23 September 2014

Wenn am nächsten Sonntag Europawahl wäre: Prognose für das Europäische Parlament (September 2014)

Stand: 23.09.2014
Die folgende Tabelle zeigt – aufgeschlüsselt nach nationalen Einzelparteien – eine Prognose für die Sitzverteilung zwischen den Fraktionen im nächsten Europäischen Parlament. Da es bis heute keine gesamteuropäischen Wahlumfragen gibt, basiert sie auf aggregierten nationalen Umfragen und Wahlergebnissen aus allen Mitgliedstaaten. Wie die Datengrundlage für die Länder im Einzelnen aussieht und nach welchen Kriterien die nationalen Parteien den europäischen Fraktionen zugeordnet wurden, ist im Kleingedruckten am Ende dieser Seite aufgeschlüsselt.

Gegenüber der letzten Prognose im Juli 2014 können vor allem die beiden großen Fraktionen EVP und S&D zulegen. Beide liegen in den Umfragen nun etwas oberhalb ihres Wahlergebnisses bei der Europawahl im Mai. Einbußen erfahren hingegen die ECR und besonders die G/EFA, die nur noch 39 Sitze erreichen würden und damit die kleinste Fraktion im Parlament wären. Diese Veränderungen sind nicht nur auf einzelne Mitgliedstaaten zurückzuführen, sondern ziehen sich quer durch die EU (auch wenn natürlich nicht alle Länder gleichermaßen betroffen sind). So verteilen sich die Verluste der G/EFA über Deutschland, Portugal, Ungarn, Schweden, Österreich, Lettland, Slowenien und Estland; die Zugewinne der EVP über Italien, Polen, Portugal, Tschechien, Ungarn und Schweden. Das Land mit der markantesten Einzelentwicklung ist dabei Polen: Nach der Ernennung des bisherigen polnischen Premierministers Donald Tusk (PO/EVP) am 30. August zum Präsidenten des Europäischen Rates erfuhr seine Partei in den Umfragen einen deutlichen Schub und konnte die PiS (ECR) als stärkste Kraft im Land überholen.

Im Vergleich zu Juli ist schließlich auch die Zahl der „sonstigen fraktionslosen Abgeordneten“ deutlich angestiegen. Dies liegt vor allem an den guten Werten der jungen Parteien SMC aus Slowenien, Sieť aus der Slowakei und ABV aus Bulgarien. Alle drei sind im Europäischen Parlament derzeit nicht vertreten und können deshalb keiner europäischen Fraktion zugeordnet werden.  Daneben konnten aber auch links- und rechtsextreme Parteien (KKE und XA in Griechenland, Jobbik in Ungarn und Ataka in Bulgarien), die ebenfalls als „sonstige Fraktionslose“ geführt werden, in den Umfragen leicht zulegen.


GUE/
NGL
G/EFA S&D ALDE EVP ECR EFDD fʼlos
EAF
fʼlos
nat.kons.
fʼlos
sonst.
EP heute 52 50 191 68 220 70 48 37 4 11
Juli 14 56* 47* 191* 75* 215* 66* 44* 40 5 12
Sept. 14 53* 39* 196* 67* 223* 61* 47 40 4 21
DE8 Linke
1 Tiersch
9 Grüne
1 ödp
1 Piraten
23 SPD3 FDP
1 FW
39 CDU/CSU7 AfD
1 Familie



1 Partei
1 NPD
FR4 FG6 EELV13 PS7 MD-UDI20 UMP

24 FN

GB1 SF3 Greens
2 SNP
1 PC
21 Lab2 LibDem
17 Cons
1 UUP
24 UKIP

1 DUP
IT

33 PD
13 FI
3 NCD-UdC
1 SVP 

17 M5S 6 LN

ES2 IU
9 Podemos
1 Amaiur 
2 ERC
1 CpV
1 ICV
13 PSOE3 UPyD
2 Cʼs
1 CDC
1 PNV
18 PP




PL

5 SLD20 PO
4 PSL
19 PiS

3 KNP
RO

16 PSD1 Diaconu6 PNL
5 PDL
2 PMP
2 UDMR





NL 3 SP
1 PvdD
1 GL2 PvdA 4 D66
5 VVD
1 50plus
3 CDA1 CU
1 SGP

4 PVV

EL7 Syriza
1 Eliá
2 Potami

6 ND1 ANEL


2 KKE
2 XA
BE
1 Groen
1 Ecolo
1 sp.a
3 PS
3 OpenVLD
3 MR
2 CD&V
1 CDH
1 CSP
4 N-VA
1 VB

PT3 CDU
1 BE

7 PS1 MPT7 PSD
2 CDS-PP





CZ4 KSČM
5 ČSSD5 ANO3 TOP09
2 KDU-ČSL
2 ODS



HU

4 MSZP
13 Fidesz



4 Jobbik
SE 1 V1 MP7 S1 FP
1 C
5 Mod
1 KD

3 SD


AT
2 Grüne5 SPÖ2 Neos4 ÖVP

5 FPÖ

BG

4 BSP2 DPS6 GERB
1 RB
1 BBZ

1 PF1 ABV
1 Ataka
DK1 FmEU1 SF3 S3 V
1 RV
1 LA
1 K2 DF



FI 1 Vas1 Vihr2 SDP3 Kesk
1 SFP
3 Kok2 PS



SK

6 SMER
2 KDH
1 SDKU
1 M-H
1


2 Sieť
IE 3 SF

2 FF3 FG



3 Unabh.
HR
2 ORaH4 SDP
5 HDZ




LT
1 LVŽS4 LSDP1 DP
1 LRLS
2 TS-LKD
2 TT


LV

3 SC
3 V1 TB1 ZZS


SI

1 SD1 DeSUS2 SDS
1 NSi-SLS




3 SMC
EE

2 SDE2 RE
1 KE
1 IRL




CY2 AKEL
1 DIKO
1 EDEK

2 DISY




LU
1 Gréng1 LSAP1 DP3 CSV




MT

3 PL
3 PN





Legende
GUE/NGL Vereinigte Europäische Linke / Nordische Grüne Linke
G/EFA Die Grünen / Europäische Freie Allianz
S&D Progressive Allianz der Sozialisten und Demokraten im Europäischen Parlament
ALDEAllianz der Liberalen und Demokraten für Europa
EVPEuropäische Volkspartei (Christdemokraten)
ECREuropäische Konservative und Reformisten
EFDD Europa der Freiheit und der direkten Demokratie
fʼlos (EAF)
fraktionslos (Europäische Allianz für Freiheit und nahestehende Parteien)
fʼlos (nat.kons.)fraktionslos (nationalkonservative Parteien)
fʼlos (sonst.)fraktionslos (sonstige Parteien, einschließlich äußerste Rechte) 

Für die Bildung einer eigenständigen Fraktion sind nach der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments mindestens 25 Abgeordnete aus mindestens sieben Mitgliedstaaten erforderlich. Mit einem Asterisk (*) gekennzeichnete Gruppierungen würden nach der Prognose diese Bedingungen erfüllen. Andere Gruppierungen müssten gegebenenfalls nach der Europawahl zusätzliche (z. B. bisher fraktionslose) Abgeordnete für sich gewinnen, um sich als Fraktion konstituieren zu können.

Verlauf

GUE/NGLG/EFAS&DALDEEVPECREFDDfʼlos
EAF
fʼlos
nat.kons.
fʼlos
sonst.
23.09.2014533919667223614740421
28.07.2014564719175215664440512
EP 01.07.14525019167221704837
4
11

GUE/NGLG/EFAS&DALDEEVPECREFDfʼlos
EAF
fʼlos
nat.kons.
fʼlos
sonst.
Europawahl5350191662104433381650
19.05.20144948202702153929341649
12.05.2014464521278216392834944
07.05.20144845213782133827321344
28.04.20145140214752104226341346
21.04.20144844215742164126341241
14.04.20145043216722184127331239
07.04.20145145212722193927331439

GUE/NGLG/EFAS&DALDEEVPECREFDfʼlos 
rechts
fʼlos
nat.kons.
fʼlos
sonst.
02.04.20145548213722134328351232
27.03.20145844213722124328361233
19.03.2014584321571211393033744
14.03.2014564321969211412536744
27.02.2014574521470214442435939
15.02.20145241213762124228341340
Hinweise: Die Zeile „Europawahl“ kennzeichnet das Ergebnis der Europawahl am 22. bis 25. Mai 2014 mit derselben Fraktionszuordnung der nationalen Parteien, die auch den vorherigen Prognosen zugrundelag. Nach der Wahl schlossen sich zahlreiche Parteien allerdings neuen Fraktionen an, was in den Prognosen nur teilweise mit eingerechnet war. Die Sitzverteilung zum Zeitpunkt der Konstituierung des Parlaments, die in der Zeile „EP 01.07.14“ dargestellt ist, weicht deshalb von diesem Ergebnis ab.
Die Gruppe „fraktionslos (EAF)“ ab 7.4.2014 deckt sich weitgehend mit der Gruppe „fraktionslos (rechts)“ bis 2.4.2014, mit folgenden Unterschieden: Die Parteien der äußersten Rechten wurden bis 2.4.2014 als „fraktionslos (rechts)“ eingruppiert, ab 7.4.2014 als „fraktionslos (sonstige)“. Parteien der EFD, die für die Zeit nach der Europawahl 2014 eine Zusammenarbeit mit der EAF angekündigt haben, wurden bis 2.4.2014 unter EFD eingruppiert, ab 7.4.2014 als „fraktionslos (EAF)“.

Datengrundlage
Soweit verfügbar, wurde bei der Sitzberechnung für jedes Land jeweils die jüngste Umfrage zu den Wahlabsichten für das Europäische Parlament herangezogen. In Ländern, wo es keine spezifischen Europawahlumfragen gibt oder wo die letzte solche Umfrage mehr als ein Jahr zurückliegt, wurde stattdessen die jüngste verfügbare Umfrage für die Wahl zum nationalen Parlament verwendet. Wo mehr als eine Umfrage erschienen ist, wurde der Durchschnitt aller Umfragen aus den letzten zwei Wochen vor der jüngsten Umfrage berechnet. Für Mitgliedstaaten, für die sich überhaupt keine Umfragen finden lassen, wurde auf die Ergebnisse der letzten nationalen Parlaments- oder Europawahl zurückgegriffen.
In der Regel wurden die nationalen Umfragewerte der Parteien direkt auf die Gesamtzahl der Sitze des Landes umgerechnet. In Ländern, wo die Wahl in regionalen Wahlkreisen ohne Verhältnisausgleich erfolgt (Frankreich, Vereinigtes Königreich, Belgien, Irland), werden regionale Umfragedaten genutzt, soweit diese verfügbar sind. Wo dies nicht der Fall ist, wird die Sitzzahl für jeden Wahlkreis einzeln berechnet, dabei aber jeweils die nationalen Gesamt-Umfragewerte herangezogen.
Nationale Sperrklauseln, soweit vorhanden, werden in der Prognose berücksichtigt. In Ländern, in denen es üblich ist, dass Parteien zu Wahlen in Listenverbindungen antreten, werden der Prognose jeweils die am plausibelsten erscheinenden Listenverbindungen zugrunde gelegt.
Da es in Deutschland bei der Europawahl keine Sperrklausel gibt, können Parteien bereits mit weniger als 1 Prozent der Stimmen einen Sitz im Europäischen Parlament gewinnen. Mangels zuverlässiger Umfragedaten wird für diese Kleinparteien in der Prognose jeweils das Ergebnis der letzten Europawahl herangezogen (je 1 Sitz für Tierschutzpartei, ödp, Piraten, FW, Familienpartei, PARTEI und NPD). In England haben wegen der Unterschiede im Wahlrecht einige Parteien nur bei Europawahlen echte Chancen, Mandate zu gewinnen. In Umfragen zu nationalen Wahlen schneiden diese Parteien deshalb strukturell deutlich schlechter ab als bei der Europawahl. Dies gilt vor allem für UKIP und Greens. Um dies zu kompensieren, wird in der Prognose für die Greens stets das Ergebnis der Europawahl herangezogen (3 Sitze). Für UKIP werden die aktuellen Umfragewerte für nationale Wahlen verwendet, aber für die Prognose mit dem Faktor 3 multipliziert.
Die folgende Übersicht führt die Datengrundlage für die Mitgliedstaaten im Einzelnen auf:
Deutschland: nationale Umfragen, 10.-23.9.2014, Quelle: Wikipedia.
Frankreich: Ergebnisse der Europawahl 2014.
Vereinigtes Königreich, England: nationale Umfragen, 8.-22.9.2014, Quelle: Wikipedia.
Vereinigtes Königreich, Wales: regionale Umfrage, 2.7.2014, Quelle: UK Polling Report.
Vereinigtes Königreich, Schottland/Nordirland: Ergebnisse der Europawahl, 22.5.2014.
Italien: nationale Umfragen, 5.-17.9.2014, Quelle: Wikipedia.
Spanien: nationale Umfragen, 5.-15.9.2014, Quelle: Wikipedia.
Polen: nationale Umfragen, 5.-17.9.2014, Quelle: Wikipedia.
Rumänien: Ergebnisse der Europawahl, 25.5.2014.
Niederlande: nationale Umfragen, 11.-21.9.2014, Quelle: Wikipedia.
Griechenland: nationale Umfragen, 12.-10.92014., Quelle: Wikipedia.
Belgien: Ergebnisse der Europawahl, 25.5.2014.
Portugal: nationale Umfragen, 3.-9.9.2014, Quelle: Wikipedia.
Tschechien: nationale Umfragen, 9.-10.6.2014, Quelle: Wikipedia. 
Ungarn: nationale Umfrage, Sept. 2014, Quelle: politics.hu.
Schweden: Ergebnisse der nationalen Parlamentswahl, 14.9.2014.
Österreich: nationale Umfragen, 13.-19.9.2014, Quelle: neuwal.
Bulgarien: nationale Umfragen, 10.-19.9.2014, Quelle: Wikipedia.
Dänemark: nationale Umfragen, 7.-17.9.2014, Quelle: Wikipedia.
Finnland: nationale Umfrage, 28.8.2014, Quelle: Wikipedia.
Slowakei: nationale Umfrage, 10.9.2014, Quelle: Focus Research.
Irland: nationale Umfragen, 14.9., Quelle: Wikipedia.
Kroatien: nationale Umfragen, 25.8.-5.9., Quelle: Wikipedia.
Litauen: nationale Umfrage, 15.9.2014, Quelle: Vilmorus.
Lettland: nationale Umfrage, Aug. 2014, Quelle: Latvian Facts. 
Slowenien: Ergebnisse der nationalen Parlamentswahl, 13.7.2014.
Estland: nationale Umfrage, Aug. 2014, Quelle: Erakonnad.
Zypern: Ergebnisse der Europawahl, 25.5.2014.
Luxemburg: Ergebnisse der Europawahl, 25.5.2014.
Malta: Ergebnisse der Europawahl, 25.5.2014.

Zusammensetzung der Fraktionen
Nationale Parteien, die bereits im Europäischen Parlament vertreten sind, werden in der Prognose ihrer derzeitigen Fraktion zugerechnet, es sei denn, sie haben ausdrücklich ihren Entschluss zu einem Fraktionswechsel nach der nächsten Wahl erklärt. Nationale Parteien, die derzeit nicht im Europäischen Parlament vertreten sind, aber einer europäischen Partei angehören oder ihr in der politischen Ausrichtung sehr nahe stehen, werden der Fraktion der entsprechenden europäischen Partei zugeordnet. In Fällen, bei denen sich die Mitglieder einer nationalen Liste nach der Wahl voraussichtlich auf mehrere Fraktionen aufteilen werden, wird jeweils die am plausibelsten scheinende Verteilung zugrundegelegt. Parteien, die nicht im Parlament vertreten sind und bei denen die Zuordnung zu einer bestimmten Fraktion unklar ist, werden als „fraktionslos“ eingeordnet. Da sich solche Parteien nach der Europawahl meist doch noch einer der bestehenden Fraktionen anschließen, wird die Zahl der fraktionslosen Abgeordneten in der Prognose also strukturell überschätzt.
Um eine Orientierung für die Möglichkeiten einer Um- und Neubildung der Fraktionen zu bieten, werden die fraktionslosen Parteien in der Prognose in die Kategorien „fraktionslos (EAF)“, „fraktionslos (nationalkonservativ)“ und „fraktionslos (sonstige)“ unterteilt. Diese Zuordnungen folgen zum Teil natürlich auch einer subjektiven Einschätzung der politischen Ausrichtung der Parteien. Jeder Leserin und jedem Leser sei es deshalb selbst überlassen, sie nach eigenen Kriterien zu korrigieren.

Bild: Eigene Grafik.

3 Kommentare:

  1. 1. Die Grünen verlieren möglicherweise, weil die meisten anderen Parteien inzwischen ebenfalls Umweltthemen in ihren Programmen haben. Sie können sich nicht mehr richtig profilieren.
    2. Wie lange wird es dauern bis wieder "Normalzustand" eingkehrt ist. Also, dass die Rechtspopulisten nicht mehr so zahlreich vertreten sind und die Krise vorbei ist?
    3. Wie bewerten sie den Ausgang der schottischen Unabhängigkeitswahl in Bezug auf Europa?

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  2. YES, Iveta Grigule is aus der EFFD ausgetreten. Sie erfüllt nicht mehr die Vorraussetzungen für eine Fraktionsbildung. DIE EFDD HAT SICH AUFGELÖST! Hoffentlich profitieren davon nicht EAF und ECR.

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    1. Die EFDD hat einen Abgeordneten der KNP aufgenommen und sich neugegründet. Sie ist nochimmer da.

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