16 Oktober 2017

Wenn am nächsten Sonntag Europawahl wäre (Oktober 2017): EVP verliert, Grüne und Rechte gewinnen


GUE/
NGL
Grüne/
EFA
S&D ALDE EVP EKR EFDD ENF fʼlos Weitere
EP heute 52 51 190 68 216 74 45 37 18
Aug. 17 57 24* 149 108 196 42 29* 44 12 17
Okt. 17 55 28 150 106 192 45 38* 37 12 15

Stand: 16.10.2017.
Ob es für die christdemokratische Europäische Volkspartei gerade ziemlich gut oder ziemlich schlecht läuft, ist nicht so einfach zu sagen. Auf der einen Seite hält sie unangefochten ihre Position als stärkste Kraft in der Europäischen Union. Das liegt nicht zuletzt am anstehenden britischen EU-Austritt: Ohne die Labour Party haben die europäischen Sozialdemokraten in der Europawahl-Projektion momentan über 40 Sitze Rückstand auf die EVP – eine Distanz, die sie in den kommenden anderthalb Jahren bis zur nächsten Europawahl wohl kaum noch aufholen werden. Knapper sind die Verhältnisse im Europäischen Rat, wo die Christdemokraten derzeit acht, Sozialdemokraten und Liberale jeweils sieben Staats- und Regierungschefs stellen. Nach dem Sieg bei der österreichischen Parlamentswahl am gestrigen Sonntag dürfte sich allerdings auch hier die Balance weiter zugunsten der Europäischen Volkspartei verschieben.

Auf der anderen Seite erfuhr aber auch die EVP seit der letzten Europawahl europaweit einen deutlichen Aderlass. Lässt man den Brexit-Effekt außer Acht, verlor sie sogar stärker als jede andere Partei – teils an die Liberalen, teils an Nationalkonservative und Rechte. In allen großen Mitgliedstaaten (Frankreich, Italien, Spanien, Polen) büßten die Christdemokraten bei den letzten Parlamentswahlen Sitze ein. Und auch die deutsche CDU/CSU konnte sich bei der Bundestagswahl am 24. September zwar als stärkste Kraft halten, war dabei aber gleichzeitig so schwach wie seit 1953 nicht mehr.

Einbußen für EVP

Das unerwartet schlechte Ergebnis bei der Bundestagswahl schlägt sich auch in der aktuellen Europawahl-Projektion nieder, bei der die EVP nur noch auf 192 Sitze käme – vier weniger als bei der letzten Projektion im August. Außer in Deutschland müssen die Christdemokraten auch in Griechenland, Kroatien und Malta Einbußen hinnehmen. In anderen Ländern gewinnen sie gegenüber August aber auch Sitze hinzu: vor allem in Österreich, aber auch in Italien, Schweden und Lettland.

Keine großen Entwicklungen gibt es hingegen bei den europäischen Sozialdemokraten. Auch diese blieben bei der deutschen Bundestagswahl hinter den Erwartungen zurück. Außerdem verloren sie in den letzten Wochen auch in Spanien in der Wählergunst und rutschten in Polen wieder unter die nationale Fünf-Prozent-Hürde. In zahlreichen kleineren Ländern (unter anderem Belgien, den Niederlanden, Finnland, Kroatien, Slowenien und Malta) legen die Sozialdemokraten hingegen zu, sodass die S&D-Fraktion im Europäischen Parlament nun insgesamt 150 Sitze erreichen würde (+1).

Liberale profitieren von Katalonien-Krise

Weiterhin auf hohem Niveau hält sich die liberale ALDE, wobei auch hier die Entwicklung je nach Land etwas auseinander geht. Verluste erfahren die Liberalen etwa in den Niederlanden, wo VVD und D66 gerade eine langwierige Regierungsbildung mit schwierigen Kompromissen abgeschlossen haben. Auch in Finnland und Belgien, wo die Liberalen ebenfalls die Regierung anführen, erlitten sie in den Umfragen zuletzt Rückschläge.

Zulegen kann hingegen die deutsche FDP, die bei der Bundestagswahl noch etwas besser abschnitt als von den Umfragen erwartet. In Spanien schließlich profitieren die Liberalen besonders von der Katalonien-Krise: Ihre dortige Mitgliedspartei Ciudadanos hat ihre Wurzeln selbst in Barcelona, wo sie 2006 als eine Gegenbewegung zum katalanischen Separatismus entstand. Heute sind die Ciudadanos im spanischen Parlament die Partei, die gegenüber den Abspaltungsversuchen am kompromisslosesten auftritt – was bei der eigenen Wählerschaft offenbar gut ankommt. (Dass der ALDE-Fraktion im Europäischen Parlament gleichzeitig auch die separatistische katalanische Regierungspartei PDeCAT angehört, gehört zu den kleinen Paradoxien in der europäischen Parteienlandschaft.)

Was macht Macron?

Die entscheidende Frage für die ALDE-Fraktion bleibt allerdings weiterhin, ob sich ihr nach der Europawahl 2019 auch die französische Regierungspartei LREM um Emmanuel Macron anschließen wird oder nicht. Trotz einiger politischer und programmatischer Übereinstimmungen vermeidet LREM bislang eine eindeutige Festlegung und spielt stattdessen mit dem Gedanken, eine eigene, ganz neue europäische Partei zu gründen.

Wo die Mitglieder dieses „europäischen En Marche“ herkommen sollen, ist allerdings ziemlich unklar. In der Projektion gehen wir deshalb weiterhin davon aus, dass sich LREM letztlich der ALDE-Fraktion anschließen wird. Insgesamt käme diese damit nun auf 106 Sitze (–2).

Grüne wieder in Fraktionsstärke

Auf der linken Seite des Parteienspektrums erfährt die europäische Linksfraktion GUE/NGL gegenüber der August-Projektion leichte Verluste. Der Höhenflug ihrer belgischen Mitgliedspartei PTB scheint fürs Erste gebremst. Und auch in Spanien verlor Unidos Podemos mit seiner differenzierten Haltung in der katalanischen Krise (UP unterstützt als einzige Partei zwar die Durchführung des Referendums, aber auch einen Verbleib Kataloniens bei Spanien) an Zustimmung. In Deutschland und Griechenland können sich die Linken jedoch auch etwas verbessern, sodass sie insgesamt noch auf 55 Sitze kämen (–2).

Die europäischen Grünen wiederum können nach langer Krise ein wenig aufatmen: Sie übertrafen zuletzt nicht nur bei der deutschen Bundestagswahl die Umfrageerwartungen, sondern legen auch in den Niederlanden, Belgien und Ungarn zu. Ein Wermutstropfen ist allerdings Österreich, wo die Grünen bei der gestrigen Nationalratswahl voraussichtlich an der Vier-Prozent-Hürde gescheitert sind. Sollten sie bei der Europawahl dasselbe Ergebnis erzielen, wären sie auch im Europäischen Parlament nicht mehr vertreten.

Aber auch ohne ihre österreichischen Mitglieder kämen die europäischen Grünen nun insgesamt auf 28 Sitze (+4) – und würden damit auch wieder die Bedingungen erfüllen, die die Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments für die Bildung einer eigenständigen Fraktion aufstellt: mindestens 25 Abgeordnete aus mindestens sieben verschiedenen Mitgliedstaaten.

Eine neue Fraktion für die AfD

Zulegen können auch die Parteien rechts der EVP. Insbesondere die nationalkonservative polnische Regierungspartei PiS hatte zuletzt eine Reihe von sehr guten Umfragewerten, was ihrer EKR-Fraktion in der Projektion Aufwind verschafft (45 Sitze / +3).

Auch in der zuletzt etwas schwächeren Rechtsaußen-Fraktion ENF gewinnen einige Parteien wieder an Zustimmung, etwa die österreichische FPÖ und die tschechische SPD. Eine große Veränderung ergibt sich hier allerdings in Bezug auf die deutsche AfD: Diese war im Europäischen Parlament bislang mit zwei Abgeordneten vertreten, von denen der eine, Marcus Pretzell, der ENF-Fraktion angehörte, die andere, Beatrix von Storch, der nationalpopulistischen EFDD. In der Projektion hier wurde die AfD allerdings allein der ENF zugerechnet, da es hier eine deutlichere inhaltliche Zusammenarbeit gab.

Ende September ist nun allerdings Pretzell zusammen mit der bisherigen AfD-Parteichefin Frauke Petry aus der AfD ausgetreten, sodass von Storch nun die letzte verbleibende Europaabgeordnete der Partei ist. Wie ich hier vor einigen Tagen ausführlicher beschrieben habe, ist nicht ganz klar, was das langfristig für die Fraktionszugehörigkeit der AfD im Europäischen Parlament bedeutet. Fürs Erste aber gehört die AfD nun eindeutig zur EFDD, sodass sie in der Projektion ab jetzt auch in deren Spalte erscheinen wird. Für die ENF ist das ein deutlicher Verlust: Ohne die AfD käme sie nun nur noch auf 37 Sitze (–7).

Kann sich die EFDD noch retten?

Die nationalpopulistische EFDD hingegen legt mit den AfD-Sitzen kräftig zu und würde nun 38 Mandate erreichen (+9). Ob die Fraktion auch nach der Europawahl 2019 weiter existieren wird, ist allerdings nach wie vor unsicher. Denn auch mit der AfD würde sie derzeit nur Mitgliedsparteien aus vier verschiedenen Ländern (Deutschland, Italien, Schweden und Litauen) umfassen – drei weniger, als nach der Geschäftsordnung für die Bildung einer eigenen Fraktion notwendig sind.

Um sich zu retten, müsste die EFDD nach der Europawahl also noch weitere Mitglieder aus anderen Ländern anwerben. Die wahrscheinlichsten Kandidaten dafür wären die Vertreter neu gegründeter nationalpopulistischer Parteien, die 2019 zum ersten Mal ins Europäische Parlament einziehen werden. In der Projektion erscheinen diese neuen Parteien, die bislang keiner Fraktion eindeutig zuzuordnen sind, in der Spalte „Weitere“.

Weitere und fraktionslose Parteien

Die Chance der EFDD besteht nun darin, dass unter diesen „weiteren Parteien“ gleich mehrere sind, die durchaus programmatische Überschneidungen zur EFDD aufweisen. Das betrifft insbesondere das nationalpopulistische Forum voor Democratie (FvD) aus den Niederlanden, aber auch die nationalkonservative EKRE aus Estland, die rechtspopulistische Kʼ15 aus Polen oder Sme Rodina (SR) aus der Slowakei.

Ähnlich wie nach der Europawahl 2014 wird es letztlich wohl auch 2019 wieder einen Wettlauf zwischen EFDD, EKR und ENF um die neuen rechtspopulistischen Parteien geben. Ob die EFDD dabei so erfolgreich ist, dass sie noch einmal eine eigene Fraktion bilden kann, steht derzeit in den Sternen. In der aktuellen Projektion kommen die „weiteren Parteien“ – zu denen allerdings nicht nur Rechtspopulisten zählen, sondern beispielsweise auch die niederländische Seniorenpartei 50plus oder die rumänische Antikorruptionspartei USR – auf 15 Sitze (–2).

Keine Veränderungen gibt es in der Projektion schließlich bei den Fraktionslosen. Diese meist rechtsextremen Parteien, die mit keiner anderen Gruppierung im Europäischen Parlament zusammenarbeiten, kommen nach wie vor auf 12 Sitze (±0).

Die Übersicht

Die folgende Tabelle schlüsselt die Projektion für die Sitzverteilung zwischen den Fraktionen im nächsten Europäischen Parlament nach nationalen Einzelparteien auf. Da es keine gesamteuropäischen Wahlumfragen gibt, basiert die Projektion auf aggregierten nationalen Umfragen und Wahlergebnissen aus allen Mitgliedstaaten. Die Werte für das Vereinigte Königreich werden zwar in der Tabelle angegeben, gehen jedoch nicht in die Gesamtsitzzahl ein.

Wie die Datengrundlage für die Länder im Einzelnen aussieht und nach welchen Kriterien die nationalen Parteien den europäischen Fraktionen zugeordnet wurden, ist im Kleingedruckten unter der Tabelle erläutert. Mehr Informationen zu den europäischen Parteien und zu den Fraktionen im Europäischen Parlament gibt es hier.



GUE/
NGL
Grüne/
EFA
S&D ALDE EVP EKR EFDD ENF fʼlos Weitere
EP heute 52 51 190 68 216 74 42 40 18
Aug. 17 57 24* 149 108 196 42 29* 44 12 17
Okt. 17 55 28 150 106 192 45 38* 37 12 15
DE 9 Linke
1 Tier
9 Grüne
1 Piraten
1 ödp
20 SPD 10 FDP
1 FW
30 Union 1 Familie 11 AfD
1 Partei
1 NPD
FR 9 FI
6 PS 31 LREM 19 LR

9 FN

GB 1 SF 3 Greens
3 SNP
1 PC
35 Lab
1 SDLP


26 Cons 2 UKIP
1 DUP
IT

22 PD
12 FI
1 SVP

22 M5S 12 LN
4 FdI


ES 8 UP 1 ERC
1 Comp
1 ICV
13 PSOE 11 Cʼs
1 PDeCAT
18 PP




PL


5 .N 13 PO 28 PiS


5 Kʼ15
RO

17 PSD 2 ALDE 10 PNL
1 UDMR




2 USR
NL 2 SP
1 PvdD
3 GL 2 PvdA 6 VVD
3 D66
3 CDA 1 CU
3 PVV
1 FvD
1 50plus
EL 5 Syriza
1 LAE

2 Pasok
1 Potami
1 EK 7 ND


2 XA
2 KKE

BE 2 PTB 2 Groen
1 Ecolo
2 sp.a
2 PS
1 OpenVLD
2 MR
2 CD&V
1 cdH
1 CSP
4 N-VA
1 VB

PT 1 CDU
2 BE

10 PS
8 PSD-CDS




CZ 3 KSČM 1 Piráti 3 ČSSD 7 ANO 1 TOP09
2 KDU-ČSL
2 ODS
2 SPD

HU
1 LMP 3 MSZP
1 DK

12 Fidesz


4 Jobbik
SE 2 V
6 S 3 C
1 L
4 M
4 SD


AT 5 SPÖ 1 Neos 7 ÖVP

5 FPÖ

BG

6 BSP 1 DPS 8 GERB



2 OP
DK 1 FmEU
4 S 3 V
1 RV
1 LA

3 DF



FI 1 Vas 3 Vihr 3 SDP 2 Kesk 3 Kok 1 PS



SK

4 SMER
1 KDH
1 M-H
1 OĽ-NOVA
2 SaS

1 SNS 2 ĽSNS 1 SR
IE 3 SF

3 FF 5 FG




HR 1 ŽZ
4 SDP
5 HDZ



1 Most
LT
3 LVŽS 2 LSDP 1 LRLS 3 TS-LKD 1 LLRA 1 TT


LV

3 SDPS 2 ZZS 1 V 1 NA


1 JKP
SI 1 Levica
2 SD 1 SMC 3 SDS
1 NSi-SLS





EE

1 SDE 2 KE
2 RE





1 EKRE
CY 2 AKEL
1 DIKO
3 DISY




LU

1 LSAP 1 DP 4 CSV




MT

4 PL
2 PN





Verlauf


GUE/
NGL
G/EFA S&D ALDE EVP EKR EFDD ENF fʼlos Weitere
16.10.2017 55 28 150 106 192 45 38 37 12 15
22.08.2017 57 24 149 108 196 42 29 44 12 17
27.06.2017 55 23 155 109 201 38 28 42 11 16
02.05.2017 46 28 170 82 198 35 27 59 12 21
mit GB 47 35 186 88 198 68 36 59 13 21
06.03.2017 50 35 182 80 191 69 48 60 14 22
16.01.2017 48 40 180 82 191 63 48 68 14 17
14.11.2016 48 38 182 91 194 65 47 61 13 12
13.09.2016 47 38 181 91 189 62 53 63 14 13
26.07.2016 48 39 185 90 192 59 54 61 13 10
25.05.2016 55 40 174 85 187 63 51 70 14 12
05.04.2016 52 37 179 85 192 72 50 53 15 16
07.02.2016 51 34 183 82 196 70 51 55 12 17
14.12.2015 52 33 185 87 192 68 52 53 12 17
17.10.2015 51 33 193 75 204 66 51 54 12 12
21.08.2015 56 35 190 74 204 70 47 49 11 15
30.06.2015 61 34 188 73 205 69 43 47 11 20
03.05.2015 60 32 193 80 205 62 44 51 15 9
10.03.2015 60 31 196 77 216 60 43 49 12 7
12.01.2015 65 40 190 70 212 59 47 43 17 8
18.11.2014 60 42 195 69 212 59 47 43 16 8
23.09.2014 53 39 196 67 223 61 47 40 15 10
28.07.2014 56 47 191 75 215 66 44 40 13 4
EP 01.07.14 52 50 191 67 221 70 48 37 15

Die Zeile „EP 01.07.14“ kennzeichnet die Sitzverteilung zum 1. Juli 2014, dem Zeitpunkt der Konstituierung des Europäischen Parlaments nach der Europawahl im Mai 2014. Bis März 2017 sind die Werte der Sitzprojektion einschließlich dem Vereinigten Königreich angegeben, ab Mai 2017 ohne das Vereinigte Königreich. Die Zeile „mit GB“ kennzeichnet die Werte für Mai 2017 mit dem Vereinigten Königreich. Die Spalte für die ENF-Fraktion gibt bis Mai 2015 die Werte der Europäischen Allianz für Freiheit (EAF) bzw. der Bewegung für ein Europa der Nationen und Freiheiten (BENF) und ihr nahestehender Parteien an, die bis zur Fraktionsgründung im Juni 2015 fraktionslos waren.

Die vollen Namen der Fraktionen und der nationalen Einzelparteien erscheinen als Mouseover-Text, wenn der Mauszeiger eine kurze Zeit regungslos auf der Bezeichnung in der Tabelle gehalten wird. Bei den „weiteren“ Parteien ist zudem die ungefähre politische Ausrichtung angegeben, um ihre Bündnismöglichkeiten auf europäischer Ebene anzudeuten. Da die betreffenden Parteien allerdings oft erst vor kurzer Zeit gegründet wurden, befindet sich ihre Programmatik zum Teil noch im Fluss, sodass die Angabe lediglich zur groben Orientierung dienen kann.

Fraktionszuordnung

Für die Projektion werden Parteien, die bereits im Europäischen Parlament vertreten sind, jeweils ihrer derzeitigen Fraktion zugerechnet, es sei denn, sie haben ausdrücklich ihren Entschluss zu einem Fraktionswechsel nach der nächsten Wahl erklärt oder ein Fraktionswechsel erscheint aus anderen Gründen sehr wahrscheinlich. Nationale Parteien, die derzeit nicht im Europäischen Parlament vertreten sind, aber einer europäischen Partei angehören oder ihr in der politischen Ausrichtung sehr nahe stehen, werden der Fraktion der entsprechenden europäischen Partei zugeordnet. In Fällen, bei denen sich die Mitglieder einer nationalen Liste nach der Wahl voraussichtlich auf mehrere Fraktionen aufteilen werden, wird jeweils die am plausibelsten scheinende Verteilung zugrundegelegt. Parteien, die nicht im Parlament vertreten sind und bei denen die Zuordnung zu einer bestimmten Fraktion unklar ist, werden als „Weitere Parteien“ eingeordnet. Diese Zuordnungen folgen zum Teil natürlich auch einer subjektiven Einschätzung der politischen Ausrichtung der Parteien. Jeder Leserin und jedem Leser sei es deshalb selbst überlassen, sie nach eigenen Kriterien zu korrigieren.

Für die Bildung einer eigenständigen Fraktion sind nach der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments mindestens 25 Abgeordnete aus mindestens sieben Mitgliedstaaten erforderlich. Mit einem Asterisk (*) gekennzeichnete Gruppierungen würden diese Bedingungen nach der Projektion derzeit nicht erfüllen. Sie müssten deshalb gegebenenfalls nach der Europawahl zusätzliche Abgeordnete (z. B. aus der Spalte „Weitere“) für sich gewinnen, um sich als Fraktion konstituieren zu können.

Datengrundlage

Soweit verfügbar, wurde bei der Sitzberechnung für jedes Land jeweils die jüngste Umfrage zu den Wahlabsichten für das Europäische Parlament herangezogen. In Ländern, wo es keine spezifischen Europawahlumfragen gibt oder wo die letzte solche Umfrage mehr als ein Jahr zurückliegt, wurde stattdessen die jüngste verfügbare Umfrage für die Wahl zum nationalen Parlament verwendet. Wo mehr als eine Umfrage erschienen ist, wurde der Durchschnitt aller Umfragen aus den letzten zwei Wochen vor der jüngsten Umfrage berechnet. Für Mitgliedstaaten, für die sich überhaupt keine Umfragen finden lassen, wurde auf die Ergebnisse der letzten nationalen Parlaments- oder Europawahl zurückgegriffen.
In der Regel wurden die nationalen Umfragewerte der Parteien direkt auf die Gesamtzahl der Sitze des Landes umgerechnet. In Ländern, wo die Wahl in regionalen Wahlkreisen ohne Verhältnisausgleich erfolgt (Frankreich, Vereinigtes Königreich, Belgien, Irland), werden regionale Umfragedaten genutzt, soweit diese verfügbar sind. Wo dies nicht der Fall ist, wird die Sitzzahl für jeden Wahlkreis einzeln berechnet, dabei aber jeweils die nationalen Gesamt-Umfragewerte herangezogen. Nationale Sperrklauseln werden, soweit vorhanden, in der Projektion berücksichtigt.
In Belgien entsprechen die Wahlkreise bei der Europawahl den Sprachgemeinschaft, während Umfragen üblicherweise auf Ebene der Regionen durchgeführt werden. Für die Projektion wurden für die französischsprachige Gemeinschaft die Umfragedaten aus Wallonien, für die niederländischsprachige Gemeinschaft die Umfragedaten aus Flandern genutzt. Für die deutschsprachige Gemeinschaft wird das Ergebnis der letzten Europawahl herangezogen.
In Ländern, in denen es üblich ist, dass Parteien zu Wahlen in Listenverbindungen antreten, werden der Projektion jeweils die am plausibelsten erscheinenden Listenverbindungen zugrunde gelegt. Insbesondere werden für Spanien folgende Listenverbindungen angenommen: Unidos Podemos, Compromís und ICV (mit Compromís auf dem 3., ICV auf dem 6. Listenplatz); PDeCAT, PNV und CC (mit PNV auf dem 2., CC auf dem 4. Listenplatz).
Da es in Deutschland bei der Europawahl keine Sperrklausel gibt, können Parteien bereits mit weniger als 1 Prozent der Stimmen einen Sitz im Europäischen Parlament gewinnen. Mangels zuverlässiger Umfragedaten wird für diese Kleinparteien in der Projektion jeweils das Ergebnis der letzten Europawahl herangezogen (je 1 Sitz für Tierschutzpartei, ödp, Piraten, FW, Familienpartei, PARTEI und NPD).
In Großbritannien haben wegen der Unterschiede im Wahlrecht einige Parteien nur bei Europawahlen echte Chancen, Mandate zu gewinnen. In Umfragen zu nationalen Wahlen schneiden diese Parteien deshalb strukturell deutlich schlechter ab als bei der Europawahl. Dies gilt vor allem für UKIP und Greens. Um dies zu kompensieren, wird in der Projektion für die Greens stets das Ergebnis der Europawahl herangezogen (3 Sitze). Für UKIP und LibDem werden die aktuellen Umfragewerte für nationale Wahlen verwendet, aber für die Projektion mit dem Faktor 3 (UKIP) bzw. 1,33 (LibDem) multipliziert.
In Italien können Minderheitenparteien durch eine Sonderregelung auch mit nur recht wenigen Stimmen ins Parlament einziehen. In der Projektion wird die Südtiroler Volkspartei deshalb jeweils mit dem Ergebnis der letzten Europawahl (1 Sitz) geführt.

Die folgende Übersicht führt die Datengrundlage für die Mitgliedstaaten im Einzelnen auf:
Deutschland: nationale Umfragen, 1.-14.10.2017, Quelle: Wikipedia.
Frankreich: Ergebnis der nationalen Parlamentswahl (1. Runde), 11.6.2017.
Vereinigtes Königreich, England: nationale Umfragen, 29.9.-11.10.2017, Quelle: Wikipedia.
Vereinigtes Königreich, Wales: Umfragen für Regionalwahl, 7.9.2017, Quelle: Wikipedia.
Vereinigtes Königreich, Schottland: Umfragen für Regionalwahl, 5.10.2017, Quelle: Wikipedia.
Vereinigtes Königreich, Nordirland: regionales Ergebnis der nationalen Parlamentswahl, 8.6.2017.
Italien: nationale Umfragen, 28.9.-11.10.2017, Quelle: Wikipedia.
Spanien: nationale Umfragen, 6.-14.10.2017, Quelle: Wikipedia.
Polen: nationale Umfragen, 7.-15.10.2017, Quelle: Wikipedia.
Rumänien: nationale Umfragen, September 2017, Quelle: Wikipedia.
Niederlande: nationale Umfragen, 5.-15.10.2017, Quelle: Wikipedia.
Griechenland: nationale Umfragen, 12.10.2017, Quelle: Wikipedia.
Belgien, niederländischsprachige Gemeinschaft: regionale Umfragen (Flandern) für die nationale Parlamentswahl, 3.9.2017, Quelle: Wikipedia.
Belgien, französischsprachige Gemeinschaft: regionale Umfragen (Wallonien) für die nationale Parlamentswahl, 3.9.2017, Quelle: Wikipedia.
Belgien, deutschsprachige Gemeinschaft: Ergebnisse der Europawahl, 25.5.2014.
Portugal: nationale Umfragen, 28.9.-11.10.2017, Quelle: Wikipedia.
Tschechien: nationale Umfragen, 2.-10.10.2017, Quelle: Wikipedia.
Ungarn: nationale Umfragen, 20.-27.9.2017, Quelle: Wikipedia.
Schweden: nationale Umfragen, 1.-12.10.2017, Quelle: Wikipedia.
Österreich: Ergebnisse der nationalen Parlamentswahl, 15.10.2017 (Hochrechnung 20.54 Uhr), Quelle: Der Standard.
Bulgarien: nationale Umfragen, 22.6.2017, Quelle: Novinite.
Dänemark: nationale Umfragen, 28.9.-5.10.2017, Quelle: Wikipedia.
Finnland: nationale Umfragen, 3.10.2017, Quelle: Wikipedia.
Slowakei: nationale Umfragen, 18.-20.9.2017, Quelle: Wikipedia.
Irland: nationale Umfragen, 22.9.-2.10.2017, Quelle: Wikipedia.
Kroatien: nationale Umfragen, 26.8.-6.9.2017, Quelle: Wikipedia.
Litauen: nationale Umfragen, 28.9.2017, Quelle: Delfi.
Lettland: nationale Umfragen, September 2017, Quelle: Wikipedia.
Slowenien: nationale Umfragen, 23.9.-6.10.2017, Quelle: Wikipedia.
Estland: nationale Umfragen, 10.10.2017, Quelle: Wikipedia.
Zypern: Ergebnis der nationalen Parlamentswahl, 22.5.2016.
Luxemburg: nationale Umfragen, 4.12.2016, Quelle: Electograph.
Malta: nationale Umfragen, 5.10.2017, Quelle: Malta Today.

Bilder: Eigene Grafiken.

1 Kommentar:

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