen Populisten deshalb letztlich die einzige Alternative zur Fraktionslosigkeit sein.

Sollte es zu diesen Neubeitritten kommen, würde das den Charakter der EKR weiter verändern: Das nationalkonservative Bündnis würde ideologisch heterogener und in gewisser Weise die Funktion als europaskeptisch-populistisches „Auffangbecken“ übernehmen, die bislang die EFDD-Fraktion erfüllte. Allerdings hätte die EKR dabei ein weitaus größeres Gewicht: Bis zum Austritt der britischen Tories käme sie im dynamischen Szenario (mit UK) auf 89 Sitze, fast ebenso viele wie ALDE und ENF. Und auch nach dem Brexit wäre die EKR mit 77 Mandaten noch immer ebenso stark wie im heutigen Parlament.

Fraktionslose

Die letzte Gruppe im Parlament bilden die fraktionslosen Parteien, die im heutigen Parlament auf 20 Sitze kommen. Der Projektion (dynamisches Szenario, mit UK) zufolge könnte diese Zahl nach der Europawahl zunächst ansteigen, da die britische Brexit Party um Nigel Farage nach dem Ende der EFDD wohl heimatlos sein wird. Nach dem britischen Austritt wären es hingegen nur noch recht wenige, nämlich 9 fraktionslose Abgeordnete: die Rechtsextremen der griechischen XA und der slowakischen ĽSNS, die linksextreme griechische KKE, die radikal-separatistische katalanische PDeCAT sowie die deutsche Satirepartei PARTEI.

Bliebe es dabei, wäre das der niedrigste Anteil fraktionsloser Abgeordneter, die es im Europäischen Parlament jemals gegeben hat; vergleichbar niedrige Werte gab es nur nach den Wahlen 1984 und 1999. Allerdings könnte die Zahl der fraktionslosen Abgeordneten letztlich auch noch deutlich höher ausfallen, wenn die Fraktionsbildung nicht überall so glatt verläuft, wie das dynamische Szenario annimmt.

Bündnisoptionen im neuen Europäischen Parlament

Und was bedeutet all das nun für die Mehrheitsverhältnisse nach der Europawahl? In den letzten Wahlperioden fielen Entscheidungen im Europäischen Parlament meist auf Grundlage einer Einigung zwischen EVP und S&D, der sich dann oft auch die ALDE oder weitere Fraktionen anschlossen. In einigen Fällen formierten sich aber auch andere Mehrheiten: ein Mitte-Links-Bündnis aus S&D, ALDE, Grüne/EFA sowie GUE/NGL oder ein Mitte-Rechts-Bündnis aus EVP, ALDE und EKR. Allerdings kamen diese Mitte-Links- und Mitte-Rechts-Allianzen nicht allein auf eine absolute Mehrheit der Sitze und waren deshalb stets auf Abweichler oder Stimmenthaltungen aus anderen Fraktionen angewiesen.

Die wichtigste Änderung im neuen Parlament dürfte sein, dass zum ersten Mal in der Geschichte der EU auch die „informelle Große Koalition“ aus EVP und S&D künftig nicht mehr über eine absolute Mehrheit verfügen wird. Es ist zwar aus strukturellen Gründen damit zu rechnen, dass die beiden größten Fraktionen auch nach der Wahl weiterhin den Ton angeben werden. Sie werden nun aber zwingend auf die Unterstützung weiterer Partner angewiesen sein – in der Regel wohl die ALDE (bzw. deren Nachfolgefraktion), wobei es auch mit den Grünen knapp für eine Mehrheit reichen könnte.

Das Mitte-Links-Bündnis aus S&D, ALDE, Grüne/EFA und GUE/NGL dürfte im neuen Parlament etwas näher an die absolute Mehrheit der Sitze heranrücken, aber immer noch knapp darunter liegen. Eine stabile Mehrheit links der EVP ist damit auch in Zukunft nicht zu erwarten. Umgekehrt bleibt auch die Mitte-Rechts-Allianz aus EVP, ALDE und EKR knapp unter der absoluten Mehrheit. Sie könnte aber zudem auch politisch künftig schwieriger werden, wenn die EKR nach dem Abgang der Tories nach rechts rückt, während umgekehrt in der ALDE die LREM an Einfluss gewinnt, die auf nationaler Ebene strikt auf eine Abgrenzung gegenüber der Rechten achtet.

Hauptgewinner: Liberale Proeuropäer und rechte Nativisten

Und schließlich könnte sich noch eine neue Bündnisoption auftun: nämlich eine Rechtsallianz aus EVP, EKR und ENF, die besonders von Viktor Orbán vorangetrieben wird und in der Projektion ebenfalls sehr nahe an eine absolute Mehrheit kommt. Wegen der Zersplitterung des rechten Spektrums, aber auch wegen des Desinteresse der Rechtsaußenfraktionen an konstruktiver Politik spielte diese mögliche Allianz im Europäischen Parlament bislang kaum eine Rolle, und auch für die Zukunft schließen EVP-Spitzenpolitiker eine solche Zusammenarbeit derzeit aus. Wenigstens in Einzelfällen könnte sie in Zukunft jedoch durchaus relevant werden – insbesondere falls es der ENF gelingt, an weiteren nationalen Regierungen beteiligt zu werden und dadurch auch im Ministerrat eine stärkere Rolle zu spielen.

Insgesamt werden im neuen Europäischen Parlament also vor allem zwei Lager an Gewicht gewinnen: die liberal-proeuropäische ALDE, die künftig stärker von der französischen LREM geprägt sein wird und für die „informelle Große Koalition“ das Zünglein an der Waage spielen könnte – und die rechten Nativisten um Matteo Salvini, die deutsche AfD und, womöglich, Viktor Orbáns Fidesz. Die europäische Politik, das lässt sich schon heute sagen, wird auch in den nächsten Jahren nicht langweilig werden.

Die Übersicht

Die folgenden Tabellen schlüsseln die Projektion für die Sitzverteilung zwischen den Fraktionen im nächsten Europäischen Parlament nach nationalen Einzelparteien auf. Die obere Tabelle zeigt die Zusammensetzung mit dem Vereinigten Königreich, die untere ohne. Beide Tabellen folgen dabei dem Basis-Szenario. Die Veränderungen im dynamischen Szenario sind durch farbige Schrift und durch einen Hinweis im Mouseover-Text gekennzeichnet.

Da es keine gesamteuropäischen Wahlumfragen gibt, basiert die Projektion auf aggregierten nationalen Umfragen und Wahlergebnissen aus allen Mitgliedstaaten. Wie die Datengrundlage für die Länder im Einzelnen aussieht, ist im Kleingedruckten unter den Tabellen erläutert. Mehr Informationen zu den europäischen Parteien und zu den Fraktionen im Europäischen Parlament gibt es hier.

Übersicht mit UK


GUE/
NGL
Grüne/
EFA
S&D ALDE EVP EKR EFDD ENF fʼlos Weitere
EP heute 52 52 187 69 216 77 42 36 20
März 19 47 48 140 109 173 58 11* 59 10 50
Mai 19,
mit UK
52 54 155 97 175 64 20* 75 16 43
dynamisch 52 60 155 102 166 89 98 29
DE 6 Linke
2 Tier
17 Grüne 16 SPD 8 FDP
3 FW
30 Union

11 AfD 2 Partei 1 Piraten
FR 7 FI 8 EELV 5 PS 21 LREM 13 LR


20 RN

UK 1 SF 5 Greens
3 SNP
1 PC
20 Labour 8 LibDem
11 Cons
1 UUP
19 Brexit
1 DUP 3 ChUK
IT

17 PD
7 FI
1 SVP
4 FdI
26 Lega
18 M5S
ES 7 UP
1 Bildu
2 ERC 16 PSOE 9 Cʼs
1 PNV
10 PP



1 PDeCAT
6 Vox
PL

5 SLD
4 Wiosna


11 PO
4 PSL
24 PiS


3 Kʼ15
RO

7 PSD 4 PRO 9 PNL
2 PSL
1 PMP



4 ALDE 2 PLUS
3 USR
NL 2 SP
1 PvdD
3 GL 2 PvdA 5 VVD
2 D66
2 CDA 1 CU
1 SGP
5 FvD

2 PVV

EL 6 Syriza
2 KINAL
8 ND

1 EL 2 XA
2 KKE

BE 1 PTB 2 Groen
2 Ecolo
1 sp.a
2 PS
2 OpenVLD
2 MR
2 CD&V
1 cdH
1 CSP
4 N-VA
1 VB

PT 2 CDU
2 BE

8 PS
7 PSD
2 CDS-PP





CZ 2 KSČM
2 ČSSD 6 ANO 1 KDU-ČSL
1 TOP 09
4 ODS
1 SPD
4 Piráti
HU

3 MSZP
2 DK

13 Fidesz


3 Jobbik
SE 2 V 2 MP 5 S 1 C
1 L
3 M
2 KD
4 SD



AT 1 Grüne 5 SPÖ 2 Neos 6 ÖVP

4 FPÖ

BG

7 BSP 2 DPS 6 GERB 1 WMRO


1 DB
DK 1 Enhl. 1 SF 4 S 3 V
1 RV



3 DF

FI 1 Vas 2 Vihr 3 SDP 2 Kesk 2 Kok

3 PS

SK

3 SMER 1 PS 1 Spolu
1 KDH
1 OĽ-NOVA
2 SaS

1 SNS
1 SR
2 ĽSNS
IE 3 SF

3 FF 5 FG




HR 1 ŽZ
3 SDP 1 IDS 5 HDZ



1 Most
LT
3 LVŽS 2 LSDP 1 DP 4 TS-LKD
1 TT


LV
1 LKS 2 SDPS 1 ZZS
1 AP!
1 V
1 JKP
1 NA



SI 1 Levica
2 SD 2 LMŠ 2 SDS-SLS
1 NSi





EE

1 SDE 1 KE
2 RE
1 Isamaa

1 EKRE

CY 2 AKEL
1 DIKO
3 DISY




LU
1 Déi Gréng 1 LSAP 1 DP 3 CSV




MT

4 PL
2 PN





Übersicht ohne UK


GUE/
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S&D ALDE EVP EKR EFDD ENF fʼlos Weitere
EP heute 52 52 187 69 216 77 42 36 20
März 19 47 48 140 109 173 58 11* 59 10 50
Mai 19,
ohne UK
54 45 141 95 183 52 1* 79 15 40
dynamisch 54 51 141 100 171 77 102 9
DE 6 Linke
2 Tier
17 Grüne 16 SPD 8 FDP
3 FW
30 Union

11 AfD 2 Partei 1 Piraten
FR 8 FI 8 EELV 5 PS 22 LREM 14 LR


22 RN

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1 SVP
4 FdI
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18 M5S
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1 Bildu
2 ERC 18 PSOE 10 Cʼs
1 PNV
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1 PDeCAT
6 Vox
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4 Wiosna

12 PO
4 PSL
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3 Kʼ15
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7 PSD 4 PRO 9 PNL
2 PSL
2 PMP



4 ALDE 2 PLUS
3 USR
NL 2 SP
1 PvdD
3 GL 3 PvdA 6 VVD
2 D66
3 CDA 1 CU
1 SGP
5 FvD

2 PVV

EL 6 Syriza
2 KINAL
8 ND

1 EL 2 XA
2 KKE

BE 1 PTB 2 Groen
2 Ecolo
1 sp.a
2 PS
2 OpenVLD
2 MR
2 CD&V
1 cdH
1 CSP
4 N-VA
1 VB

PT 2 CDU
2 BE

8 PS
7 PSD
2 CDS-PP





CZ 2 KSČM
2 ČSSD 6 ANO 1 KDU-ČSL
1 TOP 09
4 ODS
1 SPD
4 Piráti
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3 MSZP
2 DK

13 Fidesz


3 Jobbik
SE 2 V 2 MP 5 S 2 C
1 L
3 M
2 KD
4 SD



AT 1 Grüne 6 SPÖ 2 Neos 6 ÖVP

4 FPÖ

BG

7 BSP 2 DPS 6 GERB 1 WMRO


1 DB
DK 1 Enhl.
1 FmEU
1 SF 4 S 3 V
1 RV



3 DF

FI 1 Vas 2 Vihr 3 SDP 2 Kesk 3 Kok

3 PS

SK

3 SMER 1 PS 1 Spolu
1 KDH
1 OĽ-NOVA
2 SaS

1 SNS
2 SR
2 ĽSNS
IE 3 SF

4 FF 6 FG




HR 1 ŽZ
4 SDP 1 IDS 5 HDZ



1 Most
LT
3 LVŽS 2 LSDP 1 DP 4 TS-LKD
1 TT


LV
1 LKS 2 SDPS 1 ZZS
1 AP!
1 V
1 JKP
1 NA



SI 1 Levica
2 SD 2 LMŠ 2 SDS-SLS
1 NSi





EE

1 SDE 2 KE
2 RE
1 Isamaa

1 EKRE

CY 2 AKEL
1 DIKO
3 DISY




LU
1 Déi Gréng 1 LSAP 1 DP 3 CSV




MT

4 PL
2 PN





Verlauf (jeweils Basisszenario)


GUE/
NGL
G/EFA S&D ALDE EVP EKR EFDD ENF fʼlos Weitere
02.05.2019 52 54 155 97 174 64 20 75 16 44
ohne UK 54 45 141 95 182 52 1 79 15 41
04.03.2019 47 48 140 109 173 58 11 59 10 50
07.01.2019 57 49 130 90 181 58 14 63 11 52
13.11.2018 56 47 137 94 182 49 21 62 10 47
18.09.2018 60 42 140 95 178 50 21 59 10 50
23.07.2018 57 38 145 102 177 50 22 56 10 48
678 Sitze 55 38 137 96 173 50 21 53 10 45
29.05.2018 55 37 137 103 178 43 23 46 12 44
03.04.2018 58 33 137 104 180 41 23 44 12 46
05.02.2018 65 33 142 102 179 47 42 41 11 16
13.12.2017 56 30 142 109 196 45 37 36 9 18
16.10.2017 55 28 150 106 192 45 38 37 12 15
22.08.2017 57 24 149 108 196 42 29 44 12 17
27.06.2017 55 23 155 109 201 38 28 42 11 16
02.05.2017 46 28 170 82 198 35 27 59 12 21
mit UK 47 35 186 88 198 68 36 59 13 21
06.03.2017 50 35 182 80 191 69 48 60 14 22
16.01.2017 48 40 180 82 191 63 48 68 14 17
14.11.2016 48 38 182 91 194 65 47 61 13 12
13.09.2016 47 38 181 91 189 62 53 63 14 13
26.07.2016 48 39 185 90 192 59 54 61 13 10
25.05.2016 55 40 174 85 187 63 51 70 14 12
05.04.2016 52 37 179 85 192 72 50 53 15 16
07.02.2016 51 34 183 82 196 70 51 55 12 17
14.12.2015 52 33 185 87 192 68 52 53 12 17
17.10.2015 51 33 193 75 204 66 51 54 12 12
21.08.2015 56 35 190 74 204 70 47 49 11 15
30.06.2015 61 34 188 73 205 69 43 47 11 20
03.05.2015 60 32 193 80 205 62 44 51 15 9
10.03.2015 60 31 196 77 216 60 43 49 12 7
12.01.2015 65 40 190 70 212 59 47 43 17 8
18.11.2014 60 42 195 69 212 59 47 43 16 8
23.09.2014 53 39 196 67 223 61 47 40 15 10
28.07.2014 56 47 191 75 215 66 44 40 13 4
EP 01.07.14 52 50 191 67 221 70 48 37 15

Die Zeile „EP 01.07.14“ kennzeichnet die Sitzverteilung zum 1. Juli 2014, dem Zeitpunkt der Konstituierung des Europäischen Parlaments nach der Europawahl im Mai 2014.
Bis März 2017 sind die Werte der Sitzprojektion einschließlich dem Vereinigten Königreich angegeben (Gesamtzahl: 751).
Von Mai 2017 bis Juli 2018 sind die Werte ohne das Vereinigte Königreich angegeben (Gesamtzahl: 678). Die Zeile „mit UK“ kennzeichnet die Werte für Mai 2017 mit dem Vereinigten Königreich.
Im Juni 2018 beschloss der Europäische Rat, nach dem Brexit einen Teil der britischen Sitze auf andere Mitgliedstaaten umzuverteilen. Von Juli 2018 bis Mai 2019 ist dies in der Projektion berücksichtigt (Gesamtzahl: 705). Die Zeile „678 Sitze“ kennzeichnet die Werte für Juli 2018 ohne die zusätzlichen Sitze.
Für Mai 2019 beinhalten die Werte der Sitzprojektion das Vereinigte Königreich wieder, da der Brexit auf einen Zeitpunkt nach der Europawahl verschoben wurde. Die Zeile „ohne UK“ kennzeichnet die Werte für Mai 2019 ohne das Vereinigte Königreich.
Die Spalte für die ENF-Fraktion gibt bis Mai 2015 die Werte der Europäischen Allianz für Freiheit (EAF) bzw. der Bewegung für ein Europa der Nationen und Freiheiten (BENF) und ihr nahestehender Parteien an, die bis zur Fraktionsgründung im Juni 2015 fraktionslos waren.

Die vollen Namen der Fraktionen und der nationalen Einzelparteien erscheinen als Mouseover-Text, wenn der Mauszeiger eine kurze Zeit regungslos auf der Bezeichnung in der Tabelle gehalten wird. Bei den „weiteren“ Parteien ist zudem die ungefähre politische Ausrichtung angegeben, um ihre Bündnismöglichkeiten auf europäischer Ebene anzudeuten. Da die betreffenden Parteien allerdings oft erst vor kurzer Zeit gegründet wurden, befindet sich ihre Programmatik zum Teil noch im Fluss, sodass die Angabe lediglich zur groben Orientierung dienen kann.

Fraktionszuordnung

Für die Projektion werden Parteien, die bereits im Europäischen Parlament vertreten sind, jeweils ihrer derzeitigen Fraktion zugerechnet, es sei denn, sie haben ausdrücklich ihren Entschluss zu einem Fraktionswechsel nach der nächsten Wahl erklärt oder ein Fraktionswechsel erscheint aus anderen Gründen sehr wahrscheinlich. Nationale Parteien, die derzeit nicht im Europäischen Parlament vertreten sind, aber einer europäischen Partei angehören oder ihr in der politischen Ausrichtung sehr nahe stehen, werden der Fraktion der entsprechenden europäischen Partei zugeordnet. In Fällen, bei denen sich die Mitglieder einer nationalen Liste nach der Wahl voraussichtlich auf mehrere Fraktionen aufteilen werden, wird jeweils die am plausibelsten scheinende Verteilung zugrundegelegt. Parteien, bei denen die Zuordnung zu einer bestimmten Fraktion unklar ist, werden als „Weitere Parteien“ eingeordnet. Diese Zuordnungen folgen zum Teil auch einer subjektiven Einschätzung der politischen Ausrichtung der Parteien. Jeder Leserin und jedem Leser bleibt es deshalb selbst überlassen, sie nach eigenen Kriterien zu korrigieren.

Für die Bildung einer eigenständigen Fraktion sind nach der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments mindestens 25 Abgeordnete aus mindestens sieben Mitgliedstaaten erforderlich. Mit einem Asterisk (*) gekennzeichnete Gruppierungen würden diese Bedingungen nach der Projektion derzeit nicht erfüllen. Sie müssten deshalb gegebenenfalls nach der Europawahl zusätzliche Abgeordnete (z. B. aus der Spalte „Weitere“) für sich gewinnen, um sich als Fraktion konstituieren zu können.

Dynamisches Szenario: Nach der Europawahl 2019 wird sich die EFDD-Fraktion voraussichtlich auflösen, sodass sich deren bisherige Mitglieder auf die anderen Rechtsfraktionen verteilen werden. Außerdem werden sich voraussichtlich alle oder die meisten der „weiteren Parteien“ einer schon bestehenden Fraktion anschließen, und auch sonst sind weitere Fraktionsübertritte möglich. Um das mögliche Ausmaß dieser Veränderungen deutlich zu machen, sind Parteien, die sich nach der Europawahl voraussichtlich einer neuen Fraktion anschließen werden, in der Tabelle mit der Farbe ihrer möglichen künftigen Fraktion gekennzeichnet; zudem erscheint der Name der möglichen künftigen Fraktion im Mouseover-Text. Diese Zuordnungen basieren allerdings auf einer subjektiven Einschätzung der politischen Ausrichtung und Strategie der Parteien und sind daher im Einzelnen oft recht unsicher.

Datengrundlage

Soweit verfügbar, wird bei der Sitzberechnung für jedes Land jeweils die jüngste Umfrage zu den Wahlabsichten für das Europäische Parlament herangezogen. Wo mehr als eine Umfrage erschienen ist, wird der Durchschnitt aller Umfragen aus den letzten zwei Wochen vor der jüngsten Umfrage berechnet (Stichtag ist, soweit bekannt, jeweils der letzte Tag der Feldforschung, andernfalls der Tag der Veröffentlichung). Für Länder, in denen es keine spezifischen Europawahlumfragen gibt oder die letzte solche Umfrage mehr als zwei Wochen zurückliegt, wird stattdessen die jüngste verfügbare Umfrage für die Wahl zum nationalen Parlament bzw. der Durchschnitt aller Umfragen für das nationale oder das Europäische Parlament aus den letzten zwei Wochen vor der jüngsten verfügbaren Umfrage verwendet. Für Mitgliedstaaten, für die sich überhaupt keine Umfragen finden lassen, wird auf die Ergebnisse der letzten nationalen Parlaments- oder Europawahl zurückgegriffen.
In der Regel werden die nationalen Umfragewerte der Parteien direkt auf die Gesamtzahl der Sitze des Landes umgerechnet. Für Länder, in denen die Wahl in regionalen Wahlkreisen ohne Verhältnisausgleich erfolgt (aktuell Belgien und Irland), werden regionale Umfragedaten genutzt, soweit diese verfügbar sind. Wo dies nicht der Fall ist, wird die Sitzzahl für jeden Wahlkreis einzeln berechnet, dabei aber jeweils die nationalen Gesamt-Umfragewerte herangezogen. Nationale Sperrklauseln werden, soweit vorhanden, in der Projektion berücksichtigt. In der Projektion ohne das Vereinigte Königreich wird für alle Länder die Sitzzahl angenommen, die sie entsprechend dem Beschluss des Europäischen Rates vom 29. Juni 2018 nach dem britischen EU-Austritt haben werden.
In Belgien entsprechen die Wahlkreise bei der Europawahl den Sprachgemeinschaft, während Umfragen üblicherweise auf Ebene der Regionen durchgeführt werden. Für die Projektion werden für die französischsprachige Gemeinschaft die Umfragedaten aus Wallonien, für die niederländischsprachige Gemeinschaft die Umfragedaten aus Flandern genutzt. Für die deutschsprachige Gemeinschaft wird das Ergebnis der letzten Europawahl herangezogen.
In Ländern, in denen es üblich ist, dass mehrere Parteien als Wahlbündnis auf einer gemeinsamen Liste antreten, werden der Projektion bereits bekannt gegebene oder plausibel erscheinende Listengemeinschaften zugrunde gelegt. Für folgende gemeinsame Listen steht die Sitzverteilung unter den Parteien bereits fest: Spanien: ERC (1., 3.-4. Listenplatz), Bildu (2.) und BNG (5.); PNV (1.) und CC (2.); Rumänien: PLUS (1., 3., 7., 9.-12.) und USR (2., 4.-6., 8.); Niederlande: CU (1., 3.-4.) und SGP (2., 5.); Slowakei: PS (1.) und Spolu (2.); Kroatien: IDS (1.), GLAS (2.), HSS (3.) und HSU (4.). In Polen gibt es keine nationalen, sondern regionale Listen; außerdem können durch Vorzugsstimmen auch Kandidaten auf hinteren Listenplätzen zum Zug kommen. Daher lässt sich nicht genau sagen, wie sich die Sitze innerhalb der Europäischen Koalition (PO, PSL, SLD, .N, Zieloni) verteilen werden. Die angegebene Verteilung beruht deshalb nur auf Plausibilitätsüberlegungen angesichts der Platzierung der Parteien auf den regionalen Listen.
In Italien können Minderheitenparteien durch eine Sonderregelung auch mit nur recht wenigen Stimmen ins Parlament einziehen. In der Projektion wird die Südtiroler Volkspartei deshalb jeweils mit dem Ergebnis der letzten Europawahl (1 Sitz) geführt.
Für Frankreich werden seit Winter 2018 Umfragen teils in zwei Szenarien erhoben: mit und ohne eine Wahlbeteiligung der Gilets Jaunes. In der Projektion wird in diesen Fällen der Durchschnittswert beider Szenarien verwendet. Die Gilets Jaunes selbst sieht für den Zeitraum der Projektion keine Umfrage oberhalb der Sperrklausel.

Die folgende Übersicht führt die Datengrundlage für die Mitgliedstaaten im Einzelnen auf. Die Daten beziehen sich auf den letzten Tag der Feldforschung; falls dieser nicht bekannt ist, auf den Tag der Veröffentlichung der Umfragen:
Deutschland: nationale Europawahl-Umfragen, 29.4.2019, für Parteien mit weniger als 5 Sitzen: 11.4.2019, Quelle: Wikipedia.
Frankreich: nationale Europawahl-Umfragen, 16.-29.4.2019, Quelle: Wikipedia.
Italien: nationale Europawahl-Umfragen, 20.4.-2.5.2019, Quelle: Wikipedia.
Spanien: Ergebnis der nationalen Parlamentswahl, 28.4.2019.
Polen: nationale Europawahl-Umfragen, 11.-23.4.2019, Quelle: Wikipedia.
Rumänien: nationale Europawahl-Umfragen, 25.4.2019, Quelle: Wikipedia.
Niederlande: nationale Eurpawahl-Umfragen, 24.-27.4.2019, Quelle: Wikipedia.
Griechenland: nationale Europawahl-Umfragen, 17.-20.4.2019, Quelle: Wikipedia.
Belgien, niederländischsprachige Gemeinschaft: regionale Umfragen (Flandern) für die nationale Parlamentswahl, 14.4.2019, Quelle: Wikipedia.
Belgien, französischsprachige Gemeinschaft: regionale Umfragen (Wallonien) für die nationale Parlamentswahl, 14.4.2019, Quelle: Wikipedia.
Belgien, deutschsprachige Gemeinschaft: Ergebnisse der Europawahl, 25.5.2014.
Portugal: nationale Europawahl-Umfragen, 13.-16.4.2019, Quelle: Wikipedia.
Tschechien: nationale Europawahl-Umfragen, 4.-10.4.2019, Quelle: Wikipedia.
Ungarn: nationale Umfragen, 15.-21.4.2019, Quelle: Wikipedia.
Schweden: nationale Europawahl-Umfragen, 22.-24.4.2019, Quelle: Wikipedia.
Österreich: nationale Europawahl-Umfragen, 15.-17.4.2019, Quelle: Wikipedia.
Bulgarien: nationale Europawahl-Umfragen, 11.-22.4.2019, Quelle: Wikipedia.
Dänemark: nationale Europawahl-Umfragen, 23.4.2019, Quelle: Poll of polls/Politico.
Finnland: Ergebnis der nationalen Parlamentswahl, 14.4.2019.
Slowakei: nationale Umfragen, 2.-14.4.2019, Quelle: Focus Research.
Irland: nationale Europawahl-Umfragen, 17.4.2019, Quelle: Wikipedia.
Kroatien: nationale Europawahl-Umfragen, 21.-30.4.2019, Quelle: Wikipedia.
Litauen: nationale Umfragen, 10.-15.4.2019, Quelle: Poll of polls/Politico.
Lettland: nationale Europawahl-Umfragen, 15.-22.4.2019, Quelle: Poll of polls/Politico.
Slowenien: nationale Europawahl-Umfragen, 6.-14.2.2019, Quelle: Wikipedia.
Estland: nationale Europawahl-Umfragen, 17.4.2019, Quelle: Poll of polls/Politico.
Zypern: nationale Europawahl-Umfragen, 14.-17.4.2018, Quelle: Poll of polls/Politico.
Luxemburg: Ergebnisse der nationalen Parlamentswahl, 14.10.2018.
Malta: nationale Europawahl-Umfragen, 29.3.-4.4.2019, Quelle: Wikipedia.

Korrekturhinweis, 10.5.2019: In der ersten Version dieses Artikels war die lettische JKP im Basisszenario den weiteren Parteien, im dynamischen Szenario der EKR-Fraktion zugeordnet. Tatsächlich hat die JKP aber bereits im März 2019 angekündigt, dass sie einen Beitritt zur EVP-Fraktion anstrebt.

Bilder: Eigene Grafiken.

2 Kommentare:

  1. Today's changes in ALDE group (apparently ANO will be excluded from the new group) could change much of it? Perhaps with ANO in EKR (instead of ALDE) and the Pirates in ALDE (instead of G/EFA)?

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    1. Yes, I think that is very possible. But we will only know for sure after the election.

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