Ein Leitartikel in der Financial Times Deutschland kritisiert das Verfahren zur Ausweitung des Euro-Rettungsschirms, die allein durch das slowakische Veto hätte scheitern können. Das Einstimmigkeitsprinzip sei „nicht konstruktiv“, da es nur dazu führe, dass bestimmte politische Akteure sachfremde Forderungen durchdrücken können, und verschärfe die Finanzkrise, da durch die langwierigen Entscheidungsprozesse das Vertrauen in europäische Staatsanleihen verlorengehe.
So hängt das Schicksal einer Währungsunion mit 327 Millionen Einwohnern entscheidend an einer Euro-kritischen Koalitionspartei in der Slowakei, die gerade einmal 308.000 Wählerstimmen erhielt.
Außerdem stellt die FTD fest, dass auch eine Delegation der Entscheidungsmacht an die Europäische Kommission oder irgendeine intergouvernementale Wirtschaftsregierung ohne parlamentarische Kontrolle nicht akzeptabel wären, weil sie keine demokratische Legitimation hätten. Soweit, so richtig: Das Dilemma, dass man ohne einen supranationalen Parlamentarismus nur zwischen Ineffizienz und Demokratieverlust wählen kann, habe ich hier selbst schon beschrieben. Die FTD schließt daraus, es gebe nur
zwei Optionen: Entweder die Entscheidungsgewalt wird auf das Europäische Parlament übertragen, dessen Abgeordnete frei gewählt sind. Das bedeutet aber einen völligen Umbau Europas hin zu einem Bundesstaat. Oder man belässt die Kompetenz wie bisher bei den nationalen Parlamenten und nimmt hin, dass ein kleines Land über die Zukunft der großen Währungsunion entscheidet.
Ideal sind beide Lösungen nicht. Aber immer noch besser als alle anderen, weniger demokratischen Alternativen.
Und nun frage ich mich: Was spricht denn aus Sicht der FTD eigentlich gegen den europäischen Bundesstaat? Leider schweigt sich der Leitartikel darüber aus, als ob das eine Selbstverständlichkeit wäre, die man nicht mehr zu hinterfragen braucht.
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