15 September 2017

Junckers Agenda: Die institutionellen Reformvorschläge in der Rede zur Lage der EU

Jean-Claude Juncker hat endlich deutlich gemacht, wo er selbst in der EU-Reformdebatte steht.
Die Rede zur Lage der Europäischen Union, die Jean-Claude Juncker (CSV/EVP) am vergangenen Mittwoch hielt, markiert wohl einen Wendepunkt in seiner Amtszeit als Kommissionspräsident. Obwohl er 2014 mit dem Anspruch antrat, eine „sehr politische Kommission“ führen zu wollen, schien sich Juncker in wichtigen Reformfragen bisher oft hinter den nationalen Regierungen zu verstecken. Statt konkrete eigene Vorschläge vorzulegen, beschränkte die Kommission sich darauf, „Szenarien“ zu präsentieren, „Debatten“ anzuregen – und immer wieder darauf hinzuweisen, dass es nach dem derzeitigen Vertragswerk letztlich die nationalen Regierungen sind, die die Verantwortung dafür tragen, ob der institutionelle Rahmen der EU funktioniert oder nicht. Besonders deutlich wurde diese Vorgehensweise zuletzt im März mit dem „Weißbuch zur Zukunft Europas“, mit dem die Kommission sich so klein machte, dass man fürchten musste, sie hätte überhaupt keine eigene Meinung darüber, auf welche Weise man die EU handlungsfähiger und demokratischer machen sollte.

Vorbei: Am Mittwoch bezog Juncker (der bereits angekündigt hat, dass er 2019 nicht noch einmal kandidieren wird) nun endlich selbst Position zur EU-Reform. In Anspielung auf die fünf Szenarien des Weißbuchs von März sprach er von seinem „persönlichen ‚Szenario Sechs‘“, einer Union, die von den drei Grundprinzipien „Freiheit, Gleichberechtigung, Rechtsstaatlichkeit“ ausgehe. Vor allem aber beließ er es nicht bei solch wohlklingenden Worten, sondern nannte auch eine Reihe von konkreten institutionellen Reformvorschlägen, die er in den nächsten Jahren vorantreiben will.

Eine ambitionierte Agenda

Dabei brachte Juncker zwar einige Vorbehalte an: Zum einen schloss er Vertragsreformen wenigstens auf absehbare Zeit aus. Zum anderen erklärte er, er sei „an institutionellen Reformen nur interessiert, wenn sie zu mehr Effizienz der Union führen“ – mehr Demokratie allein genügt ihm als Argument offenbar nicht. Zudem ist keiner seiner Vorschläge wirklich neu; viele werden seit langem diskutiert oder finden sich bereits in einschlägigen Berichten des Europäischen Parlaments.

Doch trotz dieser Vorbehalte bilden Junckers Vorschläge eine ambitionierte Agenda, die deutlich in die richtige Richtung weist und deren Umsetzung dank der Unterstützung des Kommissionspräsidenten nun etwas wahrscheinlicher geworden ist. Im Folgenden sollen die wichtigsten dieser Reformansätze kurz vorgestellt werden: Was steht dahinter, wer sind mögliche Unterstützer und Gegner, und wie ist ihre Aussicht auf Erfolg?

Euro-Erweiterung

Der Vorschlag, der von den europäischen Medien am prominentesten aufgenommen wurde, ist die Ausweitung der Währungsunion auf die ganze EU. Bislang gehören der Eurozone nur 19 der 28 Mitgliedstaaten an – obwohl bis auf Großbritannien und Dänemark eigentlich alle vertraglich zur Euro-Einführung verpflichtet sind. In der Praxis wurde dem zuletzt allerdings kaum noch Bedeutung zugemessen: Polen und Ungarn verschoben die Euro-Einführung in immer weitere Ferne; Tschechien, das seine Währung bereits an den Euro gekoppelt hatte, gab diese Bindung Anfang des Jahres auf. Dabei handeln sie durchaus in Einklang mit ihrer Bevölkerung, die in vielen Nicht-Euro-Staaten mehrheitlich gegen die Einheitswährung ist.

Viele Beobachter reagierten deshalb mit Skepsis auf Junckers Vorschlag. Völlig abwegig aber ist er nicht. Denn der Euro war in den letzten Jahren vor allem deshalb so unattraktiv, weil die Eurokrise die Konstruktionsfehler der Währungsunion deutlich machte. Wenn diese nun ausgebessert werden und die Währungsunion an Stabilität gewinnt, dürften wieder andere Argumente an Gewicht gewinnen – nämlich dass für ein kleines Land wie Ungarn oder Tschechien, das komplett in einen großen Binnenmarkt wie die EU eingebunden ist, eine eigene Währung letztlich mehr Kosten als Nutzen bringt.

Kein Eurozonen-Kerneuropa

Vor allem aber stellt sich Juncker mit seinem Vorstoß gegen die Tendenz zur dauerhaften Spaltung der EU in ein aus der Eurozone bestehendes Kerneuropa und einen zunehmend abgekoppelten Rest. Auf institutioneller Ebene bedroht diese Spaltung vor allem die supranationalen Organe, also das Europäische Parlament und die Europäische Kommission, die die EU als Ganzes repräsentieren und sich deshalb nicht sinnvoll in Euro- und Nicht-Euro-Staaten aufteilen lassen.

Tatsächlich gewannen in den letzten Jahren rein intergouvernementale Gremien wie die Eurogruppe an Gewicht; und in der Diskussion über die Einführung eines eigenen Eurozonen-Budgets blieb stets offen, ob und wie das Europäische Parlament bei dessen Verwendung eigentlich ein Mitspracherecht haben sollte. Stattdessen gibt es Ansätze, die Eurozonen-Politik durch eine parlamentarische Versammlung mit Delegierten der nationalen Parlamente zu legitimieren – was aus Sicht einer überstaatlichen Demokratie ein klarer Rückschritt wäre.

Juncker erteilt diesen Ansätzen nun eine klare Absage: „Das Parlament des Euroraums ist das Europäische Parlament“, erklärte er in seiner Rede, und das Eurozonen-Budget soll „im Rahmen unseres EU-Haushalts“ eingerichtet werden – also nach dem gewöhnlichen Haushaltsverfahren, bei dem das Europäische Parlament und der Ministerrat gemeinsam entscheiden.

Indirekt lässt sich Junckers Position aber auch als Kritik an der tschechischen Regierung verstehen, die einen „Beobachterstatus“ in der Eurogruppe anstrebt, ohne der Währungsunion beizutreten. Geht es nach Juncker, sollen Mitgliedstaaten, die den Euro einführen wollen, dabei jede Heranführungshilfe erhalten. Wer sich der Gemeinschaftswährung jedoch dauerhaft verweigert, der handelt gegen den Geist des EU-Vertrags und kann deshalb keine besondere Rücksichtnahme durch die europäischen Institutionen verlangen.

Ein europäischer Wirtschafts- und Finanzminister

Gegen die zunehmende Intergouvernementalisierung der Wirtschaftspolitik zielt auch Junckers Vorschlag eines „europäischen Wirtschafts- und Finanzministers“, der gleichzeitig Vizepräsident der Europäischen Kommission und Vorsitzender der Eurogruppe sein soll. Auf die heutigen Amtsinhaber übertragen würde das bedeuten, dass Pierre Moscovici (PS/SPE, derzeit Kommissar für Wirtschaft und Finanzen) das Amt von Jeroen Dijsselbloem (PvdA/SPE, Vorsitzender der Eurogruppe) mit übernimmt.

Der EU-Finanzminister hätte damit einen ähnlichen Doppelhut wie derzeit die Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini (PD/SPE), die gleichzeitig Vizepräsidentin der Kommission und Vorsitzende im Außenministerrat ist. Als Mitglied der Europäischen Kommission wäre der Finanzminister in supranationale Meinungsbildungsprozesse eingebunden und (anders als der heutige Eurogruppen-Vorsitzende) auch dem Europäischen Parlament gegenüber verantwortlich. Im Gegenzug müsste man allerdings wohl damit rechnen, dass die nationalen Regierungen bei seiner Ernennung ein stärkeres Mitspracherecht einfordern – so wie schon heute die EU-Außenvertreterin vom Europäischen Rat direkt nominiert wird.

Schengen-Erweiterung

Juncker will jedoch nicht nur die Währungsunion auf die gesamt EU ausdehnen, sondern auch den Schengen-Raum um Rumänien und Bulgarien erweitern. Beide Länder wollen dem europaweiten Raum ohne Binnengrenzkontrollen schon lange beitreten, werden daran jedoch von Deutschland, Frankreich und den Niederlanden gehindert, die befürchten, dass Rumänien und Bulgarien wegen der hohen Korruption keinen effektiven Schutz der Schengen-Außengrenzen gewährleisten würden. Die Kommission teilte diese Auffassung zunächst, ist inzwischen jedoch der Meinung, dass die beiden Länder genügend Fortschritte gemacht haben und ihre Ausgrenzung nicht mehr gerechtfertigt ist.

Was Juncker in seiner Rede allerdings nicht erwähnte: In einer anderen Frage ist die Kommission bereit, den deutschen Wünschen zu mehr Grenzkontrollen nachzugeben. Noch vor wenigen Monaten hatte sie gefordert, dass die vorübergehenden nationalen Kontrollen, die Deutschland 2015 im Zuge der Migrationskrise eingeführt hatte, spätestens kommenden November aufgehoben werden müssten. Nur einen Tag nach der Rede zur Lage der EU kündigte die Kommission nun jedoch an, dass sie auch längere Kontrollen akzeptieren wird. Dafür will sie sogar den Schengener Grenzkodex ändern, was allerdings eine Zustimmung durch das Europäische Parlament erforderlich machen würde.

Insgesamt zeichnet sich also ab, dass Juncker zwar den Schengen-Raum auf die ganze EU ausdehnen, gleichzeitig aber eine Rückkehr zu nationalen Grenzkontrollen vereinfachen will. Die Erweiterung könnte in diesem Fall also auf Kosten der Integrationstiefe gehen.

Mehrheitsentscheidungen in der Steuerpolitik

Allerdings geht es Juncker nicht nur darum, eine Spaltung der EU zu verhindern. Darüber hinaus will er sie auch handlungsfähiger machen, indem Beschlussverfahren vereinfacht oder neue Koordinationsinstanzen geschaffen werden.

Das betrifft zunächst einmal die Steuerpolitik. Nach Art. 113 und 115 AEUV kann die EU zwar schon heute binnenmarktrelevante Steuern der Mitgliedstaaten harmonisieren. Dafür ist jedoch jeweils eine einstimmige Entscheidung im Ministerrat notwendig, die nur schwer herbeizuführen ist. Juncker möchte nun, dass der Europäische Rat durch eine Anwendung der „Brückenklausel“ in Art. 48 (7) EUV für diesen Bereich das Mehrheitsprinzip einführt. Dadurch könnte die EU Steuerdumping einzelner Länder leichter verhindern und einen steuerpolitischen Unterbietungswettbewerb ihrer Mitgliedstaaten aufhalten. Ob Junckers Vorstoß erfolgreich sein kann, ist allerdings ungewiss. Auch für die Brückenklausel ist nämlich ein einstimmiger Beschluss nötig – die Regierungen, die Steuerdumping betreiben, müssten also selbst zustimmen, dass sie diese Möglichkeit in Zukunft verlieren.

Dass Juncker das Mehrheitsprinzip so stark betont, könnte jedoch auch noch andere Gründe haben: Durch den wachsenden Einfluss des Europäischen Rates (der grundsätzlich „im Konsens“ beschließt) gab es in den letzten Jahren eine Tendenz dazu, selbst Entscheidungen, für die eigentlich schon heute Mehrheitsentscheidungen möglich sind, nur einstimmig zu fassen. Mit seinem Vorstoß stellt Juncker sich dem entgegen und macht deutlich, dass nationale Vetorechte in der Europapolitik die Ausnahme und nicht die Regel sein sollen.

Gesamteuropäische Listen zur Europawahl

Der erfreulichste Teil in der Rede zur Lage der Europäischen Union aber sind die Passagen zur europäischen Demokratie. Juncker fordert darin einen „demokratischen Sprung nach vorn“, der sich unter anderem in der Einführung gesamteuropäischer Listen bei der Europawahl niederschlagen soll – ein Vorschlag, der auf diesem Blog bereits mehrmals Thema war und den ich für einen der wichtigsten Hebel zur Stärkung der europäischen Demokratie halte.

Bei der Entscheidung über die Reform des Europawahlrechts selbst hat die Kommission zwar kein Mitspracherecht. Dass Juncker die gesamteuropäischen Listen so prominent in der Rede erwähnte, ist aber jedenfalls ein Fortschritt gegenüber vergangenen Mai, als er noch erklärte, die Idee gefalle ihm zwar, sie sei jedoch „schwer zu erklären“ und „interessiere die Bürger nicht“.

Spitzenkandidaten

Gleichzeitig sprach sich Juncker auch nachdrücklich dafür aus, dass es auch bei der nächsten Europawahl 2019 wieder Spitzenkandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten geben soll. Dass er selbst im Wahlkampf 2014 diese Erfahrung gemacht habe, habe ihm nicht nur ein besseres Verständnis von der Vielfalt in der EU gegeben, sondern auch eine größere demokratische Legitimation und damit mehr Gewicht gegenüber den nationalen Regierungschefs im Europäischen Rat.

Nicht zufällig weigern sich die nationalen Regierungen deshalb bis heute, für 2019 eine Wiederholung des Spitzenkandidaten-Verfahrens zu garantieren. Wie ich hier vor einigen Monaten beschrieben habe, liegt die Entscheidung darüber allerdings ohnehin in erster Linie bei den europäischen Parteien – allen voran Junckers eigener Europäischer Volkspartei. Dass EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU/EVP) sich in seiner Antwort auf Junckers Rede ebenfalls recht deutlich zu dem Verfahren bekannte, ist deshalb ein gutes Zeichen.

Doppelhut aus Kommissions- und Ratspräsident

Und noch einen institutionellen Reformvorschlag unterstützte Juncker in seiner Rede: die Zusammenlegung der Kommissions- und der Ratspräsidentschaft – also seines eigenen Amts mit dem von Donald Tusk (PO/EVP). Diese Idee kursierte bereits bei der Ausarbeitung des EU-Verfassungsvertrags im Jahr 2003 und war damals als „großer Doppelhut“ bekannt (neben dem „kleinen Doppelhut“ des Hohen Vertreters für die Außenpolitik).

In den jetzigen EU-Verträgen ist sie nicht ausdrücklich vorgesehen, aber auch nicht ausgeschlossen. Um sie umzusetzen, würde es genügen, dass der Europäische Rat den zuvor vom Europäischen Parlament gewählten Kommissionspräsidenten auch zu seinem eigenen Präsidenten ernennt. Dadurch würde dieselbe Person in Personalunion zum Vorsitzenden beider Organe. Allerdings sind die Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat schon unzufrieden genug damit, dass sie durch das Spitzenkandidaten-Verfahren die Kontrolle über die Nominierung des Kommissionspräsidenten an das Europäische Parlament verloren haven. Dass sie nun auch noch auf die Nominierung eines eigenständigen Ratspräsidenten verzichten, ist deshalb ausgesprochen unwahrscheinlich.

Aus demokratischer Sicht überzeugt der Doppelhut nicht

Und auch aus demokratischer Sicht scheint mir der große Doppelhut nicht wirklich überzeugend. Juncker selbst verspricht sich davon, dass die EU mit einem einzigen Präsidenten effizienter würde und „leichter zu verstehen“ wäre. Zudem entspreche dies der „wahren Natur“ der EU, die „sowohl eine Union der Staaten als auch der Bürger ist“.

Allerdings: Auch in nationalen Demokratien ist es vollkommen üblich, dass es mehr als eine Spitzenposition gibt und die politische Führung zwischen einem Staats- und einem Regierungschef, einem Parlamentspräsidenten und den Vorsitzenden der weiteren Staatsorgane aufgeteilt ist. Diese Aufteilung ist nicht zuletzt Ausdruck der politischen Gewaltenteilung und wird allenfalls dann problematisch, wenn die Kompetenzen zwischen den einzelnen Organen nicht klar genug getrennt sind.

Klarere Aufgabenteilung nötig

Auch im Fall der EU könnten Kommissions- und Ratspräsident deshalb gut weiter nebeneinander existieren, wenn ihre Aufgaben hinreichend klar unterschieden wären. Im EU-Vertrag wird diese Unterscheidung eigentlich schon heute recht deutlich: Während die Kommission eine Schlüsselstellung in der alltäglichen Politik einnimmt, soll der Europäische Rat nach Art. 15 EUV nur „Impulse“ für die Entwicklung der EU geben und „die allgemeinen politischen Zielvorstellungen und Prioritäten“ festlegen, ohne gesetzgeberisch tätig zu sein. Auf nationale Systeme übertragen, ähnelt die Rolle des Kommissionspräsidenten deshalb einem Regierungschef, während der Europäische Rat eher die eher repräsentativen Aufgaben eines Staatsoberhaupts einnehmen soll.

Es gehört zu den problematischen Tendenzen der letzten Jahre, dass der Europäische Rat sich stattdessen immer wieder auch in die Alltagspolitik der EU eingemischt und die Kommission teils wie eine untergeordnete Behörde behandelt hat. Um dieser Tendenz entgegenzutreten, ist die Ämtervermischung im „großen Doppelhut“ allerdings nicht die beste Lösung. Sinnvoller wäre es, die Kommission würde in der täglichen Politik selbst darauf achten, dass sie sich nicht hinter den nationalen Regierungschefs versteckt – wie das in den vergangenen Jahren, siehe oben, leider viel zu oft geschehen ist.

Reaktionen der nationalen Regierungen

Doch trotz solcher Einwände im Einzelnen bleibt festzuhalten: Mit dieser Rede hat Jean-Claude Juncker endlich klar erklärt, wo er selbst in der Debatte über die institutionelle Reform der Europäischen Union steht – und es ist ihm und der EU zu wünschen, dass er mit dieser Agenda in der kommenden Zeit erfolgreich ist.

Umgesetzt werden muss sie nun allerdings von den nationalen Regierungen: Von der Schengen-Erweiterung über die Brückenklausel bis zu den gesamteuropäischen Listen sind alle Vorschläge von einem einstimmigen Beschluss des Europäischen Rates oder des Ministerrats abhängig. Und die ersten Reaktionen dort machen nicht allzu viel Hoffnung: Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte (VVD/ALDE) bezeichnete Juncker als „Romantiker“, dessen „Stil“ er nicht teile. Der österreichische Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ/SPE) nannte Junckers Vorschläge „undurchdacht“ und distanzierte sich davon ebenso wie sein Wahlkampfgegner Sebastian Kurz (ÖVP/EVP).

Skepsis kam auch aus Deutschland, wo Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU/EVP) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU/EVP) sich gegen die Erweiterung von Eurozone und Schengenraum positionierten. Auch Kanzlerkandidat Martin Schulz (SPD/SPE) vermied es, für Junckers Vorstöße Position zu beziehen, auch wenn andere Politiker von SPD (SPE) und Grünen (EGP) durchaus zustimmend reagierten. Positive Reaktionen kamen auch von dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron (LREM/–), obwohl dieser in Sachen Kerneuropa eigentlich andere Ziele verfolgt als Juncker, und dem italienischen Regierungschef Paolo Gentiloni (PD/SPE).

Die EU-Reform nimmt konkrete Gestalt an

Immerhin: Mit Junckers Rede wird es auch für die nationalen Regierungen immer schwieriger, sich der Debatte über die institutionelle Zukunft der EU zu entziehen. Nach dem von der Europäischen Kommission veröffentlichten „Fahrplan“ sollen die Reformen bereits bei einem informellen Abendessen der Staats- und Regierungschefs am 28. September Thema sein und dann innerhalb weniger Monate konkrete Gestalt annehmen.

Der 28. September liegt übrigens nur vier Tage nach der deutschen Bundestagswahl. Wir haben es in der Hand, auch als Wähler Einfluss auf diese Debatte zu nehmen.

Mehr zu den Positionen der deutschen Parteien zur EU-Reform erfahren Sie mit dem europapolitischen Wahlkompass.

Bild: © European Union 2017 - European Parliament [CC BY-NC-ND 4.0], via Flickr.

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