- Bei Angriffen auf die Werte der Union waren Beata Szydło und Viktor Orbán bislang die aktivsten Mitglieder des Europäischen Rates. Aber nicht die einzigen.
Am
Mittwoch vor Weihnachten eskalierte
der Konflikt: Im
Rechtsstreitverfahren mit der polnischen Regierung löste die
Europäische Kommission – zum
ersten Mal überhaupt in der Geschichte der EU – ein Verfahren nach Artikel
7 EUV aus, mit dem Verstöße der Mitgliedstaaten gegen die
„Werte der Union“
(unter anderem Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenwürde)
geahndet werden können. Die
Kommission reagierte damit auf die Reformen, mit denen die Regierung
unter Beata Szydło (PiS/AKRE) die
polnische Justiz unter Kontrolle ihrer Parlamentsmehrheit gebracht
hatte.
Bereits
kurz vor dem Schritt der Kommission war Ministerpräsidentin Szydło
allerdings auf
Druck des Parteichefs Jarosław Kaczyński zurückgetreten und
durch Mateusz Morawiecki (PiS/AKRE) ersetzt worden. Anfang Januar
nahm dieser eine Kabinettsumbildung vor, die allgemein als Entspannungssignal
an Brüssel gedeutet wurde. Auch Kommissionspräsident
Jean-Claude Juncker (CSV/EVP) äußerte ein
paar höfliche Worte an Morawiecki. An der konkreten rechtlichen
Lage in Polen hat sich jedoch nichts geändert, und so wird das
Artikel-7-Verfahren in den nächsten Wochen und Monaten seinen Gang
nehmen.
Ungarn:
Viktor Orbáns Solidarisierung mit der PiS
Allzu
viel befürchten muss die polnische Regierung dabei allerdings nicht:
Damit die EU tatsächlich Maßnahmen gegen sie ergreifen könnte,
wäre zunächst eine einstimmige Entscheidung aller übrigen
Regierungen im Europäischen Rat notwendig. Und
der
ungarische Regierungschef Viktor Orbán (Fidesz/EVP) hat
wiederholt
angekündigt, gegen eine
solche Entscheidung sein
Veto einzulegen.
Orbáns
Motivation ist dabei recht einfach zu durchschauen: Schließlich
hat seine eigene Fidesz-Regierung in Ungarn bereits lange, bevor
die PiS-Regierung in Polen die Herrschaft übernahm, einen
ähnlichen Demokratieabbau eingeleitet. Die EU-Institutionen
ließen ihn dabei jedoch gewähren – wohl in der Hoffnung, dass
sich das Problem irgendwie von selbst lösen würde. Zugute kam Orbán
auch die Mitgliedschaft der Fidesz in der christdemokratischen
Europäischen
Volkspartei, die die ungarische Regierung immer
wieder
in
Schutz
nahm
und
dafür
auch
einige
Kritik in Kauf
nahm.
Mit
seiner Unterstützung für die polnische Regierung ist Orbán nun
doppelt abgesichert: Selbst wenn die EVP-Vertreter im Europäischen
Parlament und der Europäischen Kommission sich darauf einließen,
auch gegen ihn
ein
Artikel-7-Verfahren
einzuleiten, könnten
die polnische und die ungarische Regierung sich im Europäischen Rat
wechselseitig Deckung geben und Sanktionsmaßnahmen verhindern.
(Jedenfalls wenn man auf eine kreative Auslegung des Artikels 7
verzichtet, nach der die EU ein Doppelverfahren gegen beide Regierungen
gleichzeitig eröffnen und ihnen so das Vetorecht nehmen könnte.)
Polen
und Ungarn sind nicht allein
Tatsächlich
verzichtete die Europäische Kommission bislang allerdings
darauf,
Sanktionen
gegen Polen vorzuschlagen. Auch
bei
dem Schritt im Dezember ging es nur um ein Verfahren nach Artikel 7 Absatz 1 EUV
– das
lediglich darauf abzielt, die „eindeutige Gefahr einer
schwerwiegenden Verletzung“ der Werte der Union festzustellen.
Diese Feststellung hätte keine operativen Folgen, sondern vor allem
symbolische Bedeutung, weil die Regierungen der übrigen
Mitgliedstaaten damit offen gegen die Vorgänge in Polen Stellung
beziehen und dem Konflikt damit eine
neue Sichtbarkeit und politische Relevanz geben würden.
Notwendig
für eine solche Feststellung ist eine Vier-Fünftel-Mehrheit im
Ministerrat:
22 der 27 Regierungen (ohne Polen selbst). Die
ungarische Fidesz-Regierung hätte hier also kein Vetorecht. Und
dennoch ist es derzeit keine Selbstverständlichkeit, dass die
Abstimmung im Rat erfolgreich ist – denn außer den beiden
offensichtlichsten Fällen Polen und Ungarn gibt es in der EU derzeit
noch eine ganze Reihe weiterer Regierungen, die in der ein oder
anderen Weise Probleme mit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit haben
und deshalb eher nicht daran interessiert sein dürften, das
Artikel-7-Verfahren zu einer tatsächlich anwendbaren Werkzeug zu
machen.
Im
Folgenden deshalb ein kurzer Überblick über Regierungen, die in den letzten Monaten wegen
Verstößen gegen die Werte der Union in die Kritik geraten sind.
Nicht all diese Fälle haben dieselbe Tragweite, und
es ist auch nicht wahrscheinlich, dass
sich all diese Regierungen mit der polnischen Regierung
solidarisieren würden. Aber ihre schiere Zahl zeigt, dass es für
die EU-Institutionen keineswegs einfach sein wird, Morawiecki und
Orbán im Europäischen Rat zu isolieren.
Rumänien:
Angriff auf Unabhängigkeit der Justiz
Die
Debatte über die Rechtsstaatlichkeit in Rumänien dauert nun bereits
fast ebenso lang wie die über die Demokratie in Ungarn –
allerdings mit umgekehrtem parteipolitischem Vorzeichen. Bereits 2012
geriet der damalige sozialdemokratische Premierminister Victor Ponta
(PSD/SPE) in heftige Kritik,
als er die
Kompetenzen des nationalen Verfassungsgerichts einzuschränken
versuchte, um ein Amtsenthebungsverfahren gegen den konservativen
Staatspräsidenten Trajan
Băsescu zu
erleichtern. Nach großem
internationalem Druck musste
Ponta jedoch zurückstecken und Băsescu
blieb
im Amt. Pontas
Karriere endete drei Jahre später, als er nach
Massenprotesten über öffentliche Korruption im Baugewerbe
zurücktrat.
Bei
der Parlamentswahl
2016 gewann der PSD allerdings erneut einen Erdrutschsieg, und
schon wenig später machten sich die Sozialdemokraten an die
Ausarbeitung einer umstrittenen Justizreform, die die Unabhängigkeit der Judikative und
der Antikorruptionsbehörden angreifen
würde. Als
der Drahtzieher
dieser Politik gilt der
PSD-Parteichef
Liviu
Dragnea, der allerdings
aufgrund einer
Vorstrafe wegen Wahlbetrugs selbst kein politisches Amt ausüben darf
(und
zudem seit Jahren Ärger wegen Korruptionsvorwürfen hat).
Trotz erneuter Massenproteste wurde die Justizreform kurz vor
Weihnachten im
Parlament verabschiedet. Vergangene
Woche trat schließlich Ministerpräsident Mihai Tudose (PSD/SPE),
der zunehmend in Gegnerschaft zu Dragnea geraten war, von
seinem Amt zurück.
Wie
es nun in Rumänien weitergeht, ist weitgehend offen. Die
Justizreform selbst könnte noch von
Staatspräsident Klaus Johannis (PNL/EVP) gebremst werden,
allerdings
nur für eine gewissen Zeitraum.
Zudem
wird schon
jetzt darüber spekuliert, dass die Regierung in diesem Fall ein
Amtsenthebungsverfahren gegen Johannis einleiten könnte.
Unterdessen
zeigte
sich die Sozialdemokratische
Partei Europas (SPE) mit Kritik an dem rumänischen PSD bislang
etwa
ebenso zurückhaltend wie die Europäische
Volkspartei gegenüber
der ungarischen Fidesz – wobei
es womöglich eine Rolle spielt, dass der PSD (ebenso wie Fidesz in
der EVP) zu den stärksten nationalen Mitgliedsparteien der SPE
zählt. Anfang
Februar wird das Europäische Parlament eine
Debatte zur Situation in Rumänien halten.
Malta:
Geldwäsche, Steuerhinterziehung – und ein Mord
Auch in Malta kam es in den
letzten Jahren zu einer eskalierenden Debatte über Korruption und
Rechtsstaatlichkeit. Auslöser war die Veröffentlichung der Panama
Papers im April 2016, die den sozialdemokratischen
Ministerpräsidenten Joseph Muscat (PL/SPE) sowie verschiedene
Mitglieder seiner Regierung in
Verbindung mit Briefkastenfirmen zur Steuervermeidung brachten.
Auf öffentlichen Druck hin rief Muscat Neuwahlen
aus, die der PL im Juni 2017 hoch gewann. Wenige Monate später wurde
die Investigativjournalistin Daphne Caruana, die zu den Panama Papers
recherchiert hatte, mit
einer Autobombe ermordet, und trotz einiger
Festnahmen im Dezember sind die Hintergründe der Tat bis jetzt
nicht aufgeklärt.
Diese Entwicklungen gingen einher
mit wachsender Kritik des Europäischen Parlaments an der
maltesischen Regierung: Schon im Juni kam es zu einem konfrontativen
Auftritt Muscats vor dem Untersuchungsausschuss des Parlaments zu den
Panama Papers; im November übten alle großen Fraktionen außer
Sozialdemokraten und Rechtspopulisten scharfe
Kritik daran, dass die maltesische Regierung Steuerhinterziehung und
Geldwäsche nicht hart genug bekämpfe, und forderten
die Kommission zu einem Rechtsstaatlichkeitsverfahren gegen Malta
auf. Zudem sandte das Parlament eine dreiköpfige
Sonderdelegation nach Malta, die in der vergangenen Woche einen
harschen
Bericht zur Lage im Land veröffentlichte.
Angeführt wurde diese
Sonderdelegation von der portugiesischen Sozialdemokratin Ana Gomes
(PS/SPE), die in der Folge Muscat
mit Viktor Orbán verglich und eine härtere Linie auch ihrer
eigenen Fraktion forderte. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende
Tanja Fajon (SD/SPE) wies dies allerdings zurück: Gomes spreche nur
für sich selbst, nicht für die gesamte Fraktion. Und auch die
Europäische Kommission verteidigte
die maltesische Regierung bis jetzt gegen die Vorwürfe des
Parlaments.
Kroatien:
Rechtskonservative Kulturpolitiker
Ein offener
Wackelkandidat in dem Artikel-7-Verfahren gegen die polnische
Regierung ist auch Kroatien. Auch im jüngsten Mitgliedstaat gab
es in den letzten Jahren Sorgen um die Zukunft der nationalen
Demokratie, nachdem nach der Parlamentswahl
Ende 2015 eine Koalition zwischen der konservativen Partei HDZ
(EVP) und der bürgerlich-liberalen Most (–) die Regierung
übernahm. Innerhalb weniger Wochen trieben einige
nationalkonservative Minister in dieser Regierung drastische
kultur- und medienpolitische Maßnahmen voran, die offenbar auf
eine Rehabilitierung der faschistischen Vergangenheit des Landes und
eine Ausgrenzung politisch unliebsamer Positionen zielten.
Allerdings stürzte die
Koalitionsregierung bereits
nach wenigen Monaten über HDZ-interne Streitigkeiten. Bei der
Neuwahl
im Herbst 2016 konnte die HDZ knapp den ersten Platz verteidigen
und es kam zu einer Neuauflage der HDZ-Most-Koalition. Allerdings war
die HDZ-Spitze inzwischen ausgetauscht worden, neuer Partei- und
Regierungschef wurde der Europapolitiker Andrej Plenković, der zum
gemäßigten Flügel der Partei zählt. Das Risiko für ein Abgleiten
des Landes in eine „illiberale Demokratie“ nach ungarischem
Vorbild ist damit zwar noch nicht endgültig gebannt, aber auch keine
akute Gefahr.
Spanien:
Kritik am Umgang mit Katalonien
Auch die spanische Regierung
unter Mariano Rajoy (PP/EVP) sah sich Ende 2017 in der europäischen
Öffentlichkeit Vorwürfen
wegen ihres Demokratieverständnisses ausgesetzt. Auslöser war
das Unabhängigkeitsreferendum,
das das katalanische Regionalparlament für den 1. Oktober einberufen
und die spanischen Behörden mit massivem Polizeieinsatz unterbunden
hatten. Da die Durchführung des Referendums klar gegen die nationale
Verfassung verstieß, hatte die spanische Regierung dabei das Recht
auf ihrer Seite. Dennoch stieß das Vorgehen gegen eine
(vordergründig)
demokratische Volksabstimmung bei vielen Menschen in Europa auf
Kritik; und dass es am 1. Oktober auch
zu Ausbrüchen von Polizeigewalt kam, trug dazu bei, dass Spanien
kurzzeitig
wieder der Ruf eines „Francoland“ anhing, das seine
faschistische Vergangenheit niemals ganz überwunden habe.
In der Folge geriet auch die EU
unter öffentlichen Druck, in
die katalanische Krise einzugreifen und härter gegenüber der
spanischen Regierung aufzutreten. Die europäischen Institutionen
beschränkten sich jedoch darauf, auf
das geltende spanische Verfassungsrecht zu verweisen. Nach der
Ausrufung
neuer katalanischer Regionalwahlen durch die spanische Regierung
und der
Flucht des Regionalpräsidenten Carles Puigdemont (PDeCAT/ALDE) nach
Belgien scheint schließlich auch die öffentliche Meinung wieder
gekippt zu sein. Forderungen, dass die EU gegen die spanische
Regierung vorgehen müsse, sind derzeit jedenfalls kaum noch zu
hören.
Slowakei: Religiöse Diskriminierung in der Flüchtlingskrise
Neben
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gehört zu den im
EU-Vertrag geschützten Werten der Union unter anderem auch die
„Wahrung
der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die
Minderheiten angehören“, was
natürlich auch die Religionsfreiheit einschließt. Entsprechend groß
war die Entrüstung, als die slowakische Regierung unter dem
sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Robert Fico (Smer/SPE) auf
dem Höhepunkt der europäischen Flüchtlingskrise im Sommer 2015
ankündigte, sie werde keine
muslimischen, sondern nur noch christliche Flüchtlinge aufnehmen.
In
der Folge machte nicht nur die Europäische Kommission die
slowakische Regierung darauf aufmerksam, dass eine solche
Diskriminierung rechtswidrig
wäre. Auch der sozialdemokratische Fraktionsvorsitzende im
Europäischen Parlament, Gianni Pittella (PD/SPE), forderte eine
Suspendierung der SPE-Mitgliedschaft der slowakischen
Sozialdemokraten. Nach
einem Gespräch zwischen Smer-Repräsentanten und dem SPE-Vorstand im
Oktober 2015 wurde
die ganze Angelegenheit dann jedoch als ein „Missverständnis“
deklariert. Das hielt Robert Fico allerdings nicht davon ab, auch
in den folgenden Monaten wieder
und wieder
seine Ablehnung
muslimischer Flüchtlinge öffentlich kundzutun.
In
der Praxis spielte diese angekündigte Diskriminierung bis jetzt vor
allem deshalb keine Rolle, weil die Slowakei ohnehin
fast überhaupt keine Flüchtlinge aufnahm – ob Muslime,
Christen oder Andersgläubige. Gegen den Beschluss des Ministerrates,
der eine Umverteilung von Asylbewerbern nach festen Quoten vorsah,
klagte
die Regierung vor dem EuGH. Im
vergangenen September verlor
die Slowakei dieses Verfahren allerdings, sodass das Land nun
doch Flüchtlinge
aufnehmen müsste. Die
Regierung kündigte zunächst an, das Urteil zu akzeptieren. Dennoch
bleibt die Diskriminierung von Muslimen in der Slowakei ein Thema,
das mit den Zugewinnen rechtspopulistischer und rechtsextremer
Parteien bei der Parlamentswahl
2016 mit Sicherheit nicht geringer geworden ist.
Tschechien/Österreich: Misstrauen gegenüber neuen Regierungen
In zwei weiteren Ländern
schließlich kamen in den letzten Monaten Parteien an die Regierung,
die zuvor durch populistische und teils europafeindliche Wahlkämpfe
aufgefallen waren: die liberale ANO
(ALDE) um Andrej Babiš in Tschechien und die rechte
FPÖ (BENF) um Heinz-Christian Strache als Juniorpartner in der
Regierung von Sebastian Kurz (ÖVP/EVP) in Österreich. Aufgrund
der kurzen Zeit im Amt ist bis jetzt noch unklar, was diese Parteien
tatsächlich mit ihrer Regierungsmacht anfangen werden. Bei Babiš
steht nach einer verlorenen Vertrauensfrage im tschechischen
Parlament derzeit nicht
einmal fest, ob er überhaupt Premierminister bleiben wird.
Dennoch flößen diese neuen
Regierungen bei vielen Beobachtern Misstrauen ein: Immerhin war die
frühere Beteiligung der FPÖ an der Regierung von Wolfgang Schüssel
(ÖVP/EVP) im Jahr 2000 schon einmal Anlass für Sanktionsmaßnahmen
der übrigen EU-Staaten gegen Österreich. Gianni Pittella
jedenfalls warnte im Dezember, die Kurz/Strache-Koalition könnte
Europa
in „dunkelste Zeiten zurückführen“. Die deutsche
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU/EVP) erklärte hingegen nach einem
Gespräch mit Kurz, sie sehe
„wenig Trennendes“. Und Kommissionspräsident Juncker
bescheinigte der österreichischen Koalition gar, eine
„proeuropäische Regierung“ zu sein.
EVP
und SPE machen schlechte Figur
Die Diskussion, wie die EU ihren
Werten gegenüber den nationalen Regierungen ihrer Mitgliedstaaten
Geltung verschaffen kann, betrifft also nicht nur Polen oder Ungarn –
sondern in der ein oder anderen Form auch zahlreiche andere
Mitgliedstaaten. Für die Europäische Kommission geht damit nicht
zuletzt auch ein strategisches Dilemma einher: Tritt sie gegenüber
anderen Regierungen zu hart auf, könnten diese sich mit der
polnischen PiS solidarisieren und das jüngst eingeleitete
Artikel-7-Verfahren zum Scheitern bringen. Ist sie hingegen zu lax,
setzt sie sich dem Vorwurf aus, mit zweierlei Maß zu messen und
durch ihr Wegschauen einem langsamen Verfall der demokratischen
Kultur in Europa Vorschub zu leisten.
Wer bei all den Konflikten
allerdings eine wirklich schlechte Figur macht, sind die europäischen
Parteien – insbesondere die Europäische Volkspartei und die
Sozialdemokratische Partei Europas. Gewiss, auch deren Einfluss auf
ihre problematischen nationalen Mitgliedsparteien sollte man nicht
überschätzen: Ein Ausschluss der Fidesz aus der EVP oder des PSD
aus der SPE würde nicht unmittelbar zu einer Lösung der Probleme in
Ungarn oder Rumänien führen. Doch das Ausmaß, in dem beide großen
europäischen Parteien nur die Splitter im Auge der anderen sehen,
die Balken im eigenen jedoch ignorieren, sagt jedenfalls nichts Gutes
darüber, wie ernst es ihnen mit der Verteidigung der Werte der Union
wirklich ist.
Bild: P. Tracz / KPRM [Public Domain], via Flickr.
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